I (Prolog)
Es ist tiefste Nacht. Die Dunkelheit hat sich wie eine Decke über die Welt gelegt und hüllt sie in Schwarze. Nur der Schein des Halbmondes und der Sterne, die reglos am Himmel stehen, erleuchtet die Finsternis.
Unter ihnen erstreckt sich eine Blumenwiese, wie ein endloser Ozean ohne Leben. Ihr Bewuchs wirkt zur nächtlichen Stunde tot und abgestorben, während die Bäume wie abgestorbene Lebewesen in die Höhe ragen. Es ist, als hätte die Nacht den Pflanzen alles Leben entzogen - selbst das Haus am Rande der Blumenwiese hinterlässt den Eindruck, als sei es bereits vor langer Zeit verlassen worden.
Nur in einem Zimmer brennt ein schwaches Licht, das sich mit der vorherrschenden Dunkelheit vermischt. Es geht von einer Kerze aus, die auf einem heruntergekommenen Holztisch ihren Platz gefunden hatte. Daneben ein aufgeschlagenes Buch und ein Bild, welches drei, vor Freude strahlende, Jugendliche zeigt. Ein braunhaariges Mädchen mit grün-grauen Augen sitzt auf dem Rücken eines der Jungen. Dieser wiederum hat brünette Haare, welche wild in alle Richtungen abstehen und seine blauen Augen strahlen überglücklich das Mädchen an. Die beiden werden von einem gebräunten Schwarzhaarigen enger an sich gezogen. Ein sorgloses Lächeln umspielt seine Lippen und seine braunen Augen blicken keck in die Kamera. Um den dünnen Hals des Mädchens schlängelt sich ein goldenes Amulett. Ihre Kurven werden von einem braunen Kleid betont und ihre Beine von einer dreckigen, beigen Hose versteckt. Schwarze Stiefel reichen ihr bis zur Mitte der Oberschenkel und um ihr Becken schlängelt sich ein breiter Gürtel, an dem mehrere Dolche und ein silbernes Schwert in einfach hergerichteten Schnallen hängen. Über ihrer Schulter liegt ein leichter, dunkelroter Mantel, welcher ihr bis zu den Kniekehlen reicht.
Die beiden Jungen sind ähnlich gekleidet. Allerdings verzichten beide auf den Mantel und anstatt des Kleides tragen sie ein braunes T-Shirt und eine schwarze Hose. Allerdings trägt der Schwarzhaarige deutlich mehr Waffen an sich. Ein Bogen und viele Pfeile sind am Rücken befestigt, während sich an seinem Oberteil viele Schnallen befinden, in welchen jeweils eine kleine Waffe steckt. Um sein Becken ist ein breites, schwarzes Schwert und eine Axt befestigt. Dies verleiht ihm ein bedrohliches Erscheinungsbild.
Der Brünette hingegen trägt überhaupt keine Waffen und an seiner Hüfte ist außer einer kleinen Hängetasche an der rechten Seite nichts aufzufinden.
Das Bild wird von einem breiten Holzrahmen mit goldener Verzierung geschmückt. An der dünnen Staubschicht ist das Alter der Aufnahme zu erkennen.
Ein Mann mittleren Alters sitzt gebeugt über dem Buch. Das Licht der Kerze erhellt sein müdes Gesicht. Seine verwuschelten Haare fallen ihm sanft über die Stirn, während sein ernster Blick auf dem Federkiel in seiner Hand ruht, der über die rechte Seite des offenen Buches wandert.
Plötzlich richtet er seinen Blick zur Tür. Ein junges Mädchen in einem weißen Kleid, welches ihren schmalen Körper bedeckt, erscheint mit verweinten, blauen Augen im Türrahmen. Ihre Hände streckt sie hilfesuchend nach dem Mann aus. Kurze Zeit später vergräbt das braunhaarige Mädchen ihr Gesicht in der Brust des Mannes, der die Umarmung sanft erwidert. Vorsichtig streichelt er ihre Wange. „Wurde Mama wieder von den bösen Monstern genommen?", fragt er und seine sanft klingende Stimme durchbricht die Stille. Langsam nickt das Mädchen und lässt ihren Blick zu dem Buch schweifen. Der Mann versteht ihre unausgesprochene Frage und antwortet ihr: „Ich wollte nur meine Gedanken ordnen, aber alles überschlägt sich in meinem Kopf." Das Mädchen legt leicht den Kopf schief und flüstert ihm ins Ohr: „Bitte erzähl mir, was mit Mama passiert ist. Was hält dich jede Nacht vom Schlafen ab?" Der Vater atmet geräuschvoll ein und gibt einen langen Seufzer von sich. Seine Augen richten sich orientierungslos auf die Wand hinter dem Mädchen und es wirkt, als würde er durch sie hindurchblicken. Danach nickt er leicht. Leise erhebt er seine Stimme und antwortet seiner Tochter: „Ich verwehre dir die Wahrheit schon zu lange. Aber vorher musst du die Welt von damals erst verstehen. Vieles hat sich verändert..."
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