Kapitel 97.

Aufteilen ist immer eine gute Idee, dann stirbt man wenigstens zu 100 Prozent

Sie fuhren herum. Die Waffen kampfbereit gezückt, weshalb ich träge eine Augenbraue hob. Was eine Glanzleistung.
,,Ares, was bei Mahal tust du hier?!", zischte Thorin zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor, weswegen ich in Zeitlupe blinzelte bei seinem Versuch mich mit seinen Blicken zu erdrosseln.

,,Oh, nach was sieht das den für dich aus, Thorin? Ein Spaziergang mit schlechter Gesellschaft? Womöglich sogar Shopping?", konterte ich.

Er schnaubte verächtlich, bevor sich seine Körperhaltung ein wenig entspannte und ich aus klaren, blauen Augen angesehen wurde, die nicht genau zu wissen schienen, was zu sagen war. In ihnen spiegelte sich Schuld und Scharm.

Thorin senkte kurz den Blick, dann wandte er den Kopf seinen beiden Neffen zu, beäugte sie mit einem kalkulierenden Blick, ehe er die zerfallene Festung musterte, die wie ein dunkler Schatten im Nebel lag. Still. Dunkel. Unheilbringend. Drohend.

,,Fili... Nimm deinen Bruder mit. Sucht die Türme ab. Lasst euch nicht sehen und bleibt in Deckung. Wenn ihr auf etwas stoßt, meldet euch. Greift nicht an. Verstanden?", sagte er in einem ein dringlichen Ton.

Ne, oder...
Am liebsten würde ich mir meine Hand gegen die Stirn donnern. Das kann ja jetzt nicht sein ernst sein? Der Gnom weiß doch, das Azog hier irgendwo herumspringt – inklusive (vielleicht) meine Schwester. (Wobei, ist eher sehr wahrscheinlich das sie hier herum schleicht.) Warum zum Tartarus will er die beiden dann da rein schicken?

Mit einem Stirnrunzeln im Gesicht stieß ich einen abwertenden laut aus. Königleinchen unter dem Berg funkelte mich böse an – juckte mich nicht.

,,Dumme Idee. In jedem Horrorfilm teilen sie sich auf und sterben, hm? Ihr bleibt am besten genau hier, wo ihr auf Verstärkung warten könnt. Außerdem, hat diese ganze Reise nicht bewiesen, dass zusammenbleiben nicht besser ist als irgendwo allein herum springen?" Thorin öffnete bereits seinen Mund, redete aber schnell weiter. ,,Am besten geh ich selbst. Meine Schwester" –Er verzog das Gesicht – ,,drückt sich hier irgendwo herum, nicht zu vergessen der Waschmittel-Ork."

Der Schwarzhaarige Zwerg presste die Lippen zusammen bis sie nur noch eine schmale Linie waren, dann nickte er. Verdutzt hielt ich inne. Er... nickt?
Eigentlich hatte ich eine ruppige Antwort erwartet, stattdessen jedoch ein knappes nicken bekommen. Ich gestehe, mir wären fast die Augen aus dem Kopf gefallen.

Weil... da kam nicht mehr. Nur ein nicken. Und das... das wars.
Ein einfaches Nicken. Kein... weiß nicht... Gezicke. Kein blaffen. Kein... kein...äh, Thorin-Killer-Blick. Nichts.
Ein einfaches nicken. Ein einfaches beschissenen nicken.

,,Wie jetzt?", rutschte es mir fassungslos heraus. ,,Das war's?"
In meinem Kopf ratterte es, doch ich kam zu keiner guten Erklärung, außer, dass er wohl schon wieder seinen verstand verloren hat.

Mehrmals hintereinander blinzelnd schüttelte ich den Kopf.

Ist das womöglich auch nur ein Traum? Träume ich? Weil dann müsste es ja eigentlich ein Albtraum sein. Vielleicht bin ich auch immernoch K.O. im Berg und alles was bis hier hin passiert ist, ist nur dafür da, dass ich ruhig gehalten werden.

Wartet! In träumen kann man keine Schmerzen spüren, nicht wahr?
Probehalber zwickte ich mir in den Arm.

Auauauauhauhauhau!
OK, ne, ist echt... Also kein Traum. Wäre auch zu schön gewesen.

,,Wer bist du und was hast du mit dem Gnom mit Berg gemacht? Der echte hätte mich nämlich angeschnauzt mit einem: ,Nein Ares! Wir machen das auf meine bescheuerte Art!' oder ,Mein Weg ist der bessere, auf geht's!' Aber nie hätte er einfach so genickt!" Bleiben also nur wenige Möglichkeiten.

Erstens: entweder hat Thorin einen Zwilling von dem niemand was weiß, oder er hat eine zweite Gehirnwäsche von Smaug bekommen.

Zweitens: er ist ein Klon.

Drittens: der echte Thorin wurde von Aliens entführt und von einem Marsianer ersetzt.

Viertens: das ist ein verkleideter Staubsauger Verkäufer. Die sind ganz hinterlistig!

Und fünftens: ... Ich hab kein fünftens...

Oder – ja genau – vielleicht macht der Gnom auch nur Witze? Ja, das ist's! Der dämmliche Zwerg macht sich lustig!
So wird es sein... genau. Womöglich hat er aber auch nur irgendwas genommen, was nun Nebenwirkungen zeigt? Hey! Das kann ich als fünftens nehmen!

Also fünftens: Thorin hat sich mit Drogen voll geballert.

Kling auch vielversprechend, nicht?
Gedanken versunken rieb ich mir meine Ichor verschmierte Schulter, ehe ich mir die Goldene Flüssigkeit beiläufig an meiner Hose abwischte. Was könnte noch möglich sein...? Bevor ich aber noch weiter drüber nachdenken konnte, meldete sich der Zwilling/ Gehirnwäsche Thorin/ Klon/ Alien/ Staubsauger Verkäufer/ auf Drogen Thorin wieder zu Wort.

,,Nein. Wir machen es so wie du gesagt hast. Kein Aufteilen."

Definitiv Alien. Er kann nur von einer intelligenteren lebensform ersetzt worden sein.

,,Aber auf Verstärkung warten werden wir nicht. Jede Minute in der wir uns hier streiten, sterben mehr auf dem Schlachtfeld. Azog zu finden und allem ein Ende zu bereiten ist unsere höchste Priorität."

Bewegungslos starrte ich auf einen entfernten Punkt in der Luft.

Hört der etwas gerade auf mich? Auf. Mich? Kann wirklich nur ein Marsianer in Verkleidung sein. Sonst hört kaum jemand auf mich. Warum zum Styx soll der Gnom plötzlich anfangen auf mich zu hören? Versteh ich nicht. Das ist echt seltsam – selbst für Griechischegötter Niveau zu merkwürdig. Und das sagt jemand, dessen Vater Zeus ist. Der hat schon eine Menge schräges Zeug gemacht, dass ich lieber nicht aufzählen werden, weil es dann noch merkwürdiger werden würde. Klar? Gut.

,,Ares?", riss er mich aus meinen Gedanken.

In Zeitlupe blinzelnd, nahm ich einen tiefen Atemzug und legte meine Hand auf Ringils Knauf. Das Vertraute Gefühl von Sicherheit sickerte durch mich hindurch in meine Knochen.
,,Also ihr, äh, werdet ihr drei... Nun...ähm gemeinsam, äh, da rein gehen?", begann ich langsam.

Irgendwo hinter uns räusperte sich jemand lautstark. ,,Darf ich vielleicht auch was vorschlagen?"

Oh, das Halbblut hab ich ja völlig vergessen, die war hier ja auch noch. Ich straffte mich und machte ohne mich um zu drehen eine Handbewegung, damit sie fort fuhr. Tat sie auch.

,,Wir können zweier Gruppen machen. Thorin und Kili gehen zusammen und Fili und ich. Du kannst allem Anschein ganz gut auf dich selbst aufpassen – trotz blutiger Schulter."

Mir entkam ein abfälliges schnauben, bevor ich mich ihr zu wandte; einem Kind von fünfzehn Jahren – blutig und zerschlagen wie sie da stand. Rotes, getrockneten Blut klebte auf ihrem rechten Arm, die Lippen aufgeplatzt und ein dunkler werdendes Veilchen unter ihrem rechten Auge und an ihrer Wange linken. Von ihren zerrissenen Klamotten wollte ich nicht einmal anfangen. Sie sah aus, als hätte sie sich mit einer Katze geprügelt.

Ein spöttisches Lächeln schlich sich auf meine Lippen, auch wenn mir überhaupt nicht danach war.
,,Was genau denkst du passiert, solltest du und Fili auf Enyo treffen? Ihr umarmt euch und alles ist Friede Freude Eierkuchen? Nein. Sie wird dich in stücke reißen."

Gizems Mund formte sich zu einem bitteren Lächeln, dass dem von Enyo erschreckend ähnlich sah. Ihre zweifarbigen Augen glühten förmlich. ,,Denkst du ich weiß das nicht? Da unten-" Die Teenagerin wedelte grob in die Richtung vom Erebor. ,,hat sie nicht nur mich versucht umzubringen, sondern auch-"

,,Dann wärst du jetzt tot.", fuhr ich ihr über den Mund, nun mit der Bestätigung, dass Enyo sich einfach aufgeteilt hatte um gleichzeitig gegen mich und den anderen zu kämpfen. Und dass mit dem Wissen, das ich nicht stark genug bin um mich auf zu teilen. Ergo, konnte ich ihnen nicht zur Hilfe kommen.

,,Nein, ich bin nicht tot, weil Fili ihr mein Wurfmesser in die Seite gerammt hat, bevor sie mich erwürgen konnte!", erwiderte sie mit Hitzigen fauchen und vom Zorn geröteten Wangen fuchtelte sie in die Richtung des Blonden, der sich bemühte eine neutrale Miene zu bewahren. An seinem Gürtel entdeckte ich tatsächlich ein bronzenes Wurfmesser, dass vorher noch nicht da war.

Aber egal, denn, oho, da haben wir ja Enyos berüchtigtes Temperament. Vielleicht hat sie doch mehr von meinem Zwilling, als ich angenommen habe.

Kili räusperte sich zögerlich um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Genervt rollte ich mit den Augen. ,,Was?"

Der dunkelhaarige ignorierte mich. ,,Was ist denn jetzt der Plan?", hakte er nach, abwechselnd mich, Thorin, Gizem und Fili anblickend, ehe er eine Augenbraue hoch zog.

,,Nicht Sterben.", konterte ich bissig.

,,Das ist kein Plan.", kam es iritiert von seinem Blonden Bruder, der die Augenbrauen skeptisch zusammen zog und Schnee weg kickte.

Die Demigöttin Atmete tief durch. ,,Also eigentlich ist das schon ein Plan."

Da kann ich nicht nein sagen – der Grund warum ich zustimmend nickte.

,,Dann ist das der Plan, wirklich? Nicht Sterben? Das sollte kein Plan sein. Der Plan sollte sein, wie wir Azog aufspüren und töten. Und wenn ich doch allein darein gehen muss um diesen Feigen Ork zu finden, es ist tausend Mal besser, als bei diesen Streit zu zuhören."

,,Da ist ja der richtige Thorin anscheinend gerade aus seinem Urlaub zurück gekehrt, was? Wie wär's denn so im Bermudadreieck? Sonnig und warm?"

Er warf mir einen warnenden Blick aus zusammengekniffenen Augen zu. Und da ist ja sein 'Sei-jetzt-lieber-leise-Ares-sonst-ermorde-ich-dich-mit-meinem-gefährlichen-Zwergen'-Blick.

,,Was?", blaffte ich, sein drohendes Gesicht ignorierend. Wütend funkelte ich ihn an. ,,Soll mir das etwa Angst machen?"

,,Ich bin umzingelt von Blödmännern mit komplexen.", murmelte Gizem in meinem Rücken, bis sie beifällig die Worte ,Wir können auch gerne hier bleiben und abwarten' fallen ließ.

Sie wurde ignoriert.

,,Wir teilen und in zweier Gruppen, dann ist niemand ganz alleine.", bestimmte der Gnom König, mir stur ins Gesicht blickend.

,,Und ich sage, ihr alle bleibt hier und ich geh alleine."

,,Oder", setzte Gizem erneut an. ,,Wir spielen nicht die Helden und bleiben hier. Eh? Wie hört sich das an?"

Angeekelt schnaubte ich. Gut, vielleicht hat sie doch nicht soviel von Enyo.
,,Ist das ein Witz? Bist du jetzt etwa Comedian?"

,,Comidianin."

,,Ich glaub nicht, dass das so richtig ist."

,,Mir doch egal. Ich will nur sichergehen nicht zu sterben. Ich hab zwar die Zweiergruppen vorgeschlagen, aber das heißt noch lange nicht, das ich hier mein Leben Opfern werde, wenn es darauf ankommt."

,,Wie auch immer."

,,Du als Unsterblichen Gott müsstest doch am besten wissen, was mit den meisten Helden passiert? Sie sterben. Entweder auf dem Schlachtfeld wie Achilles, oder wie Theseus. Der war zum Schluss nur noch ein Haufen scheiße, wurde vor Gericht gebracht und dann von einer Klippe geworfen. Roll nicht mit den Augen, Ares! Ist doch wahr! Selbst Percy Jackson ist zu einem unglücklichen leben verdammt worden."

,,Ist gut, ist gut. Hör auf mich voll zu jammern und geh endlich mit der Durin Ausgabe Nummer zwei los. Eins und drei sollen sich dann unten umgucken, während ich nach anderen Feinden – wie Enyo oder Azog – Ausschau halte. Klar? Gut." Ich wartete nicht Mal eine Antwort von irgendwem ab, sondern stampfte gerade Wegs mit knirschenden Schritten auf die kläglichen überreste des Turmes zu, der wie ein dunkler Schatten den Nebel Durchschnitt. Die Umrisse eines gefallenen, gruseligen Schloss aus einem Horrorfilm.

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→ Rechtsschreibung wird noch kontrolliert

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