Legolas drängte zum Aufbruch. „Wir müssen uns beeilen. Wir müssen Frodo einholen!", rief er aufgeregt. Dann hielt er inne. „Du hattest nie vor, ihn zurückzuholen, nicht?" Aragorn schüttelte leicht den Kopf. „Er will alleine weiterziehen." „Aber er kennt doch gar nicht den Weg!", meinte der blonde Elb laut. „Hab Vertrauen", meinte ich leise. Er schaute mich lange an. „Hast du es denn?" Schnell senkte ich das Haupt. „Ich hab nie behauptet, dass ich je welches hatte." Noch bevor Legolas etwas erwidern konnte, meldete sich Gimli zu Wort, an dem das alles anscheinend vorbeigegangen war. „Wollen wir nicht die anderen zwei Halblinge retten?" Ich wechselte eilig einen Blick mit Aragorn. „Ähh ja, das wäre durchaus eine überdenkbare Idee", meinte ich ironisch. „Aber besser nicht allzu lange", kommentierte Aragorn und rannte in die Richtung, in der die Uruk-hai verschwunden waren. Wir folgten ihm geschwind.
Bald hatten wir die artenreichen Wälder von Loth Lorién verlassen und folgten dem großen Strom nun in hügeligere, trockene Steppenlandschaften. Immer wieder schaute ich mich aufmerksam um, da ich hoffte, Nocturîan würde mich langsam einholen. Aber nichts regte sich. Inzwischen rannten, besser gesagt joggten wir seit drei Tagen durchgehend, hatten nur kurze Erholungspausen gemacht, in denen wir gegessen und getrunken und manchmal auch ein kleines Nickerchen gehalten hatten. Trotzdem konnte Gimli mit unserem Tempo nicht mithalten. Naja, gerechterweise muss man auch dazusagen, dass Gimli wirklich kurze Beine hatte und wohl beleibt war, wie es sich für einen Zwergen eben gehörte. Ich lief vorne neben Aragorn her und beobachtete mit erhobenem Kopf wachsam die Umgebung. Zum einen, um viel frische Luft einatmen zu können, die typisch für solche offenen Flächen und deshalb nicht durch Waldluft ersetzbar war und zum anderen, um Feinde mit meinen Elbenaugen frühzeitig zu entdecken und die anderen darauf hinweisen zu können. Nach einiger Zeit kamen wir an große Felsen, die einfach in der Landschaft herumlagen. Ich fragte mich, wie sie hier her gekommen waren, denn in unmittelbarer Nähe konnte ich keine vergleichbar gewaltigen Steine entdecken. Aragorns dunkle Haare berührten die raue Oberfläche eines solchen Felsen, als er die Schritte der Uruk-hai verfolgte. "Sie laufen schneller. Als wären die Peitschen ihrer Herren hinter ihnen her", stellte er fest und erhob sich eilig. "Wenn wir sie einholen wollen, müssen wir flink sein und auf den Wind achten. Bestimmt haben sie uns schon gewittert", meinte ich und rannte los, die drei anderen mehr oder weniger schnell hinter mir her.
Irgendwann, gegen Nachmittag, kamen wir an ein Felsplateau in dem verdorrten Grasland. Geschwind sprang Legolas auf einen Felsen und blickte angestrengt in die Ferne. "Was siehst du?", rief Aragorn außer Atem. "Die Uruk-hai rennen in Windeseile westwärts, wie der Teufel, der hinter der Seele herjagt. Sie bringen die Hobbits nach Isengard!"
Nach dieser unerfreulichen Nachricht liefen wir umso schneller über die Landen. Bald kamen wir an eine seltsame Felsformation und hielten an. "Ich höre etwas, aber ich weiß nicht was", teilte Aragorn uns mit. "Pferde", half ich ihm auf die Sprünge. Einen kleinen Moment waren wir ganz leise und ich vernahm deutlich das Donnern der Hufe. "Verstecken wir uns lieber, bevor wir angeklagt werden, heimlich und illegalerweise das Land von Rohan betreten zu haben", meinte Aragorn und schob Legolas, Gimli und mich hinter einen breiten Felsen. Tatsächlich, nach einer Weile kamen Rohirim zum Vorschein, aber sie preschten, ohne uns zu bemerken, an uns vorbei. Fast schon atmete ich auf, als Aragorn aus seinem Versteck trat, hinter ihm der Elb und der Zwerg. „Was machst du?", zischte ich erzürnt und ängstlich zugleich. „Das ist des Königs - Théodens Neffe - Éomer und von ihm können wir sicher Mithilfe erbitten." „Na, ich weiß ja nicht..." Aber Aragorn ignorierte diesen vielsagenden Kommentar und rief nach Èomer. Die Reiterschar machte kehrt, ritt eine große Volte und kreiste die drei ein. „Was treiben ein Elb, ein Mensch und ein Zwerg hier in der Riddermark?", fragte er provokant. „Wir sind keine Spitzel Sarumans, wenn Ihr das denkt." Abwehrend hob Aragorn die Hände. „Was sind eure Namen?", rief Èomer. „Nennt mir Euren, Pferdeherr, und ich werde Euch den meinen nennen", wagte sich Gimli zu sagen. Beinah konnte ich die Spannung in der Luft fühlen, als Èomer von seinem Pferd stieg und seinen Helm abnahm. „Ich würde Euch den Kopf abschlagen, Zwerg, würde er nur etwas höher über den Erdboden ragen." Legolas spannte blitzschnell seinen Bogen und zielte auf Èomer. „Ihr würdet sterben, ehe Ihr zum Streich ausholtet." Aragorn legte dem blonden Waldelben eine Hand auf die Schulter. „Beruhige dich", sagte er auf Elbisch. Plötzlich berührte mich eine weiche Schnauze am Rücken. Hastig wandte ich mich um. Nocturîan stand da, als wäre er nie weggewesen. Ich hatte die nervenaufreibende Situation wohl so intensiv beobachtet, dass ich seine Huftritte nicht gehört hatte. „Wie immer genau im richtigen Moment", flüsterte ich und sprang hinter dem Felsen auf. Sofort trieb ich ihn in den Galopp und schnellte somit aus meiner Deckung. Mit misstrauisch blickenden Augen umkreiste ich die Schar. Èomer nahm das mit hochgezogen Augenbrauen zur Kenntnis. „Und was macht diese Frau hier? Gehört die auch zu euch?" „Ja." Gekonnt sprang er wieder auf sein Ross und setzte sich seinen Helm auf. „Was wollt Ihr?", fragte er mich laut. „Ich beschütze lediglich Freunde", meinte ich kurz angebunden. „Und ihr? Was wollt ihr hier?", wollte er nun von Aragorn, Gimli und Legolas wissen. „Wir suchen unsere Freunde - Hobbits. Sie wurden von den Uruk-hai verschleppt." „Wir schlugen alle nieder in der Nacht", sagte Èomer. „Doch habt ihr Hobbits unter ihnen gesehen? Sie wären klein gewesen, nur Kinder in Euren Augen", drängte Aragorn weiter. „Wir ließen keinen am Leben. Die toten Körper legten wir auf einen Haufen und verbrannten sie." Mit dem Kopf deutete er in Richtung eines Hügels, hinter dem Qualm aufstieg. Legolas' Schultern sanken ein Stückchen hinunter. „Es tut mir leid." Betroffen senkte Èomer den Kopf. Dann pfiff er zwei Pferde herbei - ein Schimmel und einen Fuchs - und ließ sie zu Aragorn bringen. „Mögen diese Pferde euch einem besseren Geschick entgegentragen als ihre letzten Herren." So plötzlich, wie sie aufgetaucht waren, galoppierten sie wieder los und waren schon bald hinter einer Hügelkuppe verschwunden.
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