Part 6: Der Traum und die Folgen
Ich hatte in dieser Nacht einen komischen Traum. Ich sah Harkirat und mich in New York spazieren. Auf einmal hörte ich eine Stimme hinter mir. „ Seerat, geh nicht mit Harkirat. Er wird dich nicht glücklich machen!" Ich drehte mich um und sah Mightyy. Er streckte eine Hand nach mir aus. Ich wollte auf ihn zu rennen, aber irgendwie waren meine Füße wie im Boden verwurzelt. Ich konnte mich keinen Zentimeter bewegen. Ich spürte Tränen meine Wangen runter laufen. Ich wollte nicht bei Harkirat bleiben. Ich wusste, dass er nicht für mich bestimmt war. Plötzlich kamen meine Eltern und umarmten Harkirat. „ Beti, wenn du gehst, wirst du von uns nichts mehr bekommen. Du wirst tot sein für uns! Du bist eine Schande für uns! Du kannst froh sein, dass wir Harkirat akzeptiert haben!", sagte mein Vater ernst. Ich blickte hilflos zu meiner Mutter, aber sie schüttelte den Kopf. Ich drehte mich ein letztes Mal zu Mightyy um und formte mit meinen Lippen: „ Ich liebe dich so sehr!" Dann wandte ich mich ab und folgte meinem Zukünftigen und meinen Eltern.
Dann wachte ich schweißgebadet auf. Ich sagte zu mir: „ Seerat, alles ist gut. Du liebst Mightyy gar nicht. Du liebst Harkirat. Mit Harkirat wird deine Zukunft sehr gut werden!" Doch ein kleiner Teil war nicht ganz überzeugt. Ich schenkte diesem jedoch gar keine Beachtung. Ich stand auf und ging ein bisschen in meiner Wohnung spazieren. Dann hatte ich mich wieder unter Kontrolle. Ich legte mich wieder in mein Bett und schlief nach einiger Zeit wieder ein.
Am nächsten Morgen wachte ich auf und fühlte mich immer noch komisch. Ich wusste nicht was los mit mir war. Der Traum und die Begegnung mit Mightyy war immer noch in meinen Gedanken. Ich war mit Harkirat verlobt. Ich musste mir diese Gedanken aus den Kopf schlagen. Ich zog mich schnell an und trank meinen Kaffee. Dann ging ich in die Arbeit. Ich konnte mich anfangs kaum konzentrieren und Samara merkte dies sofort. Ich erzählte ihr von meinen Traum als wir eine Pause machten. Sie beruhigte mich und sagte: „ Mach dir keine Sorgen, Seerat. Alles wird gut!" Ich nickte zuversichtlich und arbeitete weiter.
Während ich heimging, rief ich dann Vishaal an. Er nahm beim ersten Klingeln ab. „ Seerat, wie geht es dir? Was ist passiert?", wollte er gleich wissen. Ich berichtete ihm von meinen Traum und von den Geschehnissen der letzten Wochen. „ Seerat, liebst du Harkirat oder Mightyy? Denke nicht an deinen Ruf oder deine Pflichten. Was sagt dir dein Herz?" Ich seufzte und wusste gar nicht was ich darauf antworten sollte. Ich liebte Harkirat seit Ewigkeiten. Oder hatte sich dies geändert? Hatte ich mich ganz leise und unbemerkt in Mightyy verliebt? Was war nur los mit mir? „ Seerat!", riss mich Vishaals Stimme aus meinen Gedanken. „ Ich weiß es nicht. Ich verstehe mich selbst nicht mehr!", flüsterte ich dann. Vishaal hörte meine Verzweiflung und riet mir: „ Geh doch in den Gurdwara. Vielleicht geht es dir dann besser. In Indien hat es dir immer geholfen. Und wenn etwas passieren sollte, ich bin da immer für dich!" Ich bejahte und verabschiedete mich dann.
Ich beschloss danach, da es erst 17 Uhr war den Ratschlag von Vishaal zu beachten und in den Gurdwara zu gehen. Davor ging ich schnell nach Hause und zog mir ein blaues Shalwar Khameez an. Dann ging ich zum Gurdwara. Ich wusste, dass das wenn ich traurig war, half mir das mich zu beruhigen. Ich berührte wie immer den Boden vor der Tür und strich mir über den Kopf. Anschließend trat ich ein und wusch mir Hände und Füße, nachdem ich meine Schuhe und meine Jacke abgelegt hatte. Der Klang von Gurbani empfing mich und sofort spürte ich eine gewisse Ruhe. Ich ging hinauf in den Raum, wo der Guru Granth Sahib Ji angebracht war. Ich richtete meine Kopfbedeckung, dann verbeugte ich mich vor dem heiligen Buch und schloss meine Augen. „ Waheguru, bitte gib mir Kraft und Stärke die richtige Entscheidung zu treffen. Bitte gib mir ein Zeichen, was mein Weg ist. Bitte, ich will nicht mehr verwirrt sein. Ich will glücklich sein und zufrieden!", betete ich. Dann umrundete ich das Buch und verbeugte mich abermals. Dann setzte ich mich auf den den Frauen zugewiesen Seite. Ich schloss die Augen und hörte dem Granthi zu, der das abendliche Gebet sagte. Langsam kehrte Ruhe in mir ein und ich entspannte mich. Ich liebte es in Gurdwara zu sein. Ich war zwar nicht getauft aber ich fühlte mich sehr verbunden mit dem Sikh-Glauben.
Als der Gottesdienst beendet war, aß ich schnell, half noch beim Abwaschen und ging nachhause. Ich fühlte mich in der Tat besser. Meine Verwirrung und Verzweiflung war fast verschwunden. Doch als ich meine Wohnung aufschliessen wollte, sah ich vor der Tür Mightyy. Ich blickte ihn verwundert an und er erklärte: „ Du hast nicht abgehoben, Seerat! Ich hab dich ur oft angerufen. Ich wollte dich sehen!" Ich zog sofort aus meiner Tasche mein Handy und sah abwesende Anrufe von Mightyy. Ich entschuldigte mich: „ Das tut mir sehr leid. Ich war im Tempel und deswegen habe ich nicht abgehoben!" Er nickte und ich sperrte auf. „ Darf ich rein kommen?", wollte dann Mightyy von mir wissen. Ich bejahte und wir traten ein. Ich legte meine Sachen ab und ging ich die Küche. Mightyy tat es mir gleich. Ich bereitete einen Chai zu und wir tranken ihn schweigend. Dann brach ich die Stille: „ Was hat dich zu mir gebracht?" Als ob Mightyy nur darauf gewartet hätte, begann er zu erzählen:
„ Ich will dir meine Geschichte erzählen. Nachdem du und Harkirat zusammen gekommen seid, gingen Karman und ich in die USA nach San Francisco. Wir bauten uns ein neues Leben auf und es war alles gut. Wir waren glücklich zusammen und planten die Hochzeit. Nur dann fing es an. Karman arbeitete ja und bei der Arbeit traf sie jemanden. Er war Amerikaner, gutaussehend und so alt wie wir. Schnell hatte er sie erobert und sie begannen eine Affäre. Doch eines Tages bekam ich davon Wind und verliess sie sofort. Sie versuchte erst gar nicht mich aufzuhalten. Und ich beschloss sofort nach New York zu ziehen, da ich dort ja Verwandte hatte. Aber mein Herz war gebrochen. Ich war so traurig. Ich konnte es kaum glauben, meine Liebe verliess mich. Ich habe schnell Freunde wieder gefunden.
Aber sie konnten nicht meinen Schmerz lindern! Ich bin seit der Trennung wie ein Geist. Meine Freunde haben mir viele Frauen vorgestellt, aber mir hat keine gefallen und keine konnte mich begeistern und aus meinem Kokon locken. Mein Herz ist immer noch gebrochen, Seerat. Es tut immer noch so weh!" Ich unterbrach ihn mit einer festen Umarmung, die er zögernd erwiderte. Ich wollte Mightyy nicht unglücklich sehen. „ Mightyy, ich werde dir deine Freunde wiedergeben. Ich weiss, dass das der Grund ist, warum wir uns wieder getroffen haben. Ich will dich wieder lächeln sehen!", sagte ich. Mightyy sah mich ungläubig an und horchte aus: „ Seerat, du weißt doch genau, was ich will! Wir beide wissen, dass sehr gut. Ich weiss, dass es nicht in dein Leben passt, aber bitte sei mir wenigstens eine gute Freundin!" Ich seufzte und bejahte. Wir blickten uns in die Augen und es schien mir so, als ob er geradewegs durch mich blickte und mich total verstand. Die Augen von Mightyy waren anders als die von Harkirat, viel sanfter und weniger fordernd. Wir redeten noch sehr lange an diesen Abend. Es war der Beginn einer Zeit, die mir später viel Kraft geben sollte. Die Zeit, in der ich mich wirklich in Mightyy verliebte und mein Herz an ihn verlor.
Die nächsten Wochen wurden wunderschön. Als Vishaal dann kam, machten wir viel mit Samara und Mightyy. Irgendwie blühte Mightyy auf und es ging ihm besser. Wir lachten viel und machten viele Ausflüge. Meine Arbeit ging auch sehr gut. Mein Leben war perfekt. Ich war froh in New York zu sein und ich veränderte mich. Vishaal bemerkte das. Jedoch sprach er das nicht. Die Zeit, die ich mit Mightyy verbrachte, war echt besonders. Obwohl Samara und Vishaal dabei waren, verlor die Zeit nicht ihren Zauber. Wir konnten über alles reden und ich war immer sehr froh so einen guten Freund wie ihn zu haben. Ich dachte damals nie, dass das was ich für ihn empfand nicht Freundschaft sondern die wahre Liebe war. Doch damals war ich noch zu naiv und war nicht ehrlich zu mir. Mit Harkirat lief auch noch alles gut. Er ahnte nichts von dem Sturm, der sich zusammenbraute. Er dachte, dass alles beim Alten war. Dabei war nichts mehr wie zuvor.
Eines Tages sprachen Samara und Vishaal mit mir. „ Du liebst ihn, Seerat. Sag nicht nein!", brach es sofort aus Vishaal heraus. Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte. Ich prustete sofort los: „ Das ist ja lustig, Vishaal! Wie kannst du denken, ich liebe Mightyy. Er ist mein Freund, nicht mehr. Ich bin ja mit Harkirat verlobt!" Doch Vishaal beharrte: „ Du liebst ihn, du weißt es nur noch nicht. Du wirst es eines Tages verstehen, aber vielleicht wird es zu spät sein. Ich hoffe für dich, dass du dich nicht wehrst sondern sie da sein lässt. Damals vor zwei Jahren hast du dich ja schon in Mightyy verliebt. Er hat dich verzaubert. Harkirat ist zwar ein toller Mann, aber er löst in dir nicht das aus, was Mightyy in dir bewirken kann. Sei dir dessen bewusst!" Ich schaute ihn weiterhin perplex an und schüttelte den Kopf. Samara erklärte: „ Seerat, er hat Recht. Du liebst Mightyy! Streit es nicht ab!" Ich dachte an Mightyy und ich spürte tatsächlich etwas aber ich war zu verwirrt um dem nachzugehen.
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