Lamm

Das Gedicht behandelt die Verzweiflung, wenn jemand anders schwer depressiv ist (und autoaggressiv).

So sachte fließt es über Haut
des Antlitz', schwere Schlachten toben
im Auge, leise schweigt es laut,
wie schwarze Seelen Schwärze loben.
Der Schmerz ist jedes Knochens Mark,
die Lymphe quillt vor Asche über.
Gehirn und Körper sind sich Sarg,
man wünscht sich fast, es ging' vorüber.

Ein Schmerzensschrei verlässt die Nacht,
wie heißes Licht vom kühlen Monde.(1)
Das Auge schleppt die Liderfracht,
in der dereinst ein Schläfchen wohnte.
Doch hör nur, wessen Schrei da hallt,
das ist der Freund nur von dem Armen.
Des Lammes Stimm verbleibt im Wald,
in seinem Kopf wächst's, kein Erbarmen.

Die Säge an das Fleisch gelegt,
der Blick gehört den Baumeskronen.
Die Blätter, auf dem Stamm gepflegt,
erfassen Feuer, wer'n nichts schonen.
Ein Schnitt, gefällt wird's bittre Tier,
denn Wunden könn' nicht plötzlich heilen.
Die Säge schlitzt wie durch Papier,
du spürst Metall nun an dir feilen.

Steh auf, geschlachtet wirst du nicht
von unsrem Hirten, jenem Lieben.
Das Messer, das in Adern bricht,
ist stets in deiner Klau geblieben.
Zum Boden zieht es jeden hin,
doch könn wir's meist vom Himmel trennen.
Dir kommt kein Himmel in den Sinn,
du gehst zu Boden, wie wir's kennen.

Komm, gib mir deine Sägenhand,
ich will dich in die Freiheit sperren.
Den Wald zersägen, legen Brand,
dich aus den Wälderfluten zerren.
Und letztlich rufe ich den Hirt,
der zeigt vielleicht ein stille Quelle.
Die möglichst seicht, naturberührt,
dich fasst nicht eine ihrer Welle.

Steh auf, bist du doch nicht allein -
so viele, die da einsam leiden.
Steh auf, es fliegt des Grabes Stein -
und halt ihn nicht - von ihm zu scheiden,
steh auf und trau dich zu mir ran,
und wenn du fällst, dann bleib nicht liegen.
Steh auf, ich glaube doch daran,
dass deine Sinne dich betrügen.

Steh auf, der Himmel hat Geduld,
die Hölle darf auch gerne harren.
Steh auf, du trägst auch keine Schuld,
und wirf die Lasten ab, die Narren.
Zum Schlafe geh zu Boden nur,
erwache dann zum neuen Lichte.
Steh auf und sing dein Lied in Dur,
Kapitel endet statt Geschichte.

1) Es sei darauf hingewiesen, dass wir warmes Licht als kalt wahrnehmen.

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