Kapitel 12
Ciel
Nachdem die Prinzessin sich in ihr Schlafzimmer zurückgezogen hatte, verabschiedeten sich langsam auch die Soldaten für die Nacht. Vivi und ich blieben, zusammen mit den Nixen, noch eine Weile im Wohnzimmer sitzen.
"Ihr solltet euch ebenfalls ausruhen", sagte Tressa zu uns, bevor auch sie sich zurückzog.
"Klingt gut", sagte Casat dann, "aber... ich weiß nich' wie's bei euch aussieht. Ich für meinen Teil bin ziemlich ausgetrocknet."
Er stand von dem großen Sofa auf und began sich zu strecken.
"Ich dreh' noch 'ne schnelle Runde im See."
"Da bin ich dabei!", sagte Lyen und die anderen Nixen nickten auch zustimmend, "Ciel, Vivi, wie sieht's mit euch aus?"
Vivi sah mich mit funkelnden Augen an. "Ich habe so etwas noch nie gemacht."
"Was, nachts schwimmen?", fragte Lyen, aber Vivi schüttelte den Kopf.
"Überhaupt schwimmen."
"WAS?!", riefen alle vier Geschwister entsetzt. Auch ich sah sie überrascht an.
"Wirklich nicht? Aber du bist doch nicht weit von einem Fluss aufgewachsen."
"Ja, das stimmt schon", meinte Vivi, "aber die Strömung dort ist zu stark. Ich bin noch nie weiter, als mit den Füßen ins Wasser gestiegen."
Ich stand auf und nahm ihre Hand. "Na, dann ändern wir das jetzt."
Wir folgten den Nixen aus der großen Eingangtür hinaus, bis zum Ufer. Die Nachtluft war recht frisch. Kein Wunder, schließlich befanden wir uns ziemlich weit oben.
Der Mond erschien in einer dünnen Sichel am klaren Himmel. Das fehlende Mondlicht machte es zu einer ziemlich dunklen Nacht. Selbst als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich kaum sehen, wo ich hinging.
Ich zog mir mein Shirt über den Kopf und ließ es neben mir auf den Boden fallen.
"Ziehen wir uns komplett aus?", flüsterte Vivi mir ins Ohr.
Ich lachte leise, während ich aus meinen Schuhen schlüpfte. "Es ist ja nicht so, als würde dich jemand nackt sehen."
"Deshalb habe ich gar nicht gefragt."
"Ach nein? Wieso denn dann?"
"Na, zur Information, okay? Ich wollte nur nicht die einzige sein, die sich komplett auszieht."
Ich zog mir meine Hose und Unterhose herunter und folgte den Nixen ins kühle Wasser des Spiegelsees. Die Geschwister waren schon weit voraus geschwommen. Klar, mit ihren Schwimmhäuten konnten sie sich viel schneller im Wasser fortbewegen als wir.
Die ersten Meter waren ziemlich flach, sodass mir das Wasser höchstens bis zu den Oberschenkeln ging.
"Passt auf!", warnte uns Naqai plötzlich, "Da is' sowas wie'n Felsvorsprung. Es wird plötzlich ganz tief."
"Okay, danke für die Warnung!", rief ich zurück.
Vorsichtig tastete ich mich mit den Füßen vor, bis ich die Steinkante gefunden hatte, von welcher der älteste Bruder gesprochen hatte. Dann drehte ich mich zu Vivi um, die mir dicht auf den Fersen war.
"I-Ist das kalt...", stöhnte sie.
"Geht es?"
"Ich bin hart im Nehmen."
Sie stoppte direkt vor mir und griff nach meiner Hand.
"Bist du bereit?", fragte ich sie mit einem Grinsen im Gesicht, welches sie natürlich nicht sehen konnte.
"Was? Willst du, dass ich jetzt einfach in das tiefe Wasser springe? Ich weiß doch gar nicht, ob ich mich an der Oberfläche halten kann."
"Keine Sorge. Ich halte dich fest."
"Bist du verrückt? Ich bin total schwer."
Ich erinnerte mich an unsere erste Begegnung, als ich sie aus der brennenden Hütte getragen hatte. Sie hatte sich mit all ihrer Kraft gegen mich gewehrt und wild um sich getreten. Vivi machte zwar nicht den Eindruck, aber sie war ganz schön stark. Außerdem war Vivi, für eine Frau, recht groß. Zusammen mit ihrer Muskelmasse, machte sie das automatisch schwerer.
"Ich weiß, dass du schwer bist."
"Du- ", fing sie eingeschnappt an und schubste mich mit beiden Händen nach hinten.
Meine Hände ergriffen ihre Arme und ich zog sie mit mir, während ich mich nach hinten fallen ließ. Mein Rücken berührte das kalte Wasser des Sees und ich schnappte nochmal schnell nach Luft, bevor ich komplett eintauchte.
Unsere warmen Körper trafen aufeinander, woraufhin ich sie losließ und meine Arme stattdessen um ihre Taille schlung.
Vivis Hände krallten sich an meinen Schultern fest. Sobald wir wieder die Wasseroberfläche erreichten, fing sie an zu husten.
"Ich habe Wasser geschluckt", brachte sie heraus und ich begann herzhaft zu lachen.
"Es gibt schlimmeres", meinte ich, doch Vivi schlug mir gegen die Schulter, was nur noch mehr Gelächter aus mir heraus brachte.
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Wir waren eine ganze Weile im See geblieben. Ich hatte Vivi gezeigt, wie sie sich am besten an der Wasseroberfläche halten konnte und musste gestehen, dass sie sich ganz gut schlug. Irgendwann wurde es uns allerdings zu kalt und wir gingen zurück.
Den Nixen schien die Kälte jedoch nichts auszumachen. Sie gaben uns sogar zwei ihrer Mäntel zum überziehen.
Einmal im Zimmer angekommen, fielen Vivi und ich regelrecht ins Bett.
"Das ist herrlich... Wie lange ist es her, dass wir in einem richtigen Bett geschlafen haben?" flüsterte sie in die Dunkelheit hinein.
"Viel zu lange", meinte ich und drehte mich zu ihr auf die Seite.
"Ciel?"
"Hmm?"
"Ich habe nachgedacht, über was wir jetzt machen sollen. Wir könnten uns der Prinzessin und ihrem Gefolge anschließen, schließlich scheinen sie viel darüber zu wissen, was so vor sich geht."
Wenn ich ehrlich sein sollte, versuchte ich so gut es ging nicht an all das hier zu denken. Am liebsten würde ich das alles vergessen und zurück nach Hause gehen... Andererseits musste ich akzeptieren, dass ich jetzt ein magisches Wesen war. Vielleicht gehörte ich dort auch gar nicht mehr hin. Aber wo sollte ich sonst hin?
Vivi bekam meinen inneren Konflikt nicht mit, sondern sprach gemächlich weiter.
"... Aber bevor wir das machen, sollten wir in deinem Dorf vorbeischauen."
Ich nickte. Was auch immer in Minuit passieren würde, wie auch immer meine Familie auf mich reagieren würde, ich musste sie einfach sehen. Ich musste wissen, wie es ihnen ging.
In der letzten Zeit war so viel passiert, dass ich befürchtet hatte, ich wäre ein anderer. Ein Monster. Aber das herumtollen heute Abend hatte mir wieder die Moral gehoben. Dank Vivi und den Nixen, fühlte ich mich endlich wieder ein bisschen wie ich selbst.
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Heey! 👋
Also dieses Kapitel war eigentlich überhaupt nicht geplant. Es ist einfach passiert...
Naja, jedenfalls hoffe ich, dass es euch trotzdem gefallen hat. In den nächsten Kapiteln nimmt die Story dann wieder Fahrt auf!
Bisous ❤️
MarSuu
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