~X.~
Der Mond stieg am östlichen Himmel auf und erleuchtete den Wald. Die schmale Sichel des inzwischen wieder zunehmenden Mondes schien durch die Baumwipfel über mir. Der Wald wurde lichter und der Baumwuchs spärlicher. Hier würde das sich verbergen schwierig werden. Allerdings hatte ich die Hoffnung, den Wald bald zu verlassen. Dann würde ich sehen, wohin ich gehen würde. Doch erstmal wollte ich ruhen. Dazu kletterte ich auf eine nahe Rotbuche, die viele niedrige Äste hatte und ich erkannte eine breite Astgabel, in der ich die Nacht verbringen wollte. Müde trat ich den Weg nach oben an und ließ mich dann erschöpft in der Gabelung nieder. Heute Abend war ich zu müde, um noch etwas zu essen. Die letzten Tage hatten an meinen Kräften gezehrt und zeigten nun langsam ihre Wirkung. Ich lehnte meinen Kopf an die glatte Rinde und schlief schnell ein.
Am Morgen fiel mir das Augen-öffnen schwer. Meine Glieder waren steif und schwer, von der Nacht auf dem unbequemen Baum. Schwerfällig rutschte ich den Stamm hinunter. Schwache Sonnenstrahlen befleckten den Moosboden unter meinen Füßen. Meine Sinne schliefen anscheinend noch, erst richtig wach wurde ich, als ich gegen Nocturîan lief und mich höllisch erschreckte. Belustigt schnaubte Nocturîan und kniete sich vor mich hin, um mir zu sagen, dass ich aufsteigen sollte. Dankbar tat ich es und er lief los, auch ohne meine Hilfen und in die Richtung, in die ich wollte. Bis zum Mittag liefen wir im langsamen Schritt. Dann hielt ich Nocturîan an, weil ich erkannte, dass es so keinen Sinn hatte, ich musste mich ausschlafen.
Es strahlte mir schon eine tiefstehende Abendsonne entgegen, als ich wieder erwachte. Nachdem ich mich richtig gestreckt hatte und mir Wasser aus einer nahen Pfütze nebenan ins Gesicht gespritzt hatte, war ich richtig wach und stand wieder auf. So schritt ich weiter, wollte jedoch zum Abend wieder eine Pause machen, um meinen fehlenden Schlaf wieder aufzuholen. Als neben mir ein Eichhörnchen erschreckt das Weite suchte, schaute ich auf und sprang leise weiter. Hinter einigen Bäumen wartete ich mit klopfendem Herzen ab, denn ich hatte Schritte gehört. Nocturîan hatte sich seit meinem Erwachen nicht mehr blicken lassen, was merkwürdig war. Mein Herzschlag beschleunigte sich ob der seltsamen Tatsachen. Unmittelbar in meiner Nähe knackte ein Ast. Aufgeregt machte ich mich noch kleiner und hielt die Luft an. So wartete ich einige Sekunden. Nichts passierte. War Nocturîan vor einem Reh davongelaufen? Nein, sicher nicht. Doch mich beunruhigte seine Abwesenheit. Das bedeutete nichts Gutes. Nach zehn Minuten stöhnten meine Muskeln und wollten sich endlich wieder strecken. Außerdem hatte ich etwas Besseres zu tun als hinter einem Busch zu hocken und Angst zu haben. Also stand ich auf und sah mich um. Nirgendwo erkannte ich Anzeichen von Menschen oder etwas Ähnlichem. Ich tat einige Schritte. Noch immer rührte sich nichts. ‚Da habe ich mich um sonst panisch gemacht. Mal wieder.' Entspannt lief ich nun weiter, und tatsächlich geschah nichts weiter Ungewöhnliches. Draußen auf dem offenen Feld wehte ein starker Wind und in dem Halbdunkel der Dämmerung erkannte ich noch, wie sich einige Gestalten am Waldrand versammelten und mir nachblickten. Vorne sah ich eine hochgewachsene, blondhaarige Person im goldenen Licht der Sonne stehen. Dieser jemand hatte seine Haare so gebunden, wie typisch bei Elben. Ich konnte mir den kalten, durchdringenden Blick aus den blauen Augen geradezu vorstellen. Seine Haare flogen im Wind. Doch sie konnten mir nun nichts mehr anhaben. Es war ein unheimlich altes und vor allem ungerechtes Urteil gewesen, weshalb ich die Lande der Elben mied. Sie sahen aus, als ob sie mich gefangen nehmen wollten. Aber sie hatten jetzt nichts mehr gegen mich in der Hand. Sie würden mich ziehen lassen müssen. Als ich wieder nach vorn blickte, bemerkte ich auch Nocturîan, wie er auf mich zu galoppiert kam. Ich konnte nicht anders als zu Lächeln, denn sein Fell stand im Abendlicht der roten Sonne in Flammen. Er lief unruhig um mich herum, und ich sprang auf seinen Rücken. Dann wandte ich mich zu den Elben um und, ich konnte nicht anders, lächelte triumphierend. Nocturîan tänzelte immer noch, aus welchem Grund auch immer. Ich hielt ihn zurück und aus Unwohlsein stieg er. In dem Moment rutschte mir die Kapuze hinunter und meine langen, schwarzen Haare tanzten wild in den Böen. Hoffentlich erkannten sie mich so nicht. Schnell trieb ich Nocturîan zum Weiterrennen an und merkte noch, wie die Elben in den Wald zurückkehrten.
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