1. In den Tunneln unter Wien

Der neue Tag war kaum angebrochen und doch stand Jay bereits unter Spannung. Der junge Mann an seiner Seite zitterte heftig, ob der Grund an seiner Angst oder an der beißenden Kälte lag, war schwer einzuschätzen.

Der Atem kräuselte sich vor ihren Gesichtern, Vorboten eines grausamen Winters. Geschult sah Jay sich in den schwach beleuchteten Straßen um. Hier und da blitzen die Lichtkegel einiger Taschenlampen auf. Die Polizei suchte nach ihnen. Aber bis jetzt hatten sie sie nicht gefunden. Jay wertete das als gutes Zeichen.

"Nur noch da nach vorne, dann können wir in die Kanalisation abtauchen und verschwinden." "In die Kanalisation?", das offene Entsetzen des Mannes wirkte skurril, wenn doch die Alternative eine Inhaftierung in irgendeinem Loch war.

Jay nickte beruhigend und griff nach seiner Hand. Der junge Mann war Lehrer, ruhig und schüchtern. Er hatte seine Mutation immer geheim halten können, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sein Freund ihn verraten hatte. Nun drohte ihm ein Saki-Gefängnis, schlicht und ergreifend, weil er seine Mutation, ein milder Röntgenblick, nicht gemeldet hatte.

Die neuen Regeln der Regierung schufen ein immer dichteres Netz an legalen Einschränkungen. Mit dem Serum behandelte Menschen, Sakis, war es nicht erlaubt ohne sichtbarer Kennzeichnung in den Straßen Wien herumzulaufen. Sein Schützling hatte dagegen verstoßen. Nun drohte ihm Gefängnis.

"Du schaffst das. Wir sind gleich in Sicherheit. Vertrau mir, ich hab das schon hundert Mal gemacht.", eine Übertreibung, derer sie sich beide bewusst waren. Trotzdem zeigte sie Wirkung.

Der junge Saki drückte Jays Hand. In gebückter Haltung liefen sie über die Kreuzung, immer im Schatten der fahlen Laternen. Von weitem hörten sie die Polizisten schimpfen. Niemand hatte Lust in den ersten Morgenstunden eines verregneten Herbsttages die Nadel im Heuhaufen zu suchen.

Jay vermied es in die Pfützen zu treten und behielt sein Ziel im Auge. Es war ein kaum sichtbarer Eingang, ein Abwasserrohr, das seine Leute zu einem sicheren Abstieg in die unendliche Tunnellandschaft Wiens umgebaut hatten.

Es war eng und dunkel, doch dankenswerterweise hielten seine Kollegen den Abstieg relativ sauber. Dennoch würde er seinen Schützling zuerst hineinpressen müssen.

Das erste Mal in einem so engen Raum konnte große Ängste auslösen. Dies konnte ihnen wertvolle Sekunden bei der Flucht rauben und war ein absolutes No-Go bei ihren Rettungsaktionen. Sein letzter Auftrag wäre dadurch fast schief gegangen.

Viel zu häufig landeten die Retter in eben jenen Saki-Gefängnissen. Endlich erreichten sie den Eingang unter der niedrigen Brücke. Das Laub sammelte sich vor dem Gitter und die Spinnen bauten regelmäßig ihre Häuser an den unebenen Wänden.

"Halt Ausschau.", drängte Jay, während er sich an dem Gitter zu schaffen machte. Es klemmte ein wenig und würde bei hektischen Bewegungen quietschen. Der junge Lehrer sah sich furchtsam um.

Mit ruhigen Handgriffen lockerte Jay den Riegel und zog das Gitter langsam nach vorne. Insekten ergriffen die Flucht und die Taschenlampen kamen näher.

"Sie kommen.", der Lehrer schlug panisch gegen seine Schulter. "Wir haben noch Zeit.", einige Sekunden und die würde er nutzen. Mit einem letzten Ruck war der Tunnel offen und bevor sein Schützling protestieren konnte, schob er ihn in das dunkle Loch.

Er hörte ein Aufstöhnen von dem Mann, mehr aber nicht. Offensichtlich war ihm sein Leben lieb. Hastig kroch er ihm hinterher und verschloss den Tunnel wieder. Der enge Durchgang versperrte ihm die Möglichkeit sich umzudrehen und nach den Verfolgern zu sehen.

"Geh, schnell." "Hier gibt es überall Krabbeltiere." "Sie werden dir weniger tun als diese Leute. Einfach geradeaus und ignorier die Insekten. Los jetzt.", seine Worte wurden gehört.

Der junge Mann kroch tiefer in die pechschwarze Finsternis und nur ein gelegentliches Stöhnen ließ seinen Unmut erahnen. Jay machten die Insekten wenig aus, er war seit seiner Geburt Gärtner und hatte nichts anderes kennengelernt.

"Bei der Gabelung links.", kaum waren sie abgebogen öffnete sich der Tunnel zu einem viel größeren unterirdischen Raum. Sie konnte stehen und sich strecken. Sein Schützling hüpfte angeekelt vor ihm auf und nieder.

"Ich hasse diese Viecher. Ich hab das Gefühl sie kriechen mir am ganzen Körper entlang.", damit lag er vermutlich nicht ganz falsch. Jay fühlte einige flüchtenden Tierchen an seinen Armen und Beinen. Behutsam schüttelte er sie ab. Kein Grund diese Nutztiere zu töten.

"Den ersten Teil hätten wir geschafft." "Wohin jetzt?" "Nimm meine Hand. Ich führe dich.", so seltsam es auch klang, dass waren die Regeln. Niemand außer der Innere Kreis kannte sich mit dem Tunnelsystem und den Richtungsweisern aus. Vertrauen wurde in ihrer Welt schwer bezahlt.

Jay hielt sich an die Regeln, verstand schlussendlich ihre Notwenigkeit, auch wenn sie ihm am Anfang grausam erschienen waren. Mit seinem Schützling im Schlepptau tasteten sie sich voran.

Es gab Unebenheiten am Boden und den Wänden zu beiden Seiten. Das waren die einzigen Wegweiser, die Jay hatte. Monatelanges Training mit seinen Kollegen war notwendig gewesen, um sich die Markierungen einzuprägen.

Im Tunnelsystem gab es kein Licht. Weder von der Stadt noch von den Rebellen. Beide nutzen die Dunkelheit für ihren Vorteil. Die Stadt hielt die grausame Finsternis für ein Hindernis, die Rebellen als einen Weg sich vor Verrätern zu schützen.

Niemand kannte die subtilen Markierungen, außer die Retter der Taube. Ein bescheuerter Name. Aber er hatte sich etabliert und war unmöglich umzuändern. Woher er kam, wusste Jay nicht.

Ein weiteres Geheimnis, dass er nie herausfinden würde. Fast so wie die Frage woher dieses verdammte Serum, dass ihnen diese Scheiße eingebrockt hatte, eigentlich kam. Klar IZANAGA und Isabella Nakamura. Soviel war der Welt bekannt, aber wer hatte es erfunden? Wer waren die Wissenschaftler verantwortlich für den Verfall der Demokratie in Europa?

"Sind wir bald da?", die zittrige Stimme seiner Begleitung hallte von den hohen Decken wider. Jay fand die letzte Markierung und blieb stehen. "Du ja. Ich nicht."

"Was meinst du? Wo sind wir? Ich kann nichts sehen."

"Das hier ist der Treffpunkt für einen Freund von mir. Er oder Sie wird dich abholen und weiter zu unserem Lager bringen. Du musst hierbleiben. Lauf nicht weg oder du wirst dich verlaufen und wir werden dich nicht mehr finden. Dafür ist das Tunnelnetz zu weitläufig. Also egal wie viel Angst du hast, egal wie lange es dauert, bleib hier. Hast du mich verstanden?"

Jay ließ die Hand des jungen Mannes los, doch dieser griff erneut danach. "Bitte lass mich nicht zurück. Ich halte die Dunkelheit nicht aus, ich kann immer noch diese ekligen Krabbelviecher spüren und es ist kalt und nass und bitte lass mich nicht alleine. Bitte."

So sehr ihn die Ängste des Mannes trafen, es gab diese Protokolle zum Schutz ihrer Organisation und Jay konnte sie nicht einfach ignorieren. Dieser Mann vor ihm konnte immer noch ein Spion sein. Nur seine Zeit in der Dunkelheit würde seiner Flucht die nötige Wahrheit geben.

"Es tut mir leid. Ich kann nichts tun. Das sind die Regeln." "Die Regeln sind scheiße! Ihr helft doch den Leuten, den Sakis. Oder etwa nicht? Ist das alles nur Gerede, nur dumme Gerüchte? Lockt ihr Unschuldige hier runter, um sie sterben zu lassen.", die Panik seines Gegenübers war verständlich.

Jay hatte diese Art der Rettungsaktion schon oft gemacht und die Menschen reagierten immer gleich auf die Aussicht der Einsamkeit in völliger Finsternis. Diejenigen die ruhig blieben wurden noch einmal überprüft.

Nicht selten sah man verdächtige Handlungen, wenn sie glaubten allein zu sein. Jay spürte ehrlich Angst in dem Mann vor ihm und griff nach seinen zitternden Händen.

"Hör mir zu. Du schaffst das. Bleib hier. Halte dich an der Wand fest und atme tief durch. Wir kommen dich später holen. Vertrau darauf."

"So wie auf diese beschissene Ärztin, die mir unbedingt einen Vitaminbooster geben wollte? Ich dachte, ich könnte ihr vertrauen und jetzt bin ich hier. Die Liebe meines Lebens hat mich verraten, ich hab keinen Job mehr, keine Wohnung...nichts. Und jetzt soll ich euch vertrauen, obwohl ihr mich genauso gut hier unten sterben lassen könnt."

"Du wirst nicht sterben." "Und wenn schon.", er ließ sich auf den Boden fallen und stützte die Hände über die müden Augen, "ich habe nichts mehr zu verlieren."

"Sag sowas nicht. Ich weiß, die kommenden Stunden werden schwierig. Ich war auch einmal in deiner Situation, aber wenn du ruhig bleibst und dich an meine Anweisungen hältst, wirst du überleben."

Von seinem Schützling kam keine Antwort. Regeln waren Regeln. Jay hatte keine Wahl. Hilflos ließ er ihn zurück. Leises weinen war alles, was er hörte, als er ihn verließ und nach dem Ausgang suchte.

Jay ging schneller, getrieben von Kälte und Müdigkeit. Den Weg kannte er gut, die Markierungen waren kaum noch von Nöten. Kurz vor dem Ausgang hörte er es hinter sich rascheln und eine Hand griff nach seiner Schulter.

"Das hast du gut gemacht.", hörte er es neben sich zischen. Defne fuhr seinen Arm herunter und kicherte leise. "Er wirkt wie ein Hosenscheißer." "Er hat gerade alles verloren, zeig ein wenig Mitgefühl."

"Mitgefühl? Kaltblüter kennen kein Mitgefühl.", Defnes eisige Antwort hatte keinen bösartigen Hintergedanken. Jay wusste, was er fühlen würde, sollte er ihre nackten Arme berühren. Schuppen. Schlangenschuppen, Schlangenaugen und eine gespaltene Zunge.

Defne war eine der Unglücklichen, deren Mutation im Auge des Betrachters stark auffiel. Sie war außerdem eine der wenigen, die im Dunkeln sehen konnte und die Tunnel deshalb bevorzugte. "Behalt ihn im Auge und lass ihn nicht zu lange leiden."

"Ich werde meine Arbeit tun, genau wie du deine, Jay." Defne küsste seine Wange sanft und verschwand wieder. Zu gerne hätte er noch weiter mit ihr gesprochen, doch sein Magen knurrte und die Kälte sickerte durch die grüne Jacke. Hastig stieg er die Leiter hoch in den Keller eines Unterstützers.

Durch eine verborgene Lucke trat er in den gewärmten Keller und sah sich im Halbdunkel um. Eine einzelne Laterne, schwach in ihrer Leuchtkraft spendete mehr Schatten als Licht. Angeräumt mit allerlei Unrat und Kisten verbarg das Untergeschoss nicht nur den Zugang, sondern auch einen seiner Kollegen.

Die Tür zum Keller wurde nur zu bestimmten Zeiten geöffnet. Wer seinen Ausstieg verpasste, musste warten. Manchmal die ganze Nacht. Luke, ein groß gewachsener Mann in seinen Dreißigern nickte ihm zu. Er war dafür bekannt die Zeit zu vergessen und Stunden in diesem Keller zu verbringen. Leise setzte er sich neben ihn hinter eine Kiste und fand Decken, Wasser und sogar etwas zu essen.

Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete er die Annehmlichkeiten. Luke zuckte mit den Schultern. "Ich hab mit Karl geredet." "Und dann gibt er dir sofort was zu essen?"

"Nein, aber er hatte Mitleid. Letzte Woche war ich acht Stunden hier unten. Jetzt hat er mir sogar einen Kübel für mein Geschäft hingestellt." "Das ist ja lieb von ihm. Ich würde auch echt ungern in deine Häufchen treten."

Lukes gedämpftes Lachen wirkte befreiend. Sie waren in Sicherheit, alles lief nach Plan. "Häufchen? Alter, meine Geschäfte sind teilweise größer als du, Knirps."

"Wieso hast du dich so krass verspätet? Ich dachte, nach der letzten Standpauke vom Chef, wolltest du dich bessern." "Was soll ich denn machen? Die Kleine, die ich in den Tunnel gebracht habe, hat ewig geheult und ich hab halt noch mit ihr geredet."

"Meiner hat heute auch geheult und gebettelt. Ich hab Defne gebeten gnädig zu sein." Augenbrauen wanderten nach oben. "Defne und gnädig? Wusste gar nicht, dass diese zwei Worte zusammenpassen." Jay legte den Kopf schief, der Ruf seiner Freundin schien ihr vorauszueilen. "Sie ist mehr als sie scheint. Du wärst überrascht."

"Warst du es auch als du was mit ihr angefangen hast?" Das war kein Geheimnis. Defne und er waren einige Monate zusammen gewesen. Spaß, mehr würde er ihre gemeinsame Zeit nicht nennen. Bis ihm auffiel, dass sie mehr wollte und er die Reisleine ziehen musste.

Defne hatte es in gewohnter Kälte zur Kenntnis genommen und ihn einige Wochen ignoriert. Ihr Verhalten im Tunnel ließ auf eine bessere Stimmung schließen.

"Ich war überrascht. Sie liebt alte Serien, ist ein wahnsinniger Fran Drascher- Fan. Aber sag ihr nicht, dass du das von mir hast." "Fran Drascher also...ich mag die Nanny auch. Glaubst du sie wäre offen für was neues?" Jay zuckte mit den Schultern.

"Frag sie. Ich denke schon, aber sie war immer schwer zu lesen." "Stimmt. Wir haben immer recht viel Spaß im Keller. Ich mag sie. Irgendwie." Ein Grinsen huschte über Lukes Gesicht und landete auf Jays.

Luke war ein guter Kerl, etwas vergesslich und verträumt, aber ein guter Kerl. Ein Softie wie er im Buche stand, ein Umstand den Jay an ihm mochte. Er hörte immer zu, geduldig und einfühlsam. Viel zu oft verlor man in ihrer Branche das Mitgefühl und stumpfte ab. Nicht so Luke. Er war ein großer Teddybär geblieben.

Die Tür ging auf und Licht flutete hinein. Schwere Schritte auf steinernen Stufen. Karl, der Besitzer des Kellers trat in den Lichtkegel. "Luke? Bist du schon wieder da?", schnaufte der dickbäuchige Mann mit den roten Backen und schütteren Haar. Die weiße Schürze um seinen runden Bauch war mit Mehl bestaubt. Geduckt trat Luke vor den Mann, der gut sein Vater hätte sein können und lächelte entschuldigend.

"Ich hab's ehrlich versucht. Tut mir leid." "Ist dein Kübel voll?", damit bezog sich der strenge Großvater wohl auf den Kübel für Lukes Geschäfte. Jay folgte Lukes Blick zu dem metallenen Kübel in der am weitesten entfernten Ecke des Raumes.

"Nein. Er ist leer." "Gut, dann hau ab. Wer ist da noch?" Jay stand auf und trat neben Luke. Auch er nahm automatisch eine geduckte Haltung an. "Nur noch ich."

"Hast du deine Aufgabe erledigt, Jonathan?", der ältere Herr war der Einzige, der sich weigerte, Jay bei seinem Spitznamen zu nennen. Da half auch Jays flehen und betteln nicht. Karl weigerte sich die englische Abkürzung zu verwenden.

"Ja, Karl. Alles erledigt." "Gut, dann haut ab ihr zwei und gönnt euch ein paar Tage ruhe. Ich hab das Gefühl ich sehe euch jeden Tag. Und das ist mir eindeutig zu viel.", brummte Karl mit einem Lächeln auf den Lippen. Luke und Jay liefen aus dem Keller in das Hinterzimmer von Karls Bäckerei.

Es war eine dieser alten ehrwürdigen Bäckereien, hohe Decken und alte Mauern, die durch neumodische Ideen Hip gemacht worden waren. Karls Tochter Amanda war diejenige mit den Ideen. Neue Farbe, neuer Look und natürlich viele vegane und glutenfreie Optionen.

Seit diesen Änderungen lief die Bäckerei besser und wann immer Jay Vater und Tochter zusammen sah, wirkten sie glücklich. Trotz seiner Grisgrämigkeit schien er das gemeinsame Arbeiten mit Amanda zu genießen.

Im Hinterzimmer lagerten hauptsächlich Lebensmittel und Gerätschaften, die nicht so häufig in Verwendung waren. Eine weitere Tür brachte sie in die Backstube, die durch eine Glasfront mit dem Kundenbereich verbunden war. Amanda stand stirnrunzelnd vor dem Offen und beobachtete die Kuchenform darin.

"Hey, Manda. Wie läufts?" Die junge Frau äußerte sich in einem Grunzlaut und winkte ab. Ihre Gedanken waren vollauf mit ihrer neuesten Kreation beschäftigt.

Die jungen Männer warfen sich einen vielsagenden Blick zu und beschlossen nicht weiter zu stören. Wenn Amanda backte, lenkte man sie besser nicht ab. Besonders wenn es eine unmögliche Zeit war, entweder spät nachts oder früh morgens und ihre wilden, kurzen Haare von einer unterbrochenen Nacht zeugten. Eine aufdringliche Idee hatte ihren Körper aus dem Bett gescheucht.

"Ich frag mich, was es diesmal wird.", hauchte Luke ehrfürchtig und öffnete die Eingangstür, um in den kalten Morgen zu treten. Die Sonne kämpfte sich mit einigen wenigen Strahlen durch die dunkle Wolkendecke. Einige wenige Menschen huschten durch die Straßen, um ihrer Beschäftigung nachzugehen.

"Sicher wieder was Gutes." "Na, klar. Hast du-" "Hey, ihr da!", Polizei. Reflexartig spannten sie die Muskeln an. Der Trieb zu fliehen war gewaltig, doch das war nicht, was ihr Boss ihnen beigebracht hatte.

Ruhe, beschwor sich Jay. Die Menschen in ihrer Umgebung hasteten davon und überließen sie der vollen Aufmerksamkeit der zwei Polizisten, die nun in bullenartiger Entschlossenheit auf sie zukamen. Einer der Polizisten hielt ihnen ein Bild vor die Nase. Es war Jays Schützling.

"Habt ihr diesen Mann gesehen? Vielleicht in Begleitung eines anderen?", der argwöhnische Gesichtsausdruck des pausbäckigen Polizisten ließ ihn schwitzen. Jay schüttelte den Kopf und überließ Luke das Reden. Luke war der bessere Lügner.

"Nein, sorry, Mann. Wir wollten uns nur was von unserer Lieblingsbäckerei holen, bevor es zur Arbeit geht. Sehen Sie die fesche Schnecke in der Backstube. Mein Freund hier versucht seit Monaten sie um eine Verabredung zu bitten. Raten Sie mal, wie weit er schon gekommen ist.", Luke lachte laut und klopfe ihm auf die Schulter. Die roten Wangen in Jays Gesicht halfen ihrer Geschichte. Die Polizisten warfen einen Blick zur Bäckerei. Einer von ihnen pfiff.

"Er sollte sich ranhalten. Die ist süß." "Gute, ehrliche Frauen sind eine Seltenheit.", meinte der zweite Polizist mit gerümpfter Nase.

"Das sag ich ihm auch die ganze Zeit. Aber der Junge ist einfach schüchtern.", Luke trug extra dick auf, spielte den gehässigen Freund zur Perfektion.

"Hoffen wir mal er kommt bald in die Gänge, nicht wahr. Falls ihr doch noch was Verdächtiges seht-" "melden wir es sofort. Wir wissen, wie wichtig Ihre Arbeit ist." Die Polizisten verschwanden mit einem strengen Lächeln. Scherzend zog Luke ihn die Straße hinunter, darum bemüht weiterhin nur über Amandas schöne Augen zu reden. Erst als sie zwei Straßen weiter waren, verflog Lukes Heiterkeit.

"Das war knapp. Sie waren zu nah an unserem Tunnelausgang. Waren sie dir so dicht an den Fersen?"

"Leider. Ich hab versucht schneller zu sein, aber mein Schützling....", Jay ließ den Satz unbeendet, sein Freund wusste auch ohne genaue Ausführungen was geschehen war. "Lass mich raten. Der dunkle Tunnel hat ihn zögern lassen. Hoffen wir mal, dass sie den Eingang nicht finden und auf dumme Ideen kommen."

Hoffnung war ihr wichtigster Begleiter. "Ich hätte sie nie so aalglatt anlügen können. An dir ist echt ein Schauspieler verloren gegangen." Stolz richtete Luke sich zu seiner vollen Größe auf. Beachtlich wie klein und schwach er sich machen konnte.

"Ich sollte los. Wir sehen uns das nächste Mal bei Karl?" "Vermutlich. Du wirst sicher auf mich warten." Luke winkte ihm zum Abschied. Jays Handy klingelte. Eine Nachricht.

"Wo bist du? Es ist fast Zeit fürs Frühstück?!", gähnend sah er zum Himmel. Richtig, Frühstück. Das normale Leben ging weiter. "Bin am Weg.", schrieb er zurück und fand sich so schnell er konnte die passende Straßenbahn und fuhr heim.

Seine Wohnung befand sich im Dachgeschoss eines alten Mietshauses. Es war reichlich verziert und die Decken hoch. Vorsichtig öffnete er die eiserne Eingangstür und schlich das steinerne Treppenhaus hinauf. Alles blieb leise, alles blieb ruhig. Bis im ersten Stock die Tür geöffnet wurde.

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