#47 One shattered, one saved
Erleichtert ließ ich mich in den schwarzen Sitz fallen und schaute im nächsten Moment in das schmunzelnde Gesicht Yoongis. "Guten Abend der Herr", sagte er rau. Seinen Oberkörper umhüllte ein schwarzer Hoody mit weißem Aufdruck, den ich im Dunkeln aber nicht erkennen konnte. Genau so dunkel waren seine Augen, beinahe schwarz, so wie ich sie kannte. Schwarz, wie man seine Seele vermuten würde. Nur ich wusste, dass sich hinter der Farbe eine unentdeckte Galaxie befand, ein schwarzes Loch und es schluckte mich ganz.
"Hi", flüsterte ich und lehnte mich zu ihm herüber, um unsere Lippen kollidieren zu lassen. Sehnsüchtig legte ich beide meiner Hände an seine Wangen und zog ihn ein Stück mit mir, brachte mit geschlossenen Augen ein paar Zentimeter zwischen unsere Lippen, nur um sie dann wieder zu verbinden. Ich glaubte nicht, dass mein Partner wusste, woher ich diese Leidenschaft nahm, aber er akzeptierte sie gerne und begrüßte die Intensität der Gefühle, die ich ihm übermittelte. Es war nichts anderes, als ein stiller Ruf nach Hilfe. Ich brauchte ihn gerade, mehr als sonst. Deswegen hielt ich meine Augen geschlossen, noch Sekunden, nachdem sich unsere Lippen getrennt hatten. Ich atmete tief durch und ließ seine Gelassenheit zu mir dringen. So wie er dort saß, war er alles, wonach ich suchte. Ein ruhiger Ort, der mich mit offenen Armen willkommen hieß.
Während meine Hände an seine Brust sanken, ahmten seine die Geste meiner zuvor nach und legten sich an meine Wangen. Ich konnte mir aber vorstellen, dass er dies außerdem tat, um mich aufrecht zu halten und mir Halt zu geben. "Du hast es geschafft." Seine Lippen formten nicht mehr als eine nichts aussagende Linie, sein Blick jedoch lag skeptisch auf mir. Ich nickte müde und lächelte sanft, bevor ich mich seiner Berührung entzog und mich in den Sitz setzte, um mich anzuschnallen. "Du willst wirklich nicht darüber reden?", fragte der Schwarzhaarige. Ich schüttelte den Kopf, während er das Auto startete und losfuhr. "Es ist nichts passiert, alles gut", versuchte ich ihm klar zu machen. Yoongi gab sich geschlagen und brachte das Thema nicht noch einmal auf.
"Ich habe Italienisch mitgebracht", er deutet mit seinem Daumen auf den Rücksitz, "Ich wusste nicht, ob du das magst, aber damit musst du dich jetzt zufrieden geben." Er zuckte mit den Schultern. Mein sanftes Lächeln hatte angehalten. Dass er auf die Straße achten musste, nutzte ich aus, um ihn zu betrachten. Neben mir saß der Grund, warum ich noch am Leben war, der einzige Mensch, der mich, ohne es zu versuchen, am Leben hielt, die einzige Form von Überzeugung, dass es sich zu leben lohnte.
Der Ältere bemerkte meinen Blick auf sich und schaute kurz zu mir. Als ich dann errötete und weg guckte, lachte er leise auf. Ungeduldige Sehnsucht übermannte mich, ich wollte seine Hand halten und ihn küssen, ihm näher sein, als gerade und nicht warten müssen, bis wir Zuhause waren.
Ich bemerkte nicht, dass sich meine Hand auf seinen Oberschenkel gelegt hatte, bis er sie nahm, ihr einen Kuss gab und sie hielt. "Ich habe dich auch vermisst, Jiminie", schmunzelte er, "aber ich darf nicht schneller fahren, als erlaubt. Gib mir 3 Minuten, dann sind wir da."
Ich verstand, dass er sich konzentrieren musste und nutzte die Zeit aus, um ihn weiter zu betrachten und darüber zu schwärmen, wie er jedes Mal wieder meine Hand nahm, nachdem er geschaltet hatte.
Meine Anhänglichkeit hatte einen Grund, der tief in meinem Bewusstsein verankert war, wie ein Schiff, das meinen Hafen nie verlassen hatte, obwohl es keine Berechtigung hatte, dort je angelegt zu haben. Jedoch sah ich darüber hinweg, schenkte dem Hafen keine Beachtung und starrte auf den Ozean an Emotionen, dem ich meine Seele zu geben wünschte. Dennoch bemerkte ich, dass ich Yoongi zu sehr genoß. Als würde ich auf ihn angewiesen sein, um richtig atmen zu können. Es war fast so, als würde ich mich dazu zwingen, weswegen es so übertrieben auffiel, obwohl es mich keine Überwindung kostete, mit ihm zu interagieren. Es war seltsam und mir war nicht bewusst, warum es so war.
Wir hatten das Fenster offen, weil die Luft uns beide sonst ersticken gelassen hätte, obwohl es ziemlich windig und kalt draussen war. Jedenfalls bestätigte dieser Umstand mein anhängliches Verhalten und ließ es Yoongi nicht hinterfragen, während ich an ihn gekuschelt auf der Couch saß. Das Abendessen war schnell vernichtet worden und unsere liebliche Position hatte sich schnell eingefunden, als hätten wir beide den ganzen Tag nur auf diesen Moment gewartet. Wir tauschten forschende und bedeutende Blicke aus, während wir den Körper des anderen streichelten und entweder einen Atem oder einen Kuss teilten. Er ließ mich die Sicherheit spüren, die mir heute im Café gefehlt hatte, aber ich ließ es ihn nicht wissen, belohnte ihn dafür dennoch.
Langsam aber sicher bemerkte ich, wie mich Jinhwans Worte in meinem Tun beeinflussten. Und wenn es nicht Jinhwans Worte waren, dann war es meine Reaktion auf diese. Denn ich versuchte mir selbst zu bestätigen, dass Yoongi der Richtige war und ich keine Scheu vor seinen Berührungen hatte. Es war so viel Zeit vergangen, ich musste über Hoseoks Tat hinweg sein und wenn nicht, würde mir Yoongi jeden Zweifel nehmen. Anders konnte es gar nicht sein.
Ich fand mich in einem innigen Kuss wieder, der von ihm ausgegangen war. Ich erwiderte und steigerte mich in die Leidenschaft hinein, die wir zwischen einander aufbauten. Vielleicht hatte der Körperkontakt in ihm die Lust auf mehr gewegt, vielleicht hatte er hierauf gewartet, seit wir uns wiedergesehen hatten, vielleicht wollte er alten Zeiten gleichen. Aber vielleicht, nur vielleicht wollte nur ich das. Denn er ließ den Kuss ausklingen und drückte meinen Kopf in seine Halsbeuge, nachdem zwei Küsse auf meine Wange gefolgt waren.
"Hattest du eigentlich in den letzten Jahren andere Partner?", fragte er dann flüsternd. Es fühlte sich an, als würde seine kratzige Stimme seinen Brustkorb vibrieren lassen, vielleicht übertrug ich aber auch einfach nur den Effekt, den sie auf mich hatte, auf einen anderen physischen Teil von ihm, um dessen unglaubliche Auswirkungen zu begründen. Seine Frage ließ mich kurz den Atem anhalten. Seit er wieder da war, hatte ich nicht mehr über andere nachgedacht, da gab es niemanden, deswegen fragte ich mich, ob man die zwei Menschen wirklich als Partner bezeichnen konnte.
"Definiere Partner", forderte ich ihn auf und hob einen Finger, um Kreise auf seiner Brust zu zeichnen. Seine Brust hob sich, er atmete tief ein, bevor er sprach: "Menschen, die du geküsst hast." Ich schaute zu ihm auf. So klein zog er den Radius also, so sehr wollte er wissen, mit wem ich solch eine bestimmte, ihm zustehende Zeit verbracht hatte. Unsere Gesichter bedeckte der gleiche Ausdruck; unsere Augen im Labyrinth der jeweils anderen auf der Suche nach etwas, der Rest unbekümmert. "Zwei", stieß ich aus und führte meinen Finger an seine Lippen, "aber keiner war mit dir zu vergleichen."
"Wer war es?", fragte er, meine Schmeichelei ignorierend. Ich sah ihn an, als würde ich fragen, ob er das wirklich wissen wollte, jedoch blieb sein Blick starr. Es kümmerte ihn nicht, ob seine Fragen angebracht waren oder nicht, er stellte sie einfach und ich antwortete ihm einfach. "Soomin und Jinhwan", brachte ich heraus und seine Mimik verdunkelte sich. "Jinhwan? Dein komischer Nachbar?"
"Er ist nicht komisch, Hyung. Er ist sehr liebevoll."
"Habe ich bemerkt." Er ließ ein humorloses Lachen frei, was nicht einmal ein Lächeln mit sich brachte. "Bist du eifersüchtig?", fragte ich, aber er antwortete nicht, da seine Aufmerksamkeit schon seiner nächsten Frage galt. Sein Blick wurde mit einem Mal ernster. "Hattet ihr-"
"Nein", schnitt ich ihn ab und richtete mich auf, "nicht seit deinem Verschwinden." Besitzergreifend setzte ich mich auf seinen Schoß und beugte mich über ihn, um seinen Lippen verführerisch nah zu sein. "Mein Körper gehörte nie jemand anderem", hauchte ich, küsste seine Lippen flüchtig, "Ich gehöre nur dir."
Ich küsste ihn, als wären meine Lippen eine Welle, die ihn mitreißen wollte. Und es klappte, er liebte das Wasser. Ein Stöhnen seinerseits bestätigte mir, dass es ihm gefiel, weswegen ich nicht aufhörte, auch nicht, als sich seine Hände an meine Hüfte legten. Ich versuchte mir krankhaft zu beweisen, dass mir seine Berührungen gefielen, dass sie mir nichts ausmachten, auch als sie abwärts gingen. Ich wollte nicht einsehen, dass die letzten Jahre nicht genug Zeit gewesen waren, um meine Wunden zu heilen. Ich hatte die Narben akzeptiert, aber nicht die Geschichten dahinter und das war mein Problem, das ich zu verschleiern versuchte.
Aber anstatt mir selbst gegenüber Einsicht zu zeigen, kämpfte ich noch mehr dagegen an und zeigte mich noch gieriger Yoongi gegenüber, als würde es mir mehr helfen, mich direkt von einem Auto überfahren zu lassen, um das Unfalltrauma zu überwinden, anstatt mich zunächst vorsichtig an die Straße heran zu wagen. Zu allem Übel sah Yoongi nicht durch meine Strategie hindurch und folgte meiner Führung, dachte, ich hätte die Vergangenheit überwunden. Man konnte ahnen, wohin das führte.
Der Schwarzhaarige schaffte es, aufzustehen und mich dabei im Arm zu behalten, sodass er mich anschließend ins Schlafzimmer tragen konnte. Sanft legte er mich auf dem Bett ab, seine Lippen nie die meine alleine lassend. So lange unsere Lippen verbunden waren, fühlte ich mich sicher.
Mir wurde heiß, doch anstatt erregt zu werden, stieg Unsicherheit sowie Nervosität in mir auf und beides steigerte sich, als ich den Grund dafür nicht genau identifizieren konnte. War es, weil so viel Zeit vergangen war, seit wir einander das letzte Mal nackt gesehen hatten? War es, weil ich lange nicht wirklich so weit gegangen war? Ich hatte Angst, vor dem Offensichtlichen, weil ich es mir immer noch nicht eingestanden hatte.
"Alles gut?", fragte Yoongi zwischen zwei Küssen, da er bemerkte, dass ich abwesend war. "Ja", flüsterte ich und ließ meine Finger durch seine Haare fahren, "mach weiter." Seine Hand verschwand unter meinem Pullover und ich zuckte. Der Ältere öffnete die Augen, um mich noch einmal mit einem Blick zu fragen, denn seine Hand war weder kalt gewesen, noch berührte sie eine natürlich empfindliche Stelle. Ich bemerkte den Rollentausch zwischen uns gar nicht, wie Yoongi vorsichtiger als ich war, obwohl ich der, mit den Sorgen war. Ich deutete ihm nur, weiter zu machen, was er zögerlich tat.
Er fuhr fort, indem er meinen Kiefer hinab küsste, während ich den Fehler machte und die Augen schloss. Es war das einzige, was meinen unverarbeiteten Erinnerungen noch gefehlt hatte, um völlige Kontrolle zu übernehmen. Mein Verstand erinnerte mich an die Bilder aus der einen Nacht, Hoseoks schmutzige Finger, die überall ihre Abdrücke auf meinem Körper hinterlassen hatten. Sein unersättlicher Mund, der meinen Hals aus Gier mit roten Flecken und Bissspuren markiert hatte. Seine schändlichen Absichten und die aus dessen hervorgehenden Taten, die tiefer reichten, als aufbauende Worte je gehen konnten.
Meine Hände verkrampften sich in den schwarzen Strähnen Yoongis, ohne ihn bei seinem Tun aufzuhalten. Er streifte mir den Pullover über den Kopf und bedeckte meinen Oberkörper mit hauchdünnen Küssen, nachdem er sich selbst von seinem Hoody befreit hatte. Er küsste vieles, nur nicht meine Lippen und ich fühlte mich nicht mehr sicher. Es war das einzige gewesen, das mich davon überzeugt hatte, dass es nicht Hoseok war, der mich anfasste. Nun konnte ich nicht mehr zwischen Erinnerung und Realität unterscheiden, was mich einschüchterte und mir nicht erlaubte, mich verbal zu wehren. Ich wusste nicht, ob ich mich wehren sollte. Wir würden nur Sex haben und es würde sich gut anfühlen, richtig?
Meine Panik schien ein Resultat anderer Meinung zu sein. Sie kroch mir das Rückrad hinauf und hinterließ eine schmerzhafte Gänsehaut, als Yoongis Hände sich an meine Hüfte legten. Meine Kehle war wie zugeschnürt, als würden mir die Hinterlassenschaften meines Peinigers eine Schlinge um dem Hals legen und sie zuziehen, je mehr ich mit dem Gedanken spielte, etwas zu sagen. Ich wollte etwas sagen, ich wollte mich nicht noch einmal dieser grauenhaften Qual unterziehen müssen, die mich nachher in Scherben zurücklassen würde, dabei unerkennbar, welche wirklich zu mir gehörten.
Ich spürte Tränen in meinen Augen aufbrodeln, wie Wasser, das erhitzt wurde. Nur war das Wasser meine Angst, die einen Weg nach aussen suchte, um sich sichtbar zu machen. In meinen Zehenspitzen kribbelte es, weil meine Beine bereit waren, meinen Teilnehmer von sich zu treten und in auf Distanz zu halten, würde ich sie nur lassen. Aber ich wollte Yoongi nicht weh tun, ich wollte meine Würde nicht verlieren und nicht zugeben, dass ich mich angegriffen fühlte, obwohl das alles aus Liebe geschah. Ich wollte keinen Moment zerstören, der darauf ausgelegt war, schön zu sein. Ich wollte nicht zugeben, dass mancher Himmel für mich eine Hölle darstellte.
Doch meine Augen öffneten sich panisch, als ich ein Geräusch hörte. Das Geräusch, das auch noch die letzten folternden Erinnerungen in mir weckte. Das Geräusch des Gürtels, welchen Yoongi gerade öffnete. "Nein!", schrie ich endlich reflexartig und flüchtete zurück. Bevor jedoch ein weiterer Schrei meinen Mund verlassen konnte, hielt mir Yoongi den Mund zu. Seine Augen schimmerten voller Sorge, während ich realisierte, dass es er war und zu schluchzen begann. "Geh weg, wenn du nur Sex willst", wimmerte ich ängstlich, hielt meine zitternden Hände abwehrend vor mich, nachdem er seine Hand zurückgezogen hatte. Er ließ kurz den Kopf hängen, bevor er mit Vorsicht seine Arme um mich legte und mich an sich zog. "Lass mich los. Ich will das nicht", stotterte ich weinerlich, aber drückte ihn nicht von mir, denn er war warm. Sein Körper war wärmer als die eisige Furcht, die mich um den Verstand brachte.
"Du fürchtest dich nicht vor mir, sondern vor meinen Berührungen", flüsterte er, um es uns beiden vor Augen zu führen, um es mir klar zu machen und die Schuld zu stoppen, die ihn selbst zu füllen drohte. "Ich will doch berührt werden", jammerte ich, "aber ich kann nicht." Ich stieß weitere Tränen aus. Seinen Griff erwiderte ich immer noch nicht, ich fühlte mich gefangen und starrte zur Decke mit dem Wunsch, ihm zu entkommen, obwohl ich wusste, dass mein Liebhaber nur gute Intentionen hatte. "Wir kriegen das hin, alles wird gut", versprach mir Yoongi, der sich ruhig anhörte, aber sicherlich innerlich ganz anders aussah. "So etwas hast du das letzte Mal gesagt, bevor du gegangen bist." Obwohl meine Unsicherheit ihre klaren Wurzeln hatte, richtete sie sich allem und jedem und heuchelte mir zusammen mit meiner Furcht vor, dass mich alles und jeder bedrohen würde. Selbst die Luft erschien toxisch, als würde mich jeder Atemzug umbringen können.
Yoongi schwieg und es bewirkte alles andere, als mich zu beruhigen. "Warum sagst du nichts?", fragte ich angsterfüllt. Der Ältere strich mir nur beruhigend über den Rücken und atmete ein. "Alles wird gut." Er war sich unsicher, oh Gott, er war sich so unsicher.
"Wird es nicht", widersprach ich ihm.
"Doch, irgendwann."
"Nein, du weißt doch gar nicht wie es mir geht. Du kannst mich nicht verstehen." Ich erinnerte mich an die Worte meines Therapeuten und den Vergleich, den er gemacht hatte, als er mir erklären wollte, warm mich andere nicht verstehen konnten. Aber ich fühlte nur ängstliche Wut gegenüber all denen, die versuchten mir ein Pflaster aufzulegen, wenn sie nicht mal wussten, wo sich die Wunde befand. "Du hast nicht elf Runden unter oder auf jemandem verbracht, der dich wünschen hat lassen, nicht mehr zu leben, anstatt diesen Schmerz zu spüren." Ich befreite mich aus seinen Armen und stieg stolpernd vom Bett. "Ich weiß, Jimin und das tut mir leid, aber bitte komm her." Er streckte einen Arm nach mir aus, aber ich erlaubte ihm nicht, mich zu erreichen. "Elf Runden und jede einzelne war schlimmer als die davor. Wie soll ich noch normal sein? Wie soll ich noch normal sein?"
"Du musst nicht normal sein, du bist so besonders." Er versuchte mir näher zu kommen, er machte einen Fehler mit jedem Schritt. Ich versuchte meinen nackten Oberkörper mit meinen Armen abzudecken, ich fühlte mich entblöst und es war mir peinlich. "Ich bin gebrochen, das bin ich! All diese Narben, wie kannst du meinen Körper immer noch mögen?" Ich sprach laut, als wäre es eine weitere Abwehrmethode. Die Möglichkeit, dass es bis in die anderen Wohnungen dringen und es jemand falsch aufnehmen konnte, ließ ich außer Acht. Yoongi versuchte sein Bestes, zu mir durchzudringen, seine Mimik war selten so chaotisch ."Ich liebe dich und deinen Körper", beteuerte er.
"Aber ich hasse alles so sehr." Weitere Tränen floßen, während ich mir meinen Pullover schnappte und aus der Wohnung rannte. Ich hörte Yoongi fluchen und mich anflehen, ihn nicht zu verlassen, bevor ich die Tür schloss.
Erst als ich die Haustür aufstieß und mir die kalte, frische Luft entgegen stieß, fühlte ich mich befreit. Nur der Anblick des weit entfernten, klaren Sternenhimmels ließ mich tief einatmen und die Panik in meinem Körper abbauen. Ich bin an niemanden gekettet, ich kann mich beruhigen. Da es in jeglicher Hinsicht ein innerer Konflikt war, der durch Berührungen von außen ausglöst wurde, versuchte ich meine Gedanken unter meine Kontrolle zu bekommen und mir duch wiederholendes Reiben meiner Arme zu versichern, dass meine Hände die einzigen waren, die auf mir lagen.
Was hatte ich getan, um das zu verdienen?
Allerdings baute sich die abgebaute Abwehrhaltung direkt wieder auf, als sich eine Hand auf meine Schulter legte und ich zurück wich. "Hyung, ist alles in Ordnung?" Taehyung sah mich mit besorgten Augen an, welche dunkle Ringe zierten. "Ja, mir geht es gut", entgegnete ich angespannt und wischte seine Hand von meiner Schulter, als würde sie mich stören. "Du siehst nicht gut aus", ging er weiter darauf ein, anstatt mich in Ruhe zu lassen. "Du auch nicht", giftete ich ihn an. Ich wollte einfach nur, dass er ging. Doch als hätte ihn das nicht getroffen, fuhr er fort: "Ist es wegen Yoongi? Kann ich dir irgendwie helfen?"
"Ja, indem du gehst. Du solltest besseres zu tun haben, zum Beispiel Sachen mit Jungkook in Ordnung bringen. Das solltest du tun und deine Zeit nicht mit mir verschwenden." Er schaute verwirrt drein und legte den Kopf schief, wie ein Hund, der etwas nicht verstand. "Wie meinst du das?", fragte er unschuldig, als würde er etwas nicht mitbekommen haben. "Rede mit Jungkook darüber", sagte ich und kehrte ihm meinen Rücken zu, doch er ließ nicht locker. "Hat er mit dir darüber geredet?" Taes Hand legte sich schon wieder an meine Schulter und ich hätte schreien können, dass er unbewusst immer wieder Salz in die Wunde drückte. "Ja, weil du es nicht tust", ich schlug seine Hand weg und durchbohrte ihn mit einem stechenden Blick, "Ihn ignorieren und vernachlässigen, geht man so mit seinem Freund um? Ich hätte dich ja freundlicher darauf angesprochen, aber du scheinst es nicht einmal zu bemerken."
Sein Blick sank bereuend nach unten. "Ich denke in jeder Beziehung gibt es einen miserablen Teil." Er verließ mich mit diesen Worten, erinnerte mich daran, dass ich meinen Freund oben einfach stehen gelassen hatte und wies mich darauf hin, dass ich mich auf meine eigene Beziehung konzentrieren sollte. Mir war egal, wie er sich nun fühlte, in diesem Moment war ich egoistisch und dachte über mich selbst nach, bis ich meinen Weg nach oben antrat.
In der Wohnung hatte sich nichts verändert, nichtsdestotrotz erinnerte die Luft an eine Nachkriegszeit. Ich holte mehrere tiefe Atemzüge, bevor ich mich langsam ins Schlafzimmer wagte. Yoongi lag auf seiner Seite, sein Blick hatte sich sofort auf mich gelegt, als ich eingetreten war. Dennoch schwieg er, als ich mich hinein schlich und ins Bett legte. Ironischer Weise fühlte ich mich einsam, als hätte ich gerade eben nicht noch nach Abstand gesucht. Mein Verstand war unverständlich.
Ich öffnete meinen Mund, aber traute mich nicht, etwas herauszubringen. Die schwere Athmosphäre schien mich erdrücken zu wollen, jedenfalls schüchterte sie mich ein. Yoongi lag eine Menschenbreite von mir entfernt, trotzdem traute ich mich nicht, eine Hand nach ihm auszustrecken. Ironisch, wo ich ihn doch eben noch angeschrien hatte und ihm eine Berührung verboten hatte. Unvorstellbar, dass zwei Seelen zu schreien schienen und das Zimmer trotzdem so still war. Eigentlich ergab es keinen Sinn, ich dachte, so waren Menschen einfach.
Trotz allem wollte ich so nicht einschlafen. Mit dieser angespannten Stimmung, diesen ungesagten Worten. Also öffnete ich meinen Mund wieder und brachte es übers Herz, zu versuchen, mit ihm zu Kommunizieren. "Ich weiß nicht, was du jetzt davon halten wirst, aber darf ich dich bitten, mich in den Arm zu nehmen?" Meine Stimme war das komplette Gegenteil zu meinem Geschrei vorhin. Zerbrechlich und unterwürfig, sollte das nicht bei ihm wirken?
Es dauerte nicht lange, bis Bewegung von ihm ausging und er sich schließlich umdrehte. Er atmete beschwert aus und biss die Zähne zusammen, was ich an seinen Kieferknochen sah, bevor er fragte: "Darf ich?"
"Bitte", bat ich, worauf er mich in seine Arme zog. "Bitte verlass mich nicht", flüsterte er verletzbar und schmiegte sein Kinn an meinen Haarschopf. Wie konnte ich Angst vor meinem Zuhause haben? Manchmal rannte man von Zuhause weg, richtig? Das war normal. Ich seufzte, ich hätte aufhören sollen, zu versuchen, mir alles schön zu reden. Es war nicht Yoongi, mein Zuhause, vor dem ich weggelaufen war, sondern die Gefangenschaft, die ich in anderen Armen durchlaufen musste. Es war nicht seine Schuld.
"Es tut mir leid. Das alles." Ich flüsterte, weil ich Angst hatte, ein zu rauer Tonfall würde einen von uns brechen. Ich spürte sein Kopfschütteln und seinen fester werdenden Griff, jetzt, wo er sich traute. "Darum habe ich noch niemanden gebeten", sagte er kratzig. Ich verstand nicht. "Was meinst du?"
"Ich habe noch nie jemanden darum gebeten, mich nicht zu verlassen."
Ich schmuste mich an seine Brust, die immer noch kein Stoff abdeckte und ließ seine Gelassenheit auf mich wirken. Es mochten die Umatände gewesen sein, aber ich mochte die Vorstellung, dass es seine Präsenz war, die mein Verstand brauchte, um sich zu beruhigen. "Niemanden?", fragte ich nach.
"Niemanden."
"Hattest du bei keinem den Wunsch, dass sie bleiben?"
"Mein Vater hat mir beigebracht, dass man Menschen, die gehen wollen, nicht aufhalten sollte."
Yoongi war genau der Ozean, in dem mich seine Augen jedes Mal untergehen ließen. Hinter ihm steckte so viel, das ich erkunden und erfahren wollte. Der Teufel war einmal ein Engel gewesen; wenn es stimmte, wollte ich darüber hören, warum er den Himmel verlassen musste und ich wollte seine Hand halten, während uns die Hitze der Hölle zusetzte. Ich wollte immer mehr Gründe finden, die ihn liebenswert machten und sie ihm erzählen, damit er sich selbst liebte, wenn er das nicht schon tat.
"Dein Vater hat weisere Dinge gesagt, als meiner", sagte ich. Yoongi lachte in sich hinein. "In jeglicher Hinsicht will ich dem widersprechen, aber das ist schwer, wenn deiner dich nur angeschrien hat." Ich lächelte halb und stimmte ihm zu.
Seperat kamen unsere Gedanken wieder auf das Passierte zurück und es wurde still zwischen uns. Unsere Körperwärme war das einzig angenehme an dieser Situation. "Das tut mir leid", gab er an.
"Es ist nicht deine Schuld", versicherte ich ihm.
"Aber ich will das in Ordnung bringen."
"Das schätze ich, aber das geht nicht so einfach." Ich zwang mich in seinen Armen nach oben, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein und seine Wangen zusammen drücken zu können, sodass seine Lippen einen Kussmund formten. Er brummte ungemütlich, bevor ich ihm einen Kuss gab.
Seine braunen Augen betrachteten mich eine Weile verträumt. Andere wären womöglich einen Kopf kürzer, würde sie so mit ihm umgehen, wie ich. Das ließ mich müde Lächeln und anschließend vor Übermüdung gähnen, was wiederum Yoongi ein Schmunzeln entlockte. "Ich liebe dich mehr, als alles andere auf der Welt", gestand er, "und manchmal macht mir das Angst." Er brachte eine Hand an mein Gesicht und strich sanft die Spuren der letzten Tränen weg. "Aber dann liege ich wie jetzt hier und vergesse darüber... so sehr, dass ich mich nicht davon abhalten kann, so einen Schwachsinn zu erzählen." Bevor er seinen Kopf an meinem Körper zu verstecken versuchte, entdeckte ich die Röte auf seinen Wangen und verkniff mir einen Laut, der seine Verlegenheit nur schlimmer gemacht hätte. "Das war kein Schwachsinn, das war wunderschön", überzeugte ich ihn, "Red ruhig öfter wunderschönen Schwachsinn."
Ich wusste, dass das schon weit außerhalb seines Wohlfühlbereiches war und ich schätzte es, wie weit er aus sich heraus ging, sich entschuldigte und mir Liebeserklärungen machte, aber ich wollte, dass er wusste, dass ich es liebte und es mir eine Freude bereitete. Unsere Oberflächen hatten sich verändert, aber unsere Anker bohrten immer noch in den gleichen Meeresgrund. Wir waren immer noch wir, mit unseren Tendenzen und unseren Angewohnheiten und ob wir uns nun änderten oder nicht, wir mussten eine Mitte finden, die unser beider Herzen genug versprach, um weiter zu schlagen. Wir mussten lernen, einander zu lieben und zu vertrauen, so, als hätten wir es nie zuvor getan und so, als würden wir es für eine Ewigkeit tun wollen. Eine Beziehung stand auf anderem Boden, als eine Affäre, aber das würden wir noch früh genug verstehen.
Weil wir noch mehr dieser zerbrechlich magischen Momente erleben würden, aber wir das Geschenk zu schätzen lernen mussten, diese miteinander teilen zu dürfen.
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[Danke fürs Kommentieren und Voten]
Damn, ok, aber das Kapitel ist schon schnieke geschrieben, kann ich aus meinem stolzen pov schon sagen, phew
Das sind 4000 Wörter oof, män i'm proud
Ich hoffe, ihr interpretiert in all diese Titel und Worte auch etwas hinein, sonst wäre meine Arbeit außerhalb meiner eigenen Zufriedenstellung ziemlich sinnlos haha
Btw falls ihr irgendwas nicht versteht, dann fragt ruhig, okay? that's what i'm here for
Danke fürs Lesen (:
Schlaft gut und habt einen guten Start in die neue Woche, ihr Sterne♡
{100319}
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