Ich nahm ihm die Entscheidung nicht aufzutauchen, nie böse. Wir sprachen auch nie besonders darüber. In den ersten Monaten hielten wir den Kontakt aufrecht. Er erzählte mir von seinem neuem Job und von seinen neugewonnenen Freunden. Ethan erzählte mir natürlich über die neuen Kurse, die er neben der Arbeit besuchte und er ließ das Surfen und die wunderschönen Sonnenuntergänge in Kalifornien nicht aus. Dennoch verriet er mir, dass er die auf Nantucket sehr vermisste. 

Der Zeitunterschied wurde uns schlussendlich zum Verhängnis. Wir unterhielten uns nicht mehr jeden Tag - daraus wurden gelegentliche Anrufe unter der Woche und irgendwann bloß nur mehr kurze Nachrichten. Auch nach zwei Jahren wusste ich noch immer, dass Ethan Lewis mir gegenüber eine unglaubliche Liebe verspürte. Die ebenfalls noch immer in mir war. 

Wenn er schlafen ging, war ich schon längst in meinem Bett gefangen in meinen Träumen. Fing der Tag für mich an, schlief er tief und fest. Während meiner Mittagspause, fing Ethan an zu arbeiten und, wenn ich mich fertig für mein Bett machte, fingen seine Kurse an. Ein Telefonat war nach Monaten einfach nicht mehr möglich. 

Die Tatsache, dass Ethan Lewis nicht mehr eine konstante Rolle in meinem Leben spielte, verletzte mich zu tiefst. Öfters versuchte ich den Kontakt erneut aufzubauen und schlug sogar vor über ein Wochenende zu ihm zu fliegen - doch Alles, das ich bekam waren halbherzige Antworten. Ich nahm diese nie allzu persönlich, weil ich wusste, dass Ethan diese nie so meinte. An manchen Tagen kamen auch sehr große Schritte von ihm, doch an diesen war ich immer viel zu beschäftigt mit dem Restaurant und der Eisdiele. 

An manchen Tagen träumte ich davon. Von einem Leben mit ihm. Wie es wohl wäre, wenn ich dieses Leben hinschmiss und zu ihm ziehe - wie mein Leben bloß nur wäre, wenn wir die Beziehung eingingen. Doch all diese Gedanken machten die Situation bloß nur schlimmer. Irgendwann realisierte ich, dass Träume noch nie einen Platz in meinem Leben hatten und ich fand mich damit ab. 

Mit 24 wagte ich einen neuen Schritt. Jahrelang sparte ich für diese Investition - neben dem Restaurant und der Eisdiele entschied ich mich, wie mein Vater, mit Immobilien zu handeln. Ich investierte in ein Haus einige Minuten entfernt von Boston und ließ es renovieren. Es dauerte nicht lange und ich verkaufte es um das Doppelte. Bloß nur ein Jahr später handelte ich erfolgreich mit Immobilien und führte nebenbei auch ein sehr gut laufendes Restaurant und eine Eisdiele. 

Wenige Monate nach meinem 25 Geburtstag zog ich ebenfalls von zuhause aus und erfüllte mir den Traum von einem Eigenheim auf Nantucket. Mein kleines und doch wundervolles Haus befand sich bloß nur fünf Minuten entfernt von meinem Vater. 

In dem Sommer, als ich 25 war, fühlte ich mich das erste Mal seit langem wieder einsam. Ich war zwar erfolgreich in meinem Jobleben, doch mein privates Leben litt sehr darunter. Wie auch als Kind und Jugendliche hegte ich wenige Freundschaften, da ich durchgehend beschäftigt war. Vielleicht stürzte ich mich auch deswegen so in meine Arbeit. Denn ich wollte nicht daran erinnert werden, dass ich einsam war. Ich spielte mit dem Gedanken mir einen Hund zulegen. Doch mein Alltag war vollgepackt mit Arbeit, dass mein Haustier die meiste Zeit des Tages alleine wäre - und das wollte ich ihm oder ihr nicht antun. Vielleicht verarbeitete ich auch nach all diesen Jahren nie den Tod meines besten Freundes Clancy. Ich wusste es nicht. 

Ethan und ich tauschten einige Male im Monat E-Mails oder Nachrichten aus. Trotz unseren schwer beschäftigen Leben erzählten wir uns gegenseitig noch immer von den neusten Ereignissen. Eigentlich hätte er in jenem Jahr zurückkommen sollen, doch er entschied sich dafür seinen Arbeitsvertrag zu verlängern. Ethan erzählte mir nie wirklich den Grund für die Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses - ich tippte auf seine neue Freundin. 

Es war eine Frage der Zeit und ich wusste dieser Moment wird irgendwann kommen. Doch, als Ethan mir das erste Mal von ihr erzählte, fühlte ich einen großen Stich in meinem Herzen. Einen, den ich so schon lange nicht mehr erlebte. Ethan schien sie sehr zu lieben. 

Einen viel größeren Stich in meinem Herzen verursachte ein Anruf von Ethan kurz nach dem Sommer als ich 25 war.