#36 Take my heart and make it your own

"You've been cut right down the middle
Crushed into a hundred parts
I know this might hurt a little
But I will only make it worse
I want you, but I can't be the reason why
You lose faith in everything that you find
I'm warning you now, babe
Go run and hide
I wish you didn't love me
I wish you didn't care about me, at all
'Cause even I don't trust me
So I'ma let you down before you fall
And maybe in another life
We can try this one more time
But right now please don't love me
'Cause I don't deserve you at all
Baby, I wish things were different
I wish you were by my side
Baby, I ain't no magician
But I might disappear tonight"
- I Wish You Didn't Love Me (Jake Miller)

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"Bist du bereit?" Jin stand mit einem zarten Lächeln vor mir. Seine Augen trugen Hoffnung, die sich auch in den Gesichtern der anderen widerspiegelte. Ich befand mich in Jins und Namjoons Wohnung, in der sich zu diesem Zeitpunkt alle versammelt hatten, außer Taehyung. Jungkook schaute mich mit großen Augen an, woran ich erkannte, dass er nervös war, obwohl er das gar nicht sein brauchte. Ihm würde nichts passieren, ich musste durch das alles durch.

Ich schüttelte den Kopf und sah an mir herunter. Ich trug wieder nur einen Pullover und eine Jeans, jedoch sah ich diesmal anständiger aus, als letztes mal. "Dumme Frage", kommentierte Jungkook, wobei ich erwartet hatte, dass Jin ihm zumindest einen bösen Blick zuwerfen würde. Aber das tat er nicht, er überhörte es einfach und beließ seinen Blick auf mir. Selbst in Jungkooks Stimme konnte man die Nervosität und die Spannung erkennen, die unser beider Körper steif wirken ließ. Es war, als würde er an meiner Stelle dort hin müssen. "Das wird schon gut gehen", versuchte der Älteste mich lockerer zu machen, "und wenn ihr euch gegeneinander entscheidet, dann hat das seine Gründe."
"Ich weiß", gab ich knapp und angespannt hervor.
"Und wenn ihr euch füreinander entscheidet, seid ihr hier herzlich willkommen." Er schenkte mir ein vertrauensvolles Lächeln. "Wirklich?", wollte Jungkook wissen, womit er die Zweifel aussprach, die mir dabei in den Sinn gekommen waren. Jin drehte sich zu dem Jüngeren um. "Ja, wirklich", entgegnete er in bissigem Ton.
"Ich kann seinen Zweifel verstehen, du warst nicht gut auf ihn zu sprechen in den letzten Jahren", hakte Namjoon untertreibend ein.
"Das stimmt und ich werde wohl auch noch ein Wörtchen mit ihm reden wollen", gab Jin zu, "denn ich habe etwas gegen Menschen, die euch schaden, aber nichts gegen Menschen, die euch glücklich machen."

Er schaute wieder zu mir und frischte sein Lächeln auf. Womöglich wollte er mir die Nervosität nehmen, jedoch schlug dies fehl. Ich konnte nicht entziffern, was genau es war. Ob ich wirklich nervös oder aufgeregt war, ob ich wieder diesen Bewegungsdrang verspürte, weil ich zu ihm wollte oder am liebsten vor der Entscheidung flüchten wollte, ob ich zitterte, weil ich so verliebt in den Mann war, den ich in ein paar Minuten wiedersehen würde, oder ob ich einfach nur Angst hatte vor dem, was mich erwartete, ich konnte es nicht identifizieren.

"Wenn du abgeholt werden willst oder etwas anderes brauchst, sag Bescheid. Hast du dein Handy?" Ich wusste, dass Jin mir all diese Möglichkeiten versprach, weil er selbst Angst um mich hatte und sich um mich sorgte. Selbst wenn ich mich mit jeder Entscheidung abgefunden hatte, würde es mich treffen, wie eine riesige Flutwelle, das wusste jeder Anwesende in diesem Raum. Dennoch war ich dankbar für ihre Unterstützung, ich konnte mir sicher sein, dass mich ihre Arme auffangen würden, würden mich meine Gedanken wieder in den Abgrund stoßen.
Ich tastete meine Hosentasche ab und nickte, mein Handy hatte ich diesmal dabei. "Gut", sagte Jin.
"Wenn du nach Hause kommst, egal wann und mit wem, werden wir hier sein und dich erwarten", machte mir Namjoon noch einmal klar.
"Taehyungie wird dann auch da sein", warf Jungkook ein, als wären all diese Worte und Versprechungen absichernde Säulen, die mich stützen sollten. "Wir werden alle hier sein." Jungkook hatte bislang kein einziges Lächeln über seine Lippen huschen lassen können, er wirkte viel zu angespannt und ängstlich der Situation gegenüber. Vielleicht spielte sich in seinem Kopf eine andere Szene ab, vielleicht dachte er darüber nach, was wäre, wenn mich die Entscheidung gegen Yoongi wieder zu meinen Selbstmordgedanken führten und ich dann mit ihnen in meinem Kopf ganz allein in mitten der Stadt stand. Ich wollte ihm klar machen, dass es dazu nicht kommen würde, jedoch brachte ich dies nicht zustande, da ich mir selbst nicht sicher sein konnte.

"Ich sollte los", stellte ich fest, "wir haben schon halb." Ich klang nicht mehr als emotionslos, wenn überhaupt desinteressiert. Alles eine Kunst des Schauspiels. Negative Emotionen wurden bei mir direkt übermalt, egal wie, Hauptsache die vorherige Farbe war nicht mehr zu erkennen.
"Viel Erfolg", wünschte mir Jungkook direkt, worauf die anderen beiden nickten. "Du machst das schon." Jin klopfte mir auf die Schulter. Ich drehte mich um und machte mich auf den Weg, als mich Jungkook doch noch einmal aufhielt. "Hyung, warte!" Ich schaute zu, wie er auf mich zu kam und mich ohne weiteres umarmte. Mit erschrockenem Gesichtsausdruck sah ich zu Jin, doch dieser stand nur dort und betrachtete das für ihn so liebliche Bild. Ich konnte ihm beinahe von den Augen ablesen, dass diese Geste für die mir geltende Wertschätzung und Liebe Jungkooks stand. Dankbar drückte ich ihn an mich.

Die Taxifahrt über verlief wie die erste: gemischte Gefühle und ein überaktiver Kopf, die sich mit dem Blick aus dem Fenster nicht zufrieden gaben. Es war so überfordernd, dass ich mir schwor, mich nie wieder in so eine Situation zu bringen. Womöglich gab ich von dem Chaos in mir auch etwas nach außen ab, da mich der Fahrer mehrmals suspekt im Rückspiegel betrachtete. Aber es konnte mir egal sein, er würde mich sowieso nicht versehen. Er würde nicht verstehen, warum ich mit so viel Emotion auf einen einzelnen Menschen reagierte, warum alles in mir verrückt spielte, warum ich nicht nur angespannt war, sondern auch zitterte und mir wieder nervös auf der Unterlippe herum kaute, nur weil ich auf dem Weg zu ihm war. Das würde nie irgendjemand verstehen, nicht ansatzweise, denn meine Liebe war wie ein Ozean: man war erstaunt darüber, wie weit das Wasser reichte, aber man vergaß, wie tief es war.

Als ich aus dem Wagen stieg, sog ich die kühle Abendluft ein, als hätte ich in der letzten halben Stunde kein bisschen Sauerstoff abbekommen. Nun konnte ich nicht mehr zurück und das Gewicht dessen Einsicht lag schwer auf meinen Schultern. Denn ich wollte nicht, dass es vorbei war, aber es war möglich, das wir hier und jetzt unser gemeinsames Ende fanden.
Ich überquerte die Straßenseite mit einer Ungewissheit darüber, wie ich mich verhalten sollte, wenn ich Yoongi gegenüber stand oder eher darüber, zu was ich imstande war. Denn genau wie meine Hände, würde auch meine Stimme zittern, wenn es mir gelang, ein Wort herauszubekommen.

Doch all diese Zweife wurden ausradiert, als ich ihn erblickte. Meine Sorgen lösten sich in Luft auf, als würde ich sie wie den benutzten Sauerstoff ausatmen und ihnen dabei zusehen, wie sie in kleinen Wölkchen zum Himmel aufstiegen. Meinen Kopf füllte nun nur noch ein einzelner Name, der mit Liebe geschrieben wurde.

Ich fing unwillkürlich an zu grinsen, als er mir ins Auge fiel und mein Herz machte einen freudigen Sprung, als auch seine Mundwinkel sich hoben, als er mich sah. Schnell ließ er die Hände aus seinen Taschen und breitete seine Arme aus, was mich dazu anregte, zu rennen, um ihm schließlich in die Arme zu fallen. Es tat so gut, dachte ich, es tat so gut, den Menschen, den ich liebte, in die Arme zu nehmen, von seinem Geruch umgeben zu sein und über die Kälte zu vergessen, die um uns herrschte, weil ich wieder nichts anderes wahrnahm, als die Wärme um mein Herz. Dieser Moment bestätigte mir, dass die letzten Tage real gewesen waren. Dass ich nicht geträumt hatte und ich keine Angst haben musste, ihn wieder loszulassen, für kurze Zeit zumindest.

"Hi", brachte ich hervor, als wir wieder normal voreinander standen, worauf sich auch sein Lächeln in ein Grinsen verwandelte. "Hi", gab er gleichermaßen zurück und schaute mir dabei in die Augen. Für eine Sekunde vergaß ich zu atmen, nichts in meiner Umgebung stand mehr in meinem Fokus, als das vertraute Glänzen seiner Augen. Wieder und wieder wiederholte sich in meinem Kopf, dass er es war. Dass er der Mensch war, den ich liebte, es wurde absurd, wie oft ich es ihm in Gedanken entgegen schrie.

"Yoongi", kam es plötzlich von mir und ich zuckte kurz, als ich realisierte, dass ich es tatsächlich ausgesprochen hatte. "Ja?", fragte der Betroffene nach und zog grinsend eine Augenbraue nach oben. Er musste merken, wie beschämt ich war. "I-Ich habe dich vermisst", brachte ich dann leise hervor. Seine Augen strahlten etwas verliebtes aus, als er mir antwortete. "Ich dich mehr." Und obwohl ich an dessen Richtigkeit zweifelte, traute ich mich nicht, dem zu widersprechen, es fühlte sich nicht passend an.

"Wie ist es dir in den letzten drei Tagen ergangen?", fragte er, nachdem wir verliebte Blicke ausgetauscht hatten und fertig damit waren, uns dafür zu schämen. "Willst du nicht eher fragen, wie es mir in den letzten drei Jahren ergangen ist?", stellte ich dem entgegen und rollte mit den Augen, "Du warst schon immer besonders."
"Ich nehme das mal als 'nicht anders als in den letzten drei Jahren' auf", lachte er leise und schüttelte den Kopf. "Sollen wir etwas essen gehen? Hast du Hunger?", fragte er anschließend.
"Wenn ich ehrlich bin, ist mir dafür zu schlecht", erwiderte ich.
"So nervös?" Seine Hand fand einen Weg an meinen Rücken und strich kurz darüber, als würde er sich um mich Sorgen. Mich verwirrte dies, da es nicht seine Art war, sich um mich zu kümmern, weswegen ich ihn mit großen Augen ansah. Aber vielleicht empfand er wie ich und versuchte auf jede Weise mir nah zu sein. Seine Frage hatte ich schon längst wieder vergessen, deswegen antwortete ich mit einer komischen Kombination aus Nicken und Kopfschütteln.

"Ich aber auch irgendwie...", mich überraschte, dass er es ohne weiteres zugab, "Ich konnte bis sechs Uhr morgens nicht einschlafen."
"Ich auch nicht", sagte ich und hielt Schritt mit Yoongi, der anfing zu laufen. Ich folgte ihm einfach, er würde mich schon irgendwo hinführen.
"Schicksal", betitelte er diesen Zufall, "Vielleicht ist es das wirklich und der Teufel hat sich einfach erlaubt, das zu hintergehen." Er wirkte verträumt.
"Das Schicksal hasst uns sowieso", meinte ich.
"Meinst du?"
"Ganz bestimmt."

Wir liefen nebeneinander die Straße entlang, hatten den Blick entweder auf den jeweils anderen oder auf unsere Schuhe gerichtet und hatten beide unsere Hände tief in den Taschen unserer Jacke vergraben. Yoongi trug diesmal keinen Anzug, die Figur seines Oberkörpers wurde wie zu erwarten von einer Lederjacke umschmeichelt. Ich konnte nicht glauben, dass er so nicht fror, aber würde dagegen nichts sagen, bis er es selbst zugab.

"Ich habe die Nacht darüber nachgedacht, ob wir wirklich gut füreinander sind", begann ich dann mit dem Thema, dem unser kurzes Schweigen aus dem Weg gegangen war. "Ich auch", gab Yoongi zurück.
"Und zu welchem Ergebnis bist du gekommen?", fragte ich neugierig.
"Zu demselben wie du."
"Das da wäre?"
"Ich weiß es nicht."
Man konnte es nicht Enttäuschung nennen, was sich dort in meinem Bauch zusammen tat, aber es  kam dem nahe, denn wie er schon vermutet hatte, war dies auch meine Antwort gewesen und ich hatte gehofft, eine von ihm zu erhalten. Denn wir mussten uns trotzdem für- oder gegeneinander entscheiden und Unwissen war hierbei nicht vorteilhaft.

"Hast du dir das Video angeschaut?", fragte er daraufhin.
"Ja", sagte ich, wobei er schlucken musste, "aber ich verstehe es nicht. Habe ich nicht mehr verdient?" Ohne nachzufragen, schaute er mich an, während ich es erklärte. "Verdiene ich nicht mehr, als einen Brief und ein Video?" Er konnte mir nicht länger in die Augen schauen. Die Freude des Wiedersehens war größtenteils verflogen und war durch eine Spannung ersetzt worden. Musik jeglicher Art hätte das alles angenehmer gemacht, aber hier waren nur er und ich, allein mit noch nicht angesprochenen Themen und einer riesigen Entscheidung.
"Anders hätte ich das nicht hinbekommen", beichtete er und ich schätzte es, dass er ehrlich war und darüber redete, obwohl es ihm nicht gefiel, jedoch gab sich mein jahrelanger Frust damit nicht zufrieden.
"Ich hätte es vertragen, wenn du es mir erklärt hättest, während du mir gegenüber stehst."
"Aber das hätte ich nicht hinbekommen, Jimin", bestand er, "Hätte ich dein Gesicht vor mir gehabt, hätte ich das nicht durchziehen können. Ich hätte wahrscheinlich geheult und anschließend behauptet, dass nichts gewesen wäre. Und dann wäre es immer so weiter gegangen, Schmerz auf Schmerz, ich hätte dich nur verletzt."

Er war stehen geblieben und sein Blick versuchte mir ungewollt zu untermalen, wie schwer es ihm gefallen war, diese Entscheidung zu treffen, mich damals zu verlassen. "Ich habe mich damals gefragt, welches schwerer wiegen würde, wenn ich unsere schönen Momente und unsere schmerzhaften Momente auf eine Waage legen würde." Ich konnte nicht auseinander halten, ob seine Stimme einfach nur anders war oder ob irgendeine Emotion ihren Klang dünner machte.
"Ich erinnere mich mehr an schöne Momente", sagte ich überzeugt und unbefangen.
"Und das bildest du dir auch nicht nur ein?", fragte er, als würde er meine Antwort nicht für voll nehmen können.
"Ist das, woran ich mich erinnere, nicht das, was eigentlich zählt?" Stellte ich in Frage, was ihn erst einmal einige Zeit kostete, um darüber nachzudenken. Diese Minute nutzte ich, um sein Äußeres ein weiteres Mal zu studieren. Sein Haar war heute recht struppig, einige ihm in die Stirn fallende Strähnen schienen etwas zu lang. Wenn sie nass waren, würden sie ihm sicherlich ins Blickfeld fallen, aber ich fand es süß, ich wollte ihm durch die Haare fahren und damit spielen.

Mit einem "Keine Ahnung", speiste er meine Frage ab und setzte sich wieder in Bewegung, ich aber wollte nicht, dass er sich nur mit Ahnungslosigkeit zufrieden gab. "Zumindest lag ich Herrn Park damit viel zu oft in den Ohren", versuchte ich meinen Standpunkt zu bekräftigen, während mich Yoongis Blick ein weiteres mal traf und es sich anfühlte, als würde mich ein Blitz treffen, der sich durch meine Fasern zog und ein Kribbeln hinterließ. "Mit den schönen Erinnerungen, meine ich." Würde er seinen Blick nicht in wenigen Sekunden wieder abwenden, würde ich mich ein weiteres mal darin verlieren und wenn das passierte, würde mich nichts mehr am Fallen hindern können. Jedoch schaute er mich weiterhin so intensiv an, ob bewusst oder unbewusst und so geschah es, dass ich aufs neue für ihn fiel. Für diese Augen, für ihre liebliche Farbe, für ihn und alles, was er mit sich brachte. Ich war bereit dazu, mich in ihm zu verlieren.

"Herr Park?", fragte er nur nach, hatte nichts von dem mitbekommen, was in meinem inneren los war, "Der Therapeut?"
Ich nickte. "Bei ihm bist du auch, oder?"
Diesmal nickte er. "Seit ein paar Wochen, vielleicht mehr als zwei Monaten. Davor war ich bei vielen anderen, die aber alle entweder total inkompetent oder ganz einfach seltsam waren. Wer hat dich zu ihm geschleppt?" Ich hatte nicht erwartet, dass er überhaupt therapeutische Hilfe brauchte beziehungsweise annehmen würde, weswegen es mir genügend Respekt einjagte, um nicht weiter nachzufragen. "Jin hat den Vorschlag gemacht, als ich einen kleinen... Rückfall hatte, nachdem Hoseok mich besucht hat." Ich machte keine Pause, um zu verhindern, dass Yoongi seine Meinung über Hoseok bekannt machen konnte. "Hoseok hat mir so viel über dich erzählt... und ich will nicht lügen, ich kann dadurch besser nachvollziehen, warum du das alles getan hast."
"Was hat er dir genau erzählt?", wollte er wissen.
"Von deiner Vergangenheit, deiner Familie, mentale Sachen." Ich traute mich nicht wirklich, es auszusprechen, da ich Angst hatte, etwas würde falsch sein oder ihn reizen. Das letzte, was ich wollte, war Wunden öffnen.

"Mentale Sachen", wiederholte er spöttisch und es folgte eine Reihe an Behauptungen, die vielleicht wahr, jedoch viel zu hasserfüllt formuliert waren, sodass sie mir weh taten, "Dann weißt du ja jetzt, warum ich überfordert mit allem bin. Ich bin kaputt, komme weder mit mir selbst klar, noch mit jemand anderem. Seit meiner Schulzeit hasse ich Liebe, weil sie jemand ausgenutzt hat, um etwas von mir zu bekommen und weil ich so schwach bin, schaffe ich nichts, als die Fehler, die an mir praktiziert wurden, auf andere anzuwenden. Ich bin weiter davon entfernt, ein guter Mensch zu sein, als Pluto von der Sonne entfernt ist und ich kann dir aufgrund meiner fehlenden Kompetenz auf nichts eine Antwort geben. Nicht, wie man Depressionen heilt, nicht, wie man mit ihnen umgeht, genauso wenig wie man liebt. Das kann ich mir sowie dir nicht beantworten." Er schaute schon wieder nur auf den Gehweg. "Ich bin absolut schlecht."
"Ich weiß auch nicht, ob es noch anderes Leben im Universum gibt. Das sind alles Sachen, die niemand beantworten kann." Ich stellte mich mit einem Mal vor ihn, um seine volle Aufmerksamkeit zu bekommen. "Und ich weiß, dass dich vieles an dieser Welt nicht interessiert, aber ich weiß durchaus, dass du mich liebst", ich schluckte, fand es schwer, das ausgesprochen zu haben, ohne daran zu zweifeln, dass ich überhaupt liebenswürdig war, "und dass es aufgrunddessen etwas ausmacht, wenn ich sage, dass ich ganz das Gegenteil empfinde."

Sofern es in meiner Macht stand, versuchte ich seinem Blick starke Überzeugung entgegenzuhalten, denn ich wollte, dass er mir glaubte. Es verängstigte mich zwar, diese Seite von ihm zu sehen und es schmerzte, dass er so sehr gelitten hatte, dass er es nun ohne weiteres aussprechen konnte, aber ich wusste, wie sich das anfühlte. Die anfängliche Idee einer gemeinsamen Besprechung darüber, ob wir beieinander bleiben sollten, war in eine Diskussion übergegangen, in der es schien, als würde er dagegen sprechen und ich dafür kämpfen. Aber ich hasste Diskussionen und war nicht gut darin, meine Standpunkte zu argumentieren.

"Verdammt Jimin, worauf wartest du?", fragte er, klang aufgeschmissen, "Jemand könnte dich so viel mehr lieben, besser lieben..." Er schaute mich traurig an. Vorsichtig zog ich seine Hände aus seinen Taschen, um sie mit meinen zu halten. "Dieser jemand hatte drei Jahre lang Zeit, das unter Beweis zu stellen... Diesen jemand scheint es wohl nicht zu geben." Ich versuchte das Zittern meiner Hände unter Kontrolle zu bringen, aber es funktionierte nicht, weswegen ich hoffte, dass Yoongi es auf das kalte Wetter bezog. Doch bei genauerem Hinsehen schien ihn das am wenigsten zu stören. Er betrachtete unsere Hände, als würde er sich fragen, was es war. Als wäre diese Berührung etwas, das er schon längst vergessen hatte, so gefangen war er von ihrem lieblichen, kleinen Zauber.
Mit einem viel gestillteren Ausdruck in den Augen als zuvor, sah er dann zu mir auf und es gab mir so viel Hoffnung zurück, dass ich womöglich einmal etwas richtiges getan hatte, dass ich Purzelbäume hätte machen können.

Ich fragte mich, ob er mich hübsch fand, so, wie ich nun dort stand. So gefangen in seinem Bann und so willig, alles für ihn zu tun. Denn dem Menschen vor mir glich kein anderer an Schönheit. Und mir war egal, ob man Männer in dieser Gesellschaft als hübsch bezeichnete, ich tat es, denn Yoongi war der hübscheste Mensch, den ich kannte. Niemand würde mich je so um den Finger wickeln können, wie er es mit nur einem Blick tat und das veranlagte mich dazu zu sagen: "Siehst du nicht, wie sehr ich dich lieben muss, wenn ich nach all dem, was passiert ist, immer noch das Beste in dir sehe?"

"Lass uns diese Entscheidung endlich hinter uns bringen", sagte er, als wäre er aus einem Traum erwacht und nicht beglückt darüber sein, dass er zu Ende war. "Wie denn?", fragte ich ahnungslos.
"Auf drei sagen wir beide gleichzeitig entweder 'Ich will dich zurück' oder 'Ich will dich nicht zurück', einverstanden?" Ich nickte wieder nur, obwohl mein Herz zu rasen begann. Er musste sich in den letzten Minuten entschieden haben, während ich verwirrter denn je war. Es war so schnell, so abrupt, dass ich die Dringlichkeit nicht verstand. Aber ich würde mit dem antworten, was mir mein Herz sagte.
"Okay, eins, zwei, drei..."

"Ich will dich zurück."

Nur meine Stimme war zu hören. "Yoongi!", schimpfte ich und haute ihm auf die Brust,  während sich an ihm langsam ein Lächeln aufzog, "Jetzt hast du deine Entscheidung überdenken können!"
"Die steht doch schon fest, seit ich dich vor ein paar Wochen beim Therapeuten wiedergesehen habe, ich wollte es nur noch mal aus deinem Mund hören." Ich spürte, wie seine Hände die meine fester umfassten. "Ich denke zu viel, wenn ich über dein Wohlergehen nachdenke, hättest du jetzt anders entschieden, hätte ich mich dem gefügt."
"Und was soll das heißen?" Ich kam mir verloren vor, verstand nicht, zu was das führte. Doch Yoongis Lippen umspielte nur ein Lächeln.
"Es gab keinen Tag, an dem ich dich nicht zurück wollte, Jimin, dich wegzugeben war der größte Fehler meines Lebens."

Ich konnte nicht glauben, was ich hörte und blieb deswegen still und gefroren, starrte ihn nur an. "Du kannst dich jetzt freuen, du musst aber auch nicht, ist völlig okay." Er lachte beschämt, doch in diesem Moment sickerte es zu mir durch. Das war das größte Geschenk, das er mir machen konnte, meine Wünsche gingen in Erfüllung, meine Gebete waren erhört worden und mit dieser überwältigenden Nachricht fiel mir nichts anderes ein, als vorzustoßen und ihm um den Hals zu fallen. "Ich liebe dich", brachte ich heraus und nie war es impulsiver gewesen.
"Ich dich auch", antwortete Yoongi, "und ich bete dafür, dass ich dich nie wieder daran zweifeln lassen werde."

Vielleicht gab es doch eine gute Seite des Schicksals, vielleicht gab es Karma, vielleicht gab es einen Gott. Ganz gleich, wer oder was dafür verantwortlich war, dass ich Yoongi ab sofort wieder in meinem Leben hatte, all meine Dankbarkeit galt ihm. Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte, mich zu freuen.

Ich drückte mich von ihm, um ihn anschauen zu können. "Heißt das jetzt, dass wir...?" Ich zögerte zu fragen.
"Dass wir was?" Er schmunzelte, wollte es aus mir heraus kitzeln. Ich hatte mich jetzt schon wieder erneut darin verliebt, wie es war, wenn er mich in seinen Armen hielt und wie er mich ohne viel Aufwand zum Lächeln bringen konnte, so sehr, dass ich gar nicht mehr heraus kam.
"Sind wir jetzt...?", ich traute mich einfach nicht, zu fragen, da es so unwahr wirkte, so fragil, dass man es mir gleich wieder stehlen konnte. Aber Yoongi schien mich zu verstehen, so, wie er es immer schon auf seine Art getan hatte, denn er nickte knapp. Ich ließ eines meiner unmännlichen Quieken frei und kuschelte mich in seine Halsbeuge. Wäre ich nicht so am Lächeln gewesen, hätte ich angefangen zu weinen, denn ich konnte nicht fassen, wie glücklich er mich machte. Es gruselte mich beinahe, da allein seinen Körper zu umarmen mich viel sicherer fühlen ließ.
Ich würde ihm alles geben, das ich hatte. Von meiner Aufmerksamkeit bis hin zu meinem Körper, alles verschrieb ich ihm, denn ich war mir sicher, dass er sich all dem nun bewusst war. Ich glaubte Namjoons Worten.

"Weißt du noch, was ich das letzte Mal gesagt habe?" Es gab nur noch eine Sache, die ich jetzt lieber tun würde, als ihn zu umarmen.
"Jedes einzelne Wort, aber was meinst du?", entgegnete er charmant und sah mich an.
"Ganz am Ende, bevor du mir eine gute Nacht gewünscht hast." Er grinste verschmitzt, als er begriff und sein Blick fiel auf meine Lippen. Während ich meine Arme weiter um seinen Hals legte, verspürte ich das sehnliche Ziehen in meiner Brust, das die Vorfreude auf das beschrieb, was mir hoffentlich bevorstand. "Worauf wartest du?", fragte ich leise, als er meinem Gesicht näher kam, jedoch sichtlich zögerte. Ich lehnte meine Stirn an seine, auch unsere Nasen berührten sich und auf meinen Lippen kitzelte sein heißer Atem. "Weiß ich nicht, ich scheine gerade nicht zu realisieren, dass ich dich tatsächlich vor mir habe", war seine Antwort, die nichts anderes erreichte, als mich ungeduldig zu machen. "Küss mich endlich, wenn du bleiben willst", forderte ich, "früher musste ich doch auch nicht-" Seine Lippen hielten mich davon ab, den Satz zu beenden und im selben Moment entfachte ein Feuer in mir. Die Schmetterlinge erwachten und tobten so sehr, dass es beinahe schmerzte, während sich die Wärme, die mein Herz umgeben hatte, in meinem gesamten Körper verteilte. Ich wusste nicht wie mir geschah, lächelte nur zufrieden in den Kuss hinein und wurde durch seine Arme um meine Taille stärker an ihn gezogen. Ich hätte sterben können, um dieses Gefühl in mir zu verewigen. Ich liebte es, mich ihm hinzugeben und ich würde es immer wieder tun, egal wie sehr es mir irgendwann schaden würde. Jahrelanger Schmerz war für Minuten voller Leidenschaft mehr als wert.

Was der Engel empfand, glich dem Gefühl zu fliegen. Abzuheben, ohne den Boden zu verlassen und die Flügel auszubreiten, die der Engel nicht mal mehr hatte. Seine Lippen hingen wieder an denen des Teufels und der süße Geschmack auf der Spitze seiner Zunge war Freiheit, selbst wenn er in den teuflischen Armen erneut gefangen genommen wurde. Doch all dies beiseite gestellt; das Gefühl, wenn zwei Welten in Form eines Kusses aufeinander trafen, war dem Fliegen am nächsten.

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[Danke fürs Kommentieren und Voten]

Mein Schreibstil went downhill in den letzten Absätzen, aber:
Lasset die Spiele beginnen (:

Gute Nacht und habt einen guten Start in die Woche♡

{240918}

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