II (Prolog)


Aufgeregt dreht sich das Mädchen im Schoß ihres Vaters um, bevor sie in ihrer kindlichen Naivität fragt: ,,Ist es so schlimm?" Der Mann erwidert den Blick seiner Tochter kaum. Etwas Trauriges schimmert in seinen Augen, als würden sie zum Ausdruck bringen, welcher Sturm in seiner Seele wütet. ,,Damals gab es sowas wie Gewissen und Nächstenliebe kaum. Diebstahl, Mord und Lügen waren alltäglich", beginnt er leise und unterdrückt das Zittern, das seine Stimme bestimmte. Erschrocken weiten sich die Augen des Mädchens. Trotz ihres jungen Alters versteht sie, was das für die Bevölkerung bedeutet haben muss. ,,In Schulbücher wird als Grund des Zustandes die Armut oder das Kastensystem genannt", stößt sie durch zusammengebissenen Zähnen hervor.

Es dauerte nicht lange, da erhob sich die Stimme des Mannes erneut und er fängt an zu erzählen. ,,In deinen Büchern steht die Wahrheit, Aurora. Mit der Zeit hat sich eine Gruppe gebildet, die meinte, dass sie von Allmächtigen abstammen. Sie nannten sich Diamanten. Dadurch kam es zur Abspaltung der übrigen Bevölkerung und irgendwann fingen sie an, dieser Befehle zu erteilen. Es gab viele Kämpfe. Viele ließen ihr Leben, bis sich die Zivilisten schließlich ergaben. Lange war es ruhig, bis eine Seuche ausbrach. Es war aber keine normale Krankheit. Es gab drei Typen, die eintreten konnten. Beim ersten Fall verwandelte sich die Haut in Gestein, die sich langsam Richtung Körpermitte bewegte. Sie starben an versteinerten Herzen. Bei der Zweiten passierte dasselbe, nur mit Eis. Erkrankte verloren oft schon früher das Leben. Bei deren toten Körpern breitete sich das Eis weiterhin aus, bis es alles umhüllte. Man nannte es auch einen schleichenden Tod voller Qualen. Der dritte Typ war der Seltenste und Schmerzhafteste. Die Haut fing Feuer, welches in Sekundenschnelle zum vollständigen Verbrennen des Körper führte. Dies war der schnellste Tod. Vom menschlichen Körper blieb nur Asche zurück. Man war der Überzeugung, dass die Seuche wegen ihrer Grausamkeit die Strafe der Allmächtigen sei.

Voller Angst um ihr besonderes Blut verschanzten sich die Diamanten in einem Turm. Die restliche Bevölkerung ließen sie ihrem Untergang in die Augen blicken. Doch entgegen aller Erwartungen gelang es ihnen, das Ausbreiten der Seuche zu verlangsamen. Trotzdem blieben die Diamanten im Turm. Nur die Verpflegung kam zu ihnen durch."

Gespannt lauscht das Mädchen ihrem Vater und hängt förmlich an dessen Lippen. In seiner Stimme schwingt Verachtung mit. An manchen Stellen öffnet sie voller Verwunderung den Mund oder zieht scharf die Luft ein. Bei der Stelle der Seuche schlägt sie ihre Hände vors Gesicht. Aus ihren Augen kann man Trauer lesen, während die ihres Gegenübers glasig in den Raum blicken.

Als er kurz stoppt, unterbricht ihn das Mädchen: ,,Und was hat das alles mit Mama zu tun?" Sofort richten sich die Augen des Vater auf das Kind. Stumm blickt er sie an. Für einen kurzen Moment schließt er die Augen. Danach holt er Luft und antwortet: ,, Meine Familie gehörte zu den Diamanten, während deine Mutter auf der Oberfläche lebte. Wie wir uns trafen, ist der Beginn der Geschichte."

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