Kapitel 46.

Wir spielen guter Zwilling böser Zwilling

,,Was...?", brachte ich zwischen zusammen gepressten Lippen hervor, bis mich eine neue Schmerzenswelle überrollte. Ich schnappte nach Luft. Es brannte fürchterlich, sodass ich das Gefühl hatte, meine Haut stünde in Flammen.

,,Oh, tut es etwa weh, Ari?" Spielerisch wedelte sie mit dem dunklen Messer rum, an dem immer noch mein Ichor klebte. Aber das war nicht das einzige was die Scheide befleckte.

,,Fuck, du hast mich allen Ernstes vergiftet? Wirklich jetzt? So tief bist du also schon gesunken?", ächzte ich, den Blick immer noch auf die Klinge gerichtet, die zwischen meinem Ichor und dem dunklen Metall eine schmierig, violette Färbung besaß, die ich zu einem seltenen, sehr starken Gift zuordnen konnte. Stark genug um selbst Jemanden wie Atlas oder Kronos ruhig zu stellen. Super.

Und das Gift war von keinem geringeren als Python selbst -diese Miese kleine Schlange von Drache. Der sollte doch eigentlich, wenn man es genau nahm, mit dem Sonnenschein Apollo, in Menschengestalt, beschäftigt sein.

Klasse, ich wurde mit dem Toxin von einem Erddrache außer Gefecht gesetzt, besser kann es nicht mehr werden. Was kriegt Apollo eigentlich auf die Reihe? Vor sehr langer Zeit hat er ihn getötet, aber dank Mutti Gaia ist der Gute ja wieder auf den Beinen. Yay. Da freuen wir uns doch alle, dass der ehemalige Wächter vom Delphi Orakel Ding wieder lebt, den Apollo damals erschossen hat.

Ich hoffe doch der Sonnenidiot kriegt das Zuhause auf die Reihe.

Zurück zum Thema, und zwar der Tatsache, dass ich spüren kann, wie das Gift sich in meinen Kreislauf ausbreitete. Kein schönes Gefühl kann ich euch sagen.

Das brennen zog Wellenartig durch meinen Körper, weshalb ich mir zischend auf die Zunge biss, um mich auf etwas anderes zu konzentrieren, nur nicht auf das Gefühl von innen heraus verbrannt zu werden. Mein ganzer Körper zitterte, meine Muskeln krampften, bevor er schlussendlich den Kampf aufgab, weshalb ich völlig verkrampft den halt verlor. Schwerfällig sank ich auf den nassen, kalten Boden, doch die Kälte auf meiner blassen Haut spürte ich nicht. Es war fast so, als wären meine Glieder Taub.

Zitternd presste ich meine Hand fester auf die Stichwunde -begleitet von einem ächzen-, die immer noch nicht aufhörte zu bluten. Wahrscheinlich lag es am Gift. Die glänzende, goldene Flüssigkeit wurde weiterhin gierig von meinem Hemd auf gesogen, was feucht an meiner Haut klebte, aber trotzdem lief es weiter, landete auf dem nun nicht mehr weißen Boden oder meiner Hose.

Ich glaube, es ist nicht gesund, wenn man seine Füße nicht mehr spüren kann.

,,Du!", press ich angestrengt hervor. Zu mehr bin ich gerade nicht in der Lage. In meinem Kopf begann es zu hämmern, meine Sicht schwankte leicht, während ich meinen Hinterkopf an den rauen Felsen lehnte.

,,Ja? Ich?" Mit einem belustigten Schnauben ließ Enyo sich elegant in den Schneidersitz fallen, die grünen Augen unentwegt auf mich gerichtet -den Dolch schob die zurück in die Bauchtasche ihrer Hoodies -da hat die das Teil also versteckt, sehr raffiniert.

Sie saß zu weit weg, als das ich sie hätte packen können, außerdem lag ihre eine Pfote gefährlich nah an der Tödlichen Nadel aus Himmlischer Bronze. ,,Sag es nur, du hast Zeit -wenn auch nur begrenzt.", lächelte sie biestig, das Teil mittig auf ihren Schultern leicht schief gelegt. Einzelne der rötlich gefärbten Strähnen vielen ihr ins Gesicht, welche sie unachtsam weg pustete.

Das war der Moment, wo bei mir der Groschen viel. Wie konnte sie hier sein, wenn Hermes sie nicht hergebracht hatte? Der Gott der Reisenden war der einzige den ich kannte, der durch die Universen springen konnte. Und dann viel mir Hades Nachricht wieder ein. Die Nachricht mit der Warnung. Es gab einen Verräter -oder eher eine Verräterin.

,,Du warst das, oder? Du hast das alles sabotiert, du...bist die Verräterin, der Blutdiamant, den Hades gemeint...hat, nicht wahr? Warum, Yo? Was...soll das?" Meine Stimme zitterte, klang dünn und kratzig, dabei fühlte sich meine Kehle so an, wie als säße ich mitten in der Sahara und würde Sandpapier Schlucken. Ver-dammt, ist dieses Gift stark!

Überrascht blinzelte sie mehrmals hintereinander, das giftgrün blitzte auf, bevor sich ihr Blick distanzierte. Sie schaltete von nerviger Schwester auf gefährliche, nicht ernst zu nehmende Feindin um. ,,Woher weißt du das, Ares? Hat Phantasos geplaudert? Oder war es Smaug, Azog oder doch eher dieser Sauerlauch, dessen Namen ich vergessen hab? So ein flammender Kerl, du weißt schon, ganz in, nun ja, Feuer -hat nen großen, dummen Auftritt hingelegt. Echter Witzbold der gute, da war selbst unsere Schuppenprinzessin besser drauf.", murte sie genervt vor sich hin, die Augen immer noch unverwandt auf mich gerichtet.

,,Warum?", brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich konnte spüren, wie sich kleine Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten.

,,Warum?", echote sie verwirrt. Ihre glatte Stirn runzelte sich. ,,Die Frage ist wohl eher: Warum nicht? Weißt du, Brüderchen, in all den Jahrtausenden, hab ich mir viele Dinge vorgestellt, die ich irgendjemanden mal antuen kann ohne Zeus gezetere zu hören -irg, er ist so nervig. Ich hab ein Schlupfloch gesehen und ergriffen. Es ist,...hmm, sagen wir, es ist ein Traum. Ja, ein Traum der endlich in Erfüllung geht. Ich darf endlich mithelfen einen ganzen Planeten in Schutt und Asche zu legen, ist das nicht toll?!" Grinsend lehnte sie sich zurück, während ihr Gesichtsausdruck einen Moment weniger Grausam wirkte, sondern eher an ein kleines Kind erinnerte, das genau das zu Weihnachten bekommen hat, das es sich gewünscht hatte. ,,Aber das du derjenige bist, der das hier abbekommt, tut mir leid, wirklich.", fügte sie etwas leiser hinzu.

Ein abwertendes Schnauben entwich mir.

,,Fühlt sich aber nicht so an. Wenn ein vergifteter Dolch in meinen Rippen ein Beweis deiner Geschwisterliebe zu mir ist, Enyo. Das ist ein seltsame Art mir das zu zeigen, sehr seltsam."

Frustriert fuhr sie sich mit beiden Händen durch die dunklen Haare, bevor sie sie schnaubend sinken ließ. Erneut Blitze das Grün auf, während etwas Drohendes über ihr Gesicht huschte wie ein Schatten.

,,Halt die Klappe. Ich tu das doch für dich, du Idiot! Hörst du? Für DICH -gut, aber am meisten für mich! Im Gegensatz zu den meisten liegt mir leider etwas an dir, Pfosten. Traurig aber wahr, wir müssen zusammenhalten, so als Kriegsgötter."

Erstickt lachte ich auf, was sich in meinem Hals so anfühlte, als würde ich glühende Kohle schlucken. Kohle, das könnte ich neben Nektar und Ambrosia auch gebrauchen. ,,Für mich? Dein ernst? Hör zu, dieses Treffen ist ja anscheinend sehr unterhaltsam -wenn auch nur für dich-, aber sag mir bitte, dass mich abzustechen, nicht zu einer Angewohnheit wird oder zu dem Plan gehört hat. Wessen Plan ist das überhaupt?"

Empört rappelte sie sich auf, weshalb die tödliche Bronzenadel an ihrem Gürtel im Sonnenlicht auf glühte.

,,Erstens; wird es nicht. Versprechen tu ich allerdings nichts, ein klein wenig gefällt mir das. Gut, es gefällt mir mehr als ein klein wenig. Es ist toll, dass endlich mal alles so läuft, wie es soll und das ist großartig, oder? Und zweitens; Wessen Plan?" Ungläubig starrte sie mich an. ,,Vielleicht ist das ja mein Plan? Meine Idee? Mein brillanter Einfall?", zischte sie mich wütend an,

,,Klar, "dein" Plan.", erwiderte ich sarkastisch nach Luft ringend, da ich plötzlich das Gefühl hatte an meinem eigenen Ichor zu ersticken, welches sich urplötzlich in meinem Mund sammelt und drohte mich vor Schreck zu lähmen, denn ich konnte die Flüssigkeit auch aus meiner Nase Tropfen spüren, was mich zu dem Schluss brachte, das ich wohl innere Blutungen -oder so ein Zeug- von dem Gift bekam. Ist ja toll. Warum wirkt das auch so schnell? Hätte es nicht ein anderes sein können, zum Beispiel von so einer kleinen putzigen, wertlosen Schlange?

,,Ja, mein Plan.", erwiderte sie patzig. Ihre Hände waren, meinem Erachten nach, viel zu nah an der Nadel, die sie jederzeit problemlos ziehen könnte um mich vielleicht doch vorzeitig ab zu stechen.

,,Du bist und bleibst ein Pfosten, du Pfosten. Nein wirklich, du bist ein Pfosten und du bleibst ein Pfosten. Ein absoluter Pfosten! Ist dir eigentlich bewusst, wie die uns behandeln, unsere so tolle "Familie", die Hera so gut es geht am Laufen hält, als wären wir nur ein dummes Projekt, das jederzeit wie Eiskrem im Sommer auf Asphalt schmelzen könnte? Mal ganz ehrlich, das sind wir doch noch nie gewesen, eine richtige Familie, wir tun nur immer auf heile Welt und alles ist perfekt. Das nervt. Es nervt wirklich. Sie sind doch im Grunde Schuld wegen allem.", schnaufte sie, der Blick eindringlich, besserwisserisch, zornig, ratlos...

...verletzt.

Ob sie wusste, wie sie mich gerade an sah? Wie ein verschrecktes Tier, das versuchte die tiefen Wunden der Vergangenheit hinter einer Fassade von Stärke und Wut zu verstecken, denn dasselbe tat ich auch. Meine Wut auf andere Dinge zu Projezieren ist wirklich was, was ich erstaunlich oft tat, oder die Tatsache, dass ich die Dinge einfach verdrängte und hoffte nie mehr darüber sprechen zu müssen, auch wenn Hestia mich ermahnte, sie nicht in mich herein zu fressen.

,,Enyo...", brachte ich heraus, doch ich fand keine richtigen Worte. Sie hatte etwas verletztes, fast schon verschrecktes im Blick, als wüsste sie nicht ganz, was sie mit mir anfangen sollte. Also sagte ich das erst Beste, was mir gerade einfiel. ,,Ich kann dir nicht ganz folgen... Geht es jetzt um Rache, oder etwas komplett anderes?"

Der Blick meiner Schwester verschloss sich in Sekunden schnelle, kaum, das ich blinzeln konnte.
Upsss. War wohl das falsche... Ich sollte wirklich etwas mehr an meinem Taktgefühl arbeiten, mein ihr nicht auch -obwohl ich finde, dass das nicht nötig ist, weil ich natürlich toll bin?

,,Etwas von beiden schätze ich. Wenn du aber mitgespielt hättest, wäre es anders gekommen, jedoch hast du es nicht getan -oh Überraschung. Du tust nie was man dir sagt. Das ist wirklich nichts neues, geschweige denn etwas unvorhersehbares, wenn selbst ich daran gedacht hab. Ne bessere Lösung als das gab es da nicht."

,,Ne bessere Lösung gab es nicht?", wiederholte ich lahm, während ich kurz darauf von einem heftigen Hustenkrampf geschüttelt wurde, sodass mir die Luft weg blieb und erst Mal wieder zu Atem kommen musste. Die goldenen Flecken entgingen mir aber nicht, die ich hinterlassen hatte. Mit meiner unkontrolliert bebenden Hand wischte ich mir erst das Ichor unter meiner Nase weg -danke ans Nasenbluten-, ehe ich mir den Rest von meinem Husten von den Lippen wischte, wo aber trotzdem noch immer welches zurück blieb.

,,Mich zu vergiften war die bessere Lösung, dein scheiß ernst!? Wie bist du überhaupt darangekommen, an dieses Gift, was man eigentlich nur von einem bestimmten Drachen mit Ego Problemen bekommt?", krächzte ich fragend, dabei zog ich so gut es ging eine Braue hoch.
Dieses dumme Taubheitsgefühl geht mir auf die Nerven -hab ich überhaupt meine Augenbraue hochgezogen? Vielleicht hat die auch nur gezuckt? Och mannnnnn, das ist doof.

Seufzend ging sie rückwärts, die roten Lippen zu einem schmalen strich verzogen, ließ sie ihre Mundwinkel noch weiter nach unten Wandern -wenn es überhaupt noch weiter ging.

,,Die andere Möglichkeit wäre die gewesen, dich zu töten, Ares. Dich zu töten würde aber heißen, dass ein Platz auf dem Olymp frei wird, den ich jedoch nicht will. Mal im ernst, wer würde schon freiwillig in diese ellenlangen Besprechungen gehn?"
Angeekelt schüttelte sie sich.
,,Ich auf jedenfall nicht. Aber vielleicht, wenn du noch zu geschwächt von deiner Heilung und dem Trip von Phantasos bist, wird es das Gift für mich erledigen. Dann-", summte sie schulterzuckend, den Blick nicht von mir nehmend, während sie weiterhin rückwärtsging. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln.

,,wird es selbst für dich kein zurück geben. Hier sind andere Regeln, Ari. Bei uns Zuhause Leben wir durch den Glauben der Menschen -vergessen sie uns verblassen wir. Hier aber glaubt niemand an uns, an die großen, mächtigen Griechischen Gottheiten, die wir sind. Ich bin zwar kein Medizinding von Gott, so wie Apollchen, aber deine Regeneration dauert länger, weil du zulange hier bist. Genauso schwindet auch deine Kraft, bis du verreckst. Nur wird es für dich dann nicht nach unten in den Tartarus gehn, sondern -solltest du Glück haben- eine Einladung in Mandos Hallen bekommen, denn hier gibt es auch keinen Tartarus, indem du deine Einzelteile wieder richten kannst. Dann bist du Tod. Endgültig. Ohne Rückfahrschein. Verstanden?", trällerte sie für meinen angeschlagene Gesundheit viel zu fröhlich, da sie offensichtlich weniger Probleme damit hatte mich hier zurück zu lassen, als sie sagte.

,,Soll ich jetzt etwa "danke" sagen? Μικρές ενοχλήσεις (kleine Nervensäge), du hast mich vergiftet, und willst das alles hier zerstören. Außerdem bezweifle ich, dass das wirklich deine Idee war, so etwas könntest du dir nie ausdenken." Angestrengt versuchte ich mich hoch zu drücken, aber mit nur einer Hand war es schwerer als gedacht, da ich mit der anderen noch immer auf die Stichwunde drückte, die nicht aufhören wollte zu bluten. Das war wirklich zum Haare raufen. Ich ärger mich jetzt immer noch darüber, das könnt ihr mir aber glauben.

,,Ich kann mir ausdenken, was ich will! Und ich kann machen, was ich will? Meine Güte, diese Zwergen-Viecher haben dich wirklich verweichlicht, das ist ja kaum auszuhalten! Aber ich mach jetzt erstmal mein Ding. Im Gegensatz zu dir, bevorzuge es aber lieber, einen Berg mit lausigen Kreaturen, eine heruntergekommenen Stadt, dessen zerstörter Anblick sehr erfrischend ist, und eine Armee aus unterschiedlichen, lebenden Dingern kaputt zu machen. Es macht Spaß und es hat schon immer Spaß gemacht. Bedenkt man, das du vielleicht nie wieder dazu in der Lage sein wirst, das zu genießen. Sorry also, aber ich geh dann jetzt, Pfosten. Viel Spaß beim Überleben! Ich hoffe du hast Schmerzen!", fauchte sie Angriffslustig, bevor sie mich ein letztes Mal eingehend musterte. Schwungvoll drehte sie sich herum, bis sie plötzlich ein einem gleißenden Licht, heller als tausend Sonnen, verschwand.

Nur der Geruch von verbranntem Kunststoff blieb zurück. Und natürlich ich.

Mich ließ die dumme Kuh von Zwillingsschwester auch zurück.
Autsch, das ist echt gemein.

~~~

Hat wer Lust auf Kekse? *Stellt ein blech voll mit Cookies auf den Tisch*

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