Kapitel 58.
Auftakt zur Zerstörung
Unweit des Erebor
Enyos Füße glitten lustlos durch die weiße Masse. Das ganze hatte sich anders entwickelt, als sie dachte, zu einem unwirklichen Traum, der eher einer verschrobenen Serie von Zufällen in einer dummen Fernsehserie glich. Sie hasste dumme Fernsehserien, aber das Mal bei Seite.
Ares war tot. Ihr Bruder war tot. Ihr Zwilling... tot. Der dumme Kerl, mit dem sie immer auf dem Schlachtfeld stand war Geschichte. Und das nur, weil er verweichlicht war, Geheimnisse vor ihr hegte und neuerdings mit diesen Mistviechern von Zwergen sympathisierte. Zornig schnaubte sie, die Hände zu Fäusten geballt.
Dafür sollte Enyo sie alle ausnahmslos abschlachten! Dafür, dass sie Schuld an Ares tot waren! Genau so war es! Wegen ihnen musste sie ihren eigenen Bruder töten! So war es und nicht anders!
Wütend trat sie gegen den Schnee, der in weißen klumpen davon flog. Jetzt hatte sie den eklig grünen Salat auf dem Teller. Wegen ihnen musste sie ihn anlügen. Das Gift von Python war mehr als nur tödlicher Natur, und riss ihm das nicht das Leben aus den Händen, dann tat es letzten Endes der Blutverlust und die Kälte mit ihren erbarmungslosen Krallen.
Wütend malmte sie mit dem Kiefer. Unter ihren Sohlen knirschte Schnee. Alles denen ihre Schuld. Alles.
Und ihre Familie war ebenso schuldig an Ares Ableben, wie die Zwerge und die Valar es waren. Sie alle würden brennen, ihrer unsagbaren Wut zum Opfer fallen, die nur Zerstörung hinterließ, leben wie Städte zerstörte als wären sie Spielzeugautos in einer Legostadt!
Ihre Giftgrünen Augen huschten von dem Heer-Orks, zu den riesigen Löchern im Gestein der Berge, die irgendwelche Hässlichen Viecher-Würmer dort rein gegraben hatten. Widerlich.
Enyo könnte auch gleich los Stürmen. Keiner dieser erbärmlichen Kreaturen hätte eine Chance gegen sie gehabt, keiner, doch der kleine Funke der Vernunft hielt sie zurück. Mit einer Armee machte das ganze sicherlich mehr Spaß.
Die dunkelhaarige seufzte genervt. Eigentlich wollte sie nicht mehr länger warten, doch diese Ork-Dinger waren einfach unheimlich langsam, öde und stanken furchtbar.
Dazu war sie sich unsicher, ob sie nun Ares Platz auf dem Olymp einnehmen würde. Freiwillige ließ sie sich jedenfalls nicht auf seinen Thron nieder, oder nahm an den Ratssitzungen Teil. Das war auch nie ihr Ziel gewesen. Eigentlich wollte sie nur ihrer Familie eins auswischen, dass das alle so außer Kontrolle geriet, konnte sie nicht ahnen.
,,Du warst das, oder? Du hast das alles sabotiert, du...bist die Verräterin, der Blutdiamant, den Hades gemeint...hat, nicht wahr? Warum, Yo? Was...soll das?" Sie wusste nicht warum, aber sie zuckte unter Ares' kratziger, kraftloser Stimme zusammen.
Yo.
Wenn er sie nicht gerade dumme Kuh oder nerviges Biest genannt hatte, war Yo ihr Spitzname den einzig und allein ihr älterer Zwilling benutzen durfte, niemand sonst, ansonsten würde dieser jemand einen grausamen Tod sterben.
,,Warum?"
,,Warum?", hatte sie einfach seine Worte wiederholt, seine ernstgemeinte Frage, die er an sie gerichtet hatte, während er wie ein Häufchen Elend auf dem Boden hockte, um sie völlig erschöpft und abgekämpft an zu sehen.
Was hatten diese Zwerge nur getan?
,,Die Frage ist wohl eher: Warum nicht? Weißt du, Brüderchen, in all den Jahrtausenden, hab ich mir viele Dinge vorgestellt, die ich irgendjemanden mal antuen kann ohne Zeus gezetere zu hören -irg, er ist so nervig. Ich hab ein Schlupfloch gesehen und ergriffen. Es ist,...hmm, sagen wir, es ist ein Traum. Ja, ein Traum der endlich in Erfüllung geht. Ich darf endlich mithelfen einen ganzen Planeten in Schutt und Asche zu legen, ist das nicht toll?!"
Am liebsten hätte sie frustriert aufgeschrieen, sich die dunklen Haare, mit den violett und rot gefärbten Strähnchen, gerauft, mit der Tödlichen Nadel aus Himmlischer Bronze an ihrem Gürtel solange auf dem Boden eingestochen, bis dieser sich spaltete und einen Weg in die unendliche tiefe frei gab.
Alles die Schuld der Zwerge. Sie waren hierfür verantwortlich! Und sie alle würden durch ihre Hand streben!
,,Aber das du derjenige bist, der das hier abbekommt, tut mir leid, wirklich." Das hatte sie ernstgemeint, doch Ares hatte nur abwertend geschnaubt.
,,Fühlt sich aber nicht so an. Wenn ein vergifteter Dolch in meinen Rippen ein Beweis deiner Geschwisterliebe zu mir ist, Enyo. Das ist ein seltsame Art mir das zu zeigen, sehr seltsam."
Aber nicht ungewöhnlich, fügte sie gedanklich hinzu. Zu oft schon hatte sie ihrem großen Bruder liebevoll Messer, Schwerter, Äxte und Speere als Beweis ihrer Zuneigung brutal bei jeder Gelegenheit in den Körper gerammt, und immer war er kurz davor gewesen sie zu erwürgen, wenn sie das grundlos tat. Ob er je gerafft hatte, dass sie so ihre Zuneigung zeigte? Es war ihr genauso schleierhaft wie einen Blutgetränkter Vorhang zur Reinigung zu geben.
Naja, nur war sie noch nie so weit gegangen, ihn allen Ernstes ernsthaft zu verletzen. Zu... töten.
Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, während ihr Tränen in die Augen schossen, die sie verärgert weg blinzelte. Es war so gut wie unmöglich, dass ihr Bruder zurückkehren würde. In den Tartarus zur Regeneration konnte er nicht, bei diesen einen Vala landen war auch sehr unwahrscheinlich. Er war einfach tot, eine Reise ohne Wiederkehr.
,,Halt die Klappe. Ich tu das doch für dich, du Idiot! Hörst du? Für DICH -gut, aber am meisten für mich! Im Gegensatz zu den meisten liegt mir leider etwas an dir, Pfosten. Traurig aber wahr, wir müssen zusammenhalten, so als Kriegsgötter."
Etwas platzte in ihr.
Enyo schrie.
Stampfte wie wildgeworden auf dem Schnee rum.
Riss die Bronze Nadel aus der Halterung an ihrem Gürtel.
Sie warf sich kreischend zu Boden und rammte sie durch die kalte Masse in die Erde.
Einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal... Solange, bis sie keine Luft mehr bekam, weinend die Rotze in ihrer Nase hoch zog, bevor sie beschämt das rot fleckige Gesicht im Schneevergrub, die seltsamen blicke der Orks ignorierte sie dabei.
Nur die Zwerge waren schuld!
,,Du bist und bleibst ein Pfosten, du Pfosten. Nein wirklich, du bist ein Pfosten und du bleibst ein Pfosten. Ein absoluter Pfosten! Ist dir eigentlich bewusst, wie die uns behandeln, unsere so tolle "Familie", die Hera so gut es geht am Laufen hält, als wären wir nur ein dummes Projekt, das jederzeit wie Eiskrem im Sommer auf Asphalt schmelzen könnte? Mal ganz ehrlich, das sind wir doch noch nie gewesen, eine richtige Familie, wir tun nur immer auf heile Welt und alles ist perfekt. Das nervt. Es nervt wirklich. Sie sind doch im Grunde Schuld wegen allem." Daraufhin waren seine sonst so harten Züge weicher geworden, die rötlichen, blutunterlaufenden Augen hatten Verständnis voll aufgeblitzt, doch das goldene Ichor was aus seiner Nase lief und aus seinem Mundwinkel, hatten den Moment zerstört. Die Blässe, die er schon zu diesem Zeitpunkt aufgewiesen hatte, war vergleichbar mit Boreas dummen Eisstarturen in seinem öden Garten gewesen.
Ihr Heulen wurde lauter. Bittere Tränen zogen sengend heiße Spuren über ihre eisigkalten Wangen wie glühende Magma.
,,Enyo..."
Sie hatte ihn verletzt, fast schon verschrecktes angesehen, wollte ihre tat plötzlich ungeschehen machen, die Zeit wie Chronos es gemütlich sitzend mit seiner Taschenuhr tat, zurück drehen. Plötzlich wusste sie nicht, was sie zu dieser tat getrieben hatte, weshalb sie ihm den vergifteten Dolch in die Seite gestoßen hatte, doch dann... dann hatte Ares den letzten Rest ihres Gewissens kaputt gemacht wie eine scheiß Barbie Puppe in einem pinken Kleid. ,,Ich kann dir nicht ganz folgen... Geht es jetzt um Rache, oder etwas komplett anderes?"
Schluchzend grub sie ihre, vom kalten Schnee tauben Finger, in die gefrorene Erde darunter. Holte bebend Luft. Ihr Körper zitterte wie die Saiten einer demolierten Gitarre von Apollo. Jetzt, hier, in dem Moment, da fühlte sie sich alles andere als Göttlich.
Schniefen. Schluchzen. Tränen.
Enyo hasste Tränen. Hasste schwäche genauso sehr wie sie Frieden hasste.
,,Etwas von beiden schätze ich. Wenn du aber mitgespielt hättest, wäre es anders gekommen, jedoch hast du es nicht getan -oh Überraschung. Du tust nie was man dir sagt. Das ist wirklich nichts neues, geschweige denn etwas unvorhersehbares, wenn selbst ich daran gedacht hab. Ne bessere Lösung als das gab es da nicht." Am liebsten wollte sie ihre eigenen Worte ungeschehen machen. Klar, es war in ihren Augen die einzige Lösung gewesen, aber noch lange nicht die richtige. Mal wieder wusste sie nicht, warum sie zum Gift des verfluchten Erddrachen gegriffen hatte.
,,Ne bessere Lösung gab es nicht?" Er hatte ihre Worte ungläubig wiederholte, bis er von einem heftigen Hustenkrampf geschüttelt wurde, was sich so anhörte, als würde er jeden Moment elendig ersticken. Mit seiner unkontrolliert bebenden Hand hatte Ares sich schließlich das Ichor unter seiner Nase weggewischt, ehe er sich goldene Sprenkel von den gerissen Lippen wischte. Er sah unheimlich müde aus.
,,Mich zu vergiften war die bessere Lösung, dein scheiß ernst!? Wie bist du überhaupt darangekommen, an dieses Gift, was man eigentlich nur von einem bestimmten Drachen mit Ego Problemen bekommt?"
,,Ich hab ihn gefragt! Ich hab IHN gefragt! Gefragt! Gefragt, gefragt, gefragt, beim scheiß, verfickten Tartarus noch Mal!", schrie sie gegen Boden und fing sich wieder die Blicke der Orks ein, die lieber noch weiter als sowieso schon, auf Abstand zu der Göttin gingen.
,,Geht's der Irren gut?", wisperte einer mit knarrender Stimme, die Haut ledrig grau und verkratzt, die Augen klein und dunkel, wandte er sich zu seinem Kollegen, die gemeinsam flüchtig zu der Kreischenden Frau blickten, die wieder und wieder und wieder auf schluchzte, ohne sich zu beruhigen.
,,Dat weiß ich nich. Siedt aba net gesund us.", gab der andere, dunklere Ork mit entstellten Gesicht, krächzend zu. ,,Azog hät viellaich mi jemond andren nh Abmachung dreffe solle." Die Kreatur Mordors zuckte mit den wulstigen Schultern, bevor beide wieder gemeinsam zu der Kriegsgöttin blickten. Vorsichtig sahen sie wieder von dem kleinen Hügel weg, auf dem die dunkelhaarige Göttin wütete, um zögerlich zu Azog zu gucken der bei Naghak, einem etwas kleineren Ork mit ledriger, grauenhaut und schiefen, krummen Rücken, stand. Sie besprachen die weitere Vorgehensweise, dabei wirkten beide durch das Geschrei im Hintergrund nicht erfreut.
,,Ist es das was du hören willst Ares?! Ist es das, was du hören willst, damit du dich endlich aus meinem Hirn verpisst! ICH. HAB. PYTHON. GEFRAGT! Hatte ich den eine Wahl, du Dickkopf! Du dummer, dummer Pfosten! Du-du... du... Blödmann!" Abgehakt atmete sie viel zu oft hintereinander ein, bevor sie weiter sprach. ,,Es war ganz leicht! Einfach in die Höhle rein, nett mit den Wimpern klimpern, Drohungen durch die Gegend werfen und Zack, gibt mir das verfickte Vieh sein Gift! Ganz leicht! Musste ihn nur davon überzeugen, das ich wirklich Vorhabe einen Gott damit zu töten! Ich hätte... hätte das aber nicht gemusst wenn... wenn du... wenn-!" Wieder kreischte sie wie eine von Hades Furien los. Ihre Stimme war brüchig, rau, glich eher einem krächzen eines Papagei.
,,Die andere Möglichkeit wäre die gewesen, dich zu töten, Ares. Dich zu töten würde aber heißen, dass ein Platz auf dem Olymp frei wird, den ich jedoch nicht will. Mal im ernst, wer würde schon freiwillig in diese ellenlangen Besprechungen gehn? Ich auf jedenfall nicht. Aber vielleicht, wenn du noch zu geschwächt von deiner Heilung und dem Trip von Phantasos bist, wird es das Gift für mich erledigen. Dann-"
,,Es reicht! Ich töte euch alle! Euch alle! Hört ihr, ihr scheiß Zwerge, mit euch Fang ich an!", brüllte sie hysterisch schluchzend los, aber natürlich hörte es keiner von ihnen. Thorin hockte munter in seinem Gold herum, nicht ahnend, das Enyo nach seinem Leben und das der anderen trachtete, ebenso wenig wie Bilbo es tat, der von schrecklicher Sorge um seine Freunde verschlungen wurde. ,,Ich töte euch dafür! Alle! Jeden!"
,,wird es selbst für dich kein zurück geben. Hier sind andere Regeln, Ari. Bei uns Zuhause Leben wir durch den Glauben der Menschen -vergessen sie uns verblassen wir. Hier aber glaubt niemand an uns, an die großen, mächtigen Griechischen Gottheiten, die wir sind. Ich bin zwar kein Medizinding von Gott, so wie Apollchen, aber deine Regeneration dauert länger, weil du zulange hier bist. Genauso schwindet auch deine Kraft, bis du verreckst. Nur wird es für dich dann nicht nach unten in den Tartarus gehn, sondern -solltest du Glück haben- eine Einladung in Mandos Hallen bekommen, denn hier gibt es auch keinen Tartarus, indem du deine Einzelteile wieder richten kannst. Dann bist du Tod. Endgültig. Ohne Rückfahrschein. Verstanden?"
,,Du dummer Pfosten! Warum hast du dich gegen mich gestellt! Wir wissen doch beide wie ich sein kann! Warum hast du nichts gemacht?! WARUM!? Ares! Ich hasse dich! Wehe du bleibst tot, dann-dann-! Ich überleg mir was, und... und dann Prügel ich dich windelweich! Has-hast du gehört! Ich Prügel dich so windelweich wie Aphrodites dumme Federkissen!" Schlagartig verstummte sie, der Schluchzer blieb ihr im Hals stecken, als sie Begriff, wie die Liebesgöttin wohl darauf reagieren würde, wenn sie erfuhr, das Ares tot war. Tot. Für immer.
Sehr wahrscheinlich nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Selbst Mode könnte eine Zornige Göttin der Liebe nicht beruhigen.
Enyo konnte sich jetzt schon das folgende Drama ausmalen, welches nur eine der Folgen war, die das Ableben ihres Bruders verursachte. Aphrodite würde Rache suchen, und wenn sie raus fand, das sie ihn getötet hatte, würde sie Enyo nicht nur ihre Kinder auf den Hals hetzen, sondern alle kleinen Kriegsgötter gleich mit, da sie erstens Angst vor ihr und Eros hatten, und zweitens, es ohne Ares keinen wirklichen Krieg geben konnte.
Also schon Krieg, einer musste Ares ganze Aufgaben übernehmen, denn Tyr und Horus konnten das unmöglich alleine Reißen. Außerdem würde es seltsam werden. Der Krieg, nicht die Diskussionen des Asen und des Ägyptischen Kriegsgottes, wobei das wiederum eine andere Nummer in ihren Augen war.
Warum hatte sie ihn nochmal getötet? So genau wusste sie es selbst nicht mehr, denn da war nur Wut, Zorn, sowie Enttäuschung, das er sie verriet für diese niederen Mittelerdler, die doch eigentlich nur die Klinge eines Schwertes in ihren Oberkörpern verdient hatten. Mal wieder war es ihr unbegreiflich, weswegen Ares plötzlich... so viel Sympathie anderen gegenüber zeigte. Sie war doch seine Schwester -sein Zwilling! Sie sollten doch dann Zusammenhalten, nicht er mit dem dummen Dreckhaufen im Berg!
Aber jetzt war er nicht mehr da. Es würde seltsam ohne Ares werden. Oder eher der Kriege würde seltsam sein, denn es würde alles nur noch... lustlos, trist und niedergeschlagen von statten gehen, bis schließlich Frieden die Oberhand gewann. Genauso, wie als er verschwunden war. Irgendwas war mit zwei Riesen gewesen, dass wusste sie noch sicher, aber was genau an diesem Tag, nachdem sie gegangen war, passierte, war ihr schleierhaft. Er war sehr lange wie vom Erdboden verschluckt -manchmal dachte sie auch er habe sich aus dem Staub gemacht, weil er die anderen nicht mehr ertrug-, aber als er wieder kam, da war Ares irgendwie seltsam drauf gewesen, so wie er sich danach verhielt.
Die Kriegsgöttin zog die Nase hoch, wischte sich grob mit dem Handballen über die Augen, um die salzig, nassen Spuren zu verwischen, bevor sie ihre zittrigen Arme in den frostigen Boden stemmte und sich auf den kalten, Nassen Hintern fallen ließ. Ihre blaue Jeans hatte dunkle Flecken wo sie vom Schnee ganz durchgeweicht war.
Bebend holte sie Luft. Atmete mehrmals tief durch, bevor sie ihre trockenen Lippen mit der Zunge befeuchtete. Sie schmeckte das widerliche Salz ihrer schwachen Tränen, weshalb in ihr erneut ein glimmender Funke die Wut zum Leben erwachen ließ.
Schuld an diesen Unheil waren die Wichte von Zwergen, und denen würde sie ein rosafarbenes Tischtuch reichen, um sie damit dann zu erdrosseln wie die hilflosen Elstern die sie waren -gierig und vorlaut, ohne ein Gefühl von Scham.
Aber das wohl schlimmste war, dass sie nicht darüber nachgedacht hatte, was alles passieren würde, wenn ihr Zwilling nicht mehr da war. Wenn er... tot war. Auf dem Olymp stand nun ein Thron ohne Eigentümer. Klar, Zeus würde ihr vergeben, es vielleicht nicht ganz so eng sehen, das sie Ares wegen den Zwergen getötet hatte, doch was fing sie mit ihren ganzen Fragen an, welche sie nicht beantworten konnte.
Zum Beispiel warum er sich nach seinem Auftauchen damals in seiner Festung verschanzt hatte, die Wendungen der zukünftigen Kriege viel besser als vorher durchdachte und warum er am 21. Juni 1943 seine Verabredung mit Aphrodite hatte sausen lassen, aus ihr unbekannten Gründen -sie hätte es vielleicht verstanden, wenn er einfach keine Lust mehr auf diese Schönheits-Trulla hatte. Sie war anstrengend und viel zu sehr auf diesen Liebeskitsch versessen, etwas, weshalb Enyo bis heute nicht Verstand was die beiden aneinander fanden.
Aphrodite und Ares waren vieles, jedoch hatten sie nicht unbedingt viele Gemeinsamkeiten, aber trotz allem verstanden sie sich ausgesprochen gut. Und das ohne Krieg!
Für Enyo unvorstellbar! Dass es überhaupt so etwas gab, sollte verboten werden, um es dann auf direktem Wege nach Alaska zu schicken!
Schwere Schritte rissen sie aus ihren Gedanken, während ihre tauben Finger eine der hell rötlichen Strähnen zurück hinters Ohr Strichen, dreht sie das fleckige Gesicht weg. Keiner sollte sie in diesen erbärmlichen Zustand sehen, eher ließ sie Zweitausendmann Köpfen!
Aufgebracht wegen ihrer blöden Schwäche, knirschte sie mit den Zähnen, verzog die roten Lippen zu einem dünnen Strich. Einen solch emotionalen Ausbruch wollte sie nie wieder haben, prinzipiell keine Gefühlsausbrüche, diese machten einen schwach, anfällig für solche Dummheiten wie Reue. Trotzig wie ein kleines Kind mit Süßigkeiten verbot verschränkte sie die arme vor der Brust, davor aber sammelte sie die Bronze Nadel aus der aufgewühlten Masse, um diese wieder an ihrem Gürtel zu befestigen.
Das Knirschen der weißen Masse verstummte neben ihr. Angewidert rümpfte sie die Nase, der Gestank eines Orks war nicht zu übersehen, fast so schlimm wie Zeus Unterhose die er vier Wochen getragen hatte.
,,Er will wissen, was Ihr gedenkt auf dem Schlachtfeld zu tun, Weib, denn solltet ihr Euch doch als nutzlos erwiesen-"
Azog hatte nicht einmal fertig gesprochen, da war Enyo schon aufgesprungen, das Gesicht befallen vor Zornesröte, die Augen noch rot geschwollen von den Trähnen.
,,Was ich gedenke zu tun?!", brüllte sie ihn ohne Vorwarnung an. Ihr Körper zitterte vor Wut, die Fäuste fest geballt, sodass ihre Knochen weiß hervor traten, wobei in dem Giftgrün ihrer Augen pure Mordlust glänzte, während ein höhnischer Ausdruck ihre verzerrten Züge befiehl. Zynisch lachte sie auf, scharf und einschüchternd wie eine Rasierklinge. ,,Haha! Im Gegensatz zu Euch, zeige ich Resultate, du null Nummer eines plattgetretenen Kaugummis! Also sag Sauerlauch, das er seine Fresse mir gegenüber halten soll, sonst stopf ich sie ihm -da hätte ich sogar schon ein paar schöne Ideen! Ich bin keine dieser erbärmlichen Valar, über die ihr euch ungestraft lustig machen könnt! Ich kann zu euer aller schlimmsten Albtraum werden, merk dir das gut, Albino-Nacktmull! Mein Zorn wird tausendmal schlimmer, als der deines Herren jeh sein könnte, diese Witzfigur eines Sauerlauchs! Und jetzt verpiss dich, Wolverine Kratzbaum, bevor du mit deiner hässlichen fresse fliegen lernst!" Ihr fauchen verwandelte sich genauso schnell zu einem spöttischen säuseln, wie Dionysos seine Cola-Dose wechseln konnte.
Boshaft grinste sie ihn grimmig entgegen, doch ließ sich der weiße Ork nicht einschüchtern, lediglich seine blauen Iriden sprühten vor unterdrückter Wut auf die dunkelhaarige Göttin, welche so unverschämt mit ihm und seinen Meister sprach. Ein tiefes Knurren stieg seine Kehle empor, bis er drohend seinen Arm mit der scharfen, silbernen Waffe auf ihre Brust richtete -als wenn ihr das auch nur einen kleinen Kratzer verpassen könnte.
Seine vorhandene Hand schloss er zur Faust. Die Muskeln spannten sich gut sichtbar unter der hellen Haut an, doch Enyo erdolchte ihn unbeeindruckt mit dem giftigen grün ihrer wachsamen, leicht glühenden Augen. Das erste Zeichen eines Kontrollverlustes, der sowohl Emotionen, wie Kräfte betraf. Würde sie hier ihre wahre Gestalt annehmen, wäre nach der Supernova von dem Ork-Herr nur noch Asche übrig.
,,Du solltest dich glücklich schätzen, dass er es überhaupt in Betracht gezogen hat, dich hier in unseren Reihen zu dulden. Es hätte auch anders für dich aussehen können, kleine Göttin."
,,Jetzt bin ich aber verletzt!", erwiderte sie bissig, zeigte ihm dem Mittelfinger, nur um dann weiter zu sprechen, ,,Dabei bin doch eindeutig ich die, die größer ist! Tja, hässliche Mumie, nicht jeder kann gleichzeitig tot, Freude und Blut mit sich führen wie ich es kann, deshalb solltest du froh sein, das ich dich und deine Maden dulde! Nicht anders herum! Das hier ist erst der Anfang, der Auftakt zu meinem Ziel der Zerstörung! Wenn ich meine Rache genommen habe, solltest du wohl besser in das Loch zurück kriechen, aus dem du gekommen bist, Muttersöhnchen!"
Oh ja, sie würde alles brennen lassen. Die ganze Welt.
Niemand konnte sie jetzt noch aufhalten, nicht mal der Sauerlauch und die Valardeppen. Sie würde es allen zeigen, jedem einzelnen, und es würde ihr, Enyo, der Kriegsgöttin, den Respekt einbringen, den sie verdiente.
Und dann würden sie sterben.
Grausam. Langsam.
In den Flammen des Zorns, für den Tod ihres Bruders, dem einzigen, der sie wenigstens bis zu einem bestimmten Punkt verstanden hatte.
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Mal ein Kapitel aus Enyos Sicht, als Dankeschön für 15K.
Ich hoffe es hat euch gefallen, und es sollte einen tieferen Einblick in ihren Charakter ermöglichen, da sie bisher meistens nicht wirklich sehr lange in diesem Buch einen direkten Auftritt hatte, sondern eher von Ares erwähnt wurde.
Was haltet ihr von Ares Zwillingschwester? Würde mich echt interessieren.
Dazu muss ich sagen, das man von Enyo eher wenig von Rick Riordans Seite aus weiß (hoffe sie bekommt mal einen auftritt, würde mich echt mal interessieren was sie da dann so macht), weshalb das meiste meiner Vorstellungen ihres Charakters ist, die ich aus der kurzen Erwähnung von Rick angelehnt hab'.
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