27.
Den restlichen Unterricht durfte ich im Krankenzimmer verbringen. James, oder wie ihn hier die meisten nannten der Schulsprecher, saß mir unruhig gegenüber und löcherte mich mit Fragen. Hin und wieder fuhr er sich durch die Haare und stöhnte oder seufzte. Warum machte es ihm solche Sorgen wenn mir etwas passierte?
,,Und dir geht es auch sicher gut?"
,,Jaha!"
,,Ganz sicher?"
,,James, mach dir bitte keine Sorgen um mich!"
,,Wenn das so leicht wäre."
So ging es in etwa zweieinhalb Stunden. Mir war echt ziemlich langweilig und ich hätte nur zu gern nachgesehen, was die anderen im Spezialunterricht trieben. Ich wusste ja noch nicht mal was das eigentlich war, also fragte ich James, der sich neben mich auf die Liege setzte.
,,Da lernen wir, wie wir im Fall von Überfällen und so handeln. Und auch wie wir selbst Rätsel entschlüsseln und Täter aufdecken. Es ist eigentlich ziemlich cool."
,,Cool! Schade, dass ich hier sitzen muss.", jammerte ich und lehnte mich an die Wand hinter mir, was James schon längst getan hatte.
,,Ist es so schlimm mir mir?" Grinsend sah er mich von der Seite an und ich drehte meinen Kopf zu ihm.
,,Nein. Aber ich will nicht in einem Raum festsitzen, in dem es nach Desinfektionsmittel riecht und überall alles weiß ist. Und komische Gerätschaften rumliegen."
,,Aha. Und in einem anderen willst du schon?"
,,Ich würde es nicht wollen nennen, aber es wäre sicher nicht schlimm mit dir darin festzusitzen." Die Worte sprudelten einfach aus mir heraus und als ich bemerkte, was ich da eigentlich gerade gesagt hatte, senkte ich mit geröteten Wangen den Kopf. Na wunderbar. Aber er verschränkte seine Finger mit meinen und flüsterte: ,,Das ist schön zu hören." Schlagartig stieg mein Puls im die Höhe und dummerweise hatte die Krankenschwester mein Handgelenk an so ein Teil angeschlossen, das jetzt piepste und Erhöhter Herzschlag auf einer Tafel anzeigte. James lachte leise, während ich fieberhaft überlegte, wie man dieses Ding ausschaltete, denn dass ich es mir vom Handgelenk riss, ließ er nicht zu, das hatte ich schon versucht. Ich musste es wohl einfach zerschmettern. Ach, wie stellte man so ein verdammtes Ding aus?! Ich war kurz davor es mit meiner freien Hand zu zerstören, als James sie festhielt. Wütend sah ich ihn an, doch er meinte nur: ,,Mach das Teil nicht kaputt. Ich will wissen wenn das passiert." Ich schnaubte kurz, entspannte mich aber wieder, als ich die Worte auf mich wirken ließ. Er wollte echt wissen wenn mein Herzschlag hoch ging. Das war echt süß.
,,Komm, wir fliehen.", seufzte ich und versuchte meine Hand aus seiner zu befreien um meine andere von dem Ding zu lösen.
,,Nein.", sagte er bestimmt. ,,Du musst hier bleiben. Und ich bleib bei dir."
,,James, ich bin nicht krank. Du hast der Schwester Quatsch erzählt."
,,Aber du musst hier bleiben. Nicht dass irgendwas passiert." Er sah mir flehend in die Augen und ich konnte einfach nicht anders als zu seufzen. ,,Na gut. Aber dann soll die Schwester kommen. Ich werde sie rufen."
,,Lass mal, du sollst deine Stimmbänder schonen. Ich mach schon."
,,James...", fing ich an, aber er unterbrach mich.
,,Schwester!" Ich kicherte in mich hinein - er hatte ja keine Ahnung was ich vorhatte. Eine kleine zierliche Schwester kam ins Zimmer und piepste: ,,Ja?"
,,Es geht mir gut. Ich denke, du kannst mich von dem Ding abstöpseln." Sie nickte und trat einen Schritt auf uns zu. ,,Darf ich?" Oh Mann, sie musste denken wir wären zusammen oder so, denn James hatte immernoch seine Finger mit meinen verschränkt und ließ sie erst jetzt los. Die Schwester runzelte die Stirn, was mir den Anlass gab rot zu werden, und ich war nicht die einzige der das passierte. James' Wangen hatten sich ebenfalls rötlich verfärbt, aber er grinste.
,,Du kannst gehen.", sagte die Schwester, die nicht viel älter war als wir beide. Vielleicht 15 oder 16. Und außerdem war sie hübsch und nett... und sie lächelte James so zuckersüß an, dass ich mich übergeben könnte. Was wollte sie von ihm? Jetzt fing ich ja schon an zu denken wie diese Gina, so ein Mist! Als James von der Liege aufsprang, fragte sie mit gespieltem Desinteresse: ,,Seid ihr... zusammen?" Und dabei guckte sie auchnoch so unschuldig wie ein Schaf. Sie bließ sich geduldig eine Haarsträne aus dem Gesicht. Am liebsten hätte ich ,,Ja" gesagt, tat ich aber nicht, da James antwortete (die Frage ging ja auch mehr an ihn): ,,Darüber lässt sich diskutieren." Irritiert sah ich ihn an und konnte ein ,,Aha?" nicht unterdrücken. Er grinste nur blöde und sein Blick strich über mein Gesicht. Ich musterte die Schwester immernoch verärgert und anscheinend hatte er bemerkt, dass mir ihre Frage nicht gerade passte. Schließlich meinte er dann doch: ,,Nein..." Es hörte sich an als wollte er noch etwas hinzufügen wie: ,,Noch nicht" oder so. Der selbstzufriedene Ausdruck auf ihrem Gesicht ließ ein unglaubliches Wutgefühl in mir hochsteigen. Echt jetzt? Diese schreckliche dumme Kuh. James beobachtete schmunzelnd mein Gesicht. Toll. Dann würde ich eben gehen. Aber als ich mich zur Tür wandt, packte James mich am Arm und zog mich zu sich heran. Diese Umarmung von hinten war eigentlich immer unangebracht, aber dennoch berauschend. Im Moment war ich nur froh, dass er mich festhielt, sonst würde ich wahrscheinlich zu Boden sinken.
Der Ausdruck auf dem Gesicht der Schwester verschwand und sie fragte: ,,Und Geschwister?"
,,Sehen wir so aus?", kicherte ich ungehalten. Oh, oh. Die Schwester sah aus, als würde sie mich gleich verprügeln wollen und der ungewöhnliche Lachreiz in mir war so wie es aussah ansteckend, denn James gluckste auch ein wenig. Aber dann machte ich mich von ihm los und wollte los gehen, doch diesmal hielt mich die Schwester zurück in dem sie fragte: ,,Kann man deine Nummer haben?" Das reichte jetzt. Er war nicht mein Freund, gut. Aber ich konnte dieses geflirte nicht mehr aushalten und sagte in meinem giftigsten Ton: ,,Kannst du nicht einfach mal die Klappe halten? Ich will auch noch etwas schöneres an diesem Tag haben als dieses Geschleime. AUF WIEDERSEHEN! Oder hoffentlich eher NIE WIEDERSEHEN. Ich werde mich dazu bemühen." Während ich hocherhobenenhauptes zur Tür ging, hörte ich James noch sagen: ,,Sorry, schon vergeben." HA!!! Da hatte es die Schnepfe, die ihm nun eingeschnappt und verwirrt hinterher sah, wie er zu mir eilte. Hahaha, da hatte sie es. Aber an wen war seine Nummer schon vergeben?
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