Kapitel 16 - Der Stich
Was vor 5 Tagen geschah...
England, Westküste
Devonshire, Dartmoor
St. George, Skirrid Inn
31. Oktober 1898, 21:04 Uhr
Der diesjährige All Hallows Eve begann mit einem derart wolkenverhangenen Abend, dass selbst das Rot der untergehenden Sonne in ein fahles Grau verwandelt wurde. In den schmalen Gassen, vor den Zäunen sowie an den Straßen leuchteten und flackerten Lichter hinter grinsenden Gesichtern von Kürbissen und Rüben. Die Kinder hatten inzwischen schon ihre Runden durch das Dorf von Tür zu Tür beendet und waren zufrieden mit Honigbonbons und Toffee nach Hause zurückgekehrt.
Im Skirrid Inn begann die Feier erst nach dem Untergang der Sonne. In der Dorfschenke fanden die Menschen zusammen, die jede Gelegenheit nutzten, um den eintönigen Pflichten für kurze Zeit zu entfliehen. Der kleine Raum war festlich geschmückt worden. Kleine Puppen aus Stroh oder Gespenster aus Zapfen und weißen Laken hingen an den Wänden und von der Decke. Zahlreiche Kerzen flackerten in der Stube, die meisten in handgeschnitzten Rüben und Laternen mit den unheimlichen Fratzen von Jack- 'O -Lantern und anderen Gruselgestalten.
Während das Weibsvolk sich im Rathaus als Gast der Frau des Bürgermeisters zusammengefunden hatte, um mit allerhand traditionellen Spielen das Eheglück der unverheirateten Damen vorherzusagen, war die Stube im Skirrid Inn gefüllt von grölenden und trunkenen Männern. Hier schälten sie keine Äpfel vor irgendwelchen Spiegeln und aßen auch keinen Kuchen, in dessen Stücken Fingerhüte oder Ringe eingebacken worden waren. Manche der Männer hatten sich zu diesem Fest schwarze Mäntel umgeworfen und die Gesichter mit Kreide oder weißem Puder aufgehellt, um gemäß den Traditionen dieses Festes möglichst unheimlich zu wirken. Fern von weibischem Gekicher, war es hier eher dem Alkohol zu schulden, dass vielen schon auffallende Röte auf den Wangen und um die Nasen lag. Statt an süßen Kuchen hatten sie sich an Ellys Kürbis-Suppe, dem Kürbisbrot und den Kürbispasteten gütlich getan, ehe sie einander zum Trinken anstachelten.
Die junge Elly balancierte so zwischen den wankenden Geistergestalten umher und versuchte nicht zu viel zu verschütten, wenn abermals ein Scherzbold an diesem Abend meinte, sie erschrecken zu wollen. Arabella Andrews war bis zum Abend in der Küche zur Hand gegangen, hatte abgespült und eine Weile Schüsseln sowie Stücke der Pasteten nach vorn gereicht. Doch seit ein paar Stunden war sie aufgrund von Kopfschmerzen schließlich zu Bett gegangen. So lag sein Weib oben in der Stube auf der faulen Haut, während Walter Andrews und Elly schufteten. Es wäre gelogen gewesen zu sagen, dass es ihm dies nicht bitter aufstieß. Seit sie das letzte Mal daran gescheitert war, ihnen ein Kind zu schenken, war sie kaum noch zu etwas zu gebrauchen. Dabei war es ihm eigentlich ganz Recht so. Die Bälger bereiteten eh nur Ärger. Heute Abend hatte es die kleine Jäger sogar gewagt, an seine Tür zu klopfen und nach Süßigkeiten zu fragen.
Arabellas Migräne-Anfälle häuften sich immer mehr, doch solange Elly fleißig half, wollte er sich nicht beklagen. Immerhin sprach seine junge, hübsche Bedienung die Kundschaft mehr an, als es sein Weib tat. Elly huschte heute Abend wie ein Derwisch umher, trotzdem rief es immer wieder in allen Ecken nach Nachschub. So kümmerte sich Walter um den Ausschank. Natürlich gehörte zu diesen Abenden auch, die Gäste dazu zu bewegen, möglichst viel zu trinken. Immerhin waren es jene Feste, an denen er als Wirt am meisten verdiente. Wie es Tradition war, spendierte in dieser Nacht der Dorfvorsteher die Bewirtung. Und das nicht nur, weil es seit alters her Brauch war, sondern auch, da er sich an diesem Abend aus seinem Haus voller Frauen flüchtete und selbst im Skirrid Inn Unterschlupf suchte.
Zugegeben, Walter hatte heute schon ein wenig zu viel getrunken. Die für sie kostenfreien Getränke und Speisen ausnutzend, hatten sich bereits am frühen Vormittag die ersten Dorfbewohner in der Schenke eingefunden und er hatte natürlich nicht jede Einladung ausgeschlagen, animierte es immerhin auch andere dazu, ein wenig mehr zu trinken. Jetzt gegen Abend, machte sich der Pegel deutlicher bemerkbar, denn es lockerte Stimmung, aber auch die Zungen.
Gelächter wallte über die Anwesenden, nachdem er den vorlauten, volltrunkenen Hopkins wie einen Mehlsack unter den Arm gepackt und vor die Tür befördert hatte. Dunkel lachend, sah er dem jungen Narren nach, der wankend davon taumelte. Prügeleien und Gestänker würde er heute nicht in seiner Stube dulden. Sollte er sich später das Echo seines Weibes abholen, weil er wieder einmal zu viel gesoffen hatte? Rasch kehrte Walter hinter den Tresen zurück, griff nach dem fleckigen Geschirrtuch und wischte damit über die in Spülwasser ausgeschwenkten Humpen.
»Mr. Andrews.« Drang die Stimme neben ihm an sein Ohr und gerissen aus den Gedanken, drehte der stämmige Wirt den Kopf.
»Wir benötigen neuen Wein. Er ist aus«, erklärte Elly und deutete auf eine Reihe leerer Flaschen, die ihre Hälse reckend gehäuft aneinander standen. Mattes Licht der zahlreichen Kerzen ließ das Glas schimmern, als wären sie Tannen im Mondlicht.
Das Grinsen auf Walters Zügen wuchs. Das war schon das zweite Mal heute, dass er neuen Wein und Ale holen musste! Er würde dem Bürgermeister eine ordentliche Summe in Rechnung stellen können. »Ich hole Neuen«, erklärte er daher gut gelaunt und warf das feuchte Tuch auf die Ablage hinter dem Tresen. Der Wirt eilte durch den Durchgang in die Küche.
Hölzerne Arbeitsplatten waren hier gefüllt von vorbereiteten und bereits gedeckten oder ungedeckten Pasteten, Schüsseln gefüllt mit dem Fruchtfleisch der Kürbisse, Hackfleisch und Teigrollen. Aus dem Ofen drang der herbe Geruch der aktuell backenden Kürbispasteten. Brodelnd ließ ein köchelnder Eintopf den Deckel auf einem großen Topf immer wieder leise klackern. Der Dampf stieg auf und füllte die Küche mit schwerer, von Aromen geschwollener Luft.
Walter durchquerte den Küchenbereich mit großen Schritten, um an die Treppe heranzutreten, die hinter der Holztür in den Lagerraum führte. Der gebogene metallische Griff quietschte unter dem Druck seiner Hände, als er sie nach innen aufschob. Das Licht aus der Küche fiel in den dunklen Raum. Dennoch beschloss er, dass es für sein kurzes Unterfangen ausreichend sein würde.
Anders als in der Kochstube empfing ihn hier die kühle, klamme Luft des Vorratsraumes. Regale um Regale reihten sich an den Wänden aneinander, gefüllt mit allerlei Speisen oder Flaschen, Tiegeln und Käserädern. Von der Decke hingen sogar zwei Stücke gepökelten Speck, von dem er regelmäßig Teile herunterschnitt und manchmal zu guten Preisen an die alte Mrs. Jäger verkaufte. Da die Alte beim Krämer nichts bekam, bezog sie das Nötigste von ihm oder ein paar anderen gnädigen Dorfbewohnern, sodass sich der höhere Preis, den er dafür verlangen konnte, für ihn durchaus rentierte.
Mattes Licht tastete sich in den Raum, warf tanzende Schatten und Flecken auf Kräuterbündel, Flaschen und die Holzregale. Der typische Geruch eines feuchtkalten Kellers mischte sich mit dem von aufgequollenem Holz und Stroh, welches in einigen Ecken und auf dem Boden ausgelegt worden war. Neben den runden Kolossen einiger Fässer stapelten sich in einem Regal Weinflaschen aus dunklem Glas.
Einen Augenblick überlegte er, vielleicht einen besseren Jahrgang zu öffnen. Was sprach dagegen, es sich heute ein wenig gut gehen und sich dann später zum Abschluss des Abends verwöhnen zu lassen? Sein Grinsen wurde etwas breiter, als die rauen, schwieligen Finger sich an eine der staubigen Glasflaschen legten. Eine Flasche zog er oben heraus, dann beschloss er, den besseren Wein zu nehmen. Er beugte sich nieder und sein Blick fiel auf die hölzernen Beine des Weinregales. Der vereinzelte Kerzenschein traf dort auf ein Knäuel von...
»Wolle?« Walter runzelte die verschwitzte Stirn. Das Licht flackerte außerhalb des Kellers unruhig und einen Moment glaubte er, sich vielleicht geirrt zu haben. Dann streckte er die Hand aus, um sich zu versichern, dass er nicht schon mehr getrunken hatte, als er glaubte. Raue Wolle kratzte ihm an der Handfläche, als er das Fundstück aufhob. Die grob zusammengewickelte Rolle aus rotem Garn war größer als sein Handteller.
Eine spitze Stricknadel steckte durch den runden Klumpen und ein langer Faden zog sich zu seinen Füßen, am Rand der Regale vorüber bis zur Treppe und von dort zurück in die Küche. Der Ausdruck um seine Lippen wurde härter, während er nun ein wenig harscher nach zwei Flaschen griff, jene unter den Arm klemmte und der Spur aus Strickgarn folgte. Auf dem Weg hier herunter war es ihm gar nicht aufgefallen. »Verflucht noch einmal«, grollte der Wirt, während er den Faden aufwickelte. Jetzt war es schmutzig und staubig geworden.
Mit zornigen Schritten kam er zurück in die Stube. Der rote Pfad führte an der Theke vorüber und hin zu dem Regal, das dort stand. Mit einer bissigeren Miene stellte der Wirt die Flaschen auf dem Tresen ab und wickelte den Faden weiter in runden Bewegungen um den unsauberen Ball. »Elly!«, blaffte er und warf einen Blick suchend in die Stube, während er den nächsten Schritt setzte. »Was für ein dummer Streich soll das sein!«, pflaumte er, als das Mädchen herankam. »Du weißt doch: Arabella hasst es auf den Tod, wenn man ihr Stickgarn anfasst! Sieh es dir an! Es ist komplett versaut! Sie wird dir dafür den Hintern versohlen, dass du nicht mehr sitzen kannst!«, schnauzte er das Mädchen an, welches mit dem Tablett in den Händen verwirrt blinzelte.
»Aber ich habe nicht«, murmelte sie und große braune Rehaugen blickten verständnislos auf den roten Zwirn, der um das Bündel in des Wirts Fingern unschöne Laschen zog.
Walter brodelte vor Zorn. Seine Frau hatte in der letzten Zeit merklich abgebaut. Doch es gab ein paar Regeln, die es stets zu befolgen galt, auf deren Verfehlung sie noch immer wie ein Schießhund reagierte. Arabella stickte und strickte jeden Tag und mochte es nicht, wenn man ihre Sachen anfasste. Sie ordnete jeden Knopf und das Garn selbst, ließ sie manchmal sogar aus Plymouth oder Exeter bringen. »Wer soll es denn sonst gewesen sein!« maulte er das junge Mädchen an.
»DU kannst dir überlegen, wie du ihr das morgen erklären willst!«, meckerte er weiter, während er sich an der Magd vorbeischob. Dann sprang ihm etwas am Fenster ins Auge. Nur kurz, als spiegelte sich Kerzenschein in der Scheibe. Noch während er hinsah, stolperte er mit einem Mal und verlor den Halt.
Sein Körper fiel wie ein Sandsack nach vorn, es rumpelte, als er gegen die Tischplatte stieß und dann doch zu Boden ging. Walter stieß einen gellenden Aufschrei aus, als sich die Spitze der Stricknadel tief in seinen Handballen grub. Unnachgiebig drang das eiserne Stück durch Haut und Gewebe und versank mehrere Zentimeter in der bulligen linken Hand. Köpfe wandten sich in seine Richtung, als der hünenhafte Wirt sich sofort eilig aufrappelte und nach der Nadel griff, um sie in einem schnellen Ruck aus seiner Hand zu ziehen. Blut sprudelte hervor und Hektik kam in den Schankraum.
»Was ist denn passiert?«
»Ach du Scheiße!«
Allerhand Ausrufe rollten durcheinander. Die meisten glotzten nur blöd. Walter fluchte wie ein Seemann, während das tänzelnde Licht der Kerzen über das rote Blut kroch, das sich auf dem Boden, seiner Hand und seiner Kleidung verteilte.
„Steh nicht herum, hol schon ein Tuch!«, herrschte der Wirt eisern die Magd an und schloss seine Finger um die Verletzung.
»Das sieht übel aus«, bemerkte Lloyd Walsh, der Dorfjäger, wie der letzte Idiot. Als ob er das nicht selbst sehen könnte!
»Sollen wir einen Arzt rufen lassen?«, schlug Bauer Jenkins der neunmalkluge Trottel vor, während jener besorgt auf die Rinnsale von Blut blickte, die den stämmigen Arm herunterflossen und von Walters Ellbogen tropften. Der Wirt verzog das Gesicht und wickelte sich dann das herangebrachte Leinentuch fest um die Hand. Am liebsten hätte er ausgeholt und dem Gör aus Zorn eine mitgegeben! Verflucht noch eins. Den dummen Streich würde er das Mädchen später büßen lassen!
Verärgert starrten die blitzenden Augen auf seine Hand. Prüfend bewegte er die Finger, öffnete und schloss sie einmal. Schmerz zog ihm unangenehm in die Fingerglieder. Doch es nagte am Stolz des Wirts, dass er wie ein Trottel gestolpert war und sich verletzt hatte. »Quatsch. Hab schon Schlimmeres überstanden«, gab er Jenkins gereizt zurück.
Hätten sie die Zeit und den Blick dafür gehabt, vielleicht wäre es ihnen aufgefallen. Inmitten von unschuldigem Holz tastete sich das Blut durch Rillen und Formen, füllte sie aus und wählte eine neue. Dort war das Rot wie eine sorgsame Handschrift auf die Bretter des Bodens gepinselt. Tropfen zerstreut, die Flüsse dagegen so klar, zog sich der schmale Lauf auseinander, fächerte auf und verjüngte sich wieder. Eine gebogene, blut-gezeichnete rote Feder. Unentdeckt und ungesehen, über die nur das Kerzenlicht fiel.
Elly beeilte sich bereits etwas Wasser und Seife zu bringen, um das Blut aufzuwischen, ehe es in die Dielen des Fußbodens zog. Einer der Männer reichte ihr die Nadel, damit sie jene ebenfalls säubern konnte. Vorsichtig schob John Davis der Schneider den verheerenden Haushaltsgegenstand dann in den Korb zu den anderen, wo sie hingehörte.
»Wo ist denn das Knäuel?«, fragte die eifrige Magd, den Blick suchend über den Boden gleiten lassend. Doch niemand konnte ihn entdecken.
»Pfeif auf das blöde Garn«, murrte der Wirt sogleich. Er zog Lippen und Nase kraus. Die Heiterkeit hatte einen beklemmenden Knick bekommen, den es schnell zu korrigieren galt. »Bring auf den Schreck lieber mal was ran! Eine Lokalrunde!«
Nach dem Schreck, der die Stimmung heruntergezogen hatte, brach nun wieder Jubel aus. Erst zögerlich, dann leichtherziger und nicht lange später, stießen sie die Krüge geräuschvoll aneinander. Walter ignorierte das ziehende Pochen, dass in seinen Fingern kribbelte. Es war nichts Neues für ihn, zumindest sagte er sich das. Einmal hatte er sich furchtbar tief geschnitten. Da pochte es tagelang, ehe es heilte.
Er schenkte hinter dem Tresen mit steifen Bewegungen eine Runde Most, Wein und Ale aus. Die Stimmung nahm wieder Fahrt auf. Doch seine Handgriffe wurden zunehmend anstrengender. Schmerz drückte ihm inzwischen bis über den Ellbogen und ließ seine Finger steifer werden.
Eine Stunde später stand ihm kalter Schweiß auf der Stirn. Inzwischen plagten ihn pochende Kopfschmerzen. Vielleicht war das viele Trinken zu einer Verletzung und dem langen Tag einfach keine gute Idee gewesen. Selbst Elly fiel auf, dass Walter inzwischen bleicher um die Nase war.
Kurz vor 23 Uhr verabschiedete sich der Wirt von seinen Gästen.
»Sei fleißig und lass niemanden gehen, ehe alle Fässer leer sind«, lallte er mit schwerer Stimme Elly entgegen und verpasste dem jungen Ding platt lachend einen Klaps auf den Hintern. Elly presste die Lippen zusammen, während er sich zu den Treppen schaffte. Gelächter folgte ihm, dann schloss er den Lärm hinter der Tür aus. Die scharfen Formen verschwammen im Halbdunkel und stöhnend fuhr sich Walter über die Augen. Der Weg in das Schlafzimmer kam ihm unglaublich lang und mühselig vor. Sein Weib schlief bereits so tief, dass sie nicht einmal erwachte, als er sich endlich neben ihr in die Federn sinken ließ.
Sein eigener Herzschlag pochte dröhnend hinter seinen Augen und brennender Schmerz schnitt ihm von der Handfläche in den ganzen Arm. Sein Körper war schwer wie Blei, als hätte ihn jemand in einen Mantel gehüllt und seine Taschen mit Steinen gefüllt. Der Geist entglitt ihm, seine Gedanken verloren an Form. Er blinzelte gegen die schweren Augenlider, als eine Bewegung in seinem Augenwinkel sein Herz holpern ließ. Er wollte schon schimpfen, doch dafür war er zu erschöpft. Was wollte sein Weib neben ihm? Lag sie nicht eben noch im Bett?
Walter versuchte, den Kopf zu drehen, doch sein Körper wollte nicht gehorchen. Alles war so taub, so schwer. Wer war es, dort, an seinem Bett?
»Wer...?«, presste er mühsam heraus. Nicht mehr als heiseres Wispern. Die Silhouette schien sich über ihn zu neigen. Walter glaubte zu sehen, wie sich Lippen zu einem breiten Grinsen verzogen. Höhnend und spottend. Eine tänzelnde Flamme blendete seine müden Augen. Konnten sie das verfluchte Licht nicht dimmen?! Walter blinzelte angestrengt. Seine Augenlider waren schwer, sanken immer wieder tiefer. Er kämpfte vergeblich gegen den gnadenlosen Schlaf. Er war müde. So unglaublich müde.
Als seine Frau am nächsten Morgen erwachte, lag ihr Gemahl bleich wie der Tod zu ihrer Linken. Seine Augen waren eingefallen und dunkle Schatten lagen unter ihnen. Er wirkte ausgezehrt, als läge er schon viele Tage oder gar Wochen im Krankenbett. Kaum noch sichtbar hob und senkte sich sein Brustkorb. Sein Körper war kalt und schweißnass. Er antwortete auf kein Schütteln oder Rufen. Selbst als Elly und Arabella Wasser und kalte Wickel brachten, reagierte er kaum. Als sie die Decke arglos zurückschlugen, um ihn zu kühlen, stießen sie einen erschrockenen Aufschrei aus.
Es war ein grausiger Anblick, der sich ihnen bot: Blut hatte Matratze und Laken rot gefärbt und vollkommen durchnässt. Die Wunde hatte scheinbar nicht aufgehört zu bluten und schwärzliche Adern hoben sich unter seiner Haut hervor wie tinten-gefüllte Flüsse. Mühsam umsorgten sie den Wirt, Kräutersalben und kaltes Wasser wurde herangetragen. Doch als der Arzt aus Exeter schließlich eintraf, hatte Walter Andrews seine Augen längst für immer geschlossen.
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