Kapitel 15 - ER
Mit einem dumpfen Laut fiel der Drache neben mir zu Boden, wo er leblos liegen blieb.
Verwirrt rappelte ich mich auf und entdeckte den Pfeilschafft in der Schulter des Wesens, dessen rot gefärbte Holz unverkennbar von einem unserer Schützen stammte. Augenblicklich erschloss sich mir die Situation. Irgendwer unserer Leute hatte den Kampf gehört und somit war der Drache auch noch am Leben, das Drachenwurzsekret hatte ihn lediglich bewusstlos gemacht.
"Na, kleiner Bruder?" Hörte ich eine vertraute Stimme hinter mir und drehte mich seufzend herum. Ryker stand mir verschränkten Armen am Rand der Lichtung, den Bogen hatte er sich bereits wieder umgehängt, während die beiden Wachen hinter ihm ihre Waffen in der Hand hielten und den Drachen misstrauisch begutachteten.
"Spar dir jegliche Art von unpassenden Sprüchen, verstanden?!" rief ich und er zog eine Augenbraue hoch, bewahrte jedoch sein Schweigen bei.
In diesem Moment kam Laila auf mich zu und auch ich erhob mich. "Lass uns zurück gehen", flüsterte sie, unhörbar für die anderen. Sie warf mir einen prüfenden Blick zu, sie wollte verhindern, dass wir beide aneinander gerieten und auch ich hatte keine große Lust mich nach all dem auch noch mit meinem Bruder herum zu streiten. Doch hatte ich keine andere Wahl und schüttelte den Kopf.
"Ihr beide kümmert euch um den Drachen", befahl ich an die Wachen gewandt, "bringt ihn in die Drachenställe, Lars soll euch aufklären. Und Ryker, wir beide müssen mit Oswald sprechen", erklärte ich ihm und er nickte widerwillig. Noch immer konnte er sich nicht damit abfinden, wenn ich Befehle gab, zu versessen war er auf seinen Altersvorteil.
Doch ich ignorierte ihn und wand mich Laila zu, die mich für einen Moment schweigend ansah, doch dann lächelte. "Ich werde schon einmal zum Anwesen hinauf laufen und ihm Bescheid sagen, außerdem muss ich Lydia noch danken, wegen..." Sie beendete ihren Satz nicht und schüttelte abwehrend den Kopf, bevor sie an meinem Bruder vorbei eilte und im Wald verschwand. Mir war alles andere als wohl dabei, sie alleine ziehen zu lassen, immerhin könnte es weitere Drachen geben...
Zu meiner eigenen Überraschung war es allerdings Ryker, der eine der Wachen zurückrief, um ihr zu folgen, woraufhin ich ihm einen skeptischen Blick zuwarf.
"Die Wache ist in der Lage die Kleine sicher zurückzubringen, wir kümmern uns um das Vieh, immerhin ist das unser Spezialgebiet", war seine zynische Antwort, während er auf den Drachen zulief und ich knirschte mit den Zähnen. Ich war mir die Andeutung darüber, dass ich es nicht geschafft hatte den Drachen zu besiegen, durchaus bewusst, doch hielt ich mich zurück. Unsere Beziehung war eben noch nie besonders gut gewesen und das würde sich vermutlich auch niemals ändern, ob ich es versuchte oder nicht.
Ich atmete tief durch und folgte ihm zu dem Tier, welches immer noch bewegungsunfähig war. Die zweite Wache war gerade dabei, es mit mitgebrachten Ketten zu fesseln und ich sah wieder zu meinem Bruder. "Woher wusstet ihr, wo ihr uns findet?" - "Wir haben die Explosion gehört", antwortete er schulterzuckend und ich verdrehte die Augen. "Das ist mir klar, meine Frage war, wie ihr hierher gefunden habt", verdeutlichte ich meine Aussage.
"Ein schmaler Weg führt vom Dorf hierher, jeder hätte diesen Ort gefunden", erklärte er und setzte ein provokantes Grinsen auf, "Vielleicht solltet ihr beide euch nächstes mal einen etwas abgelegeneren Ort suchen, auch wenn euch dort niemand retten könnte", wägte er für alle hörbar ab und ich sah ihn vernichtend an, während diese Wut wieder in mir aufloderte. "Pass auf was du sagst, Ryker", zischte ich, woraufhin er sich voll und ganz mir zu wand.
"Ach, willst du mir immer noch erzählen, dass ihr Verhandlungspartner seid?!" erwiderte er und verschränkte stur die Arme vor der Brust. "Nochmal: Wir sind allerhöchstens Freunde, du bist verheiratet, was ist dein Problem?!" fauchte ich zurück, wohlwissend, dass das nicht meine bestmögliche Konter war.
"Wieso nicht?! Weil denken sonst dein Ding ist?", höhnte er und die Verachtung zwischen uns war beinahe aus der Luft zu greifen, "ich bin genauso wenig ein stumpfsinniger Schwachkopf, wie du ein guter Drachenjäger!" schrie er nun und ich ballte die Hand zur Faust, um ihn nicht hier und jetzt zu erwürgen. Jetzt wo Laila fort war, war meine Selbstbeherrschung verschwunden ich atmete zwanghaft durch.
"Wenn du es so sagst, muss ich ja ein ziemlich schlechter Drachenjäger sein", antwortete ich kühl, wand mich ab und lief davon.
~*~
"Ruben?" rief ich und er drehte sich noch einmal in der Tür um, "Danke, wirklich, ich schulde dir etwas." - "Ach was, gerne", antwortete er nur lächelnd und lief eilig die Treppe hinab, während ich mich wieder in das Bett fallen ließ von dessen Fußende mich die Besitzern sorgenvoll musterte.
Als ich vor wenigen Minuten in das Haus der Rojans' gekommen war hatte Lydia mich augenblicklich in ihr Zimmer gezerrt und allerhand Tücher und Salben herbei geholt, doch ich hatte ihr versichert, dass es mir gut ging. Allerdings nahm sie mir das nicht ab und hatte mich auch nicht gehen lassen, weshalb Ruben für mich hinauf lief, um meinem Vater bescheid zu sagen, nachdem ich ihm schnell alle Geschehnisse zusammengefasst hatte.
Nun starrt ich, wie so oft, an Lydias hölzerne Zimmerdecke, während ich mich in ihrem Bett ausgebreitet hatte. Es war mir nicht wohl dabei gewesen, die beiden Brüder allein zu lassen, da sie mir eine Wache hinterhergeschickt hatten würden sie sich ungehindert in Stücke reißen. Allerdings hätte nicht einmal ich das verhindern können, der Tag hatte an meinen Kräften gezerrt. Ich seufzte und ließ meinen Kopf zur Seite fallen, um meine beste Freundin anzusehen, die nun die Arme vor der Brust verschränkte und mich angrinste. "So, wenn ich es nicht besser wüsste -" "Weißt du aber nicht", unterbrach ich sie und lächelte nun ebenfalls.
"Es ist so wahnsinnig viel passiert in den Tagen, in denen ihr weg wart..." murmelte ich erschöpft, richtete mich auf und fuhr mir durch die, von Ästen und Blättern zerzausten Haare. "Aber zuerst: Wie war euer Familientreffen?" - "Hallo?" Lydia sah mich entrüstet an, bevor sie anfing zu lachen. "Wenn interessiert das jetzt?! Ja es war schön, Johannes ist immer noch doof, bla bla. Aber jetzt erzähl schon, was hier alles passiert ist!" rief sie, ohne einmal Luft zu holen und auch ich begann zu lachen.
"Okay, also, es ist verrückt", fing ich an und sah nachdenklich auf meine Hände. "Nun, bis auf heute war es eigentlich ganz ruhig. Wir haben ziemlich viel Zeit in die Planung der Vorgehendweise gegen den dritten Händlerstand investiert..." - "Moment, welche Vorgehensweise?" hackte sie nach, die Augenbrauen misstrauisch zusammengeschoben. "Du redest total durcheinander", erklärte sie und ich lächelte entschuldigend, sprach aber weiter.
"Du weißt doch bestimmt von den Angriffen, die rund um die Inseln passieren, oder?" - "Ja klar, Johannes hat erzählt wie sie ihre Siedlung gegen Blondi und seine Freunde verteidigt haben -" "Wa - Moment, wo habt ihr euch getroffen? Das könnte wichtig sei-" ich hatte mich ruckartig aufgesetzt, doch Lydia schüttelte nur den Kopf. "Egal, das können wir nachher noch besprechen. Weg vom geschäftlichen, zurück zu der Tatsache, dass du vor unserem Familientreffen lieber ein Jahr in deinem Zimmer geblieben wärst, als Viggo hinterherzulaufen", redete sie auf mich ein und ich ließ mich wieder nach hinten fallen.
Seltsamerweise hatte ich keine Antwort auf diese Frage. Was war den passiert, dass ich Viggo auf einmal mochte?
Die letzten Tage waren wie im Flug vergangen, ich konnte mich kaum an all das erinnern, was geschehen war, es war, als wären diese Erinnerungen schon immer da gewesen und nicht in der letzten Woche hinzugekommen. Gerade all die Zeit, die ich mit Viggo im Verhandlungszimmer verbracht hatte schien schon lange her zu sein, ich konnte mich nicht an genaue Gespräche erinnern, eher an die Gefühle. Den Spaß den wir hatten und die Verwunderung, wenn man eine Seite am anderen erkannte, die man nie vermutet hätte.
Ich war gerne in seiner Anwesenheit, es war als würde mich allein diese Tatsache glücklich machen. Meine Gedanken schweiften zu seinen Worten am See. Ich kann wirklich nicht sagen, wie dankbar ich bin, dass du hier bist. Ganz unwillkürlich lächelte ich bei dem Gedanken daran, bis ich irgendwann von Lydia in die Realität zurückgeholt wurde. Sie grinste mich belustigt an und ihre Augen glänzten auf die Weise, wie sie es immer taten, wenn sie eine Gelegenheit für einen ihrer Sprüche gefunden hatte.
"Laila du bist sowas von verliebt."
Hallü :)
Was denkt ihr? Kommen wir doch endlich ins Endgame, oder wird es an Viggos Worten scheitern, dass sie allerhöchstens Freunde sind?! Gibt es überhaupt noch Hoffnung? Fragen über fragen, und doch:
Man weiß es nicht!
Lasst euch aber gesagt sein, dass wir noch einige Überraschungen und Wendungen vor uns haben!
Einen schönen Tag!
LG Honigmuesli
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