♣Amanda♣
Schnellen Schrittes laufe ich, kaum meine Umwelt beachtend, durch tausende Gänge und Türen. Ruben, der schon lange nicht mehr mithalten kann, versucht zehn Meter hinter mir Schritt zu halten. Vielleicht ist es aber auch nur sein Ego, dass ihn so ehrgeizig anstachelt, mich zu überholen. Auf der anderen Seite könnte es ebenfalls die Besorgnis sein, einen seiner Männer zu verlieren. Moment mal... Ruckartig bleibe ich stehen. Dann drehe ich mich zu Ruben, welcher mit angespannten Gesichtsausdruck auf mich zu kommt. "Wir befinden uns hier im Himmel. Richtig?", frage ich, um mich zu vergewissern. Ein abgehacktes Nicken erfolgt.
"Alle Leute hier im Himmel sind schon verstorben richtig?"
Wieder ein schnelles nicken.
Verständnislos drehe ich meinen Kopf in seine Richtung. "Und wie gedenkst du eine bereits tote Person vor dem Tot zu schützen? Mal ehrlich, was ist hier los?", zicke ich ihn an. Wollen die mir wohl helfen, mein tägliches Schrittziel zu erreichen? Frech grinsend zuckt er nur mit den Schultern und will abhauen. Jedoch lasse ich es erst garnicht so weit kommen und ziehe ihn ruckartig an der Schulter zurück. So wie du mir, so ich dir. Es dauert nicht einmal zehn Sekunden, da baut er sich vor mir auf. "Hör mal, Barbie. Steh mir nicht im Weg. Das war die Idee von deinem ach so tollen Onkel. Wollte anscheinend deine mickrigen Fähigkeiten sehen oder so.", zischt er mich an. "Ach ja... Außerdem wirst du mir noch büßen, dass ich zwei Wochen in der verdammten Küche aushelfen darf. Du bist hier die Frau, nicht ich." Für diesen Kommentar gehört ihm so eine richtige Schelle. Was glaubt er eigentlich, wer er ist? Nur weil er hier ein kleiner Boss von einer Gruppe Arschlöchern ist, hat er noch lange nicht das Recht, so eine Scheiße zu reden. Wobei ich ja bezweifle, dass überhaupt was anderes aus seinem hässlichen Mund kommt. Gehässig stiere ich in seine glühenden Augen. "Für eine Person, welche nur eine Magie besitzt und diese noch nicht einmal richtig beherrschen kann, reißt du aber ganz schön weit deine Klappe auf." Angepisst tritt er einen Schritt näher.
"Jeder normale Himmelswürdige besitzt eine Fähigkeit. Nur du hast den billigen Abklatsch von der Restetonne abbekommen."
Begeistert klatsche ich in meine Hände. "Ich kann dir gerne meine Fähigkeiten zeigen. Aber pass auf, dass du vor staunen nicht umfällst. Nicht, dass ich wieder einen Servierwagen aufsuchen muss."
Mir bewusst, dass er mir die Aktion mit Ms. Jackson immer noch mehr als übel nimmt, provoziere ich hinterhältig. Es mag ja sein, dass sie hier eine besondere Stellung besitzt, jedoch fande ich es sehr wichtig, ihr eine lebenswichtige Lektion zu erteilen. Nun ist sie um einiges schlauer.
Sie weiß jetzt, dass ein Mensch auf den Essenswagen passt und die Gravitationskraft auch im Himmel funktioniert. Wir hatten da ja ein sehr lebendiges Beispiel, als die nette Dame vom Wagen gekracht ist. Unbeabsichtigt lache ich kurz durch die Erinnerungen auf, was Ruben aufschrecken lässt. Über was er bloß nachgedacht hat? Wie er mich am besten umbringen kann, selbst wenn ich schon längst tot bin? Diese Antwort ist mir Lucifer auch noch schuldig geblieben. Damals, als ich ihn gefragt habe, ob ich bereits tot bin, hat er nur unzufrieden mit der Zunge geschnallt und dies mit einem "kompliziert" abgewunken. Die Antwort, wie man sehen kann, ist also eine, die ich nicht hören mag. Und das ist garnicht gut. Überhaupt nicht gut.
"Sag mal Ruben?"
Spöttisch grinsend lenkt er seine Aufmerksamkeit wieder auf mich.
"Ach, sag bloß. Die große Kate braucht auch mal Hilfe?", stichelt er sofort. Augenverdrehend stöhne ich kurz leidend auf. Da hatte ich mich schon in der Hölle gefragt, was ich nur alles falsch gemacht habe und dann kommt sowas. Schlimmer als die Pest, schlimmer als ein Waldbrand. Schlimmer als das ständige Jucken an meinem Fuß, an den ich nicht ran komme. Es ist ein Ruben. "Wenn du nicht umziehen willst, dann solltest du mir gewissermaßen schon helfen. Also ja... In dem Fall benötige ich deine Hilfe."
Nachdenklich betracht er mich, dann schaut er verwirrt drein.
"Umziehen? Wohin?"
Ist Ruben schon vor seinem Schulabschluss gestorben? Ich habe nämlich dezent das Gefühl, dass sich in seinem Gehirn zu wenig Intelligenz befindet.
"Ja. Wenn du mir nicht hilfst, das musste ich auch leider der guten alten Ms. Jackson erklären, dürft ihr alle mal dorthin, wo ihr sicher keine Heizung mehr braucht."
Voller Unglauben verziehe ich mein Gesicht, als er noch verwirrter scheint und ein geratenes "Florida?" über die Lippen bringt. Ja... Florida wäre natürlich auch nicht schlecht.
"Nein, du Idiot! Ich spreche von der Hölle!"
Als hätte ich zehn Saltos gemacht und ihm dann erzählt, dass es Einhörner gibt, starrt er mir aschfahl geworden ins Gesicht.
Ich verstehe das garnicht, so schlimm war es dort auch nicht...
Die Hölle ist für die Himmelswesen wortwörtlich die reinste Hölle. Kommen sie in den Bereich der Unterwelt, breiten sich Schmerzen am ganzen Körper aus, bis man vor Schmerz stirbt. Bei den toten aus der Unterwelt ist das genauso, nur andersrum.
Huch. Vor Schreck, dass aufeinmal jemand in meinen Gedanken spricht, reiße ich meine Augen auf. Wer zur Hölle... RAUS!
Das geht leider nicht Süße. Ich kann dich nicht alleine lassen. Jetzt auf jeden Fall nicht. Ich bin im übrigen Amanda.
Völlig entgeistert kollidiert meine Hand erstmal mit meinem Kopf. Vielleicht bilde ich es mir einfach nur ein, vielleicht bin ich einfach nur dumm. Schließlich ist es ja auch ganz normal, dass dich einfach so eine Stimme von der Seite anquatscht. Nein, von oben. Ist das Gehirn oben?! Naja... Jedenfalls bin ich komplett aus der Fassung gebracht. Und da ist es mir auch scheiß egal, wie sich die Stimme in mir vorstellt. Ja... Sie könnte genauso Heinz- Peter heißen und ich wäre genauso hysterisch wie ich gerade bin.
Anscheinend zu hysterisch.
Mit einem dumpfen Schlag komme ich auf dem Boden auf und dämmer weg.
"War schön, dich kennengelernt zu haben, Darling", kreischt dieses Etwas noch schnell. Doch das hätte sie sich sparen können, immerhin beruht es nicht auf Gegenseitigkeit.
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