Glück oder Segen?

Alexander

Nachdem sich Magnus vollständig beruhigt hatte, gab er mir die richtigen Klamotten. Dabei behielt er dieses schmunzeln in den Augen und ich wollte, das er es nieder ablegte. Er hatte mich vollkommen unerwartet erwischt und dafür war ich ihm sehr dankbar.

Auch diese Jogginghose war etwas kurz aber zumindest schon mal besser als die letzte. Eigentlich hatte ich jetzt nur noch ein Problem. "Magnus" wie ein bockiges Kind kam ich aus dem Badezimmer. Dabei hatte ich sein Shirt in der Hand. Wie ein Wirbelwind tänzelt er aus dem Wohnzimmer und sieht mich dann wieder grinsend an. "Ich bekomme diesen Bieber nicht los."

Ich bekam das viel zu kleine Shirt einfach nicht mehr aus und nach einem kleinen Kampf, wo mein Ellenbogen Bekanntschaft mit der Wand gemacht hatte, erkannte ich das ich es nicht alleine schaffen würde. "Was ist wenn ich dir nicht helfen?" Mit einem herausfordernden Blick kam er auf Zehenspitzen laufend, auf mich zu.

Schon zu beginn ist mir aufgefallen, das Magnus eine andere Gangart hat. Er setzt nicht wie die meisten Menschen seine Fersen zu erst auf den Boden sondern meist seine Zehenspitzen und lässt sich dann darauf abrollen. Er macht das eigentlich nur sobald er seine oder auch meine Wohnung betritt. Ich liebe es, sowas bei ihm zu beobachten. So geduldig er bei mir war, so ungeduldig ist er bei Sachen auf die er sich freut. Sei es das Eis oder dieser Fernseher Abend. Zudem habe ich festgestellt, das er sehr gerne auf den Bauch liegt.

"Dann reißen irgendwann die Nähte. Oder ich nehme diese Haltung für immer an und laufe dann herum wie ein halber Zombie." Ich verziehe mein Gesicht und bringe ihn dann somit wieder zum schmunzeln. "Ich war noch nie mit einem halben Zombie zusammen. Kannst du mir mehr darüber erzählen?" Lächelnd kann ich nur den Kopf schütteln. "Nein das wäre auch für mich erstaunlicherweise eine neue Erfahrung."

Magnus Hände wanderten zu dem Saum des Bieber Shirts. Dabei traf Haut auf Haut. Ich zuckte kurz zusammen. Die Berührung schien sich wie eine wohltuende Lotion in meine Haut festsetzten, spürte somit seine Hände noch auf mir, obwohl sie schon gar nicht mehr da waren. Es war die Illusion einer Empfindung, die nicht mal der größte Künstler wieder geben konnte. Sie schien immer da zu sein. In dem Augenblick war ich mir sicher, das er mein persönlicher Tätowierer war. Seine Fingerspitzen waren die Nadeln. Dabei war es nicht schmerzhaft sondern ganz elektrisierend. Seine Berührungen wären immer da. Ich würde sie immer spüren und genau deswegen werde ich auch diesen Moment lieben, wo er seine Illusionen an meinem ganzen Körper verewigt.

"Ich wusste nicht das du so empfindlich bist." Magnus hatte jede Regung in mir wahrgenommen. "Habe ich dir schonmal erzählt, das nicht nur das Leben ein Instrument ist, sondern auch der Körper eines Menschen. Dabei hängt die Resonanz davon ab, wer einem berührt. Deine Berührungen zeigen mir wie es ist Magie auf der Haut zu spüren und das ist so vollkommen neu. Es wäre etwas falsch wenn ich nicht empfindlich darauf reagiere."

Mein Freund ergreift wieder den Saum des Shirts und dieses mal kann nur er das zucken meiner Muskeln spüren. Leicht lächelt er. "Als du mich gestern im Treppenhaus umarmt hast... da war ich gar nicht mehr fähig mich zu bewegen. So stark waren deine Arme. Und dennoch habe ich mich noch nie so unendlich frei gefühlt. Deine Augen haben ein ganz eigenes Vokabular und es ist wahrscheinlich die schönste Sprache, die ich je lernen werde."

Berührt von diesen Worten verbinde ich unsere Lippen zu einem Kuss und dieser schien von außen vielleicht harmlos, doch in mir brodelte der Vulkan der Leidenschaft. Ich wollte nie mehr andere Lippen spüren, nie mehr etwas anderes fühlen, einfach nie mehr ohne ihn sein.

Wir unterbrachen den Kuss als Magnus versuchte elegant mir das Shirt auszuziehen. Das wurde im Endeffekt nichts. Während Magnus an dem Stoff zog versuchte ich mich dagegen zu bewegen. Wir fluchten und lachten gleichzeitig. Dieser Abend schien so wunderbar. Ich wollte das er nie endete.

Irgendwann schafften wir es. Wir jubelten als hätten wir einen neuen Weltrekord aufgestellt. Mit Magnus fühlte sich selbst das verrückteste normal an und das hatte ich bis jetzt nicht bei vielen Menschen. Dabei war doch gerade solche ausgelassenen Abende, wo die eigenen fünf Minuten die jeder Mensch mal hatte, nicht umgingen sondern man einfach mal den Ernst des Lebens vergisst.

Mit einem passenden Shirt und Kaktus Eis, saßen wir auf dem Sofa. Er lehnte an meinem Oberkörper und gemeinsam sahen wir 'Dirty Dancing'. Magnus konnte gefühlt jeden Satz mitreden und gerade das mit der Wassermelone brachte er sehr gut rüber. Immer wieder musste ich ihn küssen. Es war wie eine Sucht. Ich konnte nicht damit aufhören.

Das Ende sahen wir ingesamt fünf mal, wobei wir bereits beim dritten mal gemeinsam den Text laut und schräg mitsangen. Schon lange standen wir auf dem Sofa und nutzten es als Bühne. Wir strengten uns nicht mal an die Töne zu treffen. Dafür waren wir umso dramatischer in unseren Bewegungen. "So I'll tell you something. This could be love because I've had the time of my life.."

Irgendwann forderte mich Magnus sogar auf zum tanzen. Er zeigte mir die Schritte und auch wenn wir so sturzbetrunken vor lachen und Glückseligkeit waren, legten wir einen halbwegs passablen Tanz hin. Zumindest spürte ich seinen Rhythmus im Blut und die Eleganz seiner Bewegung. Ich fühlte das Beben seines Lachens an meinen Körper. Wir waren wie füreinander gemacht.

Nachdem Film aßen wir ein weiteres Eis und redeten wirklich einfach nur sinnfreien Zeug. Ich hatte mittlerweile meinen Zuckerbedarf gestillt und neigte zur Hippeligkeit, was Magnus überhaupt nicht zu stören schien. Er war genau so verspielt und los gelöst wie ich.

"Alexander?" Mit einem kurzen "Hm" gab ich ihm zu verstehen, das meine Aufmerksamkeit voll und ganz ihm galt. "Hast du ein Kaktus Eis gegessen oder knistert es etwa zwischen uns?" Ich kicherte und war sogleich froh, das wir wieder auf dem Boden lagen.

Wir hätten uns in diesem Moment auch anschweigen können, es wäre trotzdem das schönste für mich gewesen. "Oh ich kenn auch einen." Kurz räuspere ich mich. "Ist es hier heiß drin oder liegt es an dir?" Nun fing er auch leise an zu lachen. "Tat es eigentlich weh als du vom Himmel gefallen bist?" Ich versuche ernst zu schauen. "Endlich fragt mich mal jemand. Der Sturz war so schmerzhaft. Die blauen Flecke konnte ich gar nicht zählen, so viele waren es."

Magnus gibt mir einen liebevollen Boxer gegen meinen Oberarm und sieht mich dann grinsend an. Sein Blick wird liebevoll und so sanft, das ich angst habe wie ein Schneemann in der Sonne zu schmelzen. "Was?" Unmerklich schüttelt er den Kopf. "Ich hätte einfach nicht gedacht, das du es schaffst, selbst meinem Lieblingsfilm eine vollkommen neue Bedeutung zu schenken."

Ich ziehe ihn an mich und küsse seine bereits geschwollenen Lippen. Ich frage mich wie ich je wieder damit aufhören soll.

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