Kapitel 1
Ciel
„Ciel! Adrien! Beeilt euch mal ein bisschen!" rief Sophie uns von vorne zu. Ein Seufzen ertönte neben mir und ich sah zur Seite, wo Adrien müde den Kopf schüttelte.
„Ich kann nicht glauben, dass wir das wirklich machen", flüsterte er mir zu. Ich kicherte nur und ging langsam weiter in Sophies Richtung. Sie wartete vor dem Mieneneingang und hüpfte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Ihr langes braunes Haar fiel locker über ihre Schultern und schwang mit jeder ihrer Bewegungen mit.
„Warum braucht ihr zwei immer so lange?" meckerte sie, „ihr wisst doch, dass wir nur wenig Zeit haben."
„Ich weiß, beruhige dich. Wir sind ja nun da. Können wir das bitte einfach hinter uns bringen?" antwortete Adrien leicht genervt. Wir wussten alle, wie diese Nacht enden würde. Sophie bekam immer diese schrägen Ideen und musste uns natürlich jedes Mal mit hineinziehen. Das war ja auch kein Wunder. Wir waren schließlich die einzigen jungen Leute in unserem kleinen Dorf. Bisher wurden wir jedes Mal erwischt und jedes Mal bekamen wir höllischen Ärger. Dieses Mal, würde es nicht anders ausgehen.
„Ach Bruderherz, wo bleibt denn dein Sinn für Abenteuer? Außerdem ist es ja nicht so, als würden wir auf eine lange, gefährliche Reise gehen. Wir sehen uns nur in den alten Mienen um." Damit drehte sie sich um und ging durch den Eingang. Ich gab Adrien einen kleinen Klapps auf die Schulter und folgte ihr hinein.
Sofort spürte ich, wie die Temperatur sank und schlang meine Arme um mich. Ich bereute es nur mit einem dünnen Shirt gekommen zu sein. Wir entzündeten unsere Fackeln und ich nahm die Gelegenheit und stellte mich auf Adriens rechte Seite, damit ich von der Wärme unserer beider Fackeln profitieren konnte.
„Warte!" rief Adrien seiner Schwester zu, welche uns wie üblich weit voraus war. Seiner Stimme folgte ein lautes Echo, welches ich, aus irgendeinem Grund, urkomisch fand. Dies wurde dann nur von dem Echo meines eigenen Gelächters übertroffen.
Es fühlte sich so an, als würden wir durch eine Art Labyrinth gehen. Ich hatte am Anfang nicht aufgepasst in welche Richtung wir gegangen waren. Nun fiel mir dummerweise auf, dass ich alleine wahrscheinlich nicht mehr herausfinden würde.
Ach, Adrien wird das schon gemacht haben. Wir finden dann schon irgendwie den Rückweg.
Adrien schnaubte neben mir. „Ich kann nicht glauben, dass wir wirklich hier drinnen sind."
„Nur die Ruhe. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass wir die Regeln brechen", versuchte ich, aber er gab nicht nach.
„Ich weiß", stöhnte er genervt, „aber hiermit haben wir eine ganz neue Ebene des Regelbrechens erreicht. Ich meine, auf Mount Mephisto herumzuhängen ist eine Sache, aber in die alten Mienen zu gehen? Das ist sehr, sehr schlecht."
„Adrien, was soll denn groß pa-"
„Himmel! Schaut euch das an", rief die kleine Brünette mir dazwischen. Sie zeigte auf eine der Steinwände und als ich sie eingeholt hatte, verstand ich, warum sie so erstaunt war. Neugierig hielt ich meine Fackel näher an die Wand. Die raue Steinwand war von oben bis unten mit einer Art schwarzen Farbe bemalt. Mit der Zeit war die Farbe zwar etwas verblichen, aber man konnte immerhin noch sehen, was es war.
„Wow, das sind ja Schriftzüge."
Adrien stieß einen langen Pfiff aus. „Ich kann gar nicht ausmachen welche Sprache das ist... oder war."
„Adrien, glaubst du Vater weiß hiervon?" fragte Sophie.
Ihr älterer Bruder zögerte mit seiner Antwort, doch zuckte letztendlich mit den Achseln. „Ich weiß es nicht."
„Jungs, vielleicht haben wir gerade Spuren einer alten Zivilisation gefunden, welche hier früher einmal gelebt hat", sagte Sophie aufgeregt.
Darauf konnte ich einfach nicht anders reagieren, als in unkontrolliertes Gelächter auszubrechen. „Natürlich", sagte ich beim Luftholen. „DAS ist es! Oh, vielleicht ist hier irgendwo ein versteckter Schalter, der eine Tür zu einer geheimen Stadt öffnet."
Sophie schlug mir genervt auf den Hinterkopf, aber ich lachte mühelos weiter. Allerdings war ich überrascht, dass sie meinen Hinterkopf so leicht erreichen konnte. Ich war um einiges größer als sie.
„Hmpf, weißt du, Ciel, du musst dich nicht immer über mich lustig machen."
„Ich kann es doch nicht ändern, wenn du so etwas sagst. Du hast förmlich danach geschrien."
„Okay, okay", schlichtete Adrien. Er stellte sich zwischen uns und hob seine freie Hand. „Hört zu, es sieht so aus, als wäre das hier eine Sackgasse. Können wir jetzt zurückgehen?"
„Sicher", antwortete ich.
„Okay, ich will Vater sowieso danach fragen", sagte Sophie und vergaß dabei anscheinend, dass wir eigentlich gar nicht hier sein durften. Nachdem sie fertig war drehte sie sich um und lief wieder vor, in Richtung Ausgang. Adrien eilte ihr diesmal schnell hinterher. „Sophie, lauf nicht schon wieder alleine davon!"
Ich lachte leise über die zwei. Dann, als auch ich meinen ersten Schritt in Richtung Ausgang machte, ertönte ein lautes, dröhnendes Geräusch. Ich fühlte, wie der Boden unter meinen Füßen vibrierte und hielt meinen Atem an. Die Angst packte mich, als mir klar wurde was hier passierte.
Adrien rief etwas, aber ich konnte nicht ausmachen was. So wie ich ihn kannte, hatte er bestimmt etwas Selbstverständliches wie ‚Raus aus der Höhle' geschrien.
Ich fing an zu rennen. Nach wenigen Augenblicken sah ich glücklicherweise schon das Licht ihrer Fackeln, welches durch den Eingang schien. Adrien und Sophie hatten es schon rausgeschafft. Sie winkten mir zu und riefen, ich sollte mich beeilen. Meine Füße zitterten im Takt mit dem bebenden Boden, so stark sogar, dass ich schon dachte, sie würden unter meinem Gewicht zusammenbrechen. Doch ich schaffte es weiterzulaufen. Mir fehlten nur noch weniger Meter bis zum Ausgang. Doch in diesem Moment, stürzte die Miene in sich zusammen und ich fiel auf die Knie.
Die staubige Luft brannte in meiner Lunge. Ich bekam kaum Luft – nicht genug. Nach einer gefühlten Ewigkeit, als sich der Staub endlich gelegt hatte und ich wieder einigermaßen Luft bekam, stand ich langsam wieder auf. Es dauerte ein paar Momente, bis ich bemerkte, dass das Beben endgültig vorüber war und, dass es nur noch mein Körper war, der zitterte. Doch daran konnte ich jetzt nicht denken, denn der Ausgang vor mir war komplett versperrt. Ich versuchte zuerst mir einen Weg hindurch zu graben, aber dabei tat ich mir nur selbst weh.
„Adrien! Sophie!" schrie ich, in der Hoffnung eine Antwort zu bekommen. Ich hielt mein Ohr an die entstandene Steinwand. Nichts.
„Kann mich irgendjemand hören?!" versuchte ich erneut.
Ich schrie nochmals nach Hilfe. Dann nochmal und nochmal, aber ich bekam immer noch keine Antwort. Es gab nichts was ich tun konnte, außer warten und hoffen, dass jemand mich hier rausholte. Als letztendlich auch noch meine Fackel erlosch, setzte ich mich auf den Boden und zog meine Knie an die Brust. Nun saß ich da, ganz allein in Totenstille, umgeben von Dunkelheit und mir war so, so... kalt.
Stellt sich heraus, dass dieses Abenteuer sich doch stark von den anderen unterscheidet.
Riskanter, unheimlicher...
Und tödlicher.
„Ich will nicht sterben."
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So, ich hatte viel Spaß beim Schreiben dieser Version. Mehr als ich anfangs gedacht hatte :D
Im nächsten Kapitel lernt ihr dann Lorelei kennen. :)
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