Kapitel 14.1 - Ein überfälliges Gespräch

50. Tas' Saru 2146 n.n.O.

Die Perlenzucht, die Ärztebucht, die Gästezimmer

Es war gar nicht so leicht, Trell zu finden. Und umso länger es dauerte, desto mehr sank mein Mut, ob ich wirklich mit ihm sprechen wollte. Aber ich musste. Also suchte ich weiter.

Die Küche, Der Lore-Schrein, die Fischzucht.

Am liebsten hätte ich ja nach ihm gerufen, aber ich ließ es wohlweißlich bleiben. Zum einen würde dann auch der Rest des Schwarms wissen, was ich vorhatte zum anderen gäbe das Trell die Möglichkeit, sich noch mehr zu verstecken. Aber zugegeben: Das würde es kaum schwerer machen, als es ohnehin war. Ich stoppte. Verstecken. Wenn er sich nun nicht nur vor mir, sondern auch vor allen anderen versteckte? Wo könnte man sich in diesem See verstecken, wenn man nicht gefunden werden wollte?

Ratlos schwamm ich langsam weiter zu den etwas abgelegeneren Algenflächen – da, wo Papas Messer nicht gesäbelt hatten. Der Gedanke daran hing an mir wie ein Schwarm Frauenfische an einer Schwangeren, ohne dass ich ihn abschütteln konnte. Aber wann immer ich nun an diese ganze unsinnige, verzwickte Lage dachte, fiel mir auch die kleine Agnes wieder ein. Der Gedanke nahm vielen Erinnerungen zumindest die schärfsten Kanten. Mein Patenkind. Ich lächelte. Bald würde ihr Schwarmeinführung sein. Dann würde sie auch meine Stimme hören können. Darauf freute ich mich schon.

Das änderte jedoch nichts daran, dass ich immer frustrierter wurde. Denn natürlich war Trell nicht bei den Algenflächen. Und auch nicht bei # Ivorys Schiffswrack. Also beschloss ich, meine Strategie zu andern. Ich hatte keine Lust mehr, kreuz und quer durch den See zu paddeln. Also schwamm ich zurück zur Küche. Früher oder später würden er und Lucien Hunger bekommen. Und während ich wartete, könnte ich Sirek zur Hand gehen. Er hatte eh immer was zu tun.

Ich hatte wirklich sehr viele Tonkrüge von ihren Essensresten befreit, ehe Trell auftauchte. Und dann hätte ihn noch nicht einmal bemerkt, wenn Sirek mich nicht auf die blonde Gestalt hingewiesen hätte.

Einen Moment lang starrte ich Trell einfach nur an, wie er mit gesenktem Kopf möglichst unauffällig zu den Tonkrügen schwamm, um sich dort das heutige Angebot herauszuholen. Es gelang ihm nicht ganz, die Seitenblicke zu ignorieren, die ihn bei jedem Schwimmzug folgten.

Zögernd schwamm ich zu ihm herüber und schwebte schließlich neben ihn. Doch ich verzichtete auf eine direkte Berührung bzw. Gedankenverbindung. Ich wusste noch, wie ich mich am Anfang gefühlt hatte, als ich noch keine gedankliche Wand erstellen konnte. Ich hatte jede Berührung gehasst und als aufdringlich, wenn nicht gar bedrohlich empfunden. Und das wollte ich ihm nicht auch antun.

>>Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was Sirek heute gemacht hat. Er wollte es nicht verraten<<, fing ich also für alle hörbar laut an.

Trell warf mir einen kurzen Seitenblick zu, den ich als Aufforderung zum Weitersprechen nahm.

>>Und unter uns. Ich glaube ja, dass ist nie ein gutes Zeichen", ich versuchte meine Stimme trotz der angespannten Situation ruhig und locker klingen zu lassen. So ähnlich, wie ich es immer bei Sumsa gesehen und irgendwie bewundert hatte. Mein Cousin konnte in jeder Situation reden und schien sich nie Gedanken zu machen, ob das, was er sagte nun angebracht war oder nicht. >>Ich mein – Sirek könnte Schlick-Flösschen lecker zubereiten – aber wenn er nichts genaues sagt-<< Ich legte eine kurze, vielsagende Pause ein. >>dann könnten es auch tatsächlich Schlick-Flösschen sein.<<

Während ich sprach, sah ich aus dem Augenwinkel, wie Orell neben Trell zuckte. Trell jedoch begutachtete erst das Essen in dem Topf misstrauisch und dann mich. Einen Moment lang war ich mir nicht sicher, ob er mir überhaupt antworten würde – ich hätte es ihm nicht einmal verdenken können – doch dann nickte er langsam. >>Ich bin mir nicht sicher, ob ich das jetzt wirklich wissen will, aber: Was sind Schlick-Flösschen?<<

>>Würmer<<, ächzte Orell, der mittlerweile keinen Hunger mehr zu haben schien. Und auch Trell wirkte merklich demotivierter, sich etwas von dem Essen zu nehmen, als noch vor wenigen Momenten.

>>Senga! Machst du gerade mein Essen schlecht?<<

Ich lächelte Sirek mein liebenswürdigstes Lächeln entgegen. >>Niemals würde ich dein Essen madig machen.<<

Sirek schnaubte und kleine Luftblasen stiegen tanzend aus seinen Kiemen hervor, Richtung Wasseroberfläche. >>Schon klar. Trell – willst du nicht noch ein bisschen was nehmen?<<

Trell schüttelte den Kopf und Sirek schnaubte wieder. >>Siehst du, Senga! Wenn er jetzt hungert, ist das deine Schuld.<<

Mein liebenswürdiges Lächeln verwandelte sich in ein herausforderndes Grinsen, mit dem ich Sirek bedachte, ehe ich mich mit einem Augenzwinkern an Trell wandte: >>Wenn du jetzt sowieso nicht mehr isst – wollen wir ein kurzes Stück zusammen schwimmen?<<

Er wollte nicht. Ich sah es an seiner ganzen Körperhaltung und die Art, wie er mürrisch die Stirn in Falten legte. Doch da im Moment die Blicke aller Umstehenden auf ihm ruhten, nickte er unwirsch. Gruppendynamik sei dank. Und so schwammen wir ein Stück vom Herzplatz weg. Und noch ein Stück. Und noch ein Stück. Schließlich schien Trell doch neugierig zu werden: >>Wo willst du hin?<<

Doch ich schüttelte nur sacht den Kopf und deutete nach oben. >>Dorthin wo wir ungestörter miteinander reden können.<<

Ich war mir nicht sicher, ob er wirklich verstand, doch Trell nickte das ab und folgte mir weiter, immer näher der funkelnden Oberfläche entgegen bis hin zu der Sandbank, in der Nähe der Flussmenschen-Insel. Hier hatten einige Flussbräute oder -bräutigame und ich damals zur Sommersonnenwende faul herumgedümpelt und darauf gewartet, dass die Flussmenschen die Vorbereitungen der Feierlichkeiten abschließen würden. Eigentlich war es noch nicht so lange her – aber es fühlte sich trotzdem an, als würde es Jahre zurückliegen. Damals dachte ich noch, ich könnte mit Zac glücklich sein.

Doch das hatte sich geändert, wie so vieles andere auch.

Nur die Sonne war gleich geblieben, damals wie jetzt.

Das war zumindest mein erster Eindruck, als mein Kopf durch das Wasser brach. Heftig blinzelnd versuchte ich, meine Augen schneller davon zu überzeugen, dass sie sich an das grelle gewöhnen sollten. Kurz dachte ich an meine letzte Landerfahrung mit Phia. Wie anders alles plötzlich wirkte, wenn nicht ein Sommerregen-Gewitter auf einen niederging. Doch dann hörte ich es – süße Töne einer sanften Melodie, die sich mit dem Plätschern und Rauschen des Wassers zu vermischen schienen. Die Meermenschen sangen wieder. Das Sommergewitter wäre mir lieber.

Unsicher sah ich mich um. Wo blieb Trell? Wollte er vielleicht doch nicht mit mir reden und hatte das Weite gesucht? Ich könnte es ihm nicht einmal verübeln.

Doch da plätscherte es neben mir und Trells Kopf tauchte ein paar Schwimmzüge neben mir auf. Ich versuchte ein Lächeln auf mein Gesicht zu zaubern, doch wegen der anhaltenden Melodie, die sich direkt in meinen Kopf zu bohren schien, fiel es mir schwer. „Scheint, als hätten wir ein wenig musikalische Untermalung..."

Um Trells Mundwinkel zuckte es, als er sich räusperte, um seine Stimme wieder in Gang zu setzen. Sie klang ebenso kratzig wie meine, weil er sie die letzten Tage nicht gebraucht hatte. „Du hörst sie noch?"

„Was?" Verwirrt blinzelte ich ihn an. Egal, wie sehr ich grübelte, ich konnte den Zusammenhang seiner Aussage nicht greifen. „Meinst die die Meermenschen? Wie kann man sie nicht hören?"

Den Gesang nicht hören, war, als würde man direkt in einem Fischschwarm schwimmen und behaupten, man sähe keine Flossen. Doch Trells Gesicht schien genau das zu sagen. „Ich höre sie auch. Immer. Und als wir hier ankamen, hat es Markus oft genervt. Aber nun ... wenn ich ihn oder Lucien darauf anspreche, sehen sie mich an, als würde ich was von fliegenden Hunden erzählen. Also hab ich es irgendwann gelassen."

Sein Gesichtsausdruck war so neutral, wie das eines Flussmenschen. Trotzdem war auch mir klar, dass es kein gutes Zeichen war, wenn man Meermenschen nicht singen hören konnte.

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Lichtis Quatschecke:

Ich wei'ß - ich weiß... eigentlich hätte es hier irgendwie mit dem Kampf um dieses vergiftete Wasser weitergehen müssen. Aber naja... das hab ich über Phia voll aus dem Fokus verloren. ^^''

Und als mich meine Betaleserin neulich darauf auferksam gemacht hat, war schon alles soweit geschrieben, dass ich es nicht mehr ändern wollte... irgendwann vielleicht. Aber niht jetzt - da fehlt mir die Geduld für. ^^''

Ich hoffe, ihr seht mir das nach und habt trotzdem spaß beim Lesen! :D

Viele Grüße und morgen einen schönen start in die neue Woche!
Eure Lichti. :D

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