Kapitel 15

Rakan spürte, wie sich ihre zarte Gestalt in seinen Armen bewegte. Ihre Brust presste sich gegen seine Rippen, während ihr Kopf auf seiner Brust weilte. Diese zaghafte Bewegung ließ ihn aufwachen. Seine Hand lag tief vergraben in ihrem Haar, während die Andere besitzergreifend auf ihrer Taille ruhte. Langsam ließ er sie höher wandern bis zu ihrer Wange. Sie gab ein wohltuendes Seufzen von sich, das so verlockend klang, dass es den Schlächter sofort in Rage versetzte. Seine Lenden schmerzten verlangend, während sein Kopf ihn zu Selbstbeherrschung zwang.

Er strich ihr eine wilde Strähne hinters Ohr, welche ihr zartes Gesicht bedeckte und völlig fehl am Platz wirkte. Diese sanfte Geste schien sie zu wecken, denn sie rieb sich auf einmal völlig schamlos an seine Brust. Dabei entwich ihr wieder eines dieser Seufzer, die den Schlächter schier verrückt vor Erregung machten.

"Ich werde in den Krieg ziehen, Ascara. Nicht, weil ich es will. Ich muss es. Ansonsten wird es nie aufhören... Wenn ich es nicht zu Ende bringe, werde ich niemals Frieden finden können."
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Als sie erwachte, war sie allein.

Keine Wärme, die sie umhüllte und auch kein Arm, der sie umschlung und ihr das Gefühl von Sicherheit gab. Sicher, sie war sauer auf ihn, doch ihr Gewissen ließ sie nicht los, es wäre falsch nicht bei ihm zu sein. Sie starrte auf ihre Hände, die sich in die Fellen gruben. Dort wo er vor kurzem noch lag. Die junge Frau erwischte sich dabei, wie sie sich verbeugte und seinen Geruch tief aufnahm. Ihr entwich ein Seufzen. Wage erinnerte sie sich an Worte, die sie letzte Nacht aufweckten. Im Halbschlaf hatte sie Rakans Stimme wahrgenommen. Es schien etwas mit dem Grund zu sein, warum er sie verließ. Hatte er von Krieg gesprochen? Ascara schüttelte den Kopf. Es musste nur ein Traum gewesen sein, denn es ergab für sie kein Sinn, dass er mit ihr redete, wenn sie noch schlief. Erst recht nicht, wenn es um so ein wichtiges Thema ging.

Sofort rückte Ascara zurück. Verdammt, sie war doch eigentlich wütend auf ihn, vor allem auf die gemeinen gestrigen Worte. Aber bei ihrer Seele, sie konnte nicht ignorieren, wie fest er sie die Nacht im Arm gehalten hatte. Dort war nichts von seinem Zorn. Es wirkte fast so, als würde er sie nicht gehen lassen wollen, nicht mal ein kleines Stück. Sie ließ der Gedanke nicht, los es steckte mehr dahinter. Nein, im Gegenteil. Auch wurde sie das Gefühl nicht los die Worten bedeuteten etwas, auch wenn es nur wirre Worte aus einem Traum waren. Irgendetwas musste ihn gestern wütend gemacht haben, so wütend, dass er sich nicht zügeln konnte.

Voller Tatendrang sprang die Frau aus dem Bett, goss sich schnell etwas Wasser über das Gesicht und machte sich daran eines der Gewänder anzuziehen. Sie verzichtete darauf ihr Haar zu bürsten und zu flechten. Ascara hastete aus der Hütte zur Festung des Jarls. Sie sah die verwirrten Blicke der Bewohner, welche ihr misstrauisch nachsahen. Auch sah sie Nima, welche vor den Eingang der Festung mit einer anderen Dienerin sprach. Ihr Blick glitt zu Ascara und verwandelte sich dann in Schock. Ascara beschleunigte ihre Schritte und wollte gerade zu den Türen stürmen, doch ein Arm fing sie ab.

"Herrin, was bei den Göttern tut ihr hier ?!"

Nima schaute sie voll der Panik an, während sie die junge Frau wegschliff. Ihre blonden Locken hüpften aufgeregt dabei.

"Nima, bitte, lasst mich los, ich muss z-"

Nima unterbrach sie mit einem heiseren Schrei.

"Das könnt ihr nicht tun, Herrin! Ihr wisst genau, dass ihr das nicht dürft!"

Die Hände um ihren Arm drängten sie zurück, als sie an Nima vorbeigehen wollte. Ascaras Blick wurde gequält. Doch noch bevor sie sich ihr widersetzen konnte, öffneten sich die Türen und eine ganze Horde voller Männer mit Äxten und Schwertern eilten heraus. Es waren auch Frauen dabei, welche sich mit ihren Lederrüstungen und den Fellen um Arm und Schulter von den Männern nicht unterscheideten. Nima presste sich noch ein wenig enger an sie, während die junge Frau langsam begriff. Dies hier war ein Aufmarsch.

Sie hatte zwar nie zuvor einen solchen gesehen, doch das was sich ihr bot, war unumstritten ein Einzug in den Krieg. Die Worte aus letzter Nacht drangen wieder in ihr Gedächtnis. Nicht, weil ich es will.
Ich muss es.

Diese Worte... waren sie vielleicht kein Traum gewesen? Ascara schaute schockiert zu, wie sich die Krieger in die Sattel ihrer Pferde hieften. Wie konnte sie die Pferde nicht bemerken? Es waren Hunderte von ihnen, die um die ganze Festung verteilt auf ihre Reiter warteten. Auch die Karren voll Proviant und Waffen mussten ihr doch aufgefallen sein? Die junge Frau konnte nicht glauben, das sie dieses wichtige Teil übersehen hatte. Alles hier deutete auf die Vorbereitung eines Krieges hin. Ihre Gedanken wurden abgelenkt, als sie die schattenhafte Statur des Schlächters im Augenwinkel erblickte.

Wie ein Gott stand er vor der Festung: Die schwarze Rüstung unterstrich seine muskulöse Statur, während sich rote Bänder geflochten in seinem Haar stark von dem Schwarz abhoben. Um seine Schultern hing das dunkle Fell eines Bären und ließen ihn so majestätisch wie einen König wirken. Seine Hand ruhte auf den Griff seines Schwertes, dass glänzend in seiner Scheide hing. Sein dunkler Blick ging über die Krieger weiter zu Ascara, bis er dort ruckartig hängen blieb. Für einen kurzen Moment konnte die junge Frau so etwas wie Besorgnis in seinem Blick erkennen bevor er in tobende Wut umschlug. Seine Augen flammten auf, während sich sein Kiefer hart zusammenpresste. Schnellen Schrittes ging er auf die beiden Frauen zu. Dabei erkannte er, dass die Sklavin, die er seinem Weib geschenkt hatte, sich langsam zurückzog. Zu seinem Missfallen schien sich Ascara aufzurichten und ihn mit einem ebenso wütenden Blick zu begegnen.

Die junge Frau spürte, wie ihre Finger zitterten und ihre Knie so weich vor Aufregeung waren, dass sie glaubte jede Sekunde umzufallen. Mit jeden Schritt den er ihr näher kam, schien es als würde ihre Selbstsicherheit entgleiten ebenso wie ihr Mut. Sowie sie an Sicherheit verlor, schien es er würde mit jedem Schritt nur wütender werden. Ihre Hände krampfte sich in das Gewand. Vor ihr angekommen packte er sie grob am Arm und stieß sie zu sich.

"Sollte ich wissen, was ihr hier zutun habt?"

Sein Gesicht war vor Wut verzerrt, während er ihr das Gesagte ins Gesicht zischte. Die junge Frau versuche sich seinem Griff zu entwinden, merkte jedoch, dass der Schlächter ihr keine Möglichkeit geben würde.

"Ihr wollt wissen warum ich hier bin? Das müsstet Ihr nicht, wenn Ihr mir nicht alles verschweigen würdet."

Ihre Stimme drohte zu zittern. Ascara glaubte nicht, dass sein Blick noch dunkler hätte werden können. Doch sie irrte sich. Seine Augen blitzten vor Zorn und Wildheit.

"Ich sagte Euch, ich werde euch verlassen."

Ascara presste die Lippen zusammen.

"Ja, aber nicht, dass ihr in den Krieg ziehen werdet! Und dann wagt ihr es noch, ohne jegliches Wort zu verschwinden!"

Die junge Frau merkte nicht, dass sich Tränen in ihren Augen bildeten, erst als der Blick des Schlächters erweichte. Auch registrierte sie erst jetzt, wie sehr sie tatsächlich sein plötzöiches Verschwinden verletzte. Die Wut schien nicht sofort aus seinen Augen zu verschwinden, welche sie immernoch wie Obsidian anfunkelten, doch als der Schlächter die Verletzlichkeit sah, konnte er nicht anders, als die verräterische Träne an ihrer Wange wegzuwischen.

"Ein Krieg ist kein Ort für eine Frau."

Protestierend zog Ascara die Brauen zusammen.

"Ich habe Frauen gesehen, die mit euch gehen. Wieso erlaubt ihr mir es nicht ?"

In ihrer Stimme steckte eine tiefe Verzweiflung, die ihn seinen Entschluss tatsächlich hinterfragen ließ. Wenn sie die ganze Zeit bei ihm blieb und Wachen sie begleiten würden, dann- Nein! Er würde sie dort nicht reinziehen, er würde ihr die Bürde und Qual einer Schlacht nicht antun. Der Schlächter schüttelte den Kopf.

"Das sind keine Frauen, Ascara. Das sind Kriegerinnen, die geboren sind zum Kämpfen und Sterben."

Seine Stimme erhärtete, während er langsam von ihr abließ. Er blickte starr zu ihr hinunter, während er eine Strähne von ihr umfasste und sie anschließend mit schnellen Bewegung abschnitt. Er umgriff diese und band sich das dunkle Haar um seinen kräftigen Unterarm. Zweimal konnte er sie sich umwickeln. Er würde sich nicht umstimmen lassen, dass machte diese endgültige Geste deutlich. Die junge Frau protestierte nicht, dass er sich die Strähne nahm, im Gegenteil, wenn er schon ohne sie gehen würde, dann hatte er wenigstens etwas von ihr.
Mit einem letzten Blick drehte er sich um und stieg auf das Pferd, dass von Hakon bereit gestellt wurde. Auch sein Gesicht zeichnete Trauer.
Der Schlächter packte die Zügel fester, während er sein Pferd anspornte vorwärts zu laufen.

Ascara schaute zu, wie er durch die Menge der Krieger voraus ritt und darin verschwand. Nur nebenbei spürte sie Nimas zarte Hände, die versuchten zu trösten, doch die junge Frau spürte nur noch die Einsamkeit, die sie wie Wellen überschlugen. Wann war sie so anhängig von ihm geworden?
Sie wusste keine Antwort darauf, doch was sie wusste war, dass sie ihn unter gar keinen Umständen allein lassen konnte.

Die junge Frau spürte, dass dies nichts mit Trotz zutun hatte. Es war als würde ihr Herz wollen, dass sie ihm augenblicklich folgte... vielmehr als würde es das verlangen. Der Zug der vielen Kriegern war fast durchlaufen, nur noch die Karren zogen hinterher. Nima stellte sich vor sie.

"Grämt euch nicht, Herrin. Er wird wiederkommen."

Ascara nickte, bevor Nima sie losließ und anschließend wieder ihrer Arbeit nachging. Die junge Frau starrte ihnen immernoch hinterher, bevor ihr ein Karren voller Frauen auffiel, welche auffällige gelbe Bänder in Haar und Kleidung verflochtet hatten. Sie lachten und schienen sich ausgiebig zu amüsieren, während sie der Kriegsscharr hinterherzogen. Ein Gedanke durchflutete sie und mit einem Mal fuhr Leben in Ascara, welche sich schnell zu den Wäscheleinen ganz nah neben ihr wandte, dort ein nasses gelbes Tuch schnappte und so schnell ihre Beine sie trugen zu den Karren rannte um dort die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich zu ziehen.

Verwirrt legte sich der Blick der Frauen auf sie, während sie das gelbe Tuch hoch hinausstreckte um dann mit diesem leicht zu wedeln begann. Einer der Frauen rief sofort dem Mann, der den Karren fuhr anzuhalten. Das braune Gehänge blieb augenblicklich stehen und die Erleichterung überfiel Ascara so sehr, dass sie dachte gleich in Tränen auszubrechen. Dieselbe Frau winkte die junge Frau zu sich, während sie die den anderen Mädchen befahl aus dem Weg zu gehen um ihr Platz zu machen. Die Frau war schön mit ihrem dunklen Haar und der dunklen Haut. Sie musste kaum älter als Ascara selbst sein. Auch sie trug die gelben Bänder.
Ascara lief zu dem Karren, nahm die Hand der dunklen Schönheit und ließ sich hineinziehen.

"Wird ja auch Zeit, dass du kommst! Hättest uns ja fast verpasst, was?"

Verwirrt schaute Ascara zu ihr hoch. Unsicher räusperte sie sich und strich sich das Haar aus dem verschwitzten Gesicht.

"Ja... ich musste noch etwas erledigen..."

Einer ihrer dunklen Brauen schoss nach oben, während sie die Arme in die Hüfte stützte. Dann stöhnte sie genervt auf.

"Ich versteh schon, manchmal können sie sich nicht zurückhalten..."

Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging wieder wieder in den Karren rein bevor sie mit einem lauten Klopfen dem Fahrer weiss machte weiter zufahren. Fast wäre Ascara gestolpert, wenn sie sich nicht an schnell an den Pfosten festgehalten hätte.
Sie blickte zu der Festung zurück. Sie wusste, was sie getan hatte, würde Konsequenzen geben, die ihr nicht gefallen würden. Er wird toben vor Zorn, wenn er das hier erstmal herausfinden würde. Die junge Frau atmete tief durch und betete zu jeglichen Götter um Gnade.

Gnade vor den Zorn des Schlächters.

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