Akt 5: Kapitel 2
Jüri
„Liam, aufwachen", höre ich. „Ich bin schon wach", protestiert der Genannte. „Nicht so laut, Jüri schläft noch", mault er dann noch.
„Ich bin eh schon wach", murmle ich leise, doch öffne ich die Augen noch nicht. „Tut mir leid, wir wollten dich nicht wecken", meint die zweite Stimme.
Jetzt öffne ich die Augen und blicke Will, den Erzieher an. „Du hast Liam jeden Tag abgeholt", stelle ich fest. Im Koma habe ich ihn zwar gehört, habe aber seine Stimme nicht zuordnen können.
„Es ist schön, dass du wieder bei uns bist. Ich hoffe du hast keine Schmerzen", meint er aufmunternd.
„Ne. Schmerzen habe ich nicht. Ich werde immer noch mit Schmerzmittel vollgepumpt", lache ich und hebe meine Hand, wo immer noch die Infusion hängt.
„Ich muss in die Schule, aber ich komme nachher sofort wieder", murmelt Liam an meinen Hals und gibt mir einen schnellen Kuss auf die Lippen.
Ich kann einfach nicht genug Küsse von ihm bekommen. Sogar im Koma habe ich seine Küsse genossen, aber da habe ich nur welche auf die Wange bekommen. Irgendwie logisch, denn aus meinem Mund sind ein paar Schläuche gehangen.
Der Gedanke lässt mich kurz schmunzeln und ich winke den Beiden nochmals zu, bevor sie mein Zimmer verlassen.
„Guten Morgen, Herr Vips. Wie geht es ihnen heute?", ertönt es aus Richtung Tür.
„Mir geht es eigentlich recht gut, außer dass mein Magen knurrt", gebe ich zurück. Der Gedanke daran, endlich wieder etwas zu essen freut mich insgeheim.
Ich liebe gutes Essen, doch das habe ich ja jetzt so lange nicht bekommen.
„Wir bringen Ihnen sofort etwas zu essen", gibt er lachend zurück, doch blickte er mich sofort ernst an, „Es kann sein, dass Ihr Körper das Essen nicht sofort gut verträgt. Also wenn Sie sich übergeben müssen, geben Sie uns bitte Bescheid.
Na toll. Eigentlich möchte ich dich nur Essen.
Wissend nicke ich und der Arzt verlässt das Zimmer. Nicht einmal 10 Minuten später kommt eine Schwester herein und bringt mir ein Frühstück. „Und eine Schale, falls Sie sich übergeben müssen", meint sie noch und drückt mir eine Schüssel in die Hand.
Endlich Essen. Sofort haue ich ein, weil mein Magen sich schon wieder laut meldet. So lange dauert es gar nicht, bis ich alles genüsslich aufgefuttert habe. Und genauso lange dauert es, bis sich mein Magen wieder meldet.
Doch dieses Mal nicht wegen Hunger. Zum Nachdenken komme ich gar nicht mehr, schon kommt mir das ganze Frühstück wieder rauf. Schnell greife ich zu der Schale und versuche dort alles zu entsorgen.
Noch immer versuche ich, nicht noch mehr zu kotzen. Zwischen Atmen und zurückhalten, suche ich den Notfallknopf, um den Arzt oder einen Pfleger zu rufen.
Kaum habe ich den gedrückt, kommt auch schon der Arzt rein. „Das habe ich befürchtet", seufzt er und blickt mich bemitleidend an. Er kommt auf mich zu und drückt mir eine neue Schale in die Hand.
Jetzt ist mir zwar nicht mehr zum Kotzen, aber jetzt habe ich wieder Hunger. „Ihr Körper reagiert etwas stark auf das Essen. Wir haben Sie im letzten Monat künstlich ernährt. Sie haben seit einem Monat nichts mehr im Magen gehabt", erklärt er mir.
„Und was jetzt? Hunger habe ich immer noch", frage ich etwas niedergeschlagen. „Die einzigen Möglichkeiten sind weiterere künstliche Ernährung oder eine Ernährungssonde", meint er und blickt mich weiterhin an.
„Die Sonde hätte ihre Vorteile. Das Essen kommt schon im flüssigen Zustand im Magen an. Dieser kann sich dann wieder besser ans Verdauen gewöhnen", erklärt er mit Händen und Füßen.
Schon 20 Minuten später habe ich schon das kleine Schläuchen in meiner Nase. Das da reinzubekommen war mit Abstand das Ekelhafteste, was ich je gemacht habe. Aber endlich bekomme ich mein Essen.
„Hey Jüri", ertönt es wieder einmal von der Tür. Ich blicke auf und sehe Will dort stehen.
„Der Arzt sagt, du darfst für einen kurzen Ausflug raus. Wie wärs, wenn wir in die Schule fahren und bei der Probe zusehen?", schlägt er vor.
Sofort deute ich ihm ein Daumen hoch. Endlich aus diesem Raum und aus diesem Gebäude raus, welches ich mich nicht erinnere betreten zu haben.
„Kannst du dich selber anziehen, oder soll ich eine Schwester holen?", fragt er mich. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Bewegen kann ich mich ja auch einen Scheißdreck.
„Kannst du bitte eine Schwester holen?", frage ich leise. Er nickt und kommt kurze Zeit später mit einer Schwester zurück.
Sie ist superfreundlich. Wahrscheinlich hat sie mitbekommen, wie peinlich mir das ganze ist. Nicht einmal anziehen kann ich mich allein.
„Können wir?", kommt Will mit einem Rollstuhl herein. „Ja. Kannst du mir bitte in den Rollstuhl helfen?", frage ich ihn.
Die Schwester hat mir geholfen mich aufzusetzen und auch hat sie mich endlich von verschiedenen Kabeln abgeschlossen. Das Sauerstoffgerät hat sie neben mich gestellt und den Zugang an meiner Hand hat sie verbunden, dass ich nicht hängen bleibe.
Will greift mir unter die Arme und hilft mir mich umzusetzen. Kurze Zeit versuche ich zu stehen, doch meine Beine sind wie Wackelpudding. Das kann ja mal was werden.
„Und los geht's", jubelt Will und schiebt voller Elan an. Seine gute Laune ist irgendwie anstecken. Zusammen lachen wir und reißen schlechte Witze, bis wir an der Schule angekommen sind.
„Na dann mal rein da", meint er und betritt die Schule mit mir. „Zum Glück haben wir hier Aufzüge. Auch wenn das Gebäude aus der Barockzeit stammt", lacht er und schiebt mich in den Lift.
Eine kurze Fahrt später kommen wir oben an. „Dann schauen wir mal, was die heute Proben", schlägt Will vor und klopft an einer großen Holztür.
Neben der Tür hängt ein Schild: „Clément Novalak- Studio | In Ehren an unseren Absolventen und heutiger Leiter des Französischen Staatsballetts".
„Ah Besucher. Immer rein mit Ihnen", öffnet dieser komische Choreograf die Tür. Will schiebt mich rein und ich blicke mich um.
Es sieht aus, wie als wären wir in einer anderen Zeit. Es ist ein wunderschöner Raum, ganz im Barockstil.
„Jüri! Was machst du hier?", höre ich eine Stimme und muss sofort lächeln. „Ich wollte ja wissen, wie es dir so geht beim Proben", gebe ich nur zurück und winke ihm zu.
„Wie bist du rausgekommen und was hast du da in der Nase neben dem Atemdings?", belagert er mich sofort mit Fragen.
„Eins nach dem anderen. Du musst jetzt Proben und dann erzähle ich dir alles", erkläre ich ihm und fahre mit dem Rollstuhl auf die Seite. Mit dem kann ich ja schon recht gut umgehen.
„Also. Weiter im Programm", beginnt der Choreograph, doch ich höre ihm nicht wirklich zu. Ich blicke nur auf Liam, wie er sich so grazil und elegant bewegt.
Er ist einfach wunderschön. Ich weiß immer noch nicht, wie ich ihn verdient habe...
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Ich bin wieder da!
Ich hoff euch geht's allen gut! Ich habe mir eine kleine Auszeit genommen, denn einfach alles gegen mich gespielt hat. Doch jetzt bin ich mit alter Frische zurück.
Sonntag wird kein Kapitel kommen, schon mal im Voraus.
Ich hoffe das Kapitel gefällt euch und ich freue mich auf eure Rückmeldungen!
Eure AniUndSoWeiter <3
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