Was wäre, wenn?

Man mag sich gar nicht vorstellen, was sich alles hätte ändern können, wenn der Spaziergänger auf seine Mitmenschen eingegangen wäre. Anstatt sie jahrelang zu begaffen und zu verurteilen. 

Er hätte den beiden lauten Hunden Leckerlies vorbeibringen können. Sie wüssten nun, dass von den meisten Fremden keine Bedrohung ausgeht. Sie hätten aufgehört, permanent zu bellen. Aber sie bellen weiterhin. 

Er hätte Anton unterstützten können. Hätte einmal für ihn einkaufen gehen können. Hätte dem Todkranken das Gefühl geben können, doch noch ein Teil dieser Welt zu sein. Er wäre mit der Gewissheit entschlafen können, noch geliebt zu werden. Aber er starb mit dem Gedanken, dass niemand mehr an ihn denkt. 

Er hätte sich mit Nico anfreunden können. Er hätte gemerkt, dass Männer nicht nur Frauen lieben. Aber er denkt weiterhin, dass Nico keine Zeit für ein Mädchen hätte. 

Er hätte dem gruseligen alten Mann Helmut im Garten Gesellschaft leisten können. Er hätte ihn regelmäßig besuchen können, damit er in seinem Haus bleiben könnte. Aber Helmut sitzt nun in einem Seniorenheim, in einem viel zu kleinen Zimmer, mit hässlichen Vorhängen und einem uralten Fernseher. 

Er hätte die Zurückgezogene, Fanny, einmal ansprechen können. Er hätte vielleicht sogar seinen Lieblingsschauspieler kennengelernt oder wenigstens realisiert, dass er bald in einem Roman vorkommen wird. Aber er weiß es nicht. 

Er hätte sich mit den Bonzen Max und Elena anfreunden können. Er hätte sie mit aufs Dorffest nehmen können, damit sie sich dort nicht so fremd fühlen. Aber sie meiden die Feste weiterhin. Vielleicht wird es besser, wenn ihr Kleines in die Kita kommt. Ob das der Spaziergänger herausfinden wird, steht jedoch in den Sternen. 

Er hätte der Joggerin Susanne durch die Reha helfen können. Er hätte sie ermutigen können. Er hätte sie auf seinen Spaziergängen begleiten gehen. Aber er dreht weiterhin alleine seine Runden. 

Er hätte Emilio von seiner Trauer um Frau und Tochter ablenken können. Er hätte ihm Mut machen können, wieder auf andere zuzugehen. Aber außer Thomas lässt er noch immer niemanden an sich heran. 

Er hätte gemerkt, dass nicht jeder Held einen Umhang trägt. 

Er hätte sich mit der Familie anfreunden und vielleicht etwas von dem Leid, das Susanne und die Kinder erlebten, mitbekommen können. 


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