Zwischenspiel: Seeblockade

gewidmet Imke Krieger,

weil ich mich mega freue, dass Du noch immer mit Lesen dabei bist - trotz aller durchaus berechtigten Zweifel an Sengas Handlungen. xD

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25.Tas Saru 2146 n.n.O.

Ricco blickte skeptisch auf den Rumpf des Bootes, das über ihm durchs Wasser glitt. Manche hatten es noch immer nicht begriffen.

Vier Tage. Seit vier Tagen riegelten sie jetzt den See ab, vertrieben sämtliche Fischer, Angler, Spaßbader – kurz: Jeden, der nicht zum Schwarm gehörte. Doch das schien sich noch nicht überall rumgesprochen zu haben. Zumindest nicht bei dem Bootsführer da oben.

>>Können wir es nicht einfach gleich versenken?<<, hallte Korals gereizte Stimme in seinen Gedanken wieder und Ricco schüttelte den Kopf. Manchmal fragte er sich wirklich, was im Kopf von Zacs Schwager vor sich ging. Wenn Varon sich nicht so grundsätzlich weigern würde, seine Gedankenspionagefähigkeiten zu nutzen, hätte er ihn schon längst mal gebeten, bei Koral ‚vorbeizuschauen'.

>>Nein<<, antwortete Ricco in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. >>Wir machen es wie üblich.<<

Daraufhin nickten Ering und Esther knapp, was Koral keine Wahl ließ, als sich der Mehrheit zu beugen.

Zufrieden sah Ricco über die kleine Patrouille, die sie darstellten. Zusammen schwammen sie ihr Revier ab, um die Blockade aufrecht zu erhalten. Mittlerweile hatten sie eine feste Strategie entwickelt. Nach dieser Methode schwammen sie nun auf das Boot zu und hämmerten mit den stumpfen Enden ihrer Speere rhythmisch gegen die Unterseite.

Die erste Drohung.

Ricco konnte es sich nicht ansatzweise vorstellen, wie es wäre, auf einem kleinen, alten Kahn mitten auf einem See festzusitzen, während ein dröhnendes Hämmern die Planken zum Beben brachte. Die Menschen auf dem Boot fanden es jedenfalls nicht berauschend. Er hörte ihre aufgeregten Stimmen etwas unverständliches Murmeln und schnelle Schritte auf dem Holz über ihm herumrennen.

Zeit für Phase zwei ihrer Strategie.

Als Koral dicht genug bei ihm schwamm, drückte er dem Flussmann seinen Speer in die Hand, um nicht direkt bewaffnet vor den Menschen zu schwimmen. Die Situation war schwierig genug. Man musste sie nicht von vornherein schlimmer machen.

Dann tauchte er auf.

„He da!", rief Ricco den Fischern mit tief-dröhnender Stimme entgegen und wartete bis sich die Bootsbesatzung an der Steuerbord-Seite versammelte. Währenddessen kreisten seine Mitstreiter als dunkle, drohende Schatten knapp unter der Oberfläche weiter um den Kahn herum. Sie konnten in ihrer Flussmenschen-Gestalt sowieso nicht sprechen. So würde Ricco wie immer das Reden übernehmen. Einen Umstand, den er aufrichtig bedauerte, als er sah, wer zum Schluss an den Rand des Bootes trat.

„Riccodris!", rief Erwo und hob grüßend die Hand. „Wie schön, dich zu sehen!"

Der Krieger zwang sich zu einem Lächeln. Immerhin war das Erwo. Erwo, mit dem er schon jagen gewesen war. Erwo, mit dem er schon trinken war. Erwo, der schon fast so etwas wie ein Freund war. „Ich wünschte nur, die Umstände wären andere!", antwortete er mit dem halbgaren Versuch, die Situation wenigstens etwas zu entschärfen. „Was treibt dich zu diesen Zeiten auf unser Wasser?"

Er betonte das Wort ‚unser' auf eine Art, die mehr als deutlich machte, dass Erwo nichts auf dem See zu suchen hatte. Und die Nachricht kam an. Ricco sah es in der Art, wie sich die Hand des Fischers um die Brüstung krallte. Wieder bedauerte er, dass sie sich jetzt so gegenüber standen und einen Moment lang fragte er sich, ob er wirklich keine andere Wahl hatte.

„Ja", antwortete Erwo bedächtig. „Söran erzählte schon, dass es unsichere Zeiten für uns Fischer wären. Aber mir war nicht klar, dass der Vertrag mittlerweile ungültig ist."

Ricco zuckte mit keiner Wimper, als er Sörans Namen hörte. Er war dabei gewesen, als sie dessen Kahn versenkt hatten, sodass Söran und seine Leute zum Ufer hatten schwimmen müssen. Stattdessen atmete er tief durch.

„Hör zu, Erwo. Ich mag dich. Deshalb gebe ich dir einen gut gemeinten Rat: Wenn du unbedingt fischen musst, mach dein Boot meertauglich und geh da angeln. Aber nicht in diesem See. Kehr um. Oder dein Kahn landet neben dem von Söran."

Nein – er hatte keine Wahl. Schon lange nicht mehr. Seit er sich für Varon und diese Familie entschieden hatte. Er musste die Seinen schützen.

„Du hast gut reden, Riccodris. Meine Kunden wollen keine Meeresfische. Sie wollen die Süßwasserfische aus dem See. Kann ich nicht liefern, krieg ich kein Geld und meine Familie kein Essen. Lass mich doch einfach ein bisschen fischen. Ich habe nichts gegen euch – das weißt du – und auch nichts mit Markus zu schaffen."

Einen Moment lang tat es Ricco wirklich leid. Er wusste, dass Erwo niemand war, der Streit suchte. Aber manchmal suchte man sich seine Kämpfe nicht aus. Das würde auch Erwo noch lernen.

„Dann solltest du dich dafür einsetzen, dass sie keine weiteren Netze in unsere Flüsse hängen, die ganze Schwärme töten. Oder unsere Leute angreifen."

„Aber-!"

„Letzte Warnung, Erwo", unterbrach Ricco den Fischer kalt und endgültig. „Dreh um oder schwimm nach Hause."

Damit tauchte er ab.


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Lichtis Quatschecke:

So - nachdem ich in letzter Zeit so nachlässig mit dem Updaten war, hier noch ein kleines Zwischenkapitel hinterhergeschoben. Damit ist jetzt auch der erste Abschnitt dieses Bandes beendet. Und ich hoffe, dass ihr nach wie vor Spaß an der Sache habt und es euch noch nicht zu doof geworden ist. :D


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