58.
Bevor ich nachhause fuhr, machte ich einen Stopp bei Dad. Ein letztes Mal brachte ich die Post hinein und sortierte sie ein weiteres Mal. Den Kühlschrank füllte ich mit den Lebensmittel, die ich zuvor kaufte und ließ die Notizen zu den neuen Immobilien auf dem Küchentisch. Während ich durch die Räume wischte, lüftete ich das Haus. Die lauten Stimmen vom Haus nebenan waren nicht zu ignorieren.
Für den heutigen Abend lud ich Ruth und ihren Verlobten zum Essen ein. Eigentlich hätte es ein Abendessen zu viert sein sollen - Ruth, ihr Verlobter, Nate und ich. Meiner besten Freundin schreibe ich vor wenigen Stunden, dass zwischen Nate und mir Schluss war, weswegen sie vorschlug noch weitere Freunde aus alten Zeiten einzuladen. Unter anderem auch John.
Irgendwann wurde es leise nebenan, worauf ich endlich hinaus auf die Veranda ging und mich hinsetzte. Meine Füße grub ich in den Sand und schloss meine Augen. Für wenige Momente gab es bloß nur die Wellen, den Strand und mich. In diesem Moment fühlte es sich so an, als hätte sich Nichts verändert und ich würde noch immer mit meinen Eltern in diesem Haus leben.
Ich wünschte mir Nichts mehr als diese Zeiten zurück. Zeiten, als es bloß nur Mom, Dad, Clancy und mich gab.
Meine Augen riss ich auf, als ich plötzlich ein Bellen hörte - ein kleiner Welpe stand nun vor mir. Ich erstarrte und sah rund um mich herum, niemand war weit und breit. Seit dem Tod meines besten Freundes Clancy, näherte ich mich keinem Hund mehr. Der Schmerz saß bis vor einiger Zeit viel zu tief. "Hey mein Kleiner, wem gehörst du denn?", lächelte ich den Australian Shepherd an.
"Meinem besten Freund", hörte ich plötzlich eine viel zu bekannte Stimme vom Haus nebenan. "Tut mir leid - ich wollte nur eben eine kleine Runde mit ihm drehen und er ist sofort aus der Tür gelaufen", sprach Ethan ohne mir in die Augen zu sehen. "Komm schon, Buster", rief Ethan den Hund zu sich.
Buster jedoch hatte andere Pläne und legte sich neben meinen Füßen hin. Seine Pfoten warf er in die Lüfte und sah mich überglücklich an als ich ihm nun über seinen weichen Bauch streichelte. "Na los", lächelte ich ihn an und deutete zu Ethan.
Buster setzte sich auf, legte seinen Kopf schief und starrte mich mit seinen schönen, eisblauen Augen an. "Er weiß wohl, dass du sehr gut mit Hunden kannst", meinte Ethan nun und kam uns zwei näher.
Ich nickte und starrten den Hund vor mir an. In diesem Moment wünschte ich mir wieder einen so tollen Gefährten an meiner Seite. Doch mein Lebensstil erlaubte es mir nicht und diese Erkenntnis machte mich immer und immer wieder traurig. Ein letztes Mal strich ich Buster über den Kopf und sprang dann auf meine Füße, es war an der Zeit mich auf den Weg nachhause zu machen.
"Katelyn?", hörte ich Ethan meinen Namen sagen bevor ich in das Haus verschwand. Zögernd blieb ich stehen und atmete tief aus. So gern ich mich mit ihm unterhalten wollte, wusste ich nicht ob ich heute die Kraft dafür hatte. Doch am Ende des Tages wollte noch immer ein Teil in mir jede Sekunde mit ihm verbringen - auch, wenn es nicht mehr möglich war. Seine Antwort auf meine Frage, was er denn nun wolle, ging mir nicht aus dem Kopf. "Ich wollte mich entschuldigen für Letztens. An diesem Abend habe ich dir einige Dinge gesagt, die ich so nicht gemeint habe."
Ich drehte mich auf meinen Fersen um und legte meine Stirn in Falten. "Was genau hast du nicht so gemeint?", schüttelte ich irritierend den Kopf. Dass seine Frau ihn betrog? Dass er unglücklich in seiner Ehe war? Dass er mich wollte und nicht Tienna?
Ethan schüttelte den Kopf und atmete tief aus, seinen Blick richtete er kurz zu Buster, der sich gemütlich auf meine Veranda legte. "Ich wollte mich einfach entschuldigen, Kat. Okay? Ich wollte nicht, dass der Abend so endet."
Aus irgendeinem Grund wurde ich wütend. In diesem Moment war ich nicht nur verzweifelt wegen meinem chaotischem Liebesleben, sondern auch einfach nur wütend, dass Ethan noch immer in dieser Blase lebte. Ging es ihm damals genauso mit mir? "Was hast du nicht so gemein?", hackte ich nach und sah ihn erwartungsvoll an. Denn die Antwort zu dieser Frage interessierte mich brennend. Kannte er diese überhaupt?
"Was willst du von mir hören Kat?", runzelte er verzweifelt seine Stirn. Er kannte die Antwort selber nicht.
Und dennoch hackte ich nach. "Ich weiß es nicht", zuckte ich mit den Schultern und verschränkte dann meine Arme vor der Brust. "Du hast damit angefangen, also musst du wohl auch eine Antwort dazu haben." Zwar war diese enorm große Liebe noch immer in mir, doch in diesem Moment war ich einfach nur wütend. Ich war sauer auf ihn, auf die Situation und ganz besonders auf mich. Dafür, dass ich das Risiko damals nie einging, dafür, dass ich zwei unschuldige Personen in diese Situation zog und ihnen das Herz brach. Ich war sauer auf Ethan, weil er mich ersetzte. Wütend, weil er der Situation nicht ins Auge sah und ganz besonders sauer auf Tienna, weil sie ihn zu einer Person machte, die ich nicht wiedererkannte.
Ethan Lewis schloss seine Augen und rieb mit seinem Daumen und Zeigefinger über sein Nasenbein. "Was ist derzeit dein Problem, Katelyn?", fragte er tatsächlich.
Im erstem Moment starrte ich ihn an, da ich meinen Ohren nicht glauben konnte. Doch als ich seinen fragenden Blick auf seinem Gesicht ruhen sah, wusste ich, dass er die Frage ernst meinte. "Was mein Problem ist?", wiederholte ich seine Frage in einem unglaubwürdigem Ton. "Du fragst mich tatsächlich, was mein Problem ist, Ethan?" Erst jetzt schien er realisiert zu haben, welche Frage seinen Mund verließ. Doch bevor er die Situation retten konnte, sprach ich weiter: "Vor wenigen Tagen fragtest du mich, ob ich nicht auf einen Drink gehen möchte, weil es dir nicht gut ging - obwohl du eigentlich eine Frau hast, mit der du auch darüber reden könntest", zählte ich nun auf meinen Fingern auf. "Zweitens, erzählst du mir davon, dass eure Beziehung und Ehe zum Scheitern verurteilt ist, weil dir deine Frau bereits zwei Mal fremdging und derzeit wieder mit ihrem Ex-Freund Kontakt hat. Drittens, auf die Frage: "Was möchtest du Ethan?", antwortest du mit "Dich"", zeigte ich nun mit meiner flachen Hand auf meine Brust. "Weißt du, das erste Mal in all diesen Jahren habe nicht ich ein Problem", schüttelte ich den Kopf und versuchte meine Stimme so ruhig wie möglich zu halten. "Denn ich habe eingesehen, dass ich mit diesem Verhalten bloß nur Menschen verletzte und zerstöre. Ich habe damals John unglaublich das Herz wegen dir gebrochen und ich habe dasselbe mit Nate gemacht. Ich habe mein Problem eingesehen und habe mich von Nate getrennt - ich habe mich von ihm getrennt, weil ich ihn nicht noch tiefer in diese Situation ziehen wollte. Du jedoch-", zeigte ich frech mit dem Finger auf ihn. "Versuchst nun diese Blase um deine Ehe und dich zu erstellen. Du versuchst nur das Positive zu sehen - die Dinge, die ihr zusammen aufgebaut habt, die tolle Zeit. Doch was ist mit dir? Deinem Herzen? Sie hat dich zerstört verdammte Scheiße, Ethan!", wurde meine Stimme nun Etwas lauter. Im nächsten Moment erinnerte ich mich, dass wir uns gleich neben seinem Haus befanden. Tief atmete ich aus und schloss meine Augen. "In diesem Moment geht es nicht darum, dass ich unglaublich in dich verliebt bin oder um die Eifersucht in mir - nein, es geht darum, dass ich dich nicht mehr wiederkenne! All diese Dinge haben dich unglaublich verändert - was würde sich der Ethan von damals denken? Sonst hattest du immer diese positive Aura und dieses wundervolle Lächeln auf deinen Lippen. Ich habe dieses nicht einmal während deiner Hochzeit oder hier gesehen!" Einige Sekunden sah ich zwischen seinen Augen hin und her und schüttelte meinen Kopf. Meinen Mut sammelte ich und sprach Etwas aus, dass ich vielleicht nicht hätte sagen sollen. Doch Ethan musste es hören. "Ethan, du hast sie nie geliebt. Du hast sie einfach gebraucht um die Einsamkeit in dir zu füllen. Die Ereignisse und die Dinge, die sie dir antat, zerstörte nicht nur dein Ego sondern Vieles mehr. Ich weiß echt nicht, wem du Etwas beweisen möchtest, Ethan. Ob Anderen oder dir selber. Doch du machst dir selber bloß nur Etwas vor."
Von Sekunde zu Sekunde sah ich wie die Wut nun auch ihn ihm stieg. "Wer bist du, dass du dir so ein Urteil über andere Menschen erlaubst?", veränderte sich seine Stimme. Ethans Reaktion bestätigte mir nur, dass ich Recht hatte. In diese Moment war er nicht wütend auf mich sondern auf sich selber, weil nicht einmal ich ihm die Lüge glaubte.
"Wer ich bin? In diesem Moment deine beste Freundin, die sieht, dass du leidest. Ich sehe dieses Leid, welches du schon so lange ignorierst. Jetzt und hier bin ich deine beste Freundin, die es nicht ertragen kann dich so zu sehen, Ethan. Würdest du sie so lieben, dann wärst du nicht hier."
Ethan sah zwischen meinen Augen hin und her. Irgendetwas schwirrte derzeit in seinem Kopf herum - doch er unterbrach den Augenkontakt und sah zu Buster. Er legte Busters Leine an, worauf der Hund aufsprang. "Ich vermisse die Zeiten, an denen nicht jedes unserer Gespräche so endete", sprach Ethan ruhig und starrte den Welpen vor sich an.
"Oh Ethan", sagte ich seinen Namen und schüttelte den Kopf. "Du hast keine Ahnung wie sehr ich diese Gespräche am Strand ebenfalls vermisse. Doch früher oder später müssen auch wir einsehen, dass nicht jeder Sommer uns gehört."
Nach meinen Worten drehte sich Ethan Lewis ein letztes Mal um und nickte. Einige Tage später flog Ethan und Tienna wieder zurück nach San Francisco und der hektische Sommer nahm auch ein Ende. Ethan und ich telefonierten kein einziges Mal in den nächsten Monaten. Zu Weihnachten erhielt ich eine Karte von Tienna und ihm - ich wusste nicht, ob ich glücklich war, dass er mich nicht vergaß oder ob ich sauer war, dass er noch immer mit ihr verheiratet war. So schnell der Winter auch da war, verschwand die kühle Luft auch wieder. Irgendwann blühten die schönsten Blumen auf Nantucket wieder.
Im Sommer als ich 27 war, musste ich mit einem weiterem schwerem Verlust umgehen. Der plötzliche Tod meines Vaters.
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