Akt 4: Kapitel 3

Liam

Ich kann nichts trinken. Zwar tut mir der Gedanke an Jüri weh, aber Alkohol hilft nichts. Er wird sowieso nichts mehr mit mir zu tun haben wollen, nachdem er meinen Brief gelesen hat.


„Hey, Liam!", ertönt es hinter mir. Ich drehe mich um und sehe, dass andere aus der Schule auch hier sind. „Hi, Anaelle", begrüße ich meine Tanzpartnerin, doch mehr reden wir auch nicht.


„Liam", höre ich es leise an meinem Ohr und sofort drehe ich mich um und blicke in diese wunderschönen blauen Augen. „Jüri", flüstere ich zurück.

Doch lange bleibt unsere Zweisamkeit nicht. Irgendjemand stößt gegen Jüri, welcher sofort nach vorne fällt.


„Jüri?", frage ich etwas verwirrt, denn er lehnt immer noch an meiner Schulter. Ich blicke auf und sehe, dass er seine Augen geschlossen hat. „Jüri? Geht es dir gut?", frage ich, doch bekomme keine Antwort.

Ich tippe Jüri an, doch bewegt er sich nicht. „Scheiße, Jüri. Was ist los?", frage ich etwas lauter. Immer noch keine Antwort. 

Wie viel hat Jüri bitte schon getrunken? Der muss ja hacke dicht sein.


Ich nehme ihn an beiden Schultern und möchte ihn vor mich stellen. Doch irgendetwas ist falsch. Er bleibt nicht stehen. Aber schlafen tut er sicher auch nicht.

Scheiße! Was ist jetzt los? „Jüri!", rufe ich, „Bitte Jüri!". „Was ist denn hier los?", fragt mich Arthur, welcher sich zu uns stellt. 

Er blickt auf Jüri und wird blass. „Merde!", murmelt er laut auf. „Ruf den Notarzt!", befiehlt er mir.

„Ich muss ihn festhalten", gebe ich zurück und schließe ihn in meine Arme. Sofort zieht Arthur sein Handy raus und wählt den Notruf. 

Warum brauchen wir so oft die scheiß Rettung?


„Jüri! Bitte verlass mich nicht! Ich kann dich nicht verlieren! Egal was ich geschrieben habe, ich liebe dich verdammte scheiße!", rufe ich während ich ihm einen Kuss auf hauche.


Was dann alles passiert ist, ist einfach neben mir geschehen. Als dann endlich der Notarzt mit Sanitätern ankommt, reißen sie mich weg von Jüri.

Ich kann ihn nicht alleine lassen. Nicht schon wieder.


„Ich muss mit!", rufe ich. „Sind Sie mit Ihm verwandt?", fragt mich die junge Frau, welche hilft, Jüri auf die Trage zu legen. „Nein, aber ich bin sein Freund", erkläre ich ihr. 

„Es tut mir leid, dann darfst du nicht mit. Du kannst deinem Kumpel frische Klamotten ins Krankenhaus bringen", schlägt sie vor.


Ich kann ihm nicht einmal mehr einen Kuss geben, so schnell haben sie ihn weggebracht. Ich kann nur noch sehen, wie sie ihn beatmen.


Scheiße.


Ich blicke verzweifelt dem Krankenwagen nach und lasse mich auf die Gehsteigkante sinken. Halten kann ich die Tränen auch nicht mehr und lasse sie einfach raus. 

Und schlecht wird mir auch schon wieder.

Schnell springe ich auf und kotze hinter den nächsten Busch. Mit Jüri habe ich mich nicht so schnell angekotzt. Mit ihm ist es mir gutgegangen. Bei ihm habe ich mich wohlgefühlt.


In meinem Sichtfeld kann ich einen Becher erblicken. „Liam, trink was", höre ich Arthur. Dankend nehme ich es an und haue es mir runter.


Erschöpft lasse ich mich auf den Randstein nieder. Konzentriert versuche ich , nicht zu heulen oder nochmal zu kotzen.

„Komm, Liam. Gehen wir zurück", meint Arthur, welcher mir seine Hand auf die Schulter gelegt hat und sich auch neben mich gesetzt hat.


„Warum?", schluchze ich. „Das weiß keiner", seufzt er und setzt sich neben mich.

„Ich liebe ihn", flüstere ich. Arthur blickt zu mir rüber und lächelt: „Liebe hält auch das schlimmste aus, wenn sie echt ist".


Verzweifelt sinke ich gegen Arthurs Schulter und weine alles heraus, was sich aufgestaut hat. Beruhigend streicht er über meine Hand.


„Komm. Lass uns zurück", meint er, nachdem wir sicher zehn Minuten im Dunkeln am Boden sitzen. Ich nicke, Arthur steht auf und zieht mich hoch.


Mit immer noch nassen Augen gehen wir zurück zur Schule. Auf dem Weg fallen mir sicher noch ein paar Tränen auf den Boden.

Wie konnte das passieren? Und was ist überhaupt passiert?


Nach gut einer viertel Stunde kommen wir endlich an. Wir gehen hinein und werden sofort von Will abgefangen.

„Liam, was ist passiert?", fragt er mich besorgt und blickt zu Arthur, welcher mich genauso ansieht. 

Und sofort steigen mir wieder Tränen in die Augen. „Jüri... Auf einmal umgekippt... Rettung", stottere ich und schaffe es nicht, einen ganzen Satz herauszubekommen.


Will sieht auf zu Arthur, welcher ihm alles erklärt und seine Hände auf meinen Schultern ruhen hat. „Liam", spricht er mich vorsichtig an, „Du solltest dich hinlegen. Du musst dich beruhigen und außerdem hast du morgen Probe".


Ich nicke, obwohl ich mir sicher bin, dass ich kein Auge zubekomme. Will begleitet mich in mein Zimmer und wünscht mir noch eine gute Nacht.


Die Nacht war jetzt schon für den Arsch. Noch schlimmer kanns ja auch nicht mehr werden.


Ich ziehe mich um und klettere die Leiter zu meinem Bett hoch. Augenblicklich fällt mein Blick auf den weißen Umschlag auf meinem Kissen.

Ich nehme ihn in die Hand und drehe ihn um. „Alles was ich niemals sagen werde", steht darauf geschrieben.

Ich öffne den Umschlag und nehme das Papier heraus. Es ist eine Antwort auf meinen Brief. Er hat sich die Mühe gemacht mir auch einen Brief zu schreiben.


Knapp eine Minute später sitze ich wieder komplett in Tränen da. Er liebt mich und wer weiß, was jetzt mit ihm passiert ist und ob er jemals wieder mit mir reden kann.

Fuck. 

Ich muss zu ihm und zwar jetzt. Sofort springe ich auf und ziehe mich wieder um. Ich schleiche mich aus dem Zimmer, nachdem ich meine Decke so hingelegt habe, dass es aussieht als würde ich drinnen liegen.


Zum Glück ist das Krankenhaus nicht so weit weg. Nach einer viertel Stunde trete ich in die Aufnahme und gehe zum Empfang.

„Hallo! Wie kann ich Ihnen helfen?", fragt mich die Dame am Empfang. 

„Ich suche meinen Freund, Jüri Vips. Er ist mit dem Krankenwagen gekommen. Das war vor zirka einer Stunde", erkläre ich ihr mein Begehren.

„Sind sie mit ihm Verwandt oder in einer festen Beziehung?", fragt sie mich. „Ja, wir sind zusammen", nuschle ich. „Ihr Freund ist im Zimmer 30 im 4. Stock", gibt sie mir bescheid und lächelt mich an.

Dankend nicke ich ihr zu und setzte mich wieder in Bewegung. Meine Beine ziehen mich in Richtung Lift. Kurz später finde ich mich im 4. Stock wieder.

Zimmer 30, steht auf dem Schild neben der Tür. Schon wie vor zwei Tagen, drücke ich die Türklinke nach unten und trete ein.


Das Piepsen höre ich schon wieder und blicke auf das Bett. Viele Schläuche und Kabeln sind an ihn angeschlossen. Ich nehme mir einen Stuhl und stelle ihn an Jüri's Bett.

Jüri ist intubiert und wird beatmet. Außerdem ist er an ein EKG angeschlossen. An seiner Hand hängt eine Infusion, während an seinem Finger der Pulsmesser hängt.


Ich setze mich neben ihn und blicke ihn an. Er sieht so friedlich aus. So unbeschwert. „Jüri", sage ich leise. Natürlich bekomme ich keine Antwort.


„Ich bin bei dir. Ich lasse dich nicht allein. Wir schaffen das", flüstere ich und greife nach seiner Hand.


„Habe ja gewusst, wo ich dich finde", werde ich aus meinem traumlosen Schlaf gerissen. Verwirrt blicke ich auf und sehe zu Jüri. Dieser hat sich nicht bewegt. Ich schwenke meinen Blick zur Tür und sehe Will bei dieser stehen.

„Will! Ich kann das erklären", setze ich sofort an doch Will hebt seine Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. „Ich verstehe dich", meint er nur. Schon wieder blicke ich verwirrt drein.

„Komm, wir reden draußen. Jüri soll ja auch seine Ruhe haben", meint er und öffnet die Tür, damit ich nach draußen komme.


„Was hat Jüri?", frage ich sofort. „Naja, das ist etwas kompliziert. Du weißt ja von seinem Unfall. Damals wurde er ja operiert und seine Wirbelsäule ist wieder in die richtige Stellung gebracht worden", erklärt er und ich lausche jedem seiner Worte.

„Und Gestern muss dann irgendwas passiert sein, dass seine Wirbelsäule aus der richtigen Stellung gebracht wurde. Sowas wie ein Stoß oder ein Rempler", meint er, „Und jetzt haben sie ihn wieder ins künstliche Koma versetzt, nur zur Sicherheit.

Scheiße.

Ich habe ihm wehgetan. Ich habe ihn gegen die Tür geschleudert. Ich bin schuld, dass er im Koma liegt. Was habe ich nur getan...

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Drama!

Ich hoffe es gefällt euch und ich freue mich schon auf eure Rückmeldungen! :)

Eure AniUndSoWeiter <3

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