~VIII.~
Nach nochmals einigen Stunden erreichten wir einen See, an dem sich anscheinend gerade Angler aufhielten. So verdienten sich die Bauern gerne etwas dazu, da Fisch auf dem Markt eher selten war. Mit gerunzelter Stirn blieb ich hinter einigen Büschen stehen und beobachtete den Mann, der geduldig mit der Angelrute dasaß. Eigentlich hatte ich hier keinen See in Erinnerung. Aber naja, meine Ortskenntnisse waren auch schon einige Jahre alt. Entweder ging ich das Risiko ein, gesehen zu werden und ging geradeaus weiter um den See herum, oder ich umlief den See weitläufig, was allerdings ein Umweg von ungefähr einem Tagesmarsch sein würde. Trotz der Zeitknappheit und der ungewissen Angst vor einem plötzlichen Wintereinbruch entschied ich mich für die längere Variante. Ich ging also noch einmal zurück zu der Stelle, an der sich der Wald in lichtes Unterholz wandelte und folgte seiner Linie, bis es dunkel wurde. Als ich an dem Abend neben Nocturîan lag, überlegte ich mir, dass es doch einfacher gewesen wäre, zurückzugehen und eine Nacht im Wald zu verbringen, denn ich glaubte nicht, dass der Angler die ganze Nacht da sitzen bleiben würde. Zu dumm, aber da ich jetzt einmal diesen Weg eingeschlagen hatte, würde ich nicht umkehren. Ich musste einfach nur weg aus dieser Gegend.
Als der Morgen graute, waren Nocturîan und ich schon lange auf den Beinen und hatte schon ein großes Stück der Strecke hinter uns gebracht. Unterwegs waren wir auch einer Wildschweinrotte begegnet, die schnaufend den Boden zerwühlt hatte auf der Suche nach Pilzen. Weiter hinten im Wald hatte an einem Bachlauf eine Bache mit ihren schon etwas älteren Frischlingen ihren Durst gestillt und verschwand, als sie mich bemerkte, geräuschvoll im Unterholz. Die Kleinen quiekten und rannten ihr hinterher. Noch lange wackelten die Büsche, unter denen sie verschwunden waren.
Bald waren wir wieder auf dem Weg, den ich geplant hatte und wir kamen schnell voran. Wir begegneten niemandem, worüber ich froh war. Den größten Teil des Weges ritt ich auf dem Rücken von Nocturîan. Als die Sonne den Zenit weit überschritten hatte, erkannte ich am Horizont schon den Gebirgszug von Ettenöden. Ich wollte jedoch eine andere Richtung einschlagen. Weiter im Südosten, auf dem Rücken eines Hügels, erstreckte sich ein großer Wald. Zwar hatte ich keine Orientierung im Moment, doch ich war mir ziemlich sicher, dass ich dort den Winter verbringen könnte.
Dunkel wurde es, nachdem die Sonne die Horizontlinie überschritten hatte, und wir hielten an. Der Tag war anstrengend gewesen, und ich hatte allein in diesen zwei Tagen einen dreiviertel Laib gegessen. Bevor ich schlafen ging, aß ich gewöhnlich nichts, und da ich keinen Bach in der Nähe hörte, legte ich mich schlafen.
Der Morgen machte sich durch prasselnden Regen bemerkbar, der uns unter dem Blätterdach des gestern noch schnell erreichten Waldes glücklicherweise nicht sehr betraf. Heute würden wir ohnehin nicht weit kommen, also machten wir uns auf durch den Wald, um einen Wasserlauf zu finden. Schon nach kurzer Zeit waren meine Sachen durchweicht, ebenso wie Nocturîans Fell, was ihm nun nur noch am Körper klebte. Ich, mit vor Nässe triefenden Haaren, und Nocturian, mit hängenden Ohren, suchten weiter und fanden sogar einen kleinen Weiher, an dem eine Tanne und einige Trauerbuchen standen und unter denen wir unsere Sachen ausbreiteten, um sie trocknen zu lassen. Wobei ich mir keine Hoffnungen machte, wenn es so weiter regnete. Dann war die Luft zu feucht, um irgendetwas zu trocknen. Nocturîan legte sich sogleich hin und platzierte beleidigt seine nasse Nase auf seinen Beinen. Ich begann den Dreck von den Tagen meiner Reise aus meiner Weste zu waschen. Mit meiner Hose machte ich es genauso, nur mein Oberteil war nahezu perfekt sauber. Nachdem ich sie zum Abtropfen an einige Zweige gehängt hatte, füllte ich meine Wasserreserven auf und aß nebenbei gleich etwas von dem Brot. Dann nutzte ich die Gelegenheit, die ich schon seit Wochen nicht mehr gehabt hatte und wusch mich gründlich. Auch dieser ruhige Tag verging wie im Flug, doch ich merkte, dass mir die Ruhe gut getan hatte. Als es ans Schlafen ging, hatte ich erst keine Lust, doch ich zwang mich dazu und schlummerte letztendlich, nach einigem hin und her drehen doch ein.
Der nächste Morgen war nicht wirklich wunderschön. Es war trüb und vom Regen am letzten Tag stieg über den Wäldern Nebel auf. Es war kälter geworden und es regnete leicht, aber stetig. Trotz alledem beschloss ich weiterzureiten, weil wir ohnehin schon viel Zeit eingebüßt hatten. Wir hatten schon zu viel Glück gehabt, dass es noch nicht geschneit hatte. Ich wollte mein Glück wirklich nicht herausfordern.
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