Kapitel 16

Quentin war genau mein Typ, sogar bei Tageslicht und ich würde mich immer noch jedem Kult anschließen, der sich um ihn bilden würde. Wie konnte ein Mensch nur so perfekt aussehen und dazu noch eine Aura haben, die jedes möchtegern Medium blass vor Neid werden lassen würde?

Und die viel wichtigere Frage: Warum flirtete dieses Wesen ausgerechnet mit mir?

Wobei letzteres war mir eigentlich egal und ich erwischte mich tatsächlich bei dem Gedanken, dass ich die Mittagspause einfach mit Quentin verbringen könnte, meinetwegen auch in einer eher etwas kompromittierenderen Situation. Bereuen würde ich es so wie er aussah und flirten konnte wohl kaum.

Tja, aber dann waren da Leo und Helena. Beide starrten mich an. Helena mit einem Blick den ich nicht ganz deuten konnte und als eine Mischung aus betrübt und wütend interpretierte. Leonard mitfühlend und viel zu gut gelaunt. Augenscheinlich hatte ich gerade einen Fehler gemacht und der würde mich wohl noch teuer zustehen kommen, sonst würde der Herr von und zu nicht von einem Ohr bis zum Anderen grinsen. Schieße!

Fragte sich nur was ich getan hatte?

In der Stadt war alles glatt gelaufen. Er hatte sich benommen. Ich hatte ihn sicher hingebracht und auch sicher wieder hier her gebracht. Also wo war der Fehler?

"Alles gut bei euch, oder warum seht ihr nicht so an?", fragte ich vorsichtig und blickte in die Runde. Helena rollte nur mit den Augen und schnaubte auf, dann zog sie mit der Schubkarre von dannen.

Leonard grinste breit. "Saubere Sache", freute es sich und rieb sich die Hände, als wisse er genau was mir blühen würde. Das konnte ja lustig werden!

So langsam fühlte ich mich hier nicht mehr so wohl. Aber Quentin alleine wäre schon Grund genug zu versuchen zu bleiben. Hieß also was auch immer ich mir aufgehalst hatte überleben, ohne abgesägt zu werden und Herrn von und zu nicht unter die Räder kommen lassen. Komme was wolle!

"Hunger?", seufzte ich. Ich würde wohl kaum etwas aus dieser komischen gut gelaunten Version meines Schützlings herausbekommen. Er führte etwas im Schilde, da war ich mir sicher und ich würde mich nun eindeutig etwas vorsehen.

Leonard grinste breiter:, "Mhm!". Irgendetwas machte ihm gerade mehr Spaß als es sollte. Konnte mich mal jemand ins CC setzten? Da war es ja beinahe angenehmer gewesen für Doro zu arbeiten. Da wusste ich wenigsten immer woran ich war.

Dann würde ich wohl mal den Dingen harren und bedeute Leonard doch bitte mit mir aus dem Stall zu gehen und den breiten Schottere zu den Angestelltenwohnhäusern einzuschlagen. Zu meiner Verwunderung folgte er mir ohne Protest und äußerst beschwingt.

Schon als wir an den ersten Häusern vorbeiliefen roch es nach frisch gemähtem Gras und man konnte in der Ferne noch den Rasenmäher des Hausmeisters in der Mittagssonne rumpeln hören.

Das war Sommer. So wie ich ihn mir immer in den wirklich, wirklich guten Wohngegenden vorgestellt hatte. Es fehlte nur noch der Pool und die plantschenden Kinder.

Automatisch musste ich wieder an die beiden Jungs denken auf die ich als Opair aufgepasst hatte und wie sie oft bei so einem Wetter umbedingt zum Strand gewollt hatten. Man hatte sie kaum bändigen können und mit ihren Ponys waren sie auch oft schneller gewesen, als ich auf dem Fahrrad oder der alten Stute der Familie.

"Was gibt's eigentlich?", unterbrach Leonard mein in Erinnerung schwelgen und ich rollte automatisch mit den Augen. Woher sollte ich das bitte wissen?

"Helena wollte sich um das Essen kümmern", murmelte ich eher abweisend und wollte mich am liebsten wieder an Englands Küste und zu Familie Fletcher zurückziehen. Aber das war nur ein Tagtraum.

In der Realität stand ich neben einem genervten und verletzten Springreiter mit psychischen Problemen zu denen ich immer noch nicht mehr wusste und der mich am liebsten loswerden wollen würde.

Ich glaube unangenehmer würde es in nächster Zeit nicht werden.

Helena schob sich wortlos an uns vorbei und würdigte mich keines Blickes. Hatte ich ihr etwas getan? Fuck, ich hatte ihr heute morgen doch noch Frühstück gebracht. Wollte sie mich jetzt verarschen?!

Leonard grinste wieder in sich hinein und schien nur auf etwas zu warten. Das gefiel mir mit Abstand am wenigsten.

"Helena?", rief ich ihr nach. Aber sie machte nicht einmal Anstalten sich umzudrehen. Was zur Hölle war ihr Problem?! Ich hatte ihr nichts weggenommen, weggegessen oder etwas von ihr kaputt gemacht. Ich hatte auch nicht schlecht über sie geredet, also was hatte ich verpasst.

Sie hechtete vor uns die Treppe hoch und direkt vor meiner Nase knallte die Wohnungstür zu. Automatisch zuckte ich zusammen und kramte nach meinem Schlüsselbund, den ich natürlich nicht fand.

"Leonard von Speyer. Meinen Schlüssel, sofort!" streckte ich meine Hand aus ohne ich anzusehen. Waren wir denn hier im Kindergarten?

Naja so wie die beiden sich verhielten ja! Verdammt noch mal! Das war doch echt zu bescheuert werden!

Leonard seufzte und ließ meinen Schlüssel in meiner geöffnete Hand gleiten. "Danke!", knurrte ich und schloss sofort die Wohnungstür auf.

Augenblicklich flog mir ein Kissen entgegen. Nur ebenso konnte ich es fangen und blickte mich verwirrt nach meiner Mitbewohnerin um. Gestern hatten wir noch auf dem Balkon Hugo getrunken und heute bewarf sie mich mit Kissen. Vielleicht sollte sie mit Leo zur Therapie. Die Stimmungsschwankungen waren echt schon nicht mehr normal! Oder zumindest hatte solch einen Stimmungswechsel noch nie zu vor bei einer Person erlebt, vor allem nicht ohne Grund.

Leonard trat hinter mir in den Flur und wurde auch nur knapp von einem Kissen verfehlt. Sein Kommentar war ganz trocken:, "Geil, Kissenschlacht!"

Witzig fand ich es nur leider nicht, denn im nächsten Moment fuhr Helena mich an:, "Hau ab! Ich will dich hier nicht sehen!"

Wo sollte ich bitte sonst hin?! Hallo, ich wohnte auch in dieser Wohnung. Die hatten hier doch alle einen Schatten!

Leonard schob mich wie selbstverständlich vor die Tür und ehe ich mich versah stand ich alleine auf dem Flur.

Das musste ein ganz schlechter Witz sein! Wirklich! Was zur Hölle hatte ich verbrochen, dass ich, man konnte es ja nicht anders sagen, rausgeschmissen wurde.

Gut, wenn sie mich nicht haben wollten, ihr Pech! Ich würde schon irgendwo unterkommen. Zumindest für dieses Mittagessen. Und ich wusste auch schon ungefähr wo...

Mit bestem Hündchenblick stand ich vor unserer Tür und tat so als hätte ich mich ausgeschlossen. Das war zumindest mein bester Plan gewesen auf die Schnelle.

Wie schon erwartet kam Quentin mit langen Schritten den Weg runter und sah mich schon der Ferne. Blieb nur zu hoffen er würde stehen bleiben.

"Mara, alles okay?", ging mein Plan perfekt auf.

Mit den Wimpern klimpernd und guckend als wäre wer weiß was passiert und ich würde jeden Moment in Tränen ausbrechen, erklärte ich:. "Ich habe mich nur ausgeschlossen".

Quentin zog ohne mit der Wimper zu zucken sein Handy aus der Hosentasche:, "Ich schreibe Helena eben, dass sie dich reinlassen soll"

Gut, mein Plan funktionierte doch nicht so wie erhofft und ich musste dringend mit einer Ausrede rausrücken, die vor allem glaubhaft war.

"Du, ihr gehts nicht so gut. Sie wollte sich hinlegen und da will ich sie jetzt auch nur ungern stören", flötete ich mit samtweicher Stimme.

Mein Gegenüber steckte sein Handy wieder weg:, "Oh!". Quentin strich sich durch die Haare und schien kurz zu überlegen was er nun für mich tun könnte. "Naja, wenn es Helena nicht gut geht, dann wäre es ja auch blöd wenn du jetzt bei euch in der Küche rumhantierst!"

Genau, ja das wäre es! Ganz umhilfreich in ihrer Genesung. Bleib nur zu hoffen er würde nun die magischen Worte sagen.

"Du kannst mit zu uns wenn du magst"

Da waren sie und ich setzte mein schönstes Lächeln auf:, "Oh das wäre das wäre ja super nett! Danke. Ich wüsste sonst echt nicht wo ich hin soll!"

"Kein Ding. Man hilft sich hier ja!" grinste Quentin schief und zog seinen Schlüssel aus seiner verboten gut sitzenden Reitjacke. Der Typ gehörte verboten! Wenn er am ende der Woche nicht über mich herfallen würde, würde ich zu einhundert Prozent über ihn herfallen! Ich meine bitte!

Ich lächelte immer noch. Ich wusste auch schon echt nicht mehr wie lange ich zuletzt so viel am Stück gelächelt hatte. "Das ist wirklich eine tolle Mentalität", lobte ich und hätte mich ihm am liebten an den Hals geworfen.

Ich hatte nun zwei Ziele, das erste hier Pferdepflegerin werden und das zweit Quentin Behrend zu meinem festen Freund erklären können. Welches davon nun ehrgeiziger war, ließ ich mal so dahin gestellt.

Ich würde mir Quentin nicht entgehen lassen und es machte mich irgendwie schon neugierig, dass er zu diesen Männern gehörte, die sich nicht zähmen ließen. Und Baby! Ich würde ihn zähmen!

Genauso wie ich Leo davon abhalten würde sich das Leben zunehmen, damit ich eine Stelle als Pflegerin bekommen konnte, sobald Leonards Therapie abgeschlossen war und er wieder alleine auf die Menschheit losgelassen werden konnte.

"Nur als Vorwarnung, mein Mitbewohner ist etwas gewöhnungsbedürftig", grinste Quentin und seine blauen Augen funkelten mich schelmisch an. Dieses Grinsen war echt zum dahin schmelzen. Jungenhaft, charmant und einfach nur verdammt niedlich!

Ich klimperte noch einmal unschuldig mit den Wimpern:, "Ist meine auch etwas".

Quentin hielt in der Bewegung inne und sah mich verwundert an, "Helli und komisch? Meinen wir dieselbe Person?". Da hatte ich wohl das Falsche gesagt. Nun musterte er mich kritisch und das Grinsen war ihm vergangen.

"Naja, zumindest heute ist sie etwas eigenartig", zuckte ich mit den Schultern, ein versöhnliches Lächeln auf den Lippen. Na hoffentlich wirkte es. Ich hatte keine Lust alleine meine Mittagspause vor der Tür zu verbringen und wie eine Glucke drauf zu warten, dass Leo wieder aus der Wohnung kam.

"Hmh..." machte Quentin nur, blinzelte ein paar Mal:, "Stimmt, heute war sie tatsächlich etwas schräg drauf"

Sagte ich doch. Ich lächelte einfach nur freundlich und klimperte noch ein paar mal mit den Wimpern. Nur zur Sicherheit. Manchmal musste man Männern ja den Schubs in die richtige Richtung geben.

Er dreht den Schlüssel im Schloss und hielt mir mit einem freundlichen Lächeln, bei dem seine Grübchen noch besser zur Geltung kamen, die Tür auf. Quentin Behring durfte mich eindeutig häufiger anlächeln. Mein Herz schlug auch sofort etwas höher.

"Danke", flötete ich und schwebte an ihm vorbei durch die Tür und schließlich zielstrebig die Treppe hoch.

"Alles klar!", hörte ich Quentin hinter mir murmeln, als wäre er überrascht dass ich wusste wo er wohnte.

"Seine Nachbarn kennt man!". Ich drehte mich zuckersüß lächelnd zu ihm herum und zwinkerte ihm selbstsicher zu.

Den Jungen würde ich für mich eintüten. Einfach für meine Ego und als kleine Aufwandsentschädigung für all die Scheiße durch die Leonard mich zu schleppen versuchte. Ein bisschen hübschen Spaß hatte ich mir wohl verdient, oder?

"Okay", er hob eine Augenbraue und blickte mich wieder so forschend an. Es war dieses typisch forschende Abchecken, wie Männer es immer taten, wenn sie wissen wollten ob man eventuell Interesse an ihnen haben könnte.

Ich blinzelte daraufhin nur unschuldig. Er musste ja nicht umbedingt wissen, dass ich schon so etwas wie Pläne mit ihm hatte. Er schien, ohne voreilige Schlüsse ziehen zu wollen, ein gesundes Ego zu haben. Das musste ich nun nicht noch irgendwie pushen.

"Ich muss gleich mal gucken, was wir dir überhaupt anbieten können. Ich glaube der Kühlschrank ist ziemlich leer", lachte Quentin tatsächlich eine Spur nervös. Süß. Toll wenn man mal wieder so eine Wirkung auf einen Mann hatte. Irgendwie unverhofft und Unerwarteterweise genau das was ich so dringend gebraucht hatte. Einfach mal wieder Bestätigung, in irgendeiner Form, bevor Leonard wieder einen neuen Einfall hatte um mich ja von meinem Job abzubringen.

Ich winkte ab und ließ ihn durch zur Wohnungstür:, "Kein Problem. Ich bin genügsam". Mir würde ein Apfel, eine Birne oder auch eine Banane reichen. Ich müsste nur meine eigene Wohnung irgendwie im Auge behalten können um abzupassen, wenn Leonard sie wieder verließ. Auch wenn sie mich rausgeschmissen hatten, hieß das nicht dass Leonard verschwinden konnte wie es ihm passte. Das wäre ja noch schöner.

"Na dann, komm rein. Mach es dir irgendwie gemütlich und versuch dich mit Joost zu unterhalten, aber das ist in der Regel eher schwierig, von daher schlage ich vor du nimmst mit mir vorlieb", charmant und zuvorkommend wie eh und je. Da wollte mich jemand eindeutig ins Bett bekommen, aber das würde nicht leicht werden!

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