Offenbarung
Bis zum späten Nachmittag musste ich in der abgelegenen Tankstelle arbeiten. Mein Traumjob war es natürlich nicht, aber er hielt mich über Wasser und im Gegensatz zu der vorigen Arbeit als Ärztin, hatte ich bessere Arbeitszeiten und sehr viel weniger Verantwortung zu tragen. Auch hatte ich die Gewissheit, immer zeitig zur Verwandlung zuhause zu sein.
Meine Gedanken kreisten derweil ununterbrochen um den Hund, den ich völlig allein in meiner Wohnung zurückgelassen hatte.
Ob er wohl zurecht kommen würde?
Einige Stunden war ich nun schon weg und ich hoffte, dass er mir nicht alle Ecken und Winkel vollgepinkelt hatte, oder schlimmeres. Warum nur war ich auch so dämlich und hielt mir daheim ein Tier, um welches ich mich nicht kümmern konnte. Zumindest hatte ich ihm Futter und Wasser hingestellt. Tot in der Wohnung liegen sollte er damit schonmal nicht.
Ohne es bemerkt zu haben, stand meine Schichtablösung neben mir und ich erschrak lauthals, worauf auch er aufschrie.
"Bist du irre mich so zu erschrecken?".
"Was? Ich verstehe nichts mehr. Du hast mir voll ins Ohr gebrüllt".
"Geschieht dir recht".
"Hä?".
"Egal. Ich muss jetzt nach Hause".
"Warum? Du hast es doch sonst nicht so eilig".
"Ich... ähm... hab nen Hund!".
"Och wie cool. Was denn für einen?".
"Einen... großen?".
Verlegen am Hinterkopf kratzend, schaute ich in sein fragendes Gesicht.
"WOW... einen großen? So richtig mit vier Beine, Schwanz und Kopf und ganz viel Fell? Gib mir mehr niedliche Details".
Mit genervtem Blick gab ich nur ein gespieltes dämliches Lachen zurück.
"Haha ha ha hahahalt die Klappe Idiot".
"Ach komm schon. Erzähl mal. Wie heisst er denn?".
Ich wollte einfach nur noch aus diesem Saftladen raus und dem Verhör entkommen, doch ließ mein nerviger Kollege mich nicht in Ruhe.
"Hund!".
Da stand er nun sprachlos, mit peinlicher Gesichtsentgleisung vor mir und dachte sich warscheinlich seinen Teil. Mir egal. Ich musste die Gelegenheit nutzen, vor ihm zu flüchten, denn sonst würde ich hier wohl nie raus kommen.
Leider etwas später als vorgenommen, kam ich zuhause an. Auf dem weg hatte ich etwas zu essen besorgt, da mir heute so gar nicht mehr nach kochen zumute war. Hoffentlich mochte Hund auch Pizza.
Mit dem Schlüssel in der Hand blieb ich vor meiner Wohnungstür stehen.
Jepp... jetzt verstand ich auch warum Kiba mich dämlicher angesehen hatte als sonst. Hund, war ein absolut bescheuerter Name. Bis morgen würde ich mir einen anständigen überlegen. Es sei denn... es wäre nicht mehr nötig.
An der Tür lauschend, vernahm ich keinen mucks. Ob er wohl schlief? Oder war er weggelaufen? Verhungert? Vergiftet? Verletzt? Verblutet?
Mit zittrigen Händen versuchte ich den Schlüssel ins Schloss zu stecken und wunderte mich derweil über solch kindischer Gedanken.
Er war die ganze Zeit ohne mich ausgekommen. Warum sollte er gerade in meiner Obhut umkommen?
Ehrlich gesagt, hatte ich genau deswegen sorgen, denn für ein Tier zu sorgen sah eigentlich ganz anders aus.
Mit einem Ruck, drückte ich die Tür auf und zu meiner Überraschung, saß er direkt vor mir auf dem kleinen Teppich im Flur und sah mich mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an, worauf ein Ohr von ihm umklappte.
Ohne etwas dagegen tun zu können, schossen mir heiße Tränen in die Augen und meine Unterlippe begann zu Beben.
Ein fast vergessenes Gefühl flammte in mir auf und übermannte mich unweigerlich.
Langsam schloss ich die Tür hinter mir und kniete mich zum Vierbeiner hinunter, welcher mich noch immer so unbeschreiblich süß ansah.
Das war der erste Tag nach Ewigkeiten, an dem ich heim kam und nicht allein war. Ich wurde sogar erwartet.
Mit geneigtem Kopf, ließ ich einige Tränen der Freude ihres Weges ziehen und sprach die Worte, die ich so lange nicht über die Lippen bringen brauchte.
"Ich bin wieder zuhause".
Nach diesem Satz, gab es für Hund kein Halten mehr.
Er sprang auf, stürzte sich auf mich und schlabberte mir ungestüm durchs Gesicht. Anscheinend ging es ihm wie mir. Er war wohl auch glücklich, jemanden an seiner Seite zu wissen.
Der späte Nachmittag nahm ein Ende, nachdem wir die Pizza auf der Couch aßen. Amüsiert darüber dass das fellknäul gekonnt den Rand der Pizza übrig ließ und gleichzeitig verwundert darüber das er überhaupt soetwas tat, fragte ich mich wo oder wie er früher gelebt haben musste.
Auf der einen Seite war er ganz offensichtlich ein typischer Hund.
Andererseits benahm und aß er eher Menschen typische Sachen.
Verliebt in seine tief schwarzen Kulleraugen, schaute ich in eben diese und kraulte entspannend sein dicht dunkel blaues Fell.
"Ach wenn du doch nur sprechen könntest".
BRUMMEL... WINSEL...
Es war zu niedlich das er mir zu antworten versuchte, doch ich wusste natürlich, dass er keins meiner Worte verstand.
Nach dem essen sah ich mir noch zwei Folgen Greys Anatomy an und genoss die Wärme die meine große Fellnase auf meinem Schoß hinterließ.
Wie konnte ich nur die ganze Zeit ohne ihn gemütlich auf der Couch liegen und meine Serien anschauen?
Es war so viel angenehmer und entspannter.
Als ich den Fernseher ausschaltete, um mich auf den Weg ins Bett zu begeben, fiel mir ein, dass ich mich in nicht allzu ferner Zeit verwandeln würde.
Grübelnd sah ich zum Vierbeiner herunter.
"Du weisst was nachher mit mir passiert oder?".
WAU... WINSEL... GRUMMEL.
Mit hochgezogener Augenbraue fragte ich mich, ob er wirklich verstanden hatte. Immerhin lag er heute morgen neben mir und musste meine rück Verwandlung miterlebt haben.
Nun stellte sich mir die Frage, ob er bei mir im Schlafzimmer schlafen konnte, oder ich ihn im Wohnzimmer einsperren sollte.
Offensichtlich suchte er meine Nähe und wenn ich ehrlich war, genoss ich auch seine und wenn er meine Chicken-wings hätte fressen wollen, wäre letzte Nacht seine Chance gewesen.
Demnach konnte ich ihm eigentlich vertrauen. Oder?
Während ich darüber nachdachte, ging ich ins Bad um mich Bett fertig zu machen.
Ein Blick im Spiegel zeigte wie müde ich war. Tiefe Augenringe zeichneten mein Gesicht und die Lider standen auf halb sieben.
So schnell wie meine Arme noch konnten, zog ich mein Schlaf T-shirt über und watschelte zum Schlafzimmer.
"Gute Nacht Hund".
Bevor ich die Schlafzimmertür hinter mir schloss, sah ich noch im Augenwinkel, wie er seinen Kopf mit einen Ruck, aus seiner liegenden Position hinauf schnellen ließ.
Besser wäre es ohne ihn einzuschlafen. Vielleicht kam er gestern auch erst zu mir, als ich schon zurück verwandelt war.
Die Vorstellung, diese Nacht im Schlaf vernascht zu werden, hatte ich mir nämlich anders gedacht. Ein Risiko wollte ich nicht eingehen, als Hundefutter zu enden.
Mehr als fertig, ließ ich mich aufs Bett fallen und war schon fast im Land der Träume angekommen, als ich ein kratzen vernahm welches von der Außenseite der Schlafzimmertür kam.
Offensichtlich wollte er zu mir ins Schlafzimmer kommen.
Wenn ich ihn nur lange genug ignorieren würde, wäre er es warscheinlich leid weiter zu betteln.
Zu meinem Leid, hörte er auch nach einigen Minuten nicht damit auf sondern setzte noch einen drauf.
Nun heulte er auch noch wie ein verlassenes Wolfs junges.
"Nix da, leg dich schlafen".
Nun war Stille. Aber nur kurz.
Das kratzen wurde schneller und sein heulen lauter.
"NICHT DEIN ERNST... JETZT SEI ENDLICH STILL".
Er war also nicht nur niedlich und flauschig, sonder auch noch hartnäckig und ausdauernd.
Selbst nach diesem kleinen Wutausbruch, hielt er sich fleißig an der Tür beschäftigt und jaulte unermüdlich weiter.
Es würde ohnehin nichts bringen ihn weiter zu ignorieren. Anscheinend hatte er es sich zum Ziel gesetzt, ein Loch in die Tür zu kratzen um auf eigenem Weg zu mir zu kommen.
Eigentlich war es ja ganz süß, wäre ich nur nicht so schrecklich müde gewesen. Andererseits, viel schlafen können hätte ich eh nicht. Die Verwandlung würde mich, wie so oft, leidlich aus dem Schlaf reißen.
Einsichtig wie ich war, stand ich kapitulierend auf, um der Fellnase die Tür zu öffnen.
"Du hast gewonn... HEY".
Ohne die geringste Chance ihn aufzuhalten, preschte er in einem Affenzahn an mir vorbei und sprang gekonnt, im hohen Bogen auf mein Bett und landete in eleganter Siegerpose.
"NEIN... MEIN BETT... RUNTER!".
Da war er wieder, der bezauberne und hypnotisierende Hundeblick dem man einfach nichts ausschlagen konnte. Erneut musste ich meine Niederlage eingestehen und auf ein Wunder hoffen, nicht im Schlaf von ihm gefressen oder aus Versehen erdrückt zu werden.
Es war zwar erst kurz nach neun abends, doch die Sonne neigte sich dem Horizont und kündigte langsam aber stetig die Nacht an.
Während sich der Himmel im warmen Rot färbte, kuschelte ich mich ein letztes Mal ganz eng an meinen plüschigen Fellfreund.
Wie gerne würde ich einfach so mit ihm an meiner Seite einschlafen.
Doch wusste ich, dass mir noch ein schmerzliches, allabendliches ritual bevorstand.
Wie aus dem Nichts, hüpfte der Flohball aus meinem Bett und stellte sich mitten in den Raum.
"Och nee... musst du jetzt echt noch mal pinkeln? Na gut, dann muss ich mich aber... erst... noch... WAS?
Ich konnte nicht glauben was sich vor meinen Augen abspielte.
Der Vierbeiner glitzerte plötzlich im leicht bläulichen Ton auf, so wie ich es von mir kannte.
Mir blieb nichts anderes übrig, als mit meiner Hand, meinem weit offen stehenden Mund zu bedecken und vor verblüffung, Vorfreude und Überraschung nicht aus den latschen zu kippen.
Vor Aufregung schoss mir glühend heißes Blut in den Kopf und der Puls hämmerte durch meine Gliedmaßen.
Das blaue funkeln zog sich gemächlich über seinem ganzen Körper.
Mehr als interessiert beobachtete ich das Schauspiel vor mir.
Langsam fiel das Fell der hinterläufer, an entstandener heller Haut ab. Sie wurden immer länger und kräftiger zu muskulösen Beinen.
Der Hund, der offenbar gar keiner war, setzte sich mit angewinkeltem Bein aufrecht hin und ließ die beeindruckende tortour über sich ergehen.
Ein blanker, knackiger, praller Hintern kam zum Vorschein, als auch dieser sich den Haaren entledigt hatte. Etwas gruselig war es, als der Schweif einfach abgefallen war, aber nun gut. Hätte ja auch sonst seltsam ausgesehen.
Gerne hätte ich etwas gesagt oder zumindest irgendwie reagiert, doch war ich zu gefesselt von dem Geschehen und die Art der Verwandlung, die so sehr anders war als meine.
Als sich der bezaubernde glitzernde Schwall weiter aufwärts bewegte, um auch seinen Rücken frei zu legen, stellte sich die Person vor mir, mit eben diesen zu mir gewandten aufrecht hin.
Meine Augen folgten gespannt, jeden einzelnen Zentimeter dieser Person die sich vor mir auftat.
Breite Schultern traten unter dem zerfallendem Fell hervor und bewegten sich, was die Schulterblätter und die Rückenmuskulatur anspannen ließ.
Dieser Anblick war mit Abstand das heißeste was ich jemals gesehen hatte. Soviel war sicher.
Vor meinen Augen spielte sich die Badboy Version der Schwanenprinzessin ab, welche ich aus nächster Nähe verfolgen konnte.
Die Vorderläufer nahmen die Gestalt kräftiger Männer Arme an, an denen sich ausgeprägte Adern zwischen den Muskeln verteilten.
Es stand nun ein Adonis von Mann in meinem Schlafzimmer, der allerdings noch immer einen Hundekopf besaß.
Dieser Moment war nun ausschlaggebend, ob dieser Abend zum Traum oder zum Horrorszenario werden würde.
Besaß dieser Körper auch einen dazu passenden Kopf oder war er einer der Kategorie, Tüte drüber ziehen?
Diese Spannung war kaum zu ertragen, ebenso wie die Hitze die mir durch die Gliedmaßen zog.
Dann, endlich war es soweit.
Das helle funkeln befreite seinen Kopf von den dunklen, buschigen Haaren und legte neue seidigweiche schwarze frei.
Mit ebenso Pechschwarzen Augen sah er mich über die Schulter direkt an und lächelte mit einer Wärme, die mich zum schmelzen brachte.
"Endlich lernen wir uns kennen meine Schönheit".
FORTSETZUNG FOLGT...
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