Wissen oder Unwissen?

Alexander

Ich schlafe diese Nacht eher schlecht als recht. Ständig schwirren mir die letzten Wochen durch den Kopf und ich habe das Gefühl irgendetwas übersehen zu haben. Immer wieder gehe ich alles durch und trotzdem kann ich mir die Frage, warum Etta behauptet hat mit Magnus zusammen zu sein, nicht beantworten.

"Brüderchen?" Die Stimme aus dem Telefon, die zu meiner liebreizenden Schwester gehörte, holte mich wieder aus meinem Gedankenkarussell. "Entschuldige, Iz. Ich versuche nur gerade selbst darauf zu kommen." Ich hatte ihr natürlich alles erzählt. Aber selbst ihr innerer Sherlock Holmes konnte mir nicht helfen. "Und du vertraust Magnus?" Die Frage ließ mich sofort vollkommen munter werden. "Natürlich. Ich würde ihm alles vertrauen. Mehr als Etta."

Für mich kam es eigentlich gar nicht in Frage, das mich Magnus anlügt. Mir erschien er immer sehr ehrlich. Er würde seine Freundin nicht verheimlichen. Er steht zu seinen Entscheidungen und zu den Personen, die er liebt. Selbst von seinem Vater hat er erzählt.

Als es an dem Telefon ruhig bleibt, verstehe ich worauf Izzy hinaus möchte. "Du hast Angst, das ich mich wieder selbst vernachlässige." stelle ich dann fest. "Nein, ich möchte nur nicht, das du verletzt wirst. Oder das er es nicht ernst meint." Ein schiefes lächeln bildet sich auf meine Lippen. "Iz, wie wir schon gesagt haben, ich weiß nicht was das da ist. Eigentlich weiß ich nur, das ich mich gut in seiner Nähe fühle. Ich habe mir selbst gestern Gedanken gemacht, das ich mich nicht richtig verhalten würde gegenüber seiner Mutter."

Ich höre ihr lachen. Wenn sie jetzt hier wäre, würde sie mit dem Finger auf mich zeigen. Ihren Kopf wird sie so oder so schütteln. "Wow, Alec. Nenn mir bitte eine Situation wo du dich mal nicht richtig oder höflich verhalten hast. Nur eine einzige." Dieses mal bin ich es der Still bleibt.

"Weißt du noch bei meinem Abschlussball? Der Reißverschluss hat sich verhakt mit dem Stoff. Mum wurde auch ganz nervös und selbst Dad' Hände haben gezittert. Du bist ruhig geblieben und hast selbst den Reißverschluss wieder hinbekommen." Ich muss lächeln. Dieser Abend hätte nicht chaotischer sein können. "Du hast mir die Fingernägel lackiert, weil ich es vor Aufregung nicht hinbekommen habe."

Ich wusste nicht wie konzentriert man beim Fingernägel lackieren sein muss. Aber ich hatte ziemlich schnell den Dreh heraus. Zumindest war sie mit dem Ergebnis und nur allein das zählt. "Aber du wurdest dabei ruhiger und am Ende sind wir doch alle entspannt dahin gefahren." Ich sehe zu meinem Kühlschrank. Genau von diesem Ereignis hängt dort, durch einen Magneten befestigt, ein Bild. Ich sitze im Anzug am Küchentisch. Gegenüber sitzt Izzy, komplett frisiert und in einem glitzernden Kleid. Ich lackiere ihr die Fingernägel, während sie mich dabei beobachtet.

"Das lag an dir." Unmerklich schüttle ich den Kopf. "Danke." flüstere ich dann leise. ich bin dankbar für diese Chaoten von Schwester. Ich hätte mir den Abend nicht entspannter vorstellen können. "Hey, hör auf damit. Ich werde sonst emotional und ich habe gleich eine Vorlesung bei dieser schönen Lehrerin. Meine Wimperntusche darf nicht verlaufen. Außerdem treffe ich mich dann noch mit einem Austauschschüler ebenfalls aus New York."

Izzy war zwar heterosexuell, allerdings hat sie schon immer offen und ehrlich zugegeben wann sie eine andere Frau schön fand. Es passierte viel zu selten. Lieber verglich man sich mit jeder einzelnen Frau, anstatt einfach zu sagen, das sie schön ist und man selbst auch. Man ist gut so wie man ist. Izzy hat mir damit ein kleines Stück geholfen, ebenfalls mal zu sagen, wenn ich einen Mann attraktiv fand.

"Ok, dann viel Spaß. Pass auf dich auf und ja ich melde mich bei dir." Auch sie verabschiedet sich und nachdem ich den Abwasch gemacht habe, mache ich mich auf dem Weg zum Traumleser. Ich war nie eine Person die vor irgendetwas nervös oder aufgeregt war. Aber gerade nahmen meine Gedanken doch wieder fahrt auf. Dabei wusste ich gar nicht wie viele Runden das Karussell schon hinter sich hatte.

Etta kam mal wieder viel zu spät. Ich betrachtete die Frau, die ich mittlerweile schon knapp fünf Jahre kannte, eingehend. Äußerlich hatte sie sich nicht verändert. Nur ihr auftreten war nicht mehr so extravagant, wie vor ihren Urlaub. Ihr inneres schien so gespalten, wie ein Blatt Papier was man so oft es ging gerissen hatte und jetzt kein Teil mehr so richtig zusammenpasste. Von Tag zu Tag wurde es deutlicher.

Noch bevor ich mit ihr reden konnte, hörte ich vielen Kunden zu und versuchte wieder für jeden das bestmögliche Buch zu finden. Erst als wir den Laden abschlossen, kehrte eine bedrückende Stille in die Wände. Sie schienen plötzlich so mächtig. Gerade jetzt musste ich die richtigen Worte finden. Diese Sache musste etwas persönliches sein und es bedachte mehr als Feingefühl. Ich wollte nicht das sie sich bedrängt fühlte. Ich wollte sie auch nicht aushorchen wie bei einem Verhör.

"Etta?" frage ich dann und sehe zu der Frau, die gerade die letzten Bücher einsortiert. Sie dreht sich zu mir und sieht mich dann fragend an. Das Ladentelefon unterbricht mein vorhaben. "Merk dir was du wolltest. Ich bin gleich wieder da." Mit Schwung dreht sie sich weg. Dabei fällt etwas aus ihrer Jackentasche, die sie immer zu tragen scheint.

Ohne irgendeinen Hintergedanken hebe ich es auf. "Etta du hast hier etwas.... verloren." Ich stocke sobald meine Augen etwas so bekanntes erblicken. Es ist ein schwarz-weiß Bild. Die dunkeln Haare sind nur leicht gestylt. Die Lippen sind zu einem Lächeln verzogen. Der Blick ist auf etwas in der Ferne gerichtet. Der Mann hat eine asiatische Herkunft. Dabei sieht er noch Relativ jung aus. Vielleicht Mitte zwanzig. Nur das Make up fehlt.

Eigentlich ist er perfekt...Über Etta' Gesicht legte sich ein kurzer Schatten.. Ich weiß gar nicht ob wir groß zum reden kommen...sichtbaren Flecken auf ihrem Hals...Etta hatte noch nie viel über ihr Liebesleben geredet..im Grunde genommen wusste ich nichts...ja es gab Spagetti mit Bolognese und Parmesan... er mochte es sehr...Ihr habt euch wieder getroffen?...Ich esse kein Fleisch und kein Fisch...das scheint dir bei Magnus ja auch nichts auszumachen...er ist vergeben und das an mich...deswegen habe ich auch vegetarische Bolognese gemacht...wie ich bereits erwähnte, sie weiß nichts von der Zeit vor dem Traumleser und auch nicht währenddessen... das beruht auf Gegenseitigkeit...Magnus hat mir erzählt, das er von deinem Alter etwas geschockt war...er kennt dieses Café auch?..Hast du keine Angst deine Zeit nicht richtig zu nutzen?...Sie hat sich verändert seitdem sie Urlaub hatte...Ich habe mit ihr genau genommen erst zwei mal geredet...Es könnte eine Giraffe sein...ich dachte eher an einen Löffel....

Es ist nicht wichtig, was du betrachtest, sondern was du siehst..

Einzelne Wortfetzen schlagen wie ein Komet in meinem Kopf ein. Ich versuche alles zu verarbeiten und irgendwie zusammen zu fügen. Wieder und wieder sehe ich auf dieses Bild und merke dabei nicht, wie Etta vor mir steht. "Das muss ich wohl verloren haben." Ihre Stimme ist scharf wie ein Messer. Sie nimmt das Bild was ich ihr entgegen halte und steckt es dann zurück. "Du warst nie mit Magnus zusammen und du warst auch auf keinem Date mit ihm, richtig?"

Ich kann ihren Blick nicht deuten, er erscheint so unbekannt. „Hör auf, Alec. Ich möchte das nicht hören." Unmerklich schüttle ich den Kopf. „Ich möchte dich nur verstehen." Etta schnaubt und kehrt mir dann den Rücken zu. Ich bin auf das was kommt nicht gefasst, doch ich hoffe richtig zu reagieren.

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