Kapitel 49

Plötzlich fühlte sich Severus von allen Kräften verlassen. Eine bleierne Müdigkeit kroch in ihm empor und der Wunsch dieser Erschöpfung nachzugeben wurde so stark, dass er nicht anders konnte, als sich an der nächsten Hauswand zu Boden sinken zu lassen und mit dem Rücken an die Mauer gelehnt, regungslos sitzen zu bleiben.

Es gelang ihm nicht, die Gefühle in seinem Inneren zu ordnen und er war gezwungen sich dem Gefühlschaos einfach hinzugeben und alles um sich herum auszublenden.

Ganz leicht konnte er den Hoffnungsschimmer fühlen, der sich gebildet hatte, als Draco Malfoy disappariert war. Die Tatsache, dass er es nicht geschafft hatte Severus zu töten, bewies ihm, dass der junge Mann möglicherweise noch nicht vollkommen verloren war. Doch im Gegensatz zu dieser Hoffnung, gab es die düsteren und schmerzvollen Gedanken, die die Hoffnung mit ihrer Dunkelheit überfluteten und nichts mehr von ihr übrigließen.

Von all diesen schrecklichen Gedanken, die er nicht von sich schieben konnte, geplagt, konnte Severus dem Wunsch, einfach nur die Augen zu schließen und in Dunkelheit zu versinken nicht widerstehen und er ließ seinen Kopf achtlos gegen die harte Hauswand sinken. Ohne sich dagegen zu wehren, ließ er zu, dass sich ein undurchdringlicher Schleier der Dunkelheit über seine Gedanken legte und ihn in einen traumlosen Dämmerzustand schickte.

Er wollte in der schmerzlosen und sorglosen Dunkelheit des Schlafes versinken und alles um sich herum vergessen.

Doch gerade als die dunklen Finger des traumlosen Ruhezustandes nach ihm griffen, drang ein leises Geräusch zu ihm durch, das die Dunkelheit wieder zurückdrängte und ihn daran hinderte seinem Verlangen zu schlafen, nachzugehen. Er versuchte das Geräusch von sich zu schieben und in seinem Dämmerzustand zu bleiben, doch je lauter es wurde, desto schwerer fiel es ihm.

Zu Beginn waren es nur leise Schritte, doch plötzlich war es eine leise Stimme, die sich bald in einen lauteren Ruf verwandelte. Eine Stimme, die Severus seltsam bekannt vorkam und die ihn sofort wachrüttelte und dafür sorgte, dass er sich kerzengerade aufsetzte. Trotzdem konnte er nicht anders, als einfach erstarrt sitzen zu bleiben, während die Schritte immer näherkamen und er schließlich die Worte erfassen konnten, die von der Person ausgingen.

„Hallo? Ist da jemand?"

Die Stimme klang sanft und sorgenvoll und Severus erkannte sie sofort. Es war Liana, die nur wenige Augenblicke später direkt vor ihm zum Stehen kam. In der Dunkelheit konnte Severus nur Umrisse erkennen, doch trotzdem erkannte er ihre Gestalt sofort. Und auch sie schien nur einen kurzen Augenblick zu brauchen, um zu realisieren, wen sie vor sich hatte.

„Severus?"

Ihre Stimme klang so erschrocken und sorgenvoll, dass es dem Zauberer beinahe den Atem verschlug.

Langsam rappelte er sich auf, wobei er die Erschöpfung immer noch in jeder Faser seines Körpers spüren konnte. Die Müdigkeit schien seine Gedanken zu verschleiern und ihn daran zu hindern klar zu denken, sodass er nicht anders konnte, als einfach still stehen zu bleiben und Liana in die Augen zu sehen.

Das erste Mal seit langer Zeit, war es ihm egal, ob man die Emotionen in seinem Gesicht erkennen konnte. Er fühlte sich viel zu erschöpft und ausgelaugt, als dass er seine Kräfte noch auf seine äußere Ruhe verschwenden konnte.

Er ließ es zu, dass seine Finger zitterten und sein Gesicht sich zu einer schmerzvollen Miene verzog. Selbst dann, als der Mond hinter einer Wolke hervortrat und sein silberner Schein, Liana einen direkten Blick auf diesen Gesichtsausdruck bot, unternahm er nichts gegen dieses Zeichen von Schwäche.

Er hörte die Schwarzhaarige zitternd ausatmen, noch bevor er in ihre beunruhigte Miene blickte.

„Severus, geht es dir gut? Bist du verletzt? Brauchst du Hilfe?"

Plötzlich war die Ruhe zwischen ihnen durchbrochen und Lianas Stimme hallte über den Platz.

Severus wusste nicht, wie er angesichts ihrer sorgenvollen Fragen reagieren sollte. Seine Gedanken waren wie leergefegt und er brachte nicht mehr zustande, als mit einer Hand abzuwinken. Doch scheinbar reichte ihr diese Geste nicht und ihr Tonfall wurde entschlossener und drängender.

„Ich kann doch sehen, dass es dir nicht gut geht. Ich weiß, wir kennen uns nicht so gut, aber du brauchst mich nicht anzulügen. Ich weiß, dass du anders bist. Ich weiß, dass du kein gewöhnlicher Mensch bist, aber das ist mir egal."

Bei diesen Worten zog sich vor Schreck alles in Severus zusammen. War Liana etwa hinter die Tatsache, dass er ein Zauberer war, gekommen?

Der Gedanke ließ Panik in ihm aufsteigen und er dachte mit Schrecken daran, was passieren würde, falls sie es tatsächlich wusste. Doch noch bevor er sich weiter den Kopf darüber zerbrechen konnte, sprach sie auch schon weiter.

„Irgendetwas Schlimmes ist in deiner Vergangenheit passiert Severus. Ich weiß es. Aber bitte lass mich dir helfen, darüber hinwegzukommen. Egal, was es ist. Ich werde dich nicht dafür verurteilen. Denn du bist mir wichtig."

Nur zu gerne wollte Severus ihren Worten Glauben schenken. Nichts wünschte er sich in diesem Moment mehr, als ihr alles zu erzählen und sich all seine Sorgen von der Seele zu reden. Doch er wusste, dass sie log. Sie log, ohne es zu wissen, denn wenn sie wüsste, was Severus getan und erlebt hatte, dann würde sie ihn verurteilen. Dann hätte sie Angst vor ihm.

Und das war das Einzige, wovor Severus noch Angst hatte. Davor, dass sich die Sorge in ihrem Blick in Angst verwandeln würde. 

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