Kapitel 11

Erleichtert atmete Lewin aus, als er endlich die hohen, rauen Felsen vor sich entdeckte.

Es war eine gute Idee gewesen, dem Fluss stromaufwärts zu folgen, denn so war er ständig umgeben von Pflanzen Wasser, sodass er nicht mit den Gefahren der Wüste zu kämpfen hatte. Seine letzte Reise durch diese hatte ihm nicht gerade Lust gemacht, sobald schon wieder zurückzureisen.

Seitdem er nach Naytan gezogen war, besuchte er Savrana so gut wie nicht mehr, obwohl er dort aufgewachsen war. Die Wüste hatte ihm noch nie zugesagt. Der einzige Grund dort zu sein war Rhana. Für ihn war sie einfach die perfekte Frau. Noch mehr, wo er jetzt wusste, dass beide ihrer Eltern Drachenreiter waren. Wenn sie heiratete, würde das seinen Status nur noch weiter festigen, wenn nicht sogar erhöhen. Durch sie konnte er nur gewinnen. Auch, weil die Handelskarawane, die ihr gehörte, einiges an Geld einbrachte. Aberdas war nicht der eigentliche Grund, warum er Interesse an der Karawane hatte.Sie verbarg Geheimnisse, die für Lewin überlebenswichtig waren.

Lewin führte das Kamel zum Wasser, wo er die kleine Kutsche erst einmal abstellte. Er hatte sich absichtlich dafür entschieden, obwohl er ohne schneller gewesen wäre. Obwohl die Kutschen für die Fahrt auf dem Sand geeignet waren, war er so dich langsamer. Allerdings konnte er wesentlich mehr Proviant und Wasser mitnehmen. Außerdem hatte er dann für die Nacht eine Unterkunft.

Ob es hier auch so kalt werden würde? An sich war die Luft, die von den Bergen kam schon jetzt angenehm frisch, weshalb ein nächtlicher Schutz sicher nicht verkehrt war.

Lewin blickte hinauf zu seinem Ziel. Wenn er nach Drachen suchte, war er hier sicherlich richtig. Immerhin war das Gebirge das Zuhause dieser.

Es gab zwar gelegentlich Drachensichtungen, doch Suna hatte ihnen erzählt, dass sie hier lebten. Irgendwo hier war auch die Akademie.

Allerdings teilte eine riesige Gebirgskette den Kontinent und Lewin befand sich nur an den Ausläufern, die eine Zweitagesreise von Savrana entfernt waren.

Jetzt, wo er direkt vor den ersten kleineren Bergen stand, wurde ihm bewusst, dass diese Reise lang und zeitaufwendig werden würde. Er hatte keine Ahnung vom Bergsteigen und konnte daher nur die Pfade nehmen, die er ohne Probleme gehen konnte.

Ob er so überhaupt einen Drachen finden würde?

Wenn er ehrlich war, hatte er vor Rhana nur damit angegeben, dass er wusste, was er tat. Eigentlich hatte er keine Ahnung, doch das würde er nie zugeben. Für ihn gab es nur einen Ausgang dieser Prüfung.

Er musste sie bestehen. Vorher würde er nicht aufgeben.

Lewin schlug sein Lager auf, um erst einmal eine Basis zu haben, bevor er losging. Es war gut, wenn er sich einen Plan überlegte, wie er vorgehen wollte. Sinnlos durch die Gegend zu laufen und sich dabei vielleicht noch zu verletzen, war keine gute Idee.

Außerdem war es besser, wenn er sich zuerst mit seinem Artefakt auseinandersetzte.

Lewin ließ sich im niedrigen Gras am Fluss auf der Decke nieder und blickte dann auf das dicke Armband, das sein rechtes Handgelenk zierte. Es war ein klobiges Stück, das sich Lewin so nie selbst gekauft hätte. Die großen Steine, die von einzelnen, verschiedenartigen, dicken Bändern umwoben waren, waren insgesamt zu breit, wie seine Handfläche. Für ihn war dieses Armband mehr ein Teil einer Rüstung als ein Schmuckstück, weshalb er es auch eher unter seinem Ärmel verbarg.

Natürlich war er stolz darauf, ein Artefakt zu besitzen, doch wenn er an die wunderschöne Haarnadel dachte, die Rhana bekommen hatte ... Haarnadeln waren natürlich nichts für ihn als Mann, doch es hatte sehr viele wirklich schöne Schmuckstücke gegeben. Aber er hatte das erhalten, das aussah, als hätte jemand mehrere, sehr verschiedene Armbänder zu einem verwoben.

Ein Seufzen verließ Lewins Lippen. Ob er es nun schön fand, oder nicht, dieses Armband hatte ihn gerufen. Es war bereit dazu, ihm seine Magie zu schenken, als würde er dieses Geschenk annehmen. Allerdings musste er es erst einmal aktivieren.

Es war gut, dass er wusste, wie er das zu tun hatte. In seiner Familie wurde dieses Wissen von Generation zu Generation weitergegeben, da auch sein Uhrgroßvater ein Artefakt besessen hatte.

Langsam zog Lewin das Artefakt von seinem Handgelenk und legte es vor sich auf die Decke, um es zu betrachten. Dann nahm er sich eines der Messer, die er dabei hatte. Ein Set aus verschiedenen Größen, die alle sehr hilfreich sein konnten. Nicht nur fürs kochen, auf das Lewin so gar keine Lust hatte.

Nun nahm er jedoch das spitzteste von ihnen, um sich damit vorsichtig in den Daumen zu stechen, bis Blut floss. Dieses ließ er auf das Armband tropfen und wartete auf eine Reaktion.

Der blau-grüne Stein, schimmerte einen Moment auf, doch ansonsten geschah nichts.

Lewin legte den Kopf schief, bevor er sich durch den schwarzen Bart fuhr und sich das Kinn rieb. War es nicht genug gewesen oder hatte er etwas falsch gemacht?

Erneut ließ Lewin einen Tropfen Blut auf das Armband tropfen.

Wie auch schon beim ersten Mal, leuchtete der Stein kurz auf.

Lewin stieß die Luft aus. Es sah richtig aus, aber es schien nicht zu reichen.

Ein wenig frustriert, dass er das System nicht verstand, nahm Lewin das Armband wieder in die Hand. In diesem Moment spürte er Wärme von diesem ausgehen. Es pulsierte in seiner Hand leicht. Fast wie ein Herz.

Lewin runzelte die Stirn, denn so richtig wusste er nicht, was er jetzt damit tun sollte. Es fühlte sich auf jedenfalls ganz anders an, als zuvor.

Erneut ließ er einen Tropfen Blut auf das Artefakt wandern, denn ganz aufgeben wollte er noch nicht. Immerhin war etwas passiert.

Dieses Mal wurde das Pulsieren stärker und das Leuchten intensiver. Es dauerte sogar länger, was Lewin Hoffnung gab.

Langsam schob er es wieder über sein Handgelenk, wo es sich plötzlich zusammenzog, als würde es Lewins Arm festhalten. Zuerst machte sich Sorge und ein bisschen Angst in ihm breit, doch es tat nicht weh.

Langsam bewegte Lewin sein Handgelenk, um zu testen, ob das Armband ihn irgendwie störte. Es lag ungünstig, dennoch spürte er es kaum. Wie praktisch.

Aber was konnte es nun?

Es schien aktiv zu sein, doch wie setzte er dieses jetzt ein?

Lewin streckte den Arm aus, als würde er mit dem Armband auf den nahen Baum deuten. Allerdings geschah nichts. Nicht einmal ein kleiner Hinweis darauf, ob das überhaupt richtig war.

Lewin seufzte. Er war froh, dass niemand ihn sehen konnte. Vermutlich sah das richtig lächerlich aus, doch was sollte er machen?

Nirgendwo lernte man, wie man mit einem Artefakt umging. Vermutlich in der Drachenakademie, doch dort war er noch nicht. Um dorthin zu kommen, wäre es schon gut, wenn er wusste, wie er die Kraft des Artefakts nutzen konnte. Immerhin brauchte er es, um einen Drachen zu finden.

Lewin wackelte mit seiner Hand, in der Hoffnung, dass irgendwas passierte, doch das Armband reagierte nicht.

Ein frustriertes Seufzen erließ seine Lippen. Hätte er wenigstens eine Ahnung davon, was dieses Armband konnte, wäre das sicher einfacher.

Immerhin konnte das alles sein. Von Feuerbälle schießen, über Gedanken lesen oder Tiere kontrollieren.

Noch einmal schüttelte Lewin sein Handgelenk, um zu sehen, ob etwas geschah, doch dann gab er es auf. Zumindest war das Artefakt aktiviert. Erst einmal sollte er nicht mehr erwarten.

Also wandte er sich zu den Kisten um, die in der Kutsche standen. Darin befand sich Vorrat, der ihm helfen würde, hier zurechtzukommen.

Lewin erhob sich und öffnete eine der Kisten, um einen Apfel als Stärkung herauszunehmen.

Noch während er ihn aß, wanderte sein Blick in den Himmel, um herauszufinden, wie spät es war. Was er jedoch erblickte, ließ ihn innehalten und die Augen weiten.

Über ihm waren Schemen zwischen den leichten Wolken zu sehen.

Lewins Herzschlag wurde schneller, als er verstand, dass es sich um Drachen handeln musste.

Die großen Flügel und die elegante Art, wie sie durch die Wolken glitten, konnten nicht von einfachen Vögeln kommen.

Lewin hielt sich die Hand über die Augen, um die Sonne etwas abzuschirmen, doch mehr als Schemen konnte er einfach nicht erkennen. Flogen die Tiere wirklich so hoch?

Lewin spürte Vorfreude in sich aufsteigen. Er war hier richtig. Es gab in dieser Gegend Drachen!

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