~III.~

Irritiert von den vielen Menschen blieb ich mitten auf dem Weg stehen. Ein gut gekleideter junger Mann rannte in mich hinein.
„Aua! Was steht Ihr denn auch mitten auf dem Weg? Seht Ihr nicht, dass ich es eilig habe?!", meckerte er und sauste davon. Empört blickte ich ihm nach. Er war in mich hineingerannt, da entschuldigt man sich doch normalerweise. Doch er hatte wieder nur etwas zu nörgeln. ‚Diese Menschen...'

Auf einmal sprach mich eine ältere Dame an. „Braucht Ihr Hilfe?", fragte sie freundlich.
Dankend schüttelte ich den Kopf. „Nein danke. Ich muss mir nur etwas Überblick verschaffen", meinte ich.
„Na, wenn Ihr meint...", sagte die Frau und ging wieder in die Richtung, aus der sie gekommen war. Meine scharfen Augen erspähten einen Mann, einen Elben, der im Schatten eines Hauses stand und mich beobachtete. Ich dachte mir nichts weiter und lief geradeaus.
An einem Abzweig bog ich in eine kleine Seitengasse auf der linken Seite. Als ich an ihrem Ende angekommen war, erblickte ich schon das Schild des Wirtshauses ein paar Häuser entfernt. Ich blickte nochmals zurück, vielleicht aus Gewohnheit, um zu prüfen, dass ich nichts verloren hatte, oder um mir den Weg einzuprägen. Ich wusste es nicht genau, doch ich sah einen Elbenmann, wie er hinter einem Fensterladen stand und sich nicht rührte. Wahrscheinlich dachte er, ich würde ihn nicht sehen. Es war derselbe Elb wie vorhin. ‚Hat jemand Spitzel nach mir gesandt?', fragte ich mich. Doch das war unwahrscheinlich, denn ich war unbekannt und hatte nichts, was andere nicht hatten. Naja, bis auf meine Sinne und meine Waffen. Mein Bogen war mit viel Mühe gebaut worden, und an den Enden mit rätselhaften Runen verziert worden. Mir persönlich war er sehr viel wert, doch ich wusste nicht um seine tatsächliche Kostbarkeit, falls er eine besaß. Meine Pfeile bedeuteten mir viel, ich brauchte sie zum Jagen, um mich zu verteidigen und noch zu vielem mehr konnte man sie brauchen. Wenn ich etwas erlegt hatte, zog ich den Pfeil so gut wie immer heraus, es sei denn er war kaputt. Sonst säuberte ich ihn und benutzte ihn wieder. Trotzdem ging mein Vorrat an Pfeilen verdächtig schnell zu Neige. Deshalb baute ich mir neue Pfeile, so oft es ging. Nie hatte ich Langeweile, ich jagte, aß oder schlief, und immer musste etwas geflickt oder repariert werden, neue Sachen mussten beschafft werden, wenn sie sich dem Ende neigten.

Inzwischen war ich am Rand des kleinen Dorfes angelangt. Von hier aus kam ich schnell an meinem Winterquartier an. Nocturîan, war schon da und wieherte mir entgegen. Ich streichelte ihn kurz, bevor ich mich abwandte. Hier hatten die Sonnenstrahlen anscheinend gerade erst die ersten Bäume berührt. Alles war noch nass, doch die Sonne trocknete es bereits. Sofort kletterte ich den dicksten Baum hinauf, um zu sehen, ob mein Quartier für den frühen Winter unversehrt war und hängte in dem Atemzug auch gleich die bunte Flickendecke an einige starke Äste. Die geflochtenen Zweige und Grashalme in einer großen Astgabel waren so, wie ich sie verlassen hatte. Nur das behelfsmäßige Dach aus Moos, Gras und dünnen Zweigen war teilweise eingebrochen. Wobei daran wahrscheinlich das Wetter schuld war. Etwas mürrisch machte ich mich daran, es wieder intakt zu setzen. Ich hatte gehofft, dass nichts dazwischen kommen würde und ich mich aufgrund der anstrengenden Reise vor dem Treffen heute Abend noch einmal erholen könnte, doch daraus wurde wohl nichts. Nach einer mühevollen Ewigkeit, die Sonne stand nun schon verdächtig tief, war ich endlich fertig und kletterte hinunter, um etwas Kleines zu essen. Dann ging ich zu dem fröhlich vor sich hin plätschernden Bächlein, an dem auch Nocturîan graste. Als er mich bemerkte, schnippte er nur kurz mit den Ohren. Die Kommunikation war eigentlich recht einfach zwischen uns. Wenn einer von uns es eilig hatte, kam er gerannt oder machte es anderweitig, also durch Ungeduld bemerkbar. Viel mehr gab es nicht. Wir teilten uns mit und bemerkten alles Wichtige sofort. Wenn es mal nichts Wichtiges gab, war unser Kontakt relativ begrenzt. Ein Mal Kraulen und Streicheln war immer möglich, doch meistens, weil ich etwas zu tun hatte, saßen wir nur beisammen und schwiegen. Oder ich schlief oder baute Pfeile oder flickte oder nahm erbeutete Tiere aus... Wobei bei Letzterem Nocturian meist das Weite suchte wegen dem eisenhaltigen Blutgeruch.
Unser Verhältnis war der Vorteil in der Nähe des anderen. In der Wildnis ging es nicht um Freundschaft, sondern um Überleben. Er verstand es und ging auch so mit meinem Verhalten um.

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