Kapitel 12.2 - Die Flucht
07. Tas'Saru 2146 n.n.O.
Am nächsten Morgen erwachte ich mit Kopfschmerzen, zusammengerollt neben Zac. Träge ging mein Kopf den gestrigen Abend durch und obwohl meine Erinnerungen streckenweise recht verschwommen waren, bekam ich noch alles mehr oder weniger zusammen. Schließlich landete ich gedanklich bei dem Trinken des Seeigel-Weins.
Nie wieder.
Ich seufzte leise und musterte Zacs schlafendes Gesicht – es sah fast menschlich aus. Unwillkürlich strich ich ihm mit der Hand über die Wange. Dann stieß ich mich von unserem Seegrasbett ab und machte mich möglichst leise fertig. Vielleicht könnte ich noch ein bisschen am Buffet helfen oder schon etwas früher in der Schneiderei anfangen. Ich wusste, auch ohne es zu versuchen, dass ich nicht mehr einschlafen würde – dazu waren meine Gedanken zu sehr von einer Tatsache besessen: Heute Abend würde ich mich mit Papa treffen.
So schleppte ich mich durch den Tag mit einer irritierenden Mischung aus Kopfschmerzen, Aufregung, Muskelkater und völliger Übermüdung. Doch umso später es wurde, desto größer wurde die Vorfreude.
Als es dann endlich soweit war, stahl ich mich unauffällig davon und schwamm direkt zu dem beschriebenem Felsvorsprung mit dem kleinen Strand. Der Weg dahin kam mir unendlich lang vor, denn meine Auseinandersetzung mit Els lag mir noch immer schmerzhaft in den Knochen.
Doch als ich es endlich geschafft hatte, musste ich zugegeben, dass dieser Ort gut gewählt war: Der Felsvorsprung reichte tief genug ins Wasser, sodass ich direkt zu dem Felsen schwimmen und mich da festhalten konnte. Dadurch konnte ich normal reden und gleichzeitig mit meinen Kiemen im Wasser bleiben. Neugierig sah ich mich um. Es dauerte einen Moment bis sich meine Augen wieder an das hellere Abendlicht und meine Ohren an die lauten Geräusche der Oberfläche gewöhnten. Doch dann sah ich ihn endlich – Papa.
Er stand am Ufer und blickte unruhig die Seeoberfläche hinauf und hinunter. Mein Herz jubelte vor Freude laut auf – und noch mehr, als ich Hannahs Gestalt dicht hinter ihm erkannte. Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, stützte ich mich mit den Händen auf dem Felsen ab und stemmte mich einen Moment nach oben, um auf mich aufmerksam zu machen. „Huhu!", rief ich. „Papa!"
Für mehr reichte mein Atem nicht und ich musste mich wieder ins Wasser zurückfallen lassen, um Luft zu holen. Trotzdem hatte es gereicht. Ich hörte die hastigen Schritte auf dem Felsen über mir und eine tiefe, kratzige, wohlvertraute Stimme: „Senga? Senga! Bei den Göttern – du lebst!"
Im nächsten Moment war da ein Platschen im Wasser, als Papas großer Körper hineinfiel und mich stürmisch umarmte. Ich ächzte unter seinem Gewicht, das schwer auf meinen Verletzungen lag, während ich versuchte, uns beide mit schnellen Paddelschlägen meiner Füße über Wasser zu halten. Doch ich war so glücklich, dass das alles keine Rolle spielte. Kurz darauf war auch Hannah an der Felskannte. Und dann – als wäre ganz plötzlich ein Damm gebrochen – sprudelten die Worte aus uns heraus und wir redeten alle durcheinander.
„Papa! Ich hab dich so vermisst!"
„Geht es dir gut?"
„Ich wollte eine Nachricht schicken, aber..."
„Ich hab mir solche Sorgen gemacht!"
„Marcus, du erdrückst sie!"
Da war was Wahres dran, das erkannten auch Papa und ich. Also ließ er mich los und schwamm zum Felsen zurück, um sich wieder an Land zu ziehen. Das gab uns beiden die Gelegenheit, uns zu sammeln und Hannah und ich konnten uns auch umarmen. Trotz temporärer Atemnot, weil ich dafür wieder weit aus dem Wasser heraus musste, hätte ich sie am liebsten nie wieder losgelassen. Vor allem, als ich ihre leisen Worte an meinem Ohr hörte: „Wir haben dich vermisst, Senga. Wie-"
Sie unterbrach sich und schob mich mit Tränen in den Augen ein Stück weit zurück, um mich besser sehen zu können. Doch dann erstarrte sie, ihre Augen fest auf die mittlerweile rot-blau angelaufenen Male gerichtet, die Els Fesseln an meinen Handgelenken hinterlassen hatten. „Was-?"
Jetzt wanderte ihr entsetzter Blick auch meine Arme hinauf an denen die neuen Flecken von Els brutalen Griffen und die alten Flecken des Tunnelunfalls eine bunte Mischung zeichneten. Offensichtlich hatte dieses Desaster nun auch Papa gesehen.
„Was haben sie dir angetan?", flüsterte er bleich wie ein Bettlaken.
„Egal" ich warf diese Fragen mit einer Handbewegung bei Seite. Sie kamen mir so unwichtig vor und ich könnte es später noch erzählen. „Wie habt ihr mich gefunden?"
Papa starrte noch immer mit einem undefinierten Gesichtsausdruck auf meine Verletzungen. Dann blinzelte er rasch, um sich zu sammeln. „Giselle hat mir Bilder von dir und Zacery gezeichnet. Damit bin ich dann zu Zacerys Meister – das wusste ich aus dem Gesellenbrief, den er damals bei mir eingereicht hatte – und so kam eins zum anderen. Dann hab ich noch Trell-"
Trell?", fragte ich alarmiert und begann mich hektisch umzublicken. Und wirklich – er war da. Dort hinten im Schatten der Bäume, halb verborgen, hatte ich seine große Gestalt erst gar nicht wahrgenommen, weil ich so auf Papa und Hannah fixiert war.
„Ja", antwortete Papa und drehte sich zu Trell herum, um ihn zu uns herüber zu winken. „Er hat uns das Gegenmittel für den Wasserfluch besorgt."
Zu meinem zunehmendem Unwohlsein kam, der blonde, junge Mann langsam zu uns herüber. Während meine Augen wie hypnotisiert an seinen Bewegungen hingen, konnte ich die Erinnerung an unsere letzte Begegnung, und vor allem meine panische Flucht vor ihm, nicht abschütteln.
„Ein Gegenmittel?", fragte ich schwach und sei es nur, um mich auf irgendetwas anderes konzentrieren zu können, als auf die Angst, die ich damals hatte und die nun wieder zu mir zurückflutete.
„Ja", antwortete Papa knapp. „Das ist Bestandteil irgend so eines Vertrages zwischen den Flussmenschen und den Bewohnern der Flusslanden. Gleichberechtigung für diese Monster, keine Entführungen mehr der hiesigen jungen Frauen und Männer und ein Gegenmittel gegen den Wasserfluch, was die Menschen hier vor Ort haben, sind wohl die Kernstücke dieses Vertrages-"
„Der Jelena-Raoren-Vertrag", murmelte ich mechanisch. Das meiste davon hatte ich schon gehört. Nur die Sache mit dem Gegenmittel war mir neu. Das hatte wohl niemand für nötig gehalten, mir zu erzählen. Gestresst huschten meine Augen wieder zu Trell, der mittlerweile dicht hinter Papa und Hannah stand. Am liebsten wäre ich wieder in die Stille des Wassers untergetaucht, um meine Überforderung in den Griff zu kriegen. Stattdessen beobachtete ich, wie der junge Mann noch zwei Schritte näher kam und sich langsam direkt vor mich auf den Sims kniete, wobei er eine kleine Phiole mit einer hellblauen Flüssigkeit direkt vor mich stellte.
„Das Gegenmittel kann nicht deine Schwarmzugehörigkeit tilgen", erklärte er mit leiser Stimme, die einen unangenehmen Schauder meinen Rücken hinunter rieseln ließ. „Die ist seit dem Einführungsritual in deine Seele gebrannt und kann maximal einem anderen Schwarm zugeordnet, aber niemals wieder gelöscht werden."
Ein Versprechen für die Ewigkeit.
Das hatte der Schwarm bei meiner Schwarmeinführung gesungen. Erst jetzt verstand ich das ganze Ausmaß dieses Satzes, während ich fassungslos auf das kleine Fläschchen vor mir starrte, dessen Inhalt im Abendlicht geheimnisvoll schimmerte.
„Du wirst also immer Teil des Schwarms sein", führte Trells grauenhaft sanfte Stimme weiter aus. „Aber das Gegenmittel kann zumindest die körperlichen Veränderungen wieder rückgängig machen." Bei diesem Worten streckte er die Hand aus und strich mir sanft über die Wange bis zu dem Punkt, an dem meine Kiemen ansetzten und zusammen mit dem Rest von mir im See verschwanden.
Ich prallte instinktiv vor dieser Geste zurück. Ob er wusste, dass sie im Schwarm als intim galt und unter Wasser anstelle eines Kusses verwendet wurde? Dennoch konnte ich nicht anders, als den Blick seiner dunklen Augen zu erwidern.
„Das ist vielleicht deine einzige Chance, Senga", flüsterte er leise, ehe er aufstand und sich wieder zurückzog, während ich noch immer auf die kleine Phiole vor mir starrte.
,Die einzige Chance', echote es in meinem Kopf. Das war meine Möglichkeit zur Flucht. Meine Möglichkeit, nach Hause zu kommen. Meine Möglichkeit, meinen Schwarm zu verlassen, Zac zu verlassen. Wollte ich das? Meine Gedanken rasten, ohne dass ich mich zu einem wirklichen Entschluss durchringen konnte.
„Senga....? Schatz? Ist alles in Ordnung?", drang plötzlich Papas besorgte Stimme durch das Chaos in meinem Kopf.
Ich nickte, noch immer benommen. „Morgen sollte ich eigentlich in den Schwarm aufgenommen werden. Als vollwertiges Mitglied, wisst ihr?", murmelte ich mehr zu mir selbst, als zu den anderen.
Papa schnaubte verächtlich. „Du meinst, als vollwertige Gefangene?"
Ich schwieg. Denn die Wahrheit war, dass ich nicht genau wusste, was dieser neue Status wirklich bedeutete. Dürfte ich meinen Schwarm verlassen und nach Hause gehen, wie Varona es für die Hälfte des Jahres tat? Vielleicht. Andererseits verließ kaum ein Schwarmmitglied den See für lange. Immerhin waren die meisten durch ihre Kinder an diesen Ort gebunden, zumindest bis diese mit Einsetzen der Pubertät das Wasser verlassen konnten. Wollte ich das? Mutter eines Flussmenschen sein und den See wegen meines Kindes nicht verlassen können?
Zögernd nahm ich die Flasche in die Hände.
Aber war es wirklich so schlimm? Noch nicht jetzt – aber in ein paar Jahren? Ich hatte hier eine Art Familie gefunden. Ich hatte Zac. Könnte ich mir hier eine Zukunft vorstellen? Mit ihm? Könnte ich mir mit ihm eine Familie vorstellen? Ganz kurz sah ich ihn in meiner Erinnerung mit einigen Quappen herumtoben und fast hätte ich gelächelt. Aber was wäre dann mit meiner richtigen Familie? Mit Papa? Mit zu Hause? Würde mein Schwarm das verstehen oder würden sie mich weiterhin zwingen zu bleiben?
Ich wusste es nicht.
Wahrscheinlich hätte ich noch ewig auf dieses Fläschchen gestarrt, wenn ich nicht plötzlich Hannahs Hand auf meiner gespürt hätte. Intuitiv wartete ich bei der Berührung auf eine Verbindung zu ihr, doch natürlich blieb ich allein mit meinen sich überschlagenden Gedanken und Gefühlen. Einen kurzen Augenblick lang fühlte ich mich unglaublich einsam bis mich ihre sanfte Stimme endlich ins hier und jetzt zurück brachte: „Willst du nicht nach Hause kommen, Senga?"
In ihren Worten klang keine Anschuldigung, nicht einmal Neugierde, nur Sorge. Wie eine Mutter. Ich schluckte. Sie und Papa und Epoh und sogar Sumsa – das war meine Familie, meine Heimat, der Platz, wo ich eigentlich hingehörte. Und doch-
„Ich...", setzte ich verzweifelt zu einer Antwort an, die ich selbst nicht kannte. Statt klare Worte war nur wieder Zacs Gesicht in meinen Gedanken. ‚Möchtest Du ganz zum Schwarm gehören? Zu mir?' Das hatte er mich an Mittsommer gefragt – und mein ‚Ja' war keine Lüge gewesen. Ohne, dass es mir wirklich bewusst war, hatte ich die Flasche wieder abgestellt.
„Wie ich es dir sagte, Marcus", floss Trells leise Stimme zu mir herüber, wie das klare, eiskalte Wasser eines Bergflusses: „Du hast sie schon lange verloren. Vielleicht wäre es besser gewesen, du hättest sie nie gefunden."
Mein Blick flackerte erst zu Trell, der mich mit verschränktem Armen und schräg gelegtem Kopf aus intelligenten, dunklen Augen musterte. Dann blickte ich zu Papa und den Schmerz und die Enttäuschung, die ich seinem Gesicht sah schnürte mir die Brust zu und tat mehr weh, als die Abschürfungen und blauen Flecken, die ich Els zu verdanken hatte. Ohne noch eine weitere Sekunde zu zögern oder weiter über meine Entscheidung nachzudenken, griff ich nach der Flasche, entkorkte sie und trank sie in einem Zug leer. Mein Schwarm würde das sicher verstehen.
Die Verwandlung war schmerzhaft wie immer. Doch mittlerweile war ich schon fast daran gewöhnt, sodass ich recht schnell wieder auf den Beinen war, nachdem ich das letzte Wasser aus meinem Hals hervorgewürgt hatte. Es half auch, dass Papa und Hannah da waren, um mich zu stützen. Während ich langsam über den Strand strauchelte, vom Wasser weg, begannen mir stumme Tränen über die Wangen zu laufen. Nach Hause. Ich würde nach Hause kommen.
All die Bilder, die ich seit meiner Entführung immer wieder entschlossen bei Seite drängte, um nicht am Heimweh zu ersticken, stürzten nun unaufhaltsam auf mich ein: Unsere Küche, die Schneiderei, Papas Werkstatt. Ich würde all das wiedersehen. Jetzt erst begriff ich, wie sehr mir mein zu Hause fehlte.
Wie sehr mir die Menschen fehlten.
Epoh, die ständig mit Sumsa stritt. Lilly, die immer Freude für drei Menschen versprühte. Ich würde mich sogar über Giselle freuen, wenn das nur bedeutete, dass ich wie früher bei Meisterin Thoran meine Ausbildung fortsetzen könnte. Während meine Schritte langsam fester wurden, weil der Schmerz mehr und mehr nachließ, schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht.
Ich war frei.
Als hätte der Wind meine Gedanken gelesen, frischte er in dem Moment auf und schob mich kräftig in den Rücken, weg vom See und hin zu den schützenden Bäumen. Trell war bereits vorangegangen und drehte sich nun wieder zu uns um. Während seine Augen meinen Blick suchten, lächelte er mir warm entgegen und überrascht stellte ich fest, welche Dankbarkeit ich plötzlich für ihn empfand, dass er mir meine Rückkehr ermöglicht hatte.
Doch dann glitt sein Blick hinter mich und das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht, als hätte es jemand einfach weggewischt. Mit ungutem Gefühl blieb ich auf dem weichen Sand stehen, nur drei Schritte entfernt von dem Gras und den Bäumen, die mir die Sicherheit der Heimreise zuflüsterte.
Wäre ich doch nur weitergegangen, weitergerannt, so schnell ich überhaupt rennen konnte.
Stattdessen drehte ich mich mit quälender Langsamkeit um. Ich sah, was Trell sah. Und auch mir wischte es jegliches Lächeln aus dem Gesicht.
„Zac...", flüsterte ich schwach und mein Herz raste plötzlich gegen meine Brustkorb, als ich auf die nasse, dunkelhaarige Gestalt hinter mir starrte, die dort im hüfthohem Wasser stand.
„Senga..." Ich hörte seine Stimme nicht, doch ich sah, wie seine Lippen meinen Namen formten, während er die Hand nach mir ausstreckte und sein Blick mich anflehte, zurück nach Hause zu kommen, zurück zu ihm.
Intuitiv ging ich einen kleinen Schritt auf ihn zu, als mein Vater an mir vorbei eilte und sich zwischen uns stellte. „Geh weg!", rief er und ich zuckte bei dem Hass in seiner Stimme zusammen. „Sie gehört nicht zu Deinesgleichen!"
Zac schien ihn gar nicht zu hören. Stattdessen bohrten sich seine Augen weiterhin in die meinen. Fast wäre ich zu ihm gelaufen. Ich wollte es ihm erklären, wollte, dass er verstand. Doch da tauchten hinter ihm die Köpfe von Ricco, Koral und Dora aus dem See auf und ich stoppte noch bevor ich zu meiner Bewegung angesetzt hatte.
„Ich sagte: Verschwinde! Du Missgeburt!", schrie mein Vater wieder und plötzlich zuckte Zacs Kopf in seine Richtung, während er die Hand wieder sinken ließ. Mir lief es kalt den Rücken herunterlief. Zac hatte erzählt, dass die viele Menschen der umliegenden Dörfer, die Bewohner des Sees als genau solche sahen und behandelten: Monster, Missgeburten, verachtenswerte Lebewesen zweiter Klasse.
Mit einem Mal ging ein Ruck durch Zacs Körper und eine Wut, die ebenso tief saß wie die meines Vaters zuckte über seine sonst ausdruckslosen Gesichtszüge. Mit einer einzigen, fließenden Bewegung, zog er einen Speer aus dem Wasser.
Ungläubig starrte ich auf die Waffe. „NEIN!", entfuhr es mir und ich hörte meine eigene Verzweiflung in meiner Stimme widerhallen.
Doch ich konnte nichts tun.
Wie in Zeitlupe sah ich, wie Zacs Arm ausholte und wie sich seine Muskeln spannten, als er den Speer präzise warf. Und er traf ebenso gnadenlos wie Zielsicher das Bein meines Vaters.
Papa fiel mit einem Keuchen zur Seite wie ein gefällter Baum. Der Speer hatte sich tief in das Fleisch seines Oberschenkels gegraben. Doch Papa gab keinen Laut von sich. Stattdessen starrten seine geweiteten Augen blicklos ins Leere. Das musste eine Art Schockstarre sein von der Epoh mir während ihrer Ausbildung einmal erzählt hatte.
„Papa!"
„Marcus!"
Hannah und ich schrien gleichzeitig und setzten uns simultan in Bewegung, als Zacs Stimme durch die Luft schnitt, gnadenlos wie zuvor sein Speer.
„Senga!"
Ich erstarrte entsetzt und blickte wieder zu ihm herüber. Wieder hatte er seine Hand ausgestreckt. Doch diesmal nicht in meine Richtung, sondern in Riccos, der ihm kommentarlos seinen eigenen Speer zuwarf. Zac fing ihn geschickt und deutete verächtlich mit der Spitze auf meinen Vater.
„Komm jetzt. Das nächste mal treffe ich sicher."
Er meinte es ernst, ich kannte ihn gut genug, um das zu wissen.
Papa. Ich sah zu ihm als seine flatternden Augenlieder und ein erneutes Keuchen mir verrieten, dass er wieder zu sich kam. Ich musste nicht überlegen. Ich hatte keine Wahl.
Ohne ein weiteres Wort ging ich an Papa vorbei zu Zac, zurück ins Wasser. Er wartete geduldig bis ich langsam durch das störrische Wasser zu ihm hinüber gewatet war, während ich hinter mir hörte, wie mein Vater, Hannah und sogar Trell mich anflehten, nicht zu gehen. Doch das war es nicht wert.
„Du bist wirklich ein Monster", flüsterte ich durch zusammengebissenen Zähnen, als ich Zac nun direkt gegenüberstand. Ich sah nicht weg, als er seine Hand grob in meinen Nacken legte, um mich so erbarmungslos festzuhalten, wie Trell damals. Ich wusste, was jetzt kommen musste und ich zog keine Wand mehr zwischen uns. Er sollte wissen, was ich von ihm hielt. Er sollte meinen Hass spüren.
>>Ich weiß<<, antwortete er mir in Gedanken, als er sich vorbeugte und mir einen kurzen Kuss auf die Lippen zwang. >>Aber du bist mein und wirst es bleiben.<<
Sofort spürte ich, wie die Verwandlung zur Wasseratmung einsetzte. Ein letztes Mal, drehte ich mich um und sah in das entsetzte, schmerzerfüllte Gesicht meines Vaters.
Ich war der Freiheit so nah gewesen.
Dann tauchte ich unter, zurück in die dunkle Kälte des Sees.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top