⠀ ⠀ ⠀ XV. the eternal vow






DER FÜNFTE TAG NACH der Nacht des Grauens brach heran und Schweigen legte sich über die Häupter der Schüler jener Akademie, in deren Hallen langsam die goldenen Erinnerungen der Kindheit verblassten und ein Schatten sich vor den Augen aller über die Gemäuer erhob; gezwungen wie eine ewig währende Lüge ignoriert zu werden, da dessen Aussprache Einflüsse auf die Geschichte nehmen würde.

Die Schüler sprachen nicht über die Vorfälle und es wurde still. Es wurde still, da niemand über den grausamen Mord und dessen Täter sprach; über die omnipräsente Anwesenheit des Infernalen. Das Oratorium war verschlossen, nur eine einzelne weiße Rose erinnerte an die Vorkommnisse.

Es war ihnen anzusehen, die leise Ahnung. Sie alle spürten die Abwesenheit von etwas; die Leere, die diesen Ort umgab, da James Paaiges Seele nicht entkommen war, jedoch auch nicht ohne Ziel und Anfang wandelte, sondern wie die vergangene Zeit verschwunden war.

Und zwischen all der stummen Trauer und den schwarzen Gewändern stand Professor Riddle, der Aletheas Blick stets auf sich zog. Sie musterte ihn an den Morgen, die durch die baldige Ankunft des Winters immer grauer wurden; wiederholte die Worte, die geflüstert wurden, in ihrem Kopf, wie ein Mantra, um sich vor Augen zu halten, wie sein Verstand gestrickt sein mochte.

Sie sprachen davon, dass er in einem katholischen Waisenhaus in London aufgewachsen war, von der falschen Religion umgeben. Davon, dass er getauft sei und der Rote Kardinal allein deswegen seine Nähe ertragen habe. Doch das Bild wollte sich nicht in ihrem Verstand formen.

Seine Gestalt von dem Umhang in obsidianer Farbe umhüllt, stand er nur zu oft in dem mächtigen Gerippe des alten Heiligtums; saß im Chorraum, durch dessen Maßwerkfenster buntes Licht fiel, dort oben am Tisch der Professoren, als würde seine finstere Aura nicht ihren Verstand benebeln.

Jeden Tag sah sie ihn in der Ruine einer Kirche, doch nie war sein Blick hinauf an die Decke gerichtet, sich fragend, was mit seiner Seele geschehen würde, so würden sich seine Augen für die Ewigkeit schließen.

Und war dies nicht die einzige Frage, die Christen beschäftigte? Die einzige, die sie nachts wach hielt? Oh, werde ich morgen derselbe gute Mensch sein wie heute, den Himmel bereits fühlend?

Alethea beobachtete ihn, wie Professor Riddles zwischen den meterhohen Schlangensäulen in der Ecke der großen Krypta stand, seine Gestalt nun von einem schwarzen Umhang, der seine Trauer präsentieren sollte, verhüllt. Ihre grauen Augen lagen auf ihm, während seine die Statue bewunderten. Salazar Slytherin auf seinem Thron, wie ein Gott schaute er auf sie, die Niederen, hinab.

Ihr Blick war auf ihn gerichtet, nicht wissen wieso er im Unterricht für Beschwörung war oder wieso er nichts sage; nur Professor Graham zuhörte, während sein so junger Blick auf den Hexer gerichtet war, der ganze Dörfer mit Dämonenfeuer zu Asche werden ließ, nachdem Staubgeborene seine Frau als Ketzerin verbrannt hatten.

»Am Samstag hatten wir einen Dämonenangriff, und als ihr Professor für genau solche Kreaturen habe ich mich gefragt, ob die Schüler vielleicht nicht so gut ausgebildet sind. Oder möglicherweise doch, aber nicht die allgemeine Kompetenz besitzen, ihr Wissen außerhalb des Klassenzimmers anzuwenden.«, ertönte die schallende Stimme von Professor Graham, der einen Schritt zurücknahm und seinen Kurs beinahe träge betrachtete. »Ein guter Professor sucht die Schuld nicht bei sich, sondern bei seinen Schülern.«

Die Erwähnung der Ereignisse entraubte keine Worte, doch entdeckte Alethea auf den Gesichtern ihrer Mitschüler die Veränderung der Blicke. Der Hauch einer Reaktion. Das Zittern der Hände, das Flackern der Augenlider, das Herunterschlucken der Reue.

»Miss Purgatory, was wissen Sie über die Beschwörung von Dämonen?«

Zara Purgatory ließ den Zopf, den sie in ihr braunes Haar geflochten hat, aus ihren Fingern fallen und starrte mit großen Augen zu dem müden Professor. Ihre Beine zitterten unter ihrem Gewicht und sie ließ ihren Blick auf Professor Riddle gleiten.

»Ich— Ähm, es ist kompliziert, viele würden es für unmöglich halten. Es liegt nicht in unserer Natur Dämonen zu beschwören, damals riefen wir sie... doch schon lange hören sie auf keine Rufe mehr. Zumal es gefährlich ist. Ein beschworener Dämon ist ein gefangener Dämon, sie können nur mit Hilfe entkommen, weswegen sie verzweifelt sind. Sie überlisten ihren Beschwörer meist in einem Handel, der nur für sie vorteilhaft ist.«

Die pechschwarzen Augen von Professor Riddle streiften Aletheas zwischen den Köpfen ihrer Mitschüler und ihr Blickkontakt brach selbst nicht, als Professor Graham sie ansprach. »Miss Desmond, wären Sie so freundlich und fügen Sie noch den Textbuch-Merktext hinzu, den Sie sich eingeprägt haben?«

»Es gibt zwei Arten der Dämonenbeschwörung: die Invokation und die Evokation. Bei der Invokation stellt der Beschwörer seinen Körper zur Verfügung, damit der Dämon in ihn einfahren kann, wobei er nur ein Begleiter ist und keine Macht über den Körper seines Wirtes hat. Und bei der zweite Art, der Evokation, bei der der Beschwörer den Dämon manifestiert.«

Alethea hörte auf zu reden und verschränkte ihre Hände hinter ihrem Rücken, ihre Haltung im Kontrast zu ihren Mitschülern bewegungslos, wie eingefroren. Um ihr herum bereitete sich ein Gedanke in den Köpfen der jungen Erwachsenen aus, der selbst ihr alles raubte und sie dazu zwang nur Riddle zu erkennen.

Elenítsa war eine geborene Beschwörerin; wurde von Mündern in aller Welt gelobt und gepriesen — eine kaputte Schallplatte, hatte Alethea einmal beschlossen. Eine kaputte Schallplatte; immer wieder fielen dieselben Wörter aus anderen Gesichtern. So oft hatte sie die Huldigung ihrer Cousine gehört, dass sich in ihrem Verstand ein Baader-Meinhof-Phänomen eingenistet hatte. — sie hatte die Evokation, so wie auf die Invokation, besser als jeder andere in dieser Akademie beherrscht. Wie konnte ein Dämon von ihr Besitz ergreifen, wenn sie so gut war, wie alle immer sagten?

»Wer glaubst du, wäre in der Lage, es zu schaffen?«, fragte die Stimme von Riddle leise und Aletheas Aufmerksamkeit richtete sich nun auf Professor Graham, der seinen gereizten Blick durch die Menge gleiten ließ; kaute auf seinen spröden Lippen herum, während er nachdachte.

»Meine Textbuch-Vorleserin, Miss Desmond. Sie hat das theoretische Wissen, um Satan persönlich beschwören zu können. Jedoch fehlt ihr die praktische Wertigkeit. Nicht annähernd so gut wie Miss Onási, doch mit Unterstützung wäre sie durchaus dazu in der Lage, einen niederen Dämon zu beschwören. Die anderen sind nutzlos.«, antwortete ihr grummeliger Professor, dessen Alkoholfahne beinahe bis zu ihr schweifte, und ihre Fäuste ballten sich hinter ihrem Rücken fester, bis sie die Nässe ihres eigenen Blutes unter ihren Fingerspitzen fühlte.

Sprecht mich klein, wollte sie schreien, sieht, wohin es euch führt.

Professor Graham schnippte mit dem Finger und deutete auf Alethea, woraufhin sie tat, was er von ihr verlangte und hervortrat. Mit erhobenem Kinn schritt sie an ihren Mitschülern vorbei und blieb erst stehen, als sie direkt vor dem Salzkreis stand, der das Hexagramm auf dem Boden der Krypta umgab.

Sie beobachtete wie Professor Graham die restlichen Schüler mehrere Schritte zurückscheuchte und eine plötzliche Kälte legte sich um sie, betäubte ihre Finger, während sie weiterhin starr auf das Hexagramm blickte; ihr Rücken ihren Mitschülern zugewandt.

»Die Antwort auf die Frage, warum Professor Riddle hier ist: Ich würde es vorziehen, diese Woche nicht noch mehr Schüler an einen Dämon zu verlieren, aber keiner scheint auf mich zu hören. Wir werden die verschiedenen Bannsprüche und Schutzzauber durchgehen und zu jedem Gott beten, dass Sie nicht so töricht sind, einen Dämon zu beschwören, um bessere Noten zu bekommen. Und wenn doch, dann bitte ich Sie, vorher einen Brief an Ihre Eltern zu schreiben, dass nicht ich der Auslöser für Ihre erschütternde Dummheit war, sondern wahrscheinlich die vielen Kopfverletzungen in Ihrer Kindheit.«

Während Graham weitersprach, auf verschiedenen Weisen die Intelligenz seiner Schüler beleidigte, trat Professor Riddle mit langsamen Schritten zu ihr herüber und reichte ihr eines der alten Grimoire, die zu Massen in der verborgenen Kammer gestanden haben, in dem er sie einst erwischt hatte.

Die alten Seiten führten sich damals so an, als würden sie zu Staub verfallen und als sie ihren Kopf endlich hob, sah sie ihm entgegen; konnte vielleicht dieselbe Erinnerung von der Nacht in seinen Augen erkennen.

Riddle öffnete das Buch auf einer bestimmten Seite und reichte es ihr. Die veraltete Schrift strahlte ihr entgegen. »Soll ich es Ihnen vorlesen?«, fragte er mit leisem Spott in der Stimme, als versuche er sie zu strafen für ihr verbotenes Verlangen, welches ihr Inneres entflammt hatte, an jenem Tag, an dem sie einen Hauch seiner Grausamkeit erblickt hatte. Als sie einen Ewigen Schwur von ihm verlangt hatte, nach seiner Seele verlangte, hatte etwas in seinen Augen geglänzt, das ein ungutes Gefühl in ihrem Magen hervorgerufen hatte.

Doch ungut konnte sie es nicht wirklich nennen, da sie es vermisste. Als wäre sie süchtig nach Schmerz geworden und schlitzte sich nun jeden Abend die Haut auf, um das Blut fließen zu sehen, da es so ein warmes Gefühl in ihrer Seele weckte.

»Ich verstehe Latein, jedoch danke für das freundliche Angebot, Sir.«

Ihre Stimme spiegelte seinen Ton wider; hoffte, dass sie ihm ohne Worte zeigen könnte, was geschehen würde, wenn er sich weiter weigerte, den Schwur zu leisten. Dass sie sein Leben zerstören würde, bevor er die Möglichkeit hatte, ihres zu zerstören.

Professor Riddle schenkte ihr ein schweigendes Lächeln und Alethea wandte sich dem Buch erneut zu, las die Beschwörung des Dämons, die älter war als die Zeit selbst. »Lamia?«

Es brauchte nicht lange, bis deutlich wurde, dass er es war, der den Dämon ausgewählt hatte. Sadist. Heuchler. Falsche Nacht.

Nur ein Wahnsinniger würde bei dieser Idee klatschen. Einen Dämon zu beschwören, der Freude daran besaß, Kinder zu fressen, wenige Tage nachdem ein Schüler sein Herz an eine hungrige Bestie verloren hat.

»Wenn Sie nicht in der Lage sind, einen solchen Dämon zu beschwören, findet sich gewiss jemand anderes.«, sagte er und ernte nur ein Schnaufen von Alethea, die ihre dunklen Locken zusammenband. »Mein Zögern ist den Umständen geschuldet. Nicht an dem Mangel meines Talents. Doch als Professor wissen Sie sicherlich, was Sie tun und welche Folgen es haben wird, Sir. Wir leben in einer Zeit, in der unüberlegte Entscheidungen viele Menschen das Herz kostet.«

Der Salzkreis ging in Flammen auf, meterhoch rankte sich das Feuer beinahe zur Decke der großen Krypta. Alethea löste ihren Blick für keine Sekunde von Riddle; musterte, wie die neue Lichtquelle weitere Schatten auf seinen schweigenden Zügen tanzen ließ.

Seine Hand schloss sich um ihre eigene und er schaffte es, sie dazu zu bringen, ihren Kopf zu senken, als sie das kalte Glas der Phiole zwischen ihren Fingern spürte. »Dein Blut ist zu kostbar«, wisperte er leise, damit niemand es verstand und Aletheas blickte nur auf die rote Phiole.

»Es ist unehrenhaft, mit dem Blut eines anderen zu bezahlen.«

»Es ist unehrenhaft, von einer Schülerin zu verlangen, mit ihrem Blut zu zahlen.«, sagte er nur und schon sprach Professor Graham wieder los, riss ihre Aufmerksamkeit von dem schwarzhaarigen Hexer.

»Eine weitere Möglichkeit wäre es ja, Euch Intelligenzbestien die Beschwörungslehre zu verweigern, jedoch würde es nicht nur meine Stellung als Professor überflüssig machen, sondern Euch auch in gefährliche Situationen bringen. Zum Beispiel wenn Ihr glaubt, es mit Eurem Halbwissen auch zu können.«, gab Professor Graham mit genervten Ton von sich und deutete auf Alethea. »Miss Desmond, beginnen Sie. Noch mehr blamieren können Sie mich nicht.«

Ihr Blick war kühl, als sie sich von dem Professor abwandte und die Beschwörungen noch einmal überflog, Riddle dann mit dem Buch in der Hand zurückließ und den Flammen näher kam; sich alleine auf die Wärme des Feuer konzentrierte, das ihre Magie erschaffen hatte.

»Gehen Sie bitte keinen Handel mit dem Dämon ein, Miss Desmond, Sie sind reich genug, um sich selbst Ruhm und Ehre zu erkaufen.«, kommentierte Professor Graham und Alethea ignorierte ihn weiter, würde es für sein restliches, kaum nennenswertes Leben machen.

Sie mochte seine Unprofessionalität nicht, war Professor Riddles so gewohnt, dass sie in keinem anderen Professor mehr ein Licht der wahren Kunst erkannte. Delilah mochte ihn immer, hatte mit ihm gescherzt, doch war sie schon lange nicht mehr in dem Unterricht, hatte es abgewählt, um ihre Noten zu retten. Sie mochte es nicht, dass er so tat, als würde er sie kennen, wenn es doch nur der Name ihres Vaters war, mit dem er Dinge verbinden konnte.

Die Präsenz von Professor Riddle wurde ihr mit einer Gänsehaut bewusst, spürte seinen Blick in ihrem Nacken ohne ihre granitfarbenen Augen zu ihm gleiten zu lassen. Es war als würde sich ihr Geist nur auf ihn konzentrieren, auf all die Träume die sie des Nachts plagten und nur noch unterbewusst, das Ritual vorbereitete.

Alethea mochte keine Dämonen; fürchte sich als Kind jedes Mal, wenn ihr Vater davon sprach, dass einst eine Welt existierte, wo sie alle Seit' an Seit' gingen. Sie mochte die Ideen ihres Vaters nicht; mochte den Gedanken nicht, dass Hexen aus den Tiefsten der Nacht entkommen waren und sie Satan unterlegen waren.

Wieso musste ein Wesen immer an einen Herrscher gebunden sein? Wieso konnten sie nicht frei sein, ein Fehler in der Evolution? Die Hexen nannten die nichtmagischen Menschen, Staubgeborene, da sie aus Dreck geschaffen wurden; da sie den Gedanken huldigten, aus Lehm geformt worden zu sein. Weitere Sklaven eines Gedankenspieles, welches sie Gott nannten.

Es existieren keine Götter und wenn doch, waren sie alle grausam.

Ihre Augen schlossen sich für einen Moment und die lateinischen Worte flossen aus ihrem Mund; die Flammen tanzten nach ihrem Willen im Salzkreis. Sie brauchte keine Unterstützung von ihrer Magie, um diesen Zauber zu sprechen; brauchte keine fremden Wörter in ihrem Kopf.

Einen Dämon zu beschwören war nicht schwer; ihn zu verbannen oder ihn aus einer Hülle zu lösen, war es, dass keine Sterblichen mit eigener Hand schafften.

Alethea war begabt, auch wenn sie es nur zu oft vergaß. Sie war nicht abhängig von ihrem Namen oder der geheimnisvollen Magie, die den Normen so widersprach. Und wenn sie eines konnte, dann war es Sprachen beherrschen.

Ihre Augen verschlossen sich vor der düsteren Außenwelt, als ein grausiger Ton ertönte und ihren Ohren Blut raubte; sie murmelte nur weiter die Worte, die den satanistischen und blasphemischen Riten am nächsten kamen, für die ihre Ahnen gebrannt haben.

Die Phiole mit dem fremden Blut zerbarste unter ihrem Griff und langsam tropfte es von ihrer Hand, um die sich etwas zu wickeln schien. Es war ein leichtes ziehen an ihren Gliedern, was ihr einflüsterte ihre Hand auszustrecken und die Flammen waren vergessen, als Alethea ihre Hand reckte und das Blut in das Hexagramm träufeln ließ.

Etwas veränderte sich in der Krypta, doch zu gefangen war sie in ihrem Delirium, um es zu bemerken. Zu gefangen in ihrer eigenen Stimme und dem Geruch des Blutes, welches sich auf dem schmutzigen Boden verdoppelte und verformte.

»Te uno veroque arcesso nomine, Lamia!«, hallte Aletheas Stimme über das Geräusch von zerreißendem Fleisch hinweg und sie öffnete die Augen, um zu beobachten wie die Schatten aus der Krypta wischen und zugleich das Licht, in schlängelnden Bewegungen in die Flammen des Hexagramms zuflossen.

Es war wunderschön in seiner Hässlichkeit; in seinem Terror. Barbarischer Akt, den sie verabscheute. Fürchterliche falsche Tugend, die sie mit Schönheit verwirrte.

Dunkelheit breitete sich in dem Gewölbe aus und nur die Flammen des Feuer zitterten mit Licht, als sich aus den geflohenen Schatten etwas formte; das Blut des Fremden in seinem Kern. Durch das Feuer verzehrt, erhob sich der Dämon.

Die schwarze Gestalt — den Abbildungen nicht gleichend, so fehlte es an den schlangenartigen Zügen — schien wie heißes Wachs zu zerfließen und ein übler Geruch stieß in ihre Nase; weckte nur noch mehr Hass und verdeckte die Bewunderung.

Die Flammen lichteten sich und Augen, jegliche Farbe von Schwarz verdrängt, blickten ihr entgegen. Einen Moment lang konnte ein Narr nur eine Frau erkennen, mit nackten Gliedern und langen Beinen, die blasse Haut von einer schwarzen Substanz benetzt; schwarzes, nasses Haar verbarg ihr halbes Gesicht und beinah ihre prallen Brüste.

Doch die Gestalt öffnete ihren Mund und der Moment war selbst für den Narr vorbei. Schwarzes Blut tropfte an ihrem Kinn herunter und die Stimme, die ihm entkam, so schrill und hoch, durchflutete Aletheas Körper bis zu dem letzten Atom. Widerlich stand es da, leckte sich die Lefzen, als wartete es, dass Alethea umfiel, sodass es sich an ihrer Leiche laben konnte.

»Unterwerfe dich.«, verlangte Alethea mit erhobenen Kinn, doch der Dämon stieß ein Kichern aus, verträumt und wahnsinnig. Es war das Lachen einer Kreatur, die keine Furcht kannte und nie kennen musste. Es war anders als mit Elenis Dämon, doch konnte sie nicht beschreiben, wieso sie davon überzeugt war.

Der Dämon lachte noch lauter und ein Spiegel brach in der Ferne; das Klirren entriss den fernen Schülern einen Schrei.

»Komm her, kleines Kind. Komm her!«, trällerte der Dämon auf Altgriechisch und wippte mit seinem Körper, als würde eine Melodie nur für ihn in seinen Ohren summen, aber waren seine Bewegungen der einer Marionette; von Fäden kontrolliert, zitterte sie abgehackt.

»So köstlich riechst du...« Ihr Kopf verlor an Kraft und fiel nach links, während ihr Blick vermeintlich auf Alethea gerichtet war. »Aber da ist etwas, oh komm doch näher, kleines Kind. Lass mich den Duft der Untersterblichkeit riechen...«, flüsterte der Dämon und kicherte weiter, bevor seine Bewegungen stoppten und sich sein Maul aufriss.

»BETRÜGER!«, kreischte es schallend, wollte durch die Flammen nach Alethea greifen, aber waren seine Schreie noch scheußlicher, als seine Hand von dem Feuer hungrig zerfressen wurde. Ihr Herz schlug in ihrer Kehle nervös, als der Betrug mit dem Blut auffiel.

»Gehorche.«, verlangte Alethea erneut, dieses Mal auf Altgriechisch, und ihre Stimme besaß in dieser hohlen Krypta keinen Schall, verstoß gegen die physikalischen Gesetze. Der Dämon legte seine unversehrte Hand auf seinen Mund, schmierte das schwarze Blut über seinen Körper, wich jedoch einen Schritt zurück und schwieg.

Grausame Wesen, die mit den Menschen spielten. Grausame Wesen, die Leben nehmen, ohne die Bürde der Reue tragen zu müssen. Grausame, widerliche Wesen, die hätten brennen sollen anstelle der Hexen, die deren Rufe gefolgt waren.

Alethea bemerkte erst, dass sie mit langsamen Schritten von dem Hexagramm abgerückt war, als sich eine große Hand auf ihre Hüfte legte, um sie davor zu bewahren, gegen die Person zu stoßen. Aber interessierte es nicht, starrte nur auf den Dämon, der mit seinen schwarzen Augen zurück starrte, und es dauerte wenige Sekunden bis sie es schaffte, ihre Konzentration auf die Berührung zu lenken und zu ließ, dass die Nähe sie wärmte.

Es war sein Geruch, der ihn verriet. Es war sein Geruch, der sie langsam beruhigte und sie zurück in die Welt brachte, sie weg von dem Hass führte. Er noch immer nach dem herbstlichen Parfüm, von welchem sie nachts träumte, und den Zigaretten, die er unter den heimlichen Blicken der Schülerinnen im Hof rauchte.

Alethea hob ihren Kopf und sah Professor Riddle an, erwartete vielleicht, dass sich auch hinter seinen Zügen ein Dämon versteckte, der seine wunderschöne Maske trug.

Professor Graham sprach erneut zu den Schülern, aber Alethea verstand nichts und blieb abseits neben Riddle stehen, der nun von dem kichernden Dämon, der Kinder ihren Müttern stahl und sie fraß, fixiert wurde. »Ich kenne dich, Hexer.«, grinste es in trällerndem Ton. »Damals heftete ein anderer Geruch an dir.«

Riddle löste seine Hand von ihrer Hüfte und ließ sie zu ihrem Arm gleiten, führte sie einige Schritte weiter von den Schülern und dem Dämon weg, damit Graham genug Platz besaß, um an dem Hexagramm die Schutzzauber zu erklären.

»Was meinste sie damit, dass sie Sie kennt?«, fragte sie nach einem kurzen Moment mit hohler Stimme und beobachtete aufmerksam, wie Riddle ihre Hände mit Magie von dem fremden Blut reinigte, die ohrenbetäubende Stille in ihrem Kopf schien sie zu Eis gefroren zu haben.

»Es. Dämonen besitzen kein Geschlecht.«

»Versuchen Sie von meiner Frage abzulenken, Sir?«

Alethea hob ihre Augen, um ihren Professor anzusehen, und nach einem kurzen Schweigen, in dem er zu hoffen schien, dass sie ihre Frage bereits vergaß, antwortete er ihr. »Ich habe Lamia einmal beschwört.«

»Wieso sollten Sie einen Dämonen beschwören, der Kinder frisst?«

Er stieß die Luft lustlos aus, die in seinen Lungen gefangen gehalten wurden und sah sie von oben herab an. »Wieso lassen sich Krieger immer die imposantesten und größten Waffen schmieden? Ich beschwor es aus demselben Grund, warum alle Hexer Dämonen beschwören: Ich wollte beweisen dass ich es kann und keine Angst habe.«

Alethea blickte wieder über die Meter hinweg zu der schattigen Gestalt, die ihre schwarzen Augen noch immer auf Riddle gerichtet hatte. »Was meinte es damit, als es sagte, dass Sie damals einen anderen Geruch besaßen?«

»Es ist über zehn Jahre her, Miss Desmond. Ich habe in der Zeit mein Parfüm gewechselt.« In seiner Stimme schwirrte uncharakteristischer Humor, den Alethea verwirrte und sie legte ihre Hand auf ihren Oberarm, spürte den weichen Stoff ihres Hemdes.

»Was hat es damit gemeint, dass Sie unsterblich riechen?«, fragte Riddle im Gegenzug und sie schwieg, da sie die Antwort nicht kannte. Ihre Finger ihrer freien Hand schlossen sich um ihr Zigarettenetui, welches sie in ihrer verborgenen Rocktasche versteckt hatte, und sie war kurz davor, sich eine Zigarette anzuzünden.

»Dämonen sind Lügner. Sie wollen Kontrolle und Macht. Sie agieren selbstsüchtig und überheblich, im Grund sind sie uns nicht all zu fern. Wir alle liegen in Ketten und bilden uns ein, wir würden alle in den Händen halten, wenn es doch nur das Ende unserer eigenen ist, welches wir in den Händen eines anderen glauben.«, murrte sie zynisch und schluckte, als Professor Graham sie aufforderte, den Dämon wieder in die Hölle zu verbannen, an welche sie gebunden waren.

Lamia riss die Augen auf und zum ersten Mal erkannte Alethea Menschlichkeit in dem Wesen, welches niemals Menschlichkeit sein Eigenen nennen würde: sah, wie der Dämon das Urteil in den knochrigen Gliedern spürte und sich vor dem Schwert des Henkers fürchtete, wie es glänzte in dem Feuer.

»Nein... Bitte! Bitte!« Hilflos wie es war, wandte der Dämon sich an sie und beinahe besaßen ihre Züge etwas, das Empathie verdienen könnte. »Bitte, schick mich nicht zurück. Ich kann dir helfen. Bitte, Herrin.«

Professor Riddle neben ihr hielt ihr erneut das geöffnete Buch hin damit Alethea ihren Blick über den Verbannungszauber gleiten und sich ihn einprägen konnte, während sie die Flehen ignorierte, die an den Mauern der Krypta widerhallten.

»Bitte. Ich kann machen, dass er verschwindet...« Seine Augen huschten zu Professor Riddle, der mit gleichgültigen schwarzen Augen an Aletheas Stellen zu dem Dämon schaute. »Oder Ihr könnt mich ebenfalls an euch binden.«

Die Stimme des Dämons veränderte sich, von dem wahnsinnigen, schalligen Ton, war nur noch die andere, verkohlte Seite der Münze des Wahnsinns geblieben... so verzweifelt und mitleiderregend.

»Hör nicht hin, Alethea. Ein solcher Dämon kann dir nichts geben, was du nicht bereits besitzt.«, flüsterte Riddle ihr zu und schloss das Grimoir erneut, erzeugte weitere Fragen in ihrem Innersten. Stand er einmal an derselben Stelle der Entscheidung? War er vielleicht einen Handel eingegangen und litt noch immer?

Alethea blickte nur zu ihm hoch, legte ihren Kopf ein wenig schräg. »Sir, woher wollen Sie wissen, was ich will?«, fragte sie unschuldig und ein leichtes Lächeln schlich sich auf die Lippen des Professors, als Alethea sich von ihm abwandte und erneut auf das Hexagramm mit dem eingeschlossenen Dämon zuging.

Die Flammen verbrannten erneut seine Hand, als der Dämon versuchte, über die Barriere zu greifen, doch dieses Mal schien es es nicht einmal zu bemerken. »Du brauchst mich, kleines Kind. Allein schaffst du nicht das, was auf dich zukommt. Du bist schwach und wirst ewig an zweiter Stelle stehen. Selbst deiner Mutter warst du nicht die Liebste. Ich kann das ändern.«

Die Hände des Desmond Erben blieben zur Verbannung bereit in der Luft stehen, als sie den Dämon anstarrte. Nun war es nur eine Frau, eine Mutter, die ihr entgegenblickte und ihre Hand nach ihr ausstreckte. »Ich rieche es. Die Sünden... Wie sie dich begleiten. Lass mich dir helfen, du bist so alleine mit der Last.«

»Keinen verfickten Handel!«, hörte sie die Stimme von Professor Graham wie durch einen Tunnel schreien. Alethea war erstarrt und da keine Worte über ihre Lippen glitten, wurden die Flammen schwächer und der Dämon schaffte es, ihr noch näher zu kommen.

»Mein Kind, ich gebe dir das erste Mal in deinem Leben Macht, nicht diesen jämmerlichen Fluch, den sie Magie nennen... Du wirst erblühen! Ich gebe dir Schönheit und Wissen. Du kannst nichts, doch mit mir... Schick mich nicht zurück und du wirst endlich—«

Ihre Worte wandelten sich zu einem spitzen Schrei, der Aletheas Leere mit Genugtuung erfüllte. Es war Gerechtigkeit, die jeder verstehen würde, wenn sie sich trauten. Ein grausames Wesen hatte ein grausames Loch in ihr geöffnet und nun wurde es zusammengenäht mit seinem Leiden.

»Ich brauch dich nicht.«, hauchte Alethea mit starrem Blick und eine Hand legte sich um ihr Gelenk, als ihre Mitschüler sich vor Schmerzen die Hände auf die Ohren pressten. Sie hörte nicht auf, als sie bemerkte, wie eine Mitschülerin zusammenbrach.

Die Verbannung quoll über ihre Lippen und an der Stelle, an der eine Hexe nun Magie aus sich fließen spüren würde, verspürte Alethea nur die Anwesenheit etwas Fremdes. Von etwas, das nicht bei ihr sein wollte und an ihrer Seele riss, doch so entschlossen war sie und beobachtete, wie weiße Flammen sich um die Glieder des Dämons wandten; wie es schrie.

»Ich bin nicht schwach.«, zischte Alethea und sie wollte, dass die Welt aufhörte, dies zu denken. Sie wollte, dass es aufhörte. Die Hand löste sich und hörte auf sie aufhalten zu wollen und niemand konnte sie mehr aufhalten, als der letzte Schrei durch die Krypta schallte und die weißen, eiskalten Flammen das Fleisch des Dämons wie Motten den Stoff zerfraßen; wie Würmer das Fleisch eines toten Mannes.

Dann war es still und in der Dunkelheit der Krypta schwirrte die Asche eines Dämons, der nicht niemals in seinen Käfig zurückkehren würde.

Sie hatte einen Dämon getötet.

Und während diese Realisation sich durch ihren Körper verbreitete, sie keinen Blick des Mitleids zu ihren Mitschülern warf, von welchen mit blutigen Ohren zu Boden gefallen waren, spürte sie keine Auswirkungen.

Weder bluten ihre Ohren oder Piepton aufgrund des markerschütternden Schrei, noch spürte sie den Krieg der Temperaturen; wie heiß und Eiseskälte gegeneinander antreten. Keine Auswirkungen waren zu verspüren; ihre Glieder waren nicht geschwächt von der großen Macht, die sie heraufbeschworen hat, da diese Magie nicht einmal ihre war.

Wie im Rausch zog alles an ihr vorbei; ihre Umgebung wurde verschwommen und kaum bemerkte sie, wie Professor Graham die Schüler aus der Krypta schickte und unversehrte Schüler, die Schwachen und Verletzten schützten.

»Deine Lieblingsschülerin hat soeben einen Dämon getötet, Riddle.«, hauchte Professor Graham und Alethea wandte sich just in diesem Moment von dem Hexagramm, dessen Flammen mit dem Tod des Dämons erloschen waren, um den Blick eines Mannes zu erblicken, der dem Unmöglichen gegenübergestanden hatte.

Professor Riddle starrte noch immer auf die Stelle, an der Lamina sein Ende gefunden hatte und ein apathischer Ausdruck bildete sich auf seinen schönen Zügen, als würde er einen leichteren Weg betrauern und sich in einem Palast einschließen, dessen Steine aus Gedanken des Terrors bestanden.

Sie wusste nicht, wieso sie so dachte, aber als sich ihre Augen trafen, wusste sie, dass jeder bittere Gedanke in ihrem Verstand einen Kern aus Wahrheit besaß. »Das hat sie...«, flüsterte er mit rauer Stimme, jedoch konnte Alethea sich nicht mehr bewegen.

»Geh, kümmere dich um deinen Kurs. Ich befasse mich hiermit.«, befahl Riddle, die Überlegenheit zu jedem Sterblichen mit jedem Wort deutlicher. Alethea hörte Schritte und wie die große Tür sich erneut öffnete und erst als sie sich schloss, hob sie ihren Kopf, um Riddle entgegenzublicken.

Professor Riddle sprach und gleichgültig blickte sie ihm entgegen. »Ich erwarte eine Erklärung.« War er wütend, da sie mächtig war? Dass sie die Kontrolle über Leben und Tod besaß?

»Dämonen sind keine Lebewesen, sondern nur Monster, die an Ketten hängen. Niemand wird sie vermissen.«, sagte Alethea und ihre Nägel bohrten sich in ihre Handflächen, so tief, dass sie Blut spüren musste, doch war da nicht und auch keine Schmerzen folgten.

Es dämmerte ihr und sie sah trotzig zu ihm auf. Riddle hatte sie mit einem Schutzzauber belegt. Dieser lachte beinahe bei ihren Worten, sah ihr entgegen, als sei sie wahnsinnig. Eine unsichtbare Hand legte sich um ihre Kehle und sie erstickte, während ihre Augen wässrig wurden.

»Niemand wird sie vermissen? Diese Tatsache ändert nichts daran, dass du ihn getötet hast! Verstehst du nicht, was du da gerade gemacht hast? Nein, natürlich nicht! Dir Intelligenz zuzuschreiben, die auch außerhalb vom Unterricht besteht, wäre verrückt!«, zischte Riddle sie an und sie wich nicht zurück, als die alles verzehrende Wut in Alethea ihr jegliche Luft raubte.

»Das, was du gerade getan hast, wird als Hochverrat angesehen! Manche würden dich dafür zum Tode verurteilen!« Er packte ihren Arm, als wollte er sie schütteln, und seine Worte machten sie nur noch wütender. Sie waren es, die rote Farbe über ihren Kopf gossen, sodass Rot an ihr herunterfloss und ihre Sicht in der Farbe drängte.

Mit demselben Ton, mit welchem Alethea das Urteil des Dämons gesprochen hatte, sagte sie: »Was ich getan habe, war nur in den Augen der Hexen, die mit Dämonen das Bett teilen oder ihre Vorfahren dafür ehrten, Hochverrat. Heuchler. Dämonen sind Monster. Sie haben unaussprechliche Dinge getan und—«

»An dir lag es nicht zu richten!«, unterbrach er sie zornig und Alethea musste schlucken, als sich sein Ausdruck zu dem veränderte, den ein Mann trug, wenn er der Apokalypse entgegenblickte und wusste, dass er nichts mehr tun konnte. Ihr wurde kalt, als würde sie alleine im Nachthemd in einer Winternacht stehen. Ihr kam der Gedanke, dass sie etwas falsch gemacht hat.

»Du hast keine Ahnung, was du gerade getan hast, Alethea.«

»Meine Tat war irrelevant. Dämonen besitzen keine Seele und verdienen das Leben nicht. Ein Mord an ihnen ist wie, dem Meer Wasser zu stehlen.«, sagte sie leise und erschreckte sich an ihren verdrehten Wörtern.

Was sollte sie nur tun, wenn sie bemerkte, dass sie falsch lag oder es nicht schaffte, es zu bereuen? Also konzentrierte sie sich auf sein falsches Spiel der Moral, wie er die Wörter bog und wandte, damit sie ihre Sünde waren, doch seine Tugenden.

Seine Hand wanderte höher und er packte ihr Gesicht, hob es an, drückte mit seinen Fingern gegen ihren Kiefer. Sie waren einander so nah, dass sie sein Herz mit nur einer Berührung stoppen lassen konnte. »Weißt du, was ich glaube?«, fragte Riddle und war ihrem Gesicht so nah; etwas leuchtete in seinen schwarzen Augen und Alethea wusste nicht, ob der Grund dafür das Licht der neu erleuchteten Fackeln oder etwas Tieferes war. Etwas Teuflischem.

Schon lange hatte sie aufgegeben, seine Nähe als unangenehm und Strafe zu betrachten, und sie akzeptierte nur noch das paradoxe Klopfen der Zuneigung ihres Herzens für den Mann, dem sie nur Gewalt und Hass schenken sollte.

Sein Griff wurde etwas fester und Alethea wimmerte leise, als sie den Blick zuordnen konnte, mit dem er sie betrachtete. Er sah aus, als würde er seine Hände nur zu gerne um ihre Kehle legen und ihr Leben unter seinen Finger weichen zu spüren.

Sie fragte sich, ob Riddle dazu in der Lage wäre, jemanden umzubringen.

Riddle drehte ihren Kopf leicht und beugte sich zu ihrem Ohr, sein Atem heiß auf ihrer Haut. »Du bist zerfressen von Stolz und Eifersucht.«, flüsterte er und löste sich von ihr. Der plötzliche Verlust des Druckes auf ihrem Kiefer, ließ sie für eine Sekunde taumeln, bevor sie ruckartig ihren Kopf hob.

»Eifersüchtig? Wieso sollte ich eifersüchtig sein?«, zischte sie wütend und wollte schreien, als Ruhe ihn erneut umgab und kein Anzeichen von Aggression und Wut sein so schönes Gesicht verunstaltete.

»Sie wissen, warum, Miss Desmond. Nach außen hin wirken Sie wie eine stille, geplagte Erbin, die nie das Glanzlicht des Ruhmes gesucht hat. Ihr Freundeskreis ist klein, aber Ihre Liste der Bekannten umso größer. Sie streben nach akademischer Exzellenz, scheuen aber den Konkurrenzkampf. Aber das alles ist eine Maskerade. In Ihrem Inneren brodelt ein Sturm von Zweifeln; die Angst, dass Sie nicht genug wert sind, dass es jemanden gibt, der Sie übertreffen könnte. Dass jemand die Dreistigkeit besitzen könnte, Sie zu unterschätzen. Habe ich nicht recht?«

Riddle lächelte kühl und hob seine Augenbrauen, als forderte er sie auf zu antworten, jedoch tat sie es nicht, weil sie nicht wusste, was sie sagen könnte. Einen Lügner könnte sie ihn nicht nennen, ohne als selbst einer dazustehen.

Spottend lachte er, als würde ihr Schweigen einen Sieg bedeuten und Alethea hob ihr Kinn. »Ich habe einen Dämon getötet, während Onási sich einen eingefangen hat, wie einen Schnupfen. Ich habe einen Dämon getötet, als wäre es nichts. Sir, ich bitte darum, dass Sie mir jemanden nennen, der in meinem Alter etwas Ähnliches geschafft hat.«

Sie wartete wenige Sekunden und als er durch den Mangel von Worten gezwungen war zu schweigen, war sie es, die nun lächelte. »Ich würde sagen, dass ich diese Partie gewonnen habe. Wieso eifersüchtig sein, wenn ich besser bin als irgendjemand anderes in dieser gottverdammten Akademie?«

Professor Riddle verschränkte seine Arme vor seiner Brust und blickte ihr entgegen, beinahe beeindruckt von ihrer tödlichen Arroganz. »Wir wissen beide was der Grund war, wieso es Ihnen so leicht gefallen ist.«

Es war, als würde sie eine Uhr in der Ferne klicken hören; eine Uhr, die nicht existierte, doch untermalte, wie lange sie ihm schweigend entgegenstarrte, die Worte von ihrer Zunge gestohlen. »Wie kannst du es wa—«

Er unterbrach sie, und ihre Brust hob sich rapide, während der Kopfschmerz mit gefletschten Zähnen ihren Verstand verfolgte. »Wie kann ich was wagen, hm? Die Wahrheit aussprechen?«

»Pass auf, was du sagst.«, zischte sie ihm entgegen, doch war seine Reaktion so leicht und übersehbar.

»Aufpassen?«, wiederholte er und seine Lippen verzogen sich, als müsste er ein Lachen verstecken. »Soll ich mich etwa fürchten, vor einem Mädchen, das ihre Magie nicht versteht? Sie fürchtet und deswegen noch nie das versucht hat, wozu sie fähig ist?«

»Sagt der Mann, der sich weigert, einen Ewigen Schwur abzulegen, aus Angst, sein Leben könnte die Folge sein. Fürchten Sie den Tod, Sir? Haben Sie Angst, dass Ihr Ruf als beinahe göttliches Wesen verblasst, so werden Sie alt und sterben? Wer wird sich schon an einen alten Mann erinnern, der dem Tod unterlegen war wie eine dreckige Straßenratte?«

Es war, als würde sie einem anderen Menschen gegenüber stehen, doch konnte sie es kaum Menschen nennen. Sein Gesicht blieb wunderschön, das schwarze Haar umrahmte es, doch waren die finsteren Augen ein Tor in eine Welt, in der die Dunkelheit regierte.

Sie brauchte keine Angst zu haben, versuchte sie sich selbst einzureden und doch stand vor ihr ein Monster. Die Dunkelheit schien von ihm zu weichen, während sich seine Lippen verzogen und er ihren Arm packte, der Griff so fest, dass Tränen in ihre Augen schossen.

»Fein.«, sagte er und von Geduld verlassen, zog er sie mit sich. Ihre Hand legte sich auf seine, während sie ihm stolpernd aus der Krypta folgte und jeglicher Versuch zu entkommen schien unnütz. »Bitte...«, flüsterte sie und Alethea wusste nicht, wonach sie bat.

Danach, dass er seinen Griff lockerte? Danach, dass er sie verschonte? Dass die Gefühle aufhörten, die sie trotz seiner Gewalt hatte?

Sekunden blieb er stehen und sah sie an, blickte auf ihre Hand, die auf seiner lag. »Du willst ein Monster? Jemand den du hassen kannst? Vertrau mir, Alethea, ich bin nicht dein Feind... aber wenn du mich zu einem machen willst, werde ich dich nicht aufhalten.«

»Ich glaube dir nicht, Riddle.«, zischte sie ihm entgegen und er strich eine Strähne ihres gelösten Zopfes aus ihrem Gesicht.

»Und das interessiert mich auch nicht.«

Er löste sich in just dem Moment, in dem die Tür des Unterrichtsraumes aufging, in welchem Beschwörung unterrichtet wurde und vor welchem sie notgedrungen angehalten hatten. Professor Graham blickte ihnen entgegen und verzog missbilligend seine Lippen, als er Alethea betrachtete.

»Wohin bringst du sie?«, fragte er Professor Riddle, lehnte sich etwas gegen den Türrahmen. War es Misstrauen in seinem Blick? Eine Vorahnung, dass etwas nicht stimmte? Doch wusste sie nicht, wem diese Gefühle galten.

Seinem Freund oder der jungen Schülerin, die ihre Abneigung nicht versteckte?

»Zum Schulleiter. Ich bin es leid, dass unsere edle Miss Desmond glaubt, Regeln würden nicht ebenfalls für sie gelten. Jemand muss dem ein Ende setzen und ich befürchte, niemand außer mir wird es tun.«, antwortete er kühl und Alethea senkte ihren Kopf, wusste nicht, wieso sie mitspielte.

»Verscharre sie irgendwo im Wald. Niemand wird sie groß vermissen.«, lachte Graham und verschwand wieder in dem Klassenzimmer, woraufhin Riddle sie weiter zog und Alethea sich mit einem Ruck löste, ihm demütig folgte.

Sie sprachen kein einziges Wort auf dem Weg, doch noch bevor sie die kleine Wendeltreppe erklommen haben, welche er der großen Haupttreppe vorzuziehen schien, wusste Alethea bereits, dass ihr Ziel nicht das Büro des Schulleiters war.

Ruhe umgabe die beiden, als der Gang schweigend entlang liefen; an den verschlossenen Türen vorbei, hinter welchen Professoren zu ihren Schülern sprachen auf einer Weise, wie es sich gehörte, bis sie in dem vertrauten Korridor des Nordflügels stehen blieben.

Professor Riddle öffnete die Ebenholztür seines Büros und ohne nötiger Aufforderung folgte sie ihm hinein, zuckte nicht einmal zusammen, als er sie hinter ihr verschloss. Ein unwohles Gefühl sollte in ihr aufkommen, nun da sie ungeschützt in einem Raum mit ihm eingesperrt war, jedoch kam es nicht.

Alethea konnte sich nicht daran erinnern, sein Büro jemals bei Tageslicht gesehen zu haben und wütend, dass sie von dem Anblick beraubt wurde, starrte sie. Die farbigen Maßwerkfenster ließen das bunte Licht auf den Bücherregalen oder auf den ausgestellten Skeletten tanzen, so wunderschön war der Raum mit den hohen Decken, vollkommen verlassen von dem düsteren Schein, wirkte es beinahe göttlich.

»Ihr Talent dafür, unerträglich zu sein, sollte gefeiert werden.«, riss Professor Riddle sie aus ihrer Starre der Bewunderung und, ihre Wut bereits vergessen, richtete Alethea ihren Blick auf ihn, beobachtete aufmerksam, wie er zu einem der Bücherregale ging und mit einer schnellen und vertrauten Bewegung ein altes Buch hinauszog.

Riddle legte das Buch auf seinem Schreibtisch ab und winkte seine Hand unwichtig in Richtung Fenster, woraufhin die pechschwarzen Gardinen sich von selbst zu zogen und mit der kommenden Dunkelheit, erwachten die Flammen der Kerzen, spendeten Licht.

»Das, was Sie so zu quälen scheint, ist mein Selbsterhaltungstrieb, Sir. Die Welt macht grausame Dinge mit Menschen, die anders sind und da Sie über meine Gabe Bescheid wissen, sind Sie eine Gefahr für mich.«, sagte Alethea nach wenigen Sekunden und wagte es, ihm einen Schritt näherzukommen.

»Mich zu reizen, nennen Sie also Selbsterhaltungstrieb?«, hinterfragte er und sein Rücken war ihr noch immer zugewandt, während er in dem Buch las und kaum seine Aufmerksamkeit ihr widmete.

»Es erscheint die einzige Möglichkeit zu sein, die Wahrheit aus Ihnen herauszukommen.« Bei ihren Worten drehte er sich um und verzog seine Lippen zu einem hauchtigen Lächeln.

»Wo ist dieser Drang, von dem Sie da sprechen, wenn Sie nachts durch die Gänge streifen, obwohl Sie schlau genug sind, um zu bemerken, dass wir in der Hölle gefangen sind?«

Erst jetzt wurde ihr bewusst, an welcher Stelle sie das Messer aus Wut gestochen hatte; dass sie die richtige Stelle aus Glück getroffen hatte. Jedes seiner hervorgehenden Worte streifte durch ihren Verstand und es fühlte sich an, als wäre sie blind gewesen.

Tom Marvolo Riddle, Bastard eines staubgeborenen Mannes und einer Hexe, fürchtete sich vor dem Tod und nahm an, dass sie sich ebenfalls vor ihm fürchten müsse, da in seinen Augen nichts Grausameres existierte.

Sie verschränkte ihre Hände hinter ihrem Rücken und betrachtete ihn für wenige Sekunden, versuchte zu verstehen, wieso ein junger Mann den Tod fürchtete, obwohl er noch so fern war. War es allein der Gedanke, der sein Blut gefrieren ließ? Das ewige Leben in der Zukunft? (Oh, was passiert morgen und was ist, wenn dies mein letzter Tag ist?)

Fürchtete er sich davor, seine Schönheit zu verlieren? War eine veränderte Gestalt von Lord Henry ihm als jungen Mann begegnet und hatte ihm den Sinn des Lebens geraubt, es ersetzt durch den Glauben, Jugend und Schönheit sei alles?

Nein, Tom Riddle war kein Dorian Gray. Er war der Teufel, der die ewige Jugend als einen Handel nutzte.

Alethea neigte ihren Kopf, spürte ihr Herz in ihrem Hals schlagen. »Eine traurige Ansicht der Welt, Professor. Ich fürchte mich nicht vor dem Tod, wieso sollte ich? Er ist unumgänglich. Ich fürchte mich davor, dass man mich in Ketten legt. Dem Tod kann niemand entkommen, jedoch der Gefangenschaft.«

So verbittert klangen ihre Worte, beinahe flehte sie um die Freiheit, wie eine Mutter um das Leben ihres Kindes. So grausame Ängste hatte Alethea, doch war ihre größte Angst, die vor der Gefangenschaft. Die Angst vor der Konsequenz ihrer Magie oder Taten.

»Die letzte Person, die mit einer besonderen Gabe verflucht worden ist, wurde als Sklave im Krieg gegen Grindelwald missbraucht. Ich will kein verficktes Halsband umgelegt bekommen, nur da meine Magie nicht so ist, wie sie sollte! Ich verstehe es selbst nicht und lieber schneide ich mir die Kehle durch, als dass grausame und gierige Männer mich untersuchen, um herauszufinden, wie ich eine Waffe sein kann. Mein Vater—«

»Dein Vater hat dich belogen!«, unterbrach Riddle sie aufgebracht und passte sich ihrem Ton an, der mit jedem Wort immer herrischer geworden war. Alethea jedoch schnaubte nur abfällig, ließ sich nicht auf seine Spiele mit ihrem Kopf ein.

»Woher sollten Sie das bitte schon wissen? Sie kannten vielleicht meinen Vater, Sir, jedoch sprach er gewiss nicht mit Ihnen über seine Tochter. Zumal Sie sich weigern, mich richtig zu unterrichten! Das Einzige, was Sie machen, ist meinen Geist vor Fremdeinwirkungen zu schützen und es funktioniert nicht einmal! Sie sind in meinem Kopf, die Akademie ist es! Wieso sollte ich etwas erlernen, wenn es mir nichts bringt?!«

Sie schrie ihn an, als wäre er nicht das versteckte Monster in ihren Träumen und der Mann, über den sie sich ihren Kopf zerbrach, und ihr lauter Ton schien ihn nur noch wütender zu machen, bis er die Kontrolle losließ, die er gerade erst wiedererlangen hatte.

»Weil ich es nicht schaffe, dich zu kontrollieren! Weil ich es nicht schaffe, dich endlich dazu zu bringen, auf meine Worte zu hören! Du machst, was du willst und ich versuche dich endlich unter Kontrolle zu bekommen!«, zischte er sie an und Alethea warf ihre Hände aufgebracht in den Himmel, unterdrückte sich einen Schrei, als die Aggression in ihren Adern brannte.

»Mich zu kontrollieren ist das Letzte, was du machen sollst!«, spie sie ihn an und deutete mit ihrem Finger auf ihn, woraufhin Riddle ihre Hand fest in seine nahm und mit diesen schwarzen Augen in ihre schaute, dass ihr Herz vor Überforderung nicht mehr wusste, wie es zu schlagen hatte.

Sie versuchte, ihre Hand aus seiner zu ziehen, doch zog er sie ein Stück näher zu sich und brachte sie dazu, ihren Kopf in den Nacken zu legen. »Du bist zu mächtig, um außer Kontrolle durch die Welt zu wandeln, Alethea. Wozu du fähig bist, ist größer als du oder ich. Wüsste ich, dass jedenfalls du die Kontrolle über deinen eigenen Verstand hast, würde es mir reichen, doch die besitzt du nicht.«

Ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauch, als sie fragte: »Was meinst du?«

»Du solltest nicht leben, Alethea. Du hättest in dem Bauch deiner Mutter sterben sollen und doch hast du überlebt. Du hättest an deiner Krankheit sterben sollen, doch war die Liebe deiner Eltern für dich größer als die, für das größere Wohl. Versteh—«

»Das größere Wohl?«, unterbrach sie ihn mit heiserer Stimme und lachte beinahe, weil er so absurd klang. »Erspar mir die Worte Grindelwalds oder deine Heuchelei! Würdest du zulassen, dass deine Tochter aufgrund eines wirren Traumes umgebracht wird? Würdest du nicht alles tun, was in deiner Macht steht, um sie vor der Krankheit zu schützen, die sich wie ein Fluch auf sie gelegt hat? Was meine Eltern gemacht haben, war kein selbstsüchtiger Akt, sondern Liebe! Ich werde mir nicht—«

Alethea verstummte, als sie spürte, wie Toms Hände ihr Gesicht umfassten und er ihr Gesicht wieder anhob, sie dazu zwang ihre Augen, die sie zuvor abgewandt hatte, wieder auf ihn zu richten.

»Du verstehst mich falsch, Alethea. Ich hätte dasselbe getan. Ich versuche lediglich, etwas Schlimmeres zu verhindern. Sei nicht wütend, wenn ich dir Kontrolle erlernen will. Wozu du fähig bist...« Hauchzart spürte sie, wie er mit seinem Daumen über ihre Wange fuhr. »Du bist nicht bereit dazu.«

Professor Riddle löste sich und atmete die Luft aus seinen Lungen, als wäre selbst das Atmen eine Last. Ihre Haut brannte an der Stelle, die er berührt hatte, und schweigend beobachtete sie, wie Riddle eine Schatulle auf seinem Schreibtisch öffnete, in welcher auf einem schwarzen Samtboden ein goldener Dolch lag, einsam und allein.

»Du willst diesen Schwur?« Er drehte sich zu ihr und der Dolch lag so federleicht in seinen Händen; so perfekt, als wäre er nur für diese Hände geschaffen worden. »Dann schwöre mir, dass du dich nicht weiter in Gefahr bringst und den Tod riskierst.«

Schweigen. Sie wüsste nichts anderes zu erwidern. Mit roten Wangen und rasch hebender Brust blickte sie ihm entgegen, erhoffte sich Antworten auf die Fragen.

»Alethea...« Er schüttelte den Kopf, als würde er ihre Gedanken hören.

»Wieso sollte ich? Dies zu schwören ist, als würde ich mein Leben an dich binden. Ich bin ein freier Mensch. Wenn ich meinem eigenen Tod hinterherrennen will, dann werde ich es und niemand wird mich aufhalten, da es meine Entscheidung ist.« Ihr Ton und ihre verschränkten Arme vor der Brust ließen zu verstehen, dass sie keine andere Weise akzeptieren würde. »Wir bleiben bei unserem Pakt, Sir. Ich sage nichts über den Unterricht, über Ihre unpassende und grausame Art oder über Ihre verwerflichen Ideen und Praktiken — wie zum Beispiel in den Geist einer Schülerin einzudringen und ihre Erinnerungen durchzuschauen, im Wissen, dass Sie gewiss nichts darin zu suchen haben. Schließlich bin ich eine junge Dame und Ihre Schülerin.«

Er sagte nichts, hörte nur mit leicht einem belustigten Ausdruck zu.

»Und Sie werden niemandem etwas über meine Magie erzählen, über die Dinge, zu welchen ich in der Lage bin. Sie werden es nirgendwo aufschreiben oder es irgendjemanden kommunizieren. Wenn es doch herauskommt, da Sie irgendeine ach so schlaue Weise gefunden haben, sich wie ein Dämon aus dem Pakt zu schlängeln, werde ich Sie mit in den verfickten Abgrund ziehen und dafür sorgen, dass sich kein Schwein an den großen Tom Riddle erinnern wird.«

Professor Riddle lehnte sich an seinen Schreibtisch und hob seine Augenbrauen, neigte seinen Kopf wie eine Bestie, die seine Beute fixierte. Nach wenigen Atemzügen fügte sie ein »Sir« hinzu, was ihn spöttisch die Luft ausstoßen ließ. »Sprachen wir nicht bereits über Ihre scharfe Zunge und Ihre Respektlosigkeit, Miss Desmond? Ich gewähre Ihnen sehr viel Spielraum für Ihre blumenhafte Sprache und Ihr unverschämte Haltung mir gegenüber, Miss, doch irgendwann wird es selbst mir zu viel.«

Alethea schnaubte, als er sich wieder wie ihr Professor verhielt, ganz professionell und vornehm. Sie mochte es nicht, wenn er so schnell in seinen Rollen wechselte, wie ein Schauspieler, der sein gesamtes Leben nichts anderes tat. Es erinnerte sie daran, dass sie ihm niemals glauben durfte.

Ihre Haltung änderte sich jedoch nicht, als er zu ihr schlenderte. Sein Finger legte sich unter ihr Kinn, hob es an und sie sah mit einem apathischen — oder einem ruhigen wütenden — Blick zu ihm auf. »Was auch immer ich dir antun werde, Alethea, du wirst es niemanden sagen.«

»Haben Sie etwa vor, mich zu foltern, Sir?«, fragte sie ihn mit einem leichten Schmunzeln auf den dunkel geschminkten Lippen und hochgezogenen Augenbrauen, als wolle sie ihn herausfordern. Während sie ihn so ansah, das personifizierte Rätsel, war sie unsicher, ob er in der Lage war, sie zu foltern.

Riddle lächelte, sein Blick tanzte über ihr Gesicht. Ein leichter Hauch von Belustigung lag in ihnen, als er ihr eine ausweichende Antwort gab, die sie weiterhin im Unklaren ließ. »Vielleicht.«

»Darf ich mich wehren?«

»Du kannst es versuchen.«

Mit diesen Worten schloss sich ihre Hand fest um die Klinge des Dolches in seiner Hand, bis sie den brennenden Schmerz spürte und Blut ihre Handinnenfläche tränkte, hinunter auf seinen Parkettboden tropfte, der ihr Blut so oft schon gespürt hatte.

»Ich will außerdem, dass Sie mich in den Dunklen Künsten unterrichten.«, sagte Alethea und nahm ihm den Dolch aus der Hand, legte ihre Hand um seine. Professor Riddle verengte seine Augen, während sich ihr Blickkontakt für keine Sekunde löste. »Fein.«

In seinen Augen regte sich nicht einmal Schmerz, als sie die Klinge des Dolches über seine Hand fahren ließ, ihm tief in sein Fleisch schnitt. Es war, als würde er es nicht einmal spüren; als wäre er nur noch eine Hülle seiner Selbst.

Zeitgleich glitten die lateinischen Worte aus ihren Mündern, ganz so, als wäre es die Sprache, in der sie aufgewachsen waren, und die Welt um sie herum begann unwichtig zu werden, als sie ihre blutigen Hände verschränkten. Das vergossene Blut rann die Handgelenke hinab, bis es die weißen Ärmel der beiden rot färbte.

Aletheas Worte wurden leiser, als sie spürte, wie sich etwas an ihr veränderte und Schwindel sie überkam, während sie den Ewigen Schwur leisteten.

Ihre Seelen gegenseitig in Besitz nahmen.




















[ . . . ]  Nach einem Monat habe ich es endlich geschafft upzudaten! Es tut mir so leid, aber das Kapitel war so lang und ich bin gerade in so einem Brainrot, dass ich es einfach nicht eher geschafft habe.
Warum war Tom jetzt eigentlich so wütend, dass Alethea einen Dämon getötet hat? Hat er etwa B.SS.D.R gegründet? Bund für die sicherstellung der Dämonen Rechte? Nein, aber Alethea hat mit dem Mord an dem Dämon ein Stück einer Propezeihung erfüllt und Tommy Tom Tom ist etwas böse deswegen.

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