Kapitel 110.
Thorin und Azog tanzen auf brechenden Eis, weil sie keine anderen Hobbys haben (komplett normal)
Für einen Moment wäre ich fast perplext stehn geblieben, da sich Thorin und Azog nur aus einiger Entfernung böse anstarrten. Ah, ist ja auch ganz normal. Ja. Komplett normal hier, wirklich. Naja, zu mindesten starrten sie sich nur solange an, bis ein Horn schließlich die Stille der Ebene zerrisch wie die tötlichen Krallen eines Tigers die empfindliche Haut seiner Beute.
Dann stürmten sie auf einander zu.
Und der Kampf zwischen zwei Mächten, die vor langer Zeit vom Schicksal zusammengeführt wurden, um das erste Mal in einer Schlacht aufeinander zu trafen, begegneten sich erneut. Denn die drei alten Weiber verwebten die Schicksalsfäden oftmals so geschickt, dass eine Begegnung nie die letzten sein könnte. Und diese Schlacht würde den Verlauf der zukünftigen Geschichte in Mittelerde Entscheiden...
Das Schicksal ist eine Sache für sich, denn es gibt drei die die Fäden eines jeden lebenden Wesens spinnen.
Geburt, Leben und Tot.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Drei alte Spinnerinnen mit den Namen Klotho, Lachesis und Atropos.
Sie bestimmen über jedes Schicksal, und wenn der Tag gekommen ist, zerschneiden sie den Lebensfaden durch, dann war's das. Passiert das, hat man einen Fahrtschein in die Hölle, denn Hades oder was auch immer für einen glauben die tote Person hat oder wie genau sie in Kontakt zu der nicht Sterblichen Welt (also der Göttlichen Welt) stand. Auf jeden Fall ein unnötig kompliziertes system. Genaueres muss man Hades fragen, der kennt sich aus, sonst hätte er seinen Job ja nicht.
Kann er sich eigentlich selbst feuern, wenn er einen schlechten Job macht? Hmm... Das ist ne gute Frage.
Aber zurück zum eigentlichen Thema, von dem ich sowieso wieder abschweifen werde – warum Versuch ich es dann eigentlich noch? Fragen über Fragen... Ich sollte mir echt so was wie einen Sekretär zulegen, dann kann ich alles auf diese Person abschieben, soll die sich doch mit sowas befassen.
Apropos befassen... Schon Mal drei alte Schachteln gesehen die per Münze entscheiden wen sie umbringen? Nein? Tja, laut Hermes machen sie sowas.
Der Gott der unnötigen Scherze scherzte oft im antiken Griechenland damit, dass die Moiren bestimmt eine Drachme warfen, um über LEBEN und TOT zu entscheiden. Die eine Seite –meist die mit dem Kopf darauf – bedeutete den tot und die mit dem Bild stand für leben — laut Hermes zu mindestens. So sicher kann man sich bei ihm nie sein.
Aber sollte das echt Stimmen, dann tun sie es bestimmt immer noch auf diese Weise. Götter sind nämlich Gewohnheitstiere, wie man so schön sagt. Stur und festgefahren. Wir legen schlechte Eigenschaften somit nur ungerne ab, ganz besonders, wenn es uns egal ist, was wir damit anrichten – trift im übrigen auf alle unsterblichen zu.
So zum Beispiel (um wieder zurück aufs Thema zu kommen) zeigt Zeus eine Affinität dazu meiner Mutter (eine sehr, sehr, sehr stolze und rachsüchtige Frau) fremd zu gehen. Hephaistos versucht verzweifelt bei Athene zu landen. Apollo ist... Nun... Apollo halt. Und Dionysos ist zu der damaligen Zeit sowieso die meiste Zeit komplett dicht gewesen. Von dem Rest sprechen wir erst gar nicht.
Und da wir die Schicksals Sache jetzt abgehakt haben... Worauf ich eigentlich hinaus will ist; lass ich dem Schicksal seinen Lauf oder Piss ich die dafür verantwortlich an, wenn ich mich doch bei dem eins gegen eins Kampf der beiden einmische?
Wie auch immer. Ich werd' mich schon richtig entscheiden. Naja, zurück zu einem Mörderischen Waschmittel-Ork und dem lebensmüden Zwerg, der sich definitiv nicht umbringen lassen will. Ohne scheiß, verreckt der hier werd' ich Aule sagen, dass der den direkt am Bart wieder aus den ihrem Totenreich raus zerren soll. Ich hab die Reise ja nicht umsonst angetreten nur damit er dann abkratzen kann, schließlich haben wir er so gut wie geschafft – mehr oder weniger. Da sollte Thorin sich wirklich nicht abstechen lassen.
Ich sag's euch, Aule sollte die Zwerge anleinen, damit er sie im Fall der fälle wieder aus dem Totenreich raus holen kann. Sonst endet das wie mit Orpheus*. Hätte der ne Leine dabei gehabt wäre deine Geschichte nicht so ausgegangen, aber nein, hatte er nicht und was war das Ergebnis? Seine Frau blieb tot und er starb. Also ein typisches Ende – für die Geschichten aus der Antike zumindest.
Jaaaa. Aber die Geschichten jetzt Mal bei Seite. Denn, seht mal da! Da ist das Hässliche weiße Vieh mit einem Ding, das ein Steinbrocken an einer Kette ist. (Ich sag doch: Leinen sind praktisch!)
Das Eis erbebte unter Azogs schweren schritten, als er Thorin entgegen stürmte und den Steinbrocken wie ein Lasso um sich schwang, wohl in der Hoffnung dem dunkelhaarigen Zwerg damit den Schädel ein zu schlagen. Doch der Zwerg war flink genug.
Er duckte sich unter dem vorbei sausenden Stein hinweg, wieder und wieder, wich weiter zurück, bis er einen guten Moment abpasste. Geschickt tauchte er unter der Eisenkette hinweg, das leicht bläulich glühende Schwert blitzte im Sonnenlicht auf, jetzt da sich Nebel und Wolken verzogen hatten. Mit einem Ruck schwang er Orcrist. Die scharfe Klinge schnitt über das breite Kreuz des Orks, direkt über die Platten seiner Rüstung.
Sein zorniges Brüllen donnerte über die Ebene des breiten Flusses, der kantige Stein schnellte durch die Luft und verfehlte den Zwerg nur um Haaresbreite, stattdessen krachte er mit einem höhnischen Knacken auf's Eis.
,,Och, komm schon! Das kann doch echt nicht wahr sein.", entwich es mir entgeistert, als ein beben die eisig blaue Fläche erfasste. Mir drehte sich der Magen um. Kälte kroch mir unter die Rüstung. Vor meinem inneren Auge spielte sich die Erinnerung vom Eislaufen an Weihnachten 1982, mit meiner Schwester, ab, was mit einem frostigen Bad für mich endete. Kopfschüttelnd vertrieb ich die Erinnerung.
Knirschend wuchsen die Risse, während sich meine Nackenhaare aufstellten. Kacke...
Neben Thorin brach der gefrorene Boden und lange, verzweigte kluften durch bohrten das erstarrte Wasser wie die Zweige des Nordischen Weltenbaums die Sphären des weiten Himmels.
Na schön. Na schön. Schön... Schön, schön, schön. Das nimmt ja eine phantastische Wendung. Chaos! Einfach nur absolutes Chaos! Shit!
Unter meinen Füßen vibrierte die kalte Masse, Azog schwang weiterhin den Brocken und die Prinzessin vom Berg wich irgendwie immer wieder erfolgreich dem schweren Stein aus, während die goldenen Strahlen der Sonne wie ein Heiligen-Schein vom Himmel herab fielen und sich fächerartig über dem Eis ausbreiteten.
Na schön, die alten Strick-Weiber hatten genug Zeit. Jetzt nehm ich's selbst in die Hand.
Prüfend wog ich den Speer in meinen Händen, bevor ich die beiden Gestaltet auf dem Eis abschätzig musterte. Ja, nein, werfen ist nicht. Bei dem Tanz den die da Veranstalten treff ich entweder keinen, oder den falschen. Am Ende bin ich dann auch noch der jenigen der den Oberidioten ins Grab befördert. Verlockend aber nein.
Na gut, tief Luft holen und los – einen Schritt nach dem anderen. Gut. Ja. Immer noch beunruhigend das ächzen, aber soweit stabil. Eis hält. Gut. Toll. Fantastisch.
Darauf achtend nicht auf irgendeinen der dunklen Risse zu treten beschleunigte ich mein Tempo ein wenig und überwand die letzten Meter zu den Beiden nervigsten Wesen auf Ardas Oberfläche (mit Ausnahme meiner Schwester, die besetzt Platz eins).
Erneut knallte der Stein donnernd auf's Eis. Neue spalten fraßen sich durch das frostige blau.
Mir lief ein Schauer über den Rücken. Jetzt fällt mir eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Yo und Azog auf. Echt, die beiden könnten Zwillinge sein – mehr als Enyo und ich es sind.
Ein knarrendes Stöhnen zog sich durch die Fläche. Oh. Irgendwo links von mir bildete sich ein breiter Spalt, in den locker meine Hand rein gepasst hätte. Nicht gut.
Das Wasser hier drunter ist ganz schön reißend. Bricht die Eisschicht weck, lernen wir fliegen. Der Wasserfall freut sich.
,,Hey!" Tatsächlich drehten sich zwei Köpfe in meine Richtung. Ich hob die Arme leicht, mit der Spitze des Speers in Azogs Richtung deutend. ,,Schon Mal bedacht, dass das eine echt dämliche Idee ist? Das ist Eis! Nicht der stabilste Boden u- Zum Tartarus!" Etwas kollidierte mit der Wucht einer gerade abgefeuerten Kanonenkugel mit mir. Jede Reaktion meinerseits kam zu spät.
Dann kippte die Welt auch schon. Mit dem Gesicht voran knutschte ich auch schon den Boden ab (aua) – ein stechender Schmerz durchzog meine Stirn, hinterließ goldene Schlieren auf dem unebenen Untergrund. In meinem Mund sammelte sich der süßlichen Geschmack meines Ichors. So ein scheiß!
Unterdessen schlitterte ich laut fluchend über das Eis – dabei bekam ich es irgendwie hin mich zu drehen, so das ich jetzt auf dem Rücken lag–, vorbei an zwei dumm glotzenden Idioten, die kurz inne hielten, dafür aber Richtung Abgrund.
,,Fuck ey! Spinnst du!? Du dämliche-" Haarscharf jagte eine Bronzenadel an meinem Gesicht vorbei, durchstieß mit einem lauten brechen des Eises die erstarrte Oberfläche. Frostige Wassertropfen, perlten von dunklen, zerzausten Strähnen ab.
Meine Schwester wirkte als hätte sie Thanatos persönlich den Job geklaut und wäre nun der Tod selbst. Grüne Feuer verschlagen jedes Zeichen von Mitgefühl.
Oh.
Nicht gut.
~~~
*Orpheus → ein Sohn von Oeagrus und der Muse Kalliope. Er galt als der größte Sänger und Dichter der griechischen Mythologie. Er heiratete eine Tochter des Apollo, die kurz darauf verstarb, weshalb er Mithilfe seines Gesanges in die Unterwelt ging um sie zurück zu holen. Er verzauberte Hades und Persephone durch seinen Gesang, weshalb er ihm erlaubte mit seiner Frau zurück zu kehren. Aber alles hat einen Haken in den griechischen Geschichten. Orpheus durfte sich auf den Weg zurück ins Reich der lebenden nicht umdrehen. Ende vom Lied war, das er sich kurz vorm Ziel umgedreht hat und Eurydike für immer in der Unterwelt fest saß. Irgendwann starb er dann auf sehr unschöne weiße.
Eine weitere tragische Liebesgeschichte die Aphrodite bestimmt sehr unterhaltsam fand.
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