39.
Meine Haustür schloss ich hinter mir - wieso war Ethan sauer? Dachte er zwischen John und mir würde wieder Etwas laufen? Ich ging hin und her, dabei überlegte ich ob ich vielleicht Ethan die Situation erklären sollte. Doch war ich ihm eine Erklärung schuldig? Er ließ mich an jenem Abend alleine zurück. Wir waren doch nicht zusammen, ich schuldete ihm gar nichts. Dennoch fühlte ich mich miserable.
Sollte ich die Situation klarstellen? War ich denn bereit vor ihm zu treten trotz des Schmerzes in mir? Wollte ich ihm denn jetzt schon in seine eisblauen Augen sehen? Ich hatte Angst davor, dass es ihm nicht so ergeht wie mir. Denn auf der Party sah Ethan nicht so aus als würde er leiden.
Trotz des Schmerzes und all den Stimmen in mir, wollte ich ihn unbedingt sehen. Ich wollte einfach wieder vor ihm stehen, in seiner Nähe sein. Bevor ich jedoch weiter über die Situation denken konnte, klingelte jemand an meiner Haustür. Mein Herz stoppte.
Sofort machte ich mich auf den Weg zum Eingang und öffnete ohne zu zögern die Tür. Mein Atem stockte.
Ethan Lewis.
"Wir müssen reden", kam er einfach in mein Haus spaziert und sah auf den Boden. Ethan strich sich durch seine Haare und mied meine Augen. "Ist dein Vater hier?", fragte er ohne mich anzusehen.
"Er kommt morgen", antwortete ich leise und versuchte mich zusammen zu reißen. Ich spürte wie mein Körper von einer Sekunde auf die andere anfing enorm zu zittern. Die Tür schloss ich hinter mir und lehnte mich an sie an. Aus irgendeinem Grund konnte ich nicht mehr ohne Hilfe stehen, aus diesem Grund hielt ich mich am Gelände der Treppen fest.
"Was machen wir bloß nur falsch Katelyn?", fragte er mich nun und sah mir das erste Mal in die Augen.
Für einen Moment schloss ich meine Augen und schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. Ihn vor mir stehen zu haben, fühlte sich auf einer Seite wunderbar an und doch erinnerte es mich an die eine Nacht. An seine Worte, an seine laute Stimme, an seine Augen - an den Schmerz. Was machten wir bloß nur falsch?
Im nächsten Moment wurde mir die Situation zu viel. "Ich brauche frische Luft", sammelte ich meine ganze Kraft und ging an ihm vorbei. Ich wollte zu diesem einem Ort, der mich schon immer beruhigte. Und zwar der Strand.
Meine Arme verschränkte ich vor meiner Brust und schloss meine Augen, während ich den Sand in zwischen meinen Zehen spürte. Das rauschende Meer und der weiche Sand unter meinen Füßen brachte mir sonst immer Ruhe und Frieden - doch nicht heute. Mein Körper brodelte. "Rede mit mir Katelyn", hörte ich Ethans verzweifelte Stimme hinter mir.
Ethan Lewis folgte mir. Ich stand mit meinem Rücken zu ihm, während die ersten Tränen über meine Wangen flossen - sofort wischte ich diese Weg. "Was möchtest du von mir hören Ethan?", fragte ich ihn mit einer traurigen Stimme. "Was möchtest du von mir hören?", flüsterte ich ein zweites Mal.
"Etwas Katelyn - irgendetwas", sah er mich verzweifelt an und hob seine Arme, "Irgendetwas, das mir sagte, dass das Alles hier nicht umsonst ist." Ethan schluckte stark und atmete danach tief aus. "Dass die letzten sieben Jahre nicht umsonst waren."
Ich wünschte, ich hätte Etwas gehabt. Etwas, dass ihm sagen würde, dass kein Moment in diesen sieben Jahren umsonst war - doch gab es denn so Etwas? Der Gedanke hörte sich bizarr an - zwar liebte ich ihn und dennoch wusste ich, dass wir keine Zukunft hatten. In diesem Moment hatte ich enorme Angst ihm zu sagen wie ich für ihn fühlte. Ich hatte Angst mich zu öffnen und ihm über meine Gefühle zu erzählen, weil ich wusste, dass dieses Geständnis die Situation nicht ändern wird. Nach wie vor wäre ich gefangen auf dieser Insel gewesen. Stattdessen entschied ich mich ihm nicht von meinen Gefühlen zu erzählen. "Ich weiß es nicht Ethan."
In seinen Augen sah ich Etwas - Etwas, das ich schon damals am Strand sah. Ich konnte in seinen Augen Etwas zerbrechen sehen. Und in diesem Moment spürte ich ebenfalls einen Messerstich - Ethan Lewis verletzten, war das Letzte, das ich wollte. "Du hast also Nichts zu sagen? Nichts über das, was zwischen uns ist? Du möchtest nicht über das Reden, was du gefühlt hast, als sich unsere Lippen das erste Mal berührt haben? Du möchtest nicht darüber reden wie du dich gefühlt hast, als wir das erste Mal miteinander geschlafen haben?"
Meine Tränen wurden von Sekunde zu Sekunde stärker. "Ethan", flüsterte ich seinen Namen mit einem Kloß in meinem Hals.
Als ich nicht mehr als seinen Namen sagte, runzelte er seine Stirn und atmete tief aus. "Weißt du was dein verdammtes Problem ist, Katelyn?", sprach er nun mit einer etwas tieferen Stimme. "Weißt du was schon immer dein verdammtes Problem war?", sah Ethan mich mit einem düsteren Blick an. "Du hast Angst davor mir zu sagen wie du fühlst. Du hast enorme Angst davor Menschen in deinem Leben reinzulassen, weil du Angst hast, dass diese dich wieder verlassen. Du lässt niemanden an dich heran und bist in deiner kleinen Blase auf dieser Gott verdammten Insel gefangen. Du hast Angst vor diese Verbindung zwischen uns, weil sie drohte diese angeblich perfekte Blase zu zerstören. Denn ich", zeigte er mit seiner Hand auf sich. "-erinnere dich daran, dass es da draußen noch eine große Welt gibt. Eine Welt, von der eigentlich du auch Teil haben möchtest, aber dennoch Angst davor hast den Schritt zu wagen. Das Restaurant und die Eisdiele sind nicht deine Probleme - du bist dein Problem." Für einige Sekunden sah er zwischen meinen Augen hin und her und schüttelte seinen Kopf: "Und ich habe realisiert, dass in dieser Blase, in diesem Leben kein Platz für mich ist, weil die Gefühle, die du für mich spürst so enorm sind. Sie drohen diese Blase zum Platzen zu bringen."
Ethan hatte mit all diesen Worten Recht. Ich führte nun sein Jahren dieses Leben - eine Welt, in der ich jegliche Gefühle und Schmerz verbannte. Meine Tränen flossen nun unkontrolliert. Und er war der Einzige, der mich aus dieser Welt holte.
"Ich habe keine Angst davor zu sagen wie ich für dich fühle, Katelyn", fuhr er nun nach einer kurzen Pause fort. Ethan spannte seinen Kiefer and und atmete tief durch. Die nächsten Worte kostete ihm eine menge Mut. "Ich liebe dich Katelyn - ich habe es schon immer getan." In diesem Moment zog sich mein ganzes Herz zusammen. Auf der einen Hand machte es Freudensprünge und doch auf der anderen brach es aufgrund seiner Augen in Millionen Teile. "Eigentlich gibt es gar kein Moment, wo ich diese Liebe nicht gespürt habe. Ich habe dich damals mit acht geliebt - ich habe dich zehn Jahre später geliebt." Nun füllten sich seine Augen ebenfalls mit Tränen, es fühlte sich an als hätte er diese Worte schon immer sagen wollen. "Weißt du wieso Ava mich damals verlassen hat? Möchtest du wissen, wieso unsere Beziehung nicht funktionierte?", fragte er mich mit Tränen in seinen Augen. "Weil ich Hals über Kopf in dich verliebt war - und sie hat das sofort bemerkt. Sie wusste es, als sie dich das erste Mal sah. Ich habe immer nur dich geliebt. In meinem Herzen war nie Platz für jemanden anderen und an manchen Tagen habe ich dich dafür gehasst." Ethan wischte seine Tränen weg und atmete tief durch. "Ich habe damals jeden Tag auf einen Anruf gewartet, ich wollte deine Stimme hören, ich wollte bei dir sein - ich wollte dich sehen. Doch von dir kam nie Etwas - auch als ich dir an jenem Abend meine Liebe gestanden habe, du kehrtest mir den Rücken zu. Du hast mir ins Gesicht gelogen, dass du John liebst. Weißt du wie es mir dabei ging? Ich habe die ganzen Monate danach damit verbracht meine Gefühle in den Griff zu kriegen und ich dachte ich wäre über dich hinweg gewesen. Doch dann im nächsten Sommer standest du vor mir - schöner denn je, glücklicher denn je."
Das war der Sommer, als ich noch immer mit John zusammen war. "Ethan", sagte ich erneut bloß nur seinen Namen. Denn ich war sprachlos.
"Dann kam die eine Nacht. Als du meintest du wärst bloß nur irgendein Mädchen für mich. Weißt du, wie sehr mich diese Worte trafen? Denn in diesem Moment - zu dieser Zeit war ich unfassbar verliebt in dich. Ich habe Alles an dir geliebt und vergöttert. Deine Art, dein Lächeln, deine Augen - einfach Alles. An diesem Abend war ich mir mehr als nur sicher, dass ich mir Alles zwischen uns bloß nur irgendwie vorgestellt habe. Als hätte ich jegliche Konversationen, jede Berührung bloß nur falsch interpretiert." Ethan Lewis sah für einige Momente zwischen meinen Augen hin und her. "Und heute, in diesem Moment, geht es mir nicht anders. Ich habe das Gefühl, als hätte ich Alles bloß nur falsch interpretiert. Als hätte jeder Kuss, die Nacht zusammen bloß nur Etwas für mich bedeutet. In den letzten Tagen hast du nicht einmal versucht mit mir zu reden. Die letzten Jahre machte ich jedes Mal den ersten Schritt, weil ich dich nicht verlieren wollte. Doch heute frage ich mich: Was, wenn du aus meinem Leben treten möchtest? Wofür soll ich kämpfen?"
Ich öffnete meinen Mund um ihm zu sagen wie ich über ihn fühlte. In diesem Moment wollte ich ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe und ich am liebsten Alles aufgeben würde, nur um mit ihm zusammen zu sein. Ich wollte ihm sagen, dass es mir leid tat und ich an mir arbeiten muss. Dass ich ihn in meinem Leben haben möchte, am liebsten für immer. Doch stattdessen stand ich vor ihm und blieb still. Diese Gefühle jedoch bereiteten mir eine enorme Angst zu.
Ethan Lewis lachte und schüttelten den Kopf, während Tränen aus seinen Augen flossen. "Weißt du was das Dümmste an dieser Sache ist? Wir sind wieder am Strand. Jeden verdammten Strand verbinde ich mit dir. Sei es hier oder sonst wo auf dieser Gott verdammten Welt - immer, wenn ich am Strand bin, muss ich an dich denken. Und jetzt werde ich ihn wahrscheinlich für immer mit diesen enormen Schmerz verbinden. Ich werde für immer daran denken, wie ich dir weinend meine Liebe gestand. Während mein Herz in tausende von Teilen zerbrach und der Schmerz drohte mir jegliche Luft in meinen Lungen auszusaugen."
"Und auch jetzt stehst du stillschweigend vor mir und hast Nichts zu sagen, weil du Angst davor hast", atmete er tief aus und wischte erneut seine Tränen weg. Dieses Mal kamen jedoch keine neuen nach. Zuerst ging er bloß nur einen Schritt zurück, "Ich denke, dass hier ist das Ende, Katelyn", schluckte er stark. Diese Worte brachen nicht nur mir das Herz und fügte mir jegliche Schmerzen zu. Nein, der Schmerz in seinem Gesicht war ebenfalls sichtbar.
"Lebewohl." Mit diesen Schritten entfernte Ethan Lewis sich von mir. Ich blieb für weitere zehn Minuten wie angewurzelt stehen.
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