~XXXV.~

„Sie haben einen Höhlentroll!", schrie Aragorn. Viele Pfeile sirrten durch die Luft und legten die ersten Orks um. Legolas und ich schossen jetzt ununterbrochen, während Aragorn auf das Schwert umstieg. Die Orks aber waren so zahlreich, sie flossen geradezu durch die offene Stelle und ein Gefallener wurde durch zehn andere ersetzt. Wir alle kämpften erbittert, und als die Orks direkt vor mir waren, zog ich meine Dolche. Legolas hielt eisern Stellung mit seinem Bogen. Unsere Gegner waren leicht zu töten, doch der Höhlentroll machte die Sache kompliziert. Irgendwann verlor ich im Kampfgetümmel die anderen aus dem Auge. Und so wurde ich erst von einem gepressten Schrei aufgeschreckt. „Frodo!", schrie Sam verzweifelt. Die Zeit schien einzufrieren, doch nach diesen Schrecksekunden töteten wir unsere Feinde schneller als zuvor. Das Bild verschwamm vor meinen Augen und ich schlug blindlings auf alles ein, was sich bewegte. Den anderen schien es ebenso zugehen, und wir alle wollten dieses abscheuliche, gegenseitige Abschlachten nur so schnell wie möglich beenden. Aber erst als Legolas einen Pfeil in den Mund des Trolls schoss und der Koloss tot zu Boden fiel, kehrte Ruhe ein. Alle wandten sich Frodo zu, dem der Höhlentroll einen dicken Pfahl in die Brust gerammt hatte. Der Schock war ihnen ins Gesicht geschrieben. Ich starrte auf seinen Oberkörper und wartete darauf, dass das Blut herausfloss. So intensiv, dass ich nichts mehr wahrnahm, nur noch die unscharfen Umrisse der Gefährten sah und die Frage hörte, die wie ein unüberhörbarer Schrei in der Stille lag. Was sollen wir nun machen, wenn Frodo tot ist?  Weiterkämpfen oder aufgeben? Ich habe nie ein so vielsagendes Schweigen gehört.
Doch plötzlich hustete Frodo und setzte sich auf. „Herr Frodo!" Sam eilte an seine Seite. „Aber... du müsstest tot sein!" Selbst Aragorn und Legolas blickten verwirrt drein. Frodo hingegen machte nur ein wenig schuldbewusst sein Hemd etwas auf. Mithril schimmerte darunter. Ich war überrascht. Wie war er denn da rangekommen? Aber Gandalf schüttelte nur den Kopf und lächelte. „An diesem Hobbit ist mehr dran als das Auge sieht."

Gleich danach schauten wir verschreckt auf. „Ich glaube, das war noch nicht alles", meinte ich und der graue Zauberer nickte. „Lasst uns von hier verschwinden." Wir liefen eilig hinaus, Gandalf voran. Durch dieselbe Halle hetzten wir, die wir zuvor schon gesehen hatten. Trotz unserer Eile und ihrer Leere wirkte sie atemberaubend mit ihrer Größe. Um sie zu bewundern hatten wir jedoch keine Zeit. Von den Pfeilern krochen kleine, hässliche Kreaturen, die das Tageslicht scheuten. Schnell hatten sie uns umzingelt. Wir stellten uns im Kreis auf, die Hobbits in unserer Mitte, bereit, sie zu verteidigen- aber es waren einfach zu viele. Ich war schon darauf gefasst, einen unheldenhaften Tod zu sterben, als plötzlich ein leises Grummeln ertönte. Daraufhin wandten die Orks verängstigt den Kopf und ergriffen die Flucht.
„Was auch immer es war, es hat uns gerettet", hauchte Merry, der sich immer noch an den Arm von Pippin klammerte. „Ja, und es wird uns gleich töten!", meinte Gandalf laut. Ein weiteres Fauchen hallte durch die Mine. „Was ist das, Gandalf?", fragte Legolas erschrocken. Das Rumoren kam näher und wir sahen am Ende des Ganges schon das orange Licht von Flammen. „Ein Feind, gegen den ihr mit euren Waffen nichts ausrichten könnt! Lauft!", schrie er. Wir rannten los, ich hingegen an die Seite des alten Zauberers. „Ist es das, was ich fürchte?" „Ein Balrog." „Ein Dämon der Schattenwelt. Warum um Himmelswillen musstet ihr auch die Minen als euren Weg wählen...?" Kopfschüttelnd blickte ich zu dem alten Mann. „Wir hatten keine Wahl. Erst wollten wir über den Pass des Caradhras ziehen, doch Saruman behinderte unsere Reise. Wir mussten umkehren, und den Weg ließen wir von dem Ringträger wählen; er wählte die Minen." „Eine irrsinnige Wahl, vor allem nach all dem, was passiert ist." „Wir wussten über das schlimme Schicksal der Zwerge nach dem Ringkrieg nicht Bescheid. Woher aber wusstest du dies?" Gandalf blickte mich keuchend an. „Ich las einige Schriften, die darauf hindeuteten und hörte Gespräche mit, die dies zum Thema hatten, aber wirklich glaubte ich es nicht, ehe ich es mit eigenen Augen sah." Eine Weile schwiegen wir beide, nur unser angestrengter Atem war zu hören. Vor uns sahen wir eine Treppe, doch sie endete im Nichts und Boromir wäre fast in ihren tiefen Abgrund gestürzt, doch Legolas hielt ihn rechtzeitig fest. An der Wand führte sie weiter, doch sie war schmal und zu beiden Seiten ging es steil hinunter. Plötzlich erblickten wir den eingestürzten Teil. Legolas sprang zuerst hinüber, dann folgte ihm Gandalf. Danach kam ich zu ihnen. Boromir nahm Pippin und Merry auf den Arm und stieß sich kräftig ab. Gandalf, Legolas und ich fingen sie auf. Aragorn machte Anstalten, auch Gimli zu werfen, doch dieser protestierte lautstark. „Ein Zwerg wird von niemandem geworfen!" Er wollte selbst springen, doch schaffte es nicht ganz. Im letzten Moment ergriffen der blonde Elb und ich ihn gleichzeitig, er allerdings den Bart, während ich den Arm packte. Das Lärmen im Gang über uns wurde lauter. Ein weiteres kleines Stückchen der Treppe bröckelte nach unten. Aragorn und Frodo stolperten wie erstarrt zurück. Ein doppelt so lautes Brüllen ließ uns alle zusammenzucken. Von der Decke löste sich ein Felsen und stürzte oberhalb auf den Weg. Der Teil, auf dem Aragorn und Frodo nun balancierten, neigte sich verdächtig nach hinten. Aragorn sagte etwas zu Frodo, was wir jedoch nicht verstanden. Doch bald sahen wir es. Sie lehnten sich nach vorne, der Teil krachte mit einem ohrenbetäubenden Knall auf den unseren und sie sprangen hinüber. Wir eilten sogleich weiter über die dunkle Schlucht und als wir sie überquert hatten, stellte sich Gandalf dem Ungeheuer. „Lauft weiter zu der Brücke von Khazad-dûm!", rief er uns zu. Die Gefährten stürmten voran, während Gandalf uns den Rücken freihielt. Als wir um die Ecke bogen, sahen wir die Brücke. Naja, "Brücke" war vielleicht etwas hochgegriffen, denn viel mehr als ein schmaler Pfad, aus dem Fels geschlagen, über eine tiefen Graben führend war es nämlich nicht. Trotzdem waren wir dankbar, fast das andere Ende erreicht zu haben. Schnell sprinteten wir hinüber; Gandalf folgte uns mit einigem Abstand. Als wir auf der anderen Seite angekommen waren, hörten wir Gandalf schreien: „Du kannst nicht vorbei!" Dabei hieb er mit seinem Stab auf den Untergrund ein, und als sich der Balrog nähern wollte, bröckelte der Boden unter dem Ungeheuer weg. Einen Moment atmeten wir alle auf, erleichtert, dass diese Gefahr nun auch gebannt war. Der Zauberer blickte noch lange in die schwarzen Tiefen, die die furchteinflößende Kreatur einfach verschluckt hatten. Dann wandte er sich ab. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer nach dieser Anstrengung. In einem Moment der Unachtsamkeit, in dem wir uns alle unverletzt in Sicherheit gewogen hatten, schnellte die feurige Peitsche des Balrog wieder hinaus und packte Gandalf am Fuß. Er konnte sich gerade noch am abgebrochenen Ende der Brücke festhalten. Frodo schaute erschrocken zu ihm und auch Aragorn war schockiert. Eine Schreckenssekunde verging, in der wir uns nicht rührten. „Flieht, ihr Narren." Kaum mehr als ein Flüstern war es, das zu uns hinüber schwebte, bevor er losließ, um sich dem zu stellen, was das Schicksal für ihn ausersehen hatte. Doch es gab Frodo, der das nicht einsehen konnte und wie ein Irrer nach Gandalf schrie. Boromir war zumindest noch so bei sich, dass er Frodo festhalten und hinaus zerren konnte. Legolas trieb die anderen an und ich griff nach Aragorns Ärmel. „Komm, verlassen wir so schnell wie möglich diese Mine. Trauern kannst du später. Sieh doch, die Orks kommen wieder." Aragorn nickte und rannte mir hinterher zum Ausgang.

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