Kapitel 13
Sie fuhren schon eine ganze Weile. Niemand sagte etwas, doch die Stille war nicht unangenehm und wurde vom Geräusch des Motors und einer von Deans Kassetten durchbrochen. Castiel fühlte sich wohl. Der Impala war inzwischen sein Zuhause geworden und die Brüder seine Familie. Er sah verträumt aus dem Fenster. In seinem Inneren vermisste er den Himmel, die Engel, doch er wusste, dass er die Winchester mehr vermissen würde. Er wollte für Immer bei ihnen bleiben. Hier würde er nie Befehlen Folge leisten müssen, hier war er frei und konnte er selbst sein.
"An was denkst du?" Die Frage riss ihn aus seinen Gedanken. Die grünen Augen seines Geliebten sahen ihn durch den Rückspielgel an. "An den Himmel... an die Vergangenheit", erwiederte Cas und sah wieder aus dem Fenster. "Es tut mir leid", sagte Dean und starrte wieder auf die Straße. Verwundert sah der Engel ihn wieder an. Sein Blick huschte kurz zu dem jüngeren Winchester. Der lehnte schlafend an der Fensterscheibe. Sein Mund war ein wenig geöffnet und er hörte mit seinen Kopfhörern Musik. "Was tut dir leid?", fragte Cas besorgt nach. Er mochte es überhaupt nicht, wenn Dean sich für etwas schuldig fühlte. "Das du deine Familie verlassen musstest, ist doch nur meine Schuld", meinte dieser und hielt seinen Blick weiter starr auf die Straße gerichtet. Entschlossen schüttelte der Engel den Kopf.
"Nein Dean. Das war es ganz sicher nicht. Als ich dich aus der Hölle rettete, war der Himmel schon lange nicht mehr das was er mal war. Vielleicht hätte ich mich niemals gegen die Befehle der anderen aufgelehnt, wenn ich dir nicht begegnet wäre..." Er machte eine kurze Pause und legte liebevoll eine Hand auf Deans Schulter. "Aber ich wäre sicher niemals glücklich gewesen. Also lass mich dir danken", meinte er und verstärkte seinen Griff kurz. "Ach Cas", seufzte der Winchester und musste leicht schmunzeln. "Du würdest mir wirklich niemals die Schuld für irgendwas geben, oder?" Seine Stimme hatte einen Ton, der klar machte, dass er das nur als Scherz gemeint hatte, doch Castiel lächelte und nickte. *Niemals*, dachte er sich.
An der nächsten Ausfahrt bogen sie ab und fuhren an eine Tankstelle. Dort kauften sie Bier, Hotdogs und natürlich Kuchen und setzten dann ihren Weg fort. Bobby hatte ihnen die Adresse eines Motels am Stadtrand gegeben. Die drei waren froh, als sie das nur noch wenig leuchtende Neonschild bereits von weitem sahen. Schließlich waren sie den ganzen Tag unterwegs gewesen und wünschten sich nichts sehnlicher als eine Dusche und ein Bett. Sie betraten eilig die Rezeption und baten um ein Zimmer mit drei Einzelbetten. Die junge Frau hinter der Theke spielte gelangweilt mit ihrem Smartphone und sah die drei nicht mal an während sie nach dem passenden Schlüssel suchte und mit emotionsloser Stimme nach ihrer Kreditkarte fragte.
Dean schob ihr eine zu auf der Lenny Kravitz stand. Weiterhin unbeeindruckt buchte sie den Betrag ab und gab ihnen sowohl die Karte, als auch den Schlüssel. "Einen schönen Aufenthalt", wünschte sie ihnen dann noch und war sofort wieder in ihr Handy vertieft. Cas war sich absolut sicher, dass sie diesen Wunsch nicht wirklich verspürte, aber er war die Unfreundlichkeit der Menschen bereits gewohnt, weshalb er auch nichts sagte. Sie waren froh, dass Bobby ihnen zuvor seine Zimmernummer gesagt hatte, denn sie wollten sicher nicht die Frau auch noch danach fragen. Dean ging schon mal vor und sperrte ihr Zimmer auf. Der Engel und Sam holten noch ihr restliches Gepäck aus dem Impala.
Als sie sich einigermaßen in dem kleinen Zimmer eingerichtet hatten, nahmen sie einen Sixpack Bier und machten sich auf den Weg zu dem alten Jäger. Sie waren gespannt was er eigentlich jagte und warum er so dringend ihre Hilfe dabei benötigte. Bereits beim ersten Klopfen an der Tür wurde diese sofort aufgerissen. "Na sieh mal einer an. Habt ihr es doch noch geschafft euch von eurem Kaffeekränzchen loszureißen", bemerkte Bobby gereizt, aber hinter seiner ernsten Miene verbarg sich ein kleines lächeln. Sam und Dean mussten sofort grinsen, was Castiel nicht wirklich verstand. Schließlich war der alte Jäger nicht gerade freundlich zu den Beiden. Daraufhin umarmte Bobby die Winchesters und bat sie herein. Auch dem Engel schenkte er nun ein Lächeln und schloss hinter ihnen die Tür.
"Es ist schön euch immer noch lebendig zu sehen", meinte er und nahm Dean das Bier ab und stellte es auf den kleinen Tisch. Sein Zimmer war noch viel kleiner, als ihres und war übersät mit aufgeschlagenen sehr alten Büchern und Zeitungsauschnitten. "Du warst ja wirklich fleißig am recherchieren." Sam nahm Platz und spähte neugierig auf eine der Seiten. Darauf war ein Bild abgebildet, dass ein Wesen mit einer Sense zeigte, welches bedrohlich über einer Frau aufragte. Auch Dean und Cas setzten sich auf die Stühle um den Tisch. Bobby kam mit einem Flaschenöffner zurück und gab jedem der Männer ein Bier.
"Also sag schon", begann Sam langsam und ließ seinen Blick über die anderen Artikel und Texte schweifen. "Was jagst du?" Bobbys Gesicht wurde ein wenig blass und er setzte sich lieber, bevor er eine Antwort gab. "Jungs ich weiß es wirklich nicht", gab er niedergeschlagen zu. "Wie du weißt es nicht?" Dean sah ihn ungläubig an. Dieser nickte nur. "Wieso glaubt ihr denn, dass ich eure Hilfe so dringend brauche?", meinte er und nahm einen großen Schluck aus seiner Flasche. "Was genau ist passiert Bobby?", hakte Sam nach, der unbedingt mehr erfahren wollte. "Hier", begann der Jäger und gab ihm einen Zeitungsartikel. "Ich kam in diese Stadt weil ich das hier gelesen hatte." Interessiert beugte sich Dean etwas mehr zu seinem Bruder, um die Überschrift besser lesen zu können. "Grausamer Doppelmord-Was hatte sie nur dazu getrieben?" stand dort ganz groß.
"Ein kleines Mädchen, Evangeline, das nur noch einen Vater hatte, entführte ihre beste Freundin. Ungefähr eine Woche lang wurde nach ihr gesucht, als dann plötzlich ihre beiden Leichen im Wald gefunden wurden. Es gab keine Zweifel, dass Evangeline die andere dort tagelang an einen Baum gefesselt gefangen hielt und sie dann mit einem Taschenmesser tötete. Sie selbst hatte sich nach ihrer Tat die Pulsadern aufgeschnitten", erklärte Bobby ernst. Sam, der den Artikel überflogen hatte nickte. Castiel runzelte die Stirn. Das ein kleines Mädchen zu so etwas Grausamen fähig war konnte und wollte er nicht glauben und er sah Dean an, dass er genauso dachte. "Aber die Polizei hatte doch den Wald, als das Mädchen vermisst gemeldet wurde, sofort durchsucht. Sie hätten sie doch finden müssen", gab Sam zu bedenken. Bobby nickte abermals.
"Ja das hätten sie auch, aber das ist nicht das einzige merkwürdige was meine Aufmerksamkeit erregt hatte", erklärte er und zeigte ihnen Fotos der beiden Leichen, die er sicher von dem Scherriff dieser Stadt bekommen hatte. Das erste zeigte die Freundin, das Opfer. Ihr war brutal das Messer in die Seite ihres Halses gerammt worden. An ihren Handgelenken konnte man deutlich die Spuren von dem Seil, mit dem sie gefesselt war, erkennen. Auf ihrer Stirn war mit dem eigenen Blut das Wort 'Verräter' geschrieben worden. Dean sah von der Fotografie auf. "So fand man sie im Wald. An Evangelines Fingern fand man das Blut ihrer Freundin. Sie hat das auf jeden Fall geschrieben", bemerkte Bobby, als er Deans fragenden Blick sah.
Der ältere Winchester reichte das Bild seinem Bruder und sah sich nun die Leiche der Täterin genauer an. In ihrem Gesicht waren Blutspritzer - wahrscheinlich von ihrer Freundin. Die Hände des Mädchens waren voller Blut und in ihrem Unterarm schien etwas eingeritzt zu sein. Castiel lehnte sich interessiert weiter zu Dean wobei er dessen Schulter berührte und seine Wärme spürte. Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr ihn, doch seine Aufmerksamkeit galt dieses mal allein dem Foto. Ohne Zweifel handelte es sich bei dem Eingeritzten um ein Wort, doch es war nicht mit einfachen Buchstaben geschrieben worden.
"Das sind Schriftzeichen aus vielen verschieden Kulturen und... Zeitaltern", erkannte er plötzlich und sah Bobby erwartungsvoll an. "Da hast du Recht. Ich habe lange gebraucht um herauszufinden was da steht." Er machte eine Pause und nahm einen weiteren Schluck. Dean konnte spüren, dass er gleich was erfahren würde, dass ihm die Nackenhaare aufstellen würde und rutschte unbewusst näher zu dem Engel. "Das was da steht hat mit Sicherheit nicht das Mädchen geschrieben. Es muss ein sehr altes und dunkles Wesen gewesen sein. "Die Stimme des alten Jägers war leiser geworden. So hatten sie ihn nur selten gesehen und da hatten sie es mit Monstern wie Luzifer zutun gehabt. Dean leerte in einem Zug sein Bier und sah Bobby ungeduldig an. Die vier Wörter, die folgten, sorgten für eine lange Stille in dem kleinen Motelzimmer.
"Jetzt bin ich frei."
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