3. Holding out for a hero

«Director... So leid es mir tut, dieses Mal würde ich gerne die Befragung leiten.»

Sowohl Fury als auch ich starrten den jungen Mann, den ich schon gestern bemerkt hatte, vollkommen perplex an, als er uns vor dem Verhörzimmer abfing, allerdings war ich es, die zuerst reagierte. «Oh ja, Director. Er ist der Gast und der Gast ist König.»

Fury warf mir einen bösen Blick zu. «Es ist der Kunde, der König ist, Kayla», grummelte er. «Du kennst ihn überhaupt nicht. Wirst du ihn nicht wie mich mehrere Tage lang ignorieren, bevor du mit ihm sprichst, da es dir verboten wurde, ein Wort mit einem Fremden zu wechseln?»

Ich grinste frech. «Jeder ist besser als Sie, Fury.» Ich hatte es mittlerweile aufgegeben, nett sein zu wollen, um zu verhindern, dass ich noch länger im Triskelion bleiben musste. Wenn es nach Fury ging, dann würde ich die Aussenwelt sowieso nie mehr von nahem sehen. Also, wieso sollte ich mich anstrengen, freundlich zu bleiben?

Der junge Mann warf mir einen interessierten Blick zu. «Dein Humor war durch eine Glasscheibe aber noch leichter zu ertragen», stellte er fest.

Fury verdrehte nur die Augen. «Glauben Sie mir, Everett, wenn Sie auch noch Ziel ihrer Provokationen sind, dann ist ihr Humor noch um einiges unlustiger.»

«Für Sie immer noch Agent Ross, Director», korrigierte der Fremde, bestimmt, aber immer noch ein wenig freundlich. «Und ich werde es wohl aushalten können.»

Der Director musterte ihn einige Sekunden lang, dann nickte er. «Wenn Sie es nicht lassen können... Aber ich warne Sie: dieses Mädchen ist keineswegs so unschuldig, wie es scheint. Sie hat keinerlei Moral...»

«Und steht neben Ihnen, Director. Sie irren sich übrigens. Ich habe Moral!»

«Oh, na klar. Trotzdem hackst du alles, was nicht niet- und nagelfest ist, steigst in Tony Starks Auto ein...»

«Ich hätte es nachher wieder abgeschlossen und die Firewall verbessert, wie ich es immer mache, auch wenn ich hacke. Ich schade niemandem damit, was ich tue. Und ein wenig Spass muss doch sein.»

Der Mann, der von Fury Ross genannt werden wollte, legte den Kopf schief. «Genau das wollte ich mit dir besprechen, allerdings wäre es besser für uns Beide, wenn wir unser Gespräch aufnehmen würden, sonst müssen wir es zwei Mal führen und das wäre dann wohl ziemlich langweilig. Und so viel ich weiss, bist du nur hier, weil dir langweilig war.»

Ich war überrascht. Er war wirklich freundlich zu mir, allerdings nicht auf eine überhebliche Art, sondern so, als sehe er mich als ihm ebenbürtig, ganz anders als Fury und alle anderen, ausser vielleicht Tony, die mich immer ein bisschen von oben herab behandelten, was ich überhaupt nicht ausstehen konnte. Ich nickte langsam und schenkte Fury einen mehr oder weniger ätzenden Blick. «Klar. Kein Problem.»

Ein feines Lächeln zeichnete sich auf Mr. Ross' Gesicht ab und er wandte sich an Fury. «Ich weiss nicht, was Sie haben, Director. Sie scheint ja ganz umgänglich zu sein.» Ein Muskel an Furys Hals zuckte, als wollte er noch etwas sagen wollte, sich dann aber umentschied. Schweigend drehte er sich um und marschierte davon. Mr. Ross schmunzelte, öffnete die Türe zum Verhörraum und hielt sie mir auf, so dass ich vor ihm hineingehen konnte.

«Danke.»

Er nickte mir freundlich zu. Als wir uns auf die unbequemen Stühle gesetzt hatten, lehnte sich Mr. Ross zurück. «Ich bin ziemlich sicher, dass du schon mitbekommen hast, wie ich heisse. Aber noch einmal fürs Protokoll: Mein Name ist Everett Ross.»

«Meinen Namen muss ich nicht noch einmal wiederholen, oder?», hakte ich nach. «Zunächst einmal haben Sie gestern höchstwahrscheinlich das Video davon gesehen, wie der Director mich befragt hat und ausserdem bin ich beinahe hundert Prozent sicher, dass Sie meine Akte gelesen haben.»

«Sehr gut beobachtet», stellte er, kein bisschen überrascht, fest. «Das stimmt alles. Allerdings solltest du noch über mich wissen, dass ich nicht ohne Grund heute hier bin.»

«Wohl kaum ein weiteres Jobangebot?», fragte ich, während sich ein ungutes Gefühl in mir breit machte. Irgendetwas war seltsam, auch wenn Mr. Ross sehr freundlich und verständnisvoll schien.

Er schüttelte den Kopf. «Ich bin vom CIA und soll herausfinden, ob du es gewesen bist, die das System abstürzen lassen hat.»

«Ich kann Ihnen versichern, ich war das nicht.»

Ross musterte mich. «Lass uns eine Abmachung machen. Solange ich nett und ehrlich zu dir bin, bist du es auch zu mir. Okay?»

Ich nickte langsam. «Grosses Indianerehrenwort. Wieso habe ich das Gefühl, dass Sie diese Aufnahmen trotzdem noch etlichen Experten zeigen werden, die herausfinden sollen, ob ich nicht doch gelogen habe?»

Erneut schmunzelte Mr. Ross. «Das ist die Standartprozedur. Ich hoffe, es stört dich nicht, aber ändern kann ich es leider nicht.»

«Keine Sorge», seufzte ich, «ich habe heute Morgen die Haare gewaschen. Ich bin kamerareif.»

«Dann bin ich ja beruhigt», stellte Mr. Ross fest. «Wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich jetzt gerne zu deinen Fähigkeiten als Hacker zurückkommen.»

Ich schluckte trocken. Ich konnte Mr. Ross überhaupt nicht einschätzen, er hätte im nächsten Moment anfangen können, zu schweben und ich wäre nicht überrascht gewesen. Ich mochte es nicht, wenn ich Leute nicht einschätzen konnte. «Irgendwie vermisse ich es, über etwas anderes zu reden», grummelte ich.

Mr. Ross warf mir einen kurzen Blick zu. Ich bemerkte, dass sich, trotz seines offensichtlich jungen Alters, schon Spuren von grau in seine Haare schlichen. Er war glattrasiert und wirkte auf eine professionelle Art in sich gekehrt. «Nun, das wird wohl schwierig werden. Schliesslich ist das Hacken deine hervorstechendste Eigenschaft.»

«Ach wirklich?», grummelte ich. «Hacken ist nicht das Einzige, dass mich definiert.»

Er lehnte sich zurück. «Nun, es ist die einzige Eigenschaft, die die CIA interessiert.»

«Ich war's nicht, okay?», versuchte ich ihm erneut klar zu machen. «Ich war's echt nicht.»

«Ich sage nicht, dass ich dir nicht glaube», lenkte er ein, «aber ich würde dir gerne einige Fragen stellen.»

Immer noch etwas misstrauisch nickte ich. «Okay. Dann... schiessen Sie los!»

Er nickte langsam. «In Ordnung. Wie hast du damit angefangen?»

Ich dachte kurz darüber nach. Diese Frage hatte ich nicht erwartet. «Mir war langweilig. Ich habe einige Programmiersprachen gelernt und irgendwann, als ich ein Computerspiel gespielt habe, ist mir eingefallen, dass ich es doch ein wenig verändern könnte, damit die Ernte auf meiner Farm schneller wächst.»

Mr. Ross runzelte, scheinbar überrascht, die Stirn. «Wirklich?»

Ich zuckte die Schultern. «Ich weiss, das hört sich nicht nach viel an, aber irgendwo muss jeder anfangen.»

«...Richtig.» Er blinzelte unheimlicherweise nur sehr, sehr selten, brach den Blickkontakt nie ab.

«Und wann hast du angefangen, illegal in fremde Systeme einzudringen?»

Ich schluckte. «Ähm... Ich will meinen Anwalt sprechen?»

Er schmunzelte. «Obwohl das hier aufgezeichnet wird, versichere ich dir, dass deine Aussagen nicht gegen dich verwendet werden.»

«Ganz sicher?», hakte ich nach. Irgendwann wollte ich schliesslich auch wieder in mein normales Leben zurück und das würde nicht passieren, wenn ich selbst weitere... Abstecher in eine Grauzone des Gesetzes zugab.

Mr. Ross nickte. «Ganz sicher. Auch SHIELD wird dieses Material nicht benutzen.»

Ich nickte langsam. «In Ordnung.» Ich zögerte. «Jemand hatte mich mit Code herumspielen gesehen und mich ausgelacht. Sie sagte, ich könnte sowieso nicht besonders mehr, als die Basics.»

«Und du wolltest ihr beweisen, dass sie falschlag? Hast du ihr je gesagt, was du alles geschafft hast?»

Ich schüttelte langsam den Kopf. «Nein.»

«Du wusstest selbst, dass dich das in Schwierigkeiten bringen konnte, oder?»

Ich nickte nur. «Werden... Werden Sie wissen wollen, wer es war?»

«Die Person, die dich angestiftet hat? Ja, das will ich wissen.»

Ich schluckte. «Wird das... Konsequenzen für sie haben?»

«Nein. Sie hat nichts unrechtes getan.»

Ich atmete tief durch. «Sie heisst Cassie. Cassie Alexander.»

«Und wieso hast du was sie gesagt hat so persönlich genommen? Ist sie deine Freundin?»

«War mal», murmelte ich leise. «Ich... naja... Wir verstehen uns nicht mehr besonders gut.»

«Sie hört sich tatsächlich nicht besonders nett an», stellte Ross fest. «Wirst du gemobbt, Kayla?»

«Das hat ziemlich wenig mit dem Hacken zu tun, finden Sie nicht?», wich ich aus. Er musste nicht wissen, dass er recht hatte. Ich schämte mich schliesslich selbst dafür, dass ich es nicht geschafft hatte, alle, die mich nicht mochten, zurechtzuweisen.

«Es ist dir vielleicht nicht klar, aber wenn du gemobbt wirst, dann könnte das der Grund dafür sein, dass du hackst. Wolltest du dich vor jemandem verstecken?»

«Hinter Zeilen von Code? Das wäre ja beinahe poetisch», versuchte ich, von der eigentlichen Antwort abzulenken.

Mr. Ross nickte langsam. «Also wirklich. Das tut mir leid für dich.»

«Ach, hören Sie doch auf», schnaubte ich. «Es interessiert Sie doch einen feuchten Dreck, wie es mir geht und wer gemein zu mir ist.»

«Ich glaube, du hast etwas falsch verstanden, Kayla. Ja, wir verdächtigen dich, uns gehackt zu haben, aber falls du es nicht hast, dann werden wir versuchen, dich so weit wir können zu unterstützen. Wenn du es so einfach schaffst, alle diese Dinge zu tun, die in deiner Akte stehen, dann will ich nicht wissen, was du tun kannst, wenn du wirklich wütend auf jemanden bist.»

Ich schwieg überrascht. Natürlich hatte Mr. Ross damit gesagt, dass er sich nur des Eigeninteresse halber um mich sorgte, aber er sorgte sich um mich. Und das hiess eine ganze Menge. «...danke.»

«Du brauchst mir nicht dafür zu danken, dass ich die Wahrheit sage. Aber wir sind noch nicht fertig. Wen hast du schon alles gehackt?»

Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen. Ich hatte beinahe vergessen, in welcher Situation ich gerade war. «Muss das sein?»

«Ja.»

«Also gut», murmelte ich und zählte so schnell ich konnte alle herunter, an die ich mich erinnerte. Als ich wieder aufsah, bemerkte ich, dass Mr. Ross' Augenbrauen nach oben geschnellt waren.

«Wirklich?», versicherte er sich erneut.

Ich nickte, auch wenn ich mich beinahe ein wenig elend fühlte. Von dem Stolz, es geschafft zu haben, klug genug gewesen zu sein, in all diese Systeme einzudringen, war nichts mehr übrig und ich musste nur immer und immer wieder daran denken, dass ich das Gesetz gebrochen hatte. Und das das sehr unangenehme Folgen für mich haben konnte. «Ja.»

«Und wieso hast du dich noch nicht an einen Geheimdienst gewagt? Oder das weisse Haus?»

Ich runzelte die Stirn. «Ich bin vielleicht dreist, aber nicht so dreist! Ich bin amerikanische Staatsbürgerin, es wäre eine Sünde, das weisse Haus zu hacken!»

«Und die Geheimdienste? Wieso hast du die unangetastet gelassen?»

«Ich dachte...»

«Was?»

«Ich war mir nicht sicher, ob ich gut genug dafür bin.»

Mr. Ross lachte trocken auf. «Oh, glaub mir, du darfst ruhig ein wenig Selbstvertrauen haben. Wenn jemand gut genug dafür ist, dann du. Meine Techniker haben sich die Aufzeichnungen der Hacks, die du getätigt hast, wenn wir sie auftreiben konnten, angesehen und sind davon in helle Aufregung versetzt worden. Sie wollten dich unbedingt kennenlernen.»

«Obwohl die CIA denkt, ich hätte sie lahmgelegt?»

«Genau deswegen. Es gibt nicht viele, die es überhaupt in den Verdächtigenkreis geschafft haben.»

Und schlussendlich war er doch da: Der Stolz, so hoch gehandelt zu werden, obwohl ich immer noch das Gefühl hatte, dass mich Mr. Ross weit überschätzte. «Also... ich war es nicht.»

«Das hast du schon gesagt.»

«Wie oft soll ich es denn noch wiederholen? Es ist die Wahrheit!»

Mr. Ross nickte langsam. «Nun ja, ich habe auch keine weiteren Fragen an dich. Nur noch eine... Aufgabe.»

«Wie viel zwei und zwei gibt?», versuchte ich zu witzeln, aber Mr. Ross schmunzelte nicht.

«Ich denke, das wäre zu wenig für jemanden wie dich. Nein. Ich will, dass du dich in das wiederhergestellte Netzwerk der CIA hackst. Ohne, dass dich jemand bemerkt.»

«Und dann verschwinde ich einfach wieder?», fragte ich. «Ist das der Test, ob ich's war oder nicht?»

«Nein. Das ist nur eine kleine Aufgabe. Ich will wissen, ob du reinkommst.»

«Und wie soll ich beweisen, dass ich drin war?»

«Du spielst auf allen Computern ein Stück deiner Wahl ab, dass du mir jetzt schon verrätst.»

Ich überlegte nicht lange. «Holding out for a hero von Bonnie Taylor.»

Er nickte langsam. «Eine interessante Wahl. Aber danke. Sowohl für das Gespräch als auch für deine Wahl. Viel... Spass, ist denke ich angebracht.»

Die Türe ging auf und ein mürrischer Fury stand darin. «Mal sehen, ob du es schaffst», grummelte er. «Und nur damit das klar ist: Das hier ist eine Operation der CIA. Ich hätte dich nicht einmal den kleinen Finger an einen Computer setzen lassen.»

«Danke für Ihr Vertrauen, Director», spottete ich, auch wenn mir noch mehr als zuvor bewusst wurde, wie ernst meine Situation wirklich war.


Tony Stark tauchte einige Tage später erneut auf. Ich hatte es tatsächlich geschafft, in den CIA-Server einzudringen und «Holding out for a hero» abzuspielen, was ich ihm auch prompt auf die Nase band. Überraschenderweise war seine einzige Reaktion, mir einen wissenden Blick zuzuwerfen und zu behaupten, ihm wäre längst klargewesen, dass ich zu solchen Dingen fähig sei. Ebenfalls hatte er mir erneut etwas mitgebracht. Ich starrte ihn vollkommen verwirrt ab, als er mir eine Box voller farbiger, winziger Gummibänder entgegenstreckte. «Ähm... Ist ja nett, dass Sie an mich gedacht haben, aber ich bin nicht unbedingt in Gummibänder vernarrt.»

Tony grinste. «Oh, nicht? Gummibänder sind die Grundzutaten für alle Erfindungen, genauso wie Butter für einen Kuchen.»

Ich runzelte die Stirn. «Meinen Sie nicht Mehl? Ich bin mir nicht sicher, wie weit Sie mit Butter kommen. Aber hey, ich kann auch nicht backen, also...»

Tony zuckte mit den Schultern. «Was willst du überhaupt von mir? Ich bin ein Technikgenie, kein Profikoch. Ich habe noch nie in meinem Leben einen Kuchen gebacken. Wie auch immer, nein, das sind keine ganz normalen Gummibänder, das sind...» Er las von der Verpackung ab, «Rainbow looms. Ich habe gehört die sollten eine gute Beschäftigung sein.»

«Und was genau macht man damit?», fragte ich nach. «Die sehen nicht besonders praktisch aus.»

«Meine liebe Kayla, es ist doch offensichtlich, was man damit macht!», belehrte mich Tony, stockte dann aber.

«Ja?»

Er musterte die Verpackung erneut. «Siehst du diese Bildchen?», fragte er schliesslich langsam. Ich nickte. «Naja, ich denke, du kannst Armbänder aus diesen Gummis machen.»

Ich grinste. «Da haben Sie aber viel nachgedacht, als Sie mir das gekauft haben», spöttelte ich.

Er verdrehte die Augen. «Sei froh, dass ich dir überhaupt etwas gekauft habe!»

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