22.




               Als ich ein Klingeln hörte, gab ich Clancy einen letzten Kuss und machte mich dann auf den Weg zur Tür. "Hey", öffnete ich die Tür und trat hinaus.

               Ethan musterte mich von Kopf bis zum Fuß und lächelte mich dann an. "Du siehst echt toll aus Katelyn", machte er mir das erste Mal ein Kompliment. Ich versuchte die Situation hinunter zu spielen und bedankte mich schließlich nur. Dabei spürte ich Millionen von Schmetterlinge in mir herumfliegen, während eine Gänsehaut sich auf meinem ganzen Körper breit machte.

              Ethan machte mir die Tür zu seinem Auto auf und schloss sie danach auch. Er zögerte keine Sekunde als er selber im Auto saß und fuhr los. Wir unterhielten uns wie gewohnt über alltägliche Dinge, er erzählte mir von seinem Leben zuhause und wie sehr seine Familie vermisste, als er auf dem College war. Ebenfalls erzählte mir Ethan, dass er nach wie vor befreundet mit Ava war. Da sie auf dieselbe Schule ging, liefen sie sich öfters über den Weg - sie hatte bereits einen Neuen und er war überglücklich für sie. Er meinte, dass er sie nie so geliebt hat wie es ihr neuer Freund tut und sie würde bloß das Beste auf dieser Welt verdienen.

              Ihn so reden zu sehen, erwärmte mir das Herz. Viele Jungs in seinem Alter sprach schlecht von ihren Ex-Freundinnen und wollte Nichts mehr mit ihr zu tun haben. Ethan war ganz Anders. Er gönnte Ava jedes Glück. Von seinem Liebesleben erzählte er mir jedoch nicht und vielleicht war es auch besser so.

             Nach einer 10-minütigen Fahrt kamen wir bei einer Pizzeria an. Es gab keine Sekunde, an der wir nicht sprachen oder lachten. Wir hatten uns so Vieles zu sagen und zu erzählen. "Wir haben uns damals auch immer eine Pizza geteilt", meinte Ethan lächelnd und nahm sich ein Stück von der großen Pizza, die wir uns teilten.

            "Ich weiß", schmunzelte ich ebenfalls leicht vor mich hin und erinnerte mich zurück an den tollen Sommer. "Ich dachte vor wenigen Jahren, dass ich dich nie wieder sehen werde und sieh uns jetzt an. Zwölft Jahre später sitzen wir hier zusammen", sprach ich meine Gedanken laut aus.

            Ethans Blick spürte ich auf mir ruhen, worauf ich meinen Kopf hob und ihm in die Augen sah. Er nickte und meinte: "Es ist eigentlich unglaublich, oder nicht? Wie lange wir uns schon kennen und diese Bindung nie verschwand."

            Mein Unterleib zog sich zusammen - ich konnte nicht beschreiben wie ich mich in diesem Moment fühlte. Glücklich wäre viel zu untertrieben. "Da hast du recht", schenkte ich ihm schließlich ein Lächeln.

             "Und diesen Sommer wirst du mir deine Nummer geben. Damit ich nicht ständig auf einen Anruf warten muss, okay?", sah er mich mit einer gehobenen Augenbraue und einem Lächeln an.

              Ich rollte meine Augen und meinte: "Als ob du auf einen Anruf gewartet hast."

             "Jeden Tag seitdem du meine Nummer hast", antwortete er nun ernst. "Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich möchte auch an anderen Tagen deine Stimme und von deinem Leben hören. Du bist nicht nur irgendein Mädchen für mich Katelyn und das weißt du."

           Tief sah ich ihm in die Augen und glaubte ihm jedes einzelne Wort. "Und du bist nicht irgendein Jung für mich Ethan."

           Ein kleines Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. "Siehst du? Ich möchte nicht immer bis zum Sommer warten um dich zu sehen."

          "Ethan", atmete ich tief aus und schüttelte meinen Kopf. "Ich habe dir schon gesagt, dass ich nicht weg von hier kann", sah ich hinunter zu meinen Händen. In diesem Moment wünschte ich mir Nichts mehr als eigene Pläne zu haben und nicht meinen Verpflichtungen nach zu gehen.

          "Ich sag doch nicht, dass du weg von hier musst. Du kannst mich besuchen? Ich kann dir meine Welt zeigen. Jeden Sommer darf ich ein Teil deiner Welt sein und ich möchte, dass du ein Teil meiner wirst", sprach er ohne überhaupt darüber nachzudenken was er sagte.

          "Es ist nicht so einfach, weißt du?", war Alles wie sagen konnte. Denn ich war wie perplex. Zum zweiten Mal sagte mir Ethan Lewis offen und ehrlich, dass er möchte, dass ich ein Teil seines Lebens bin.

       "Wegen John?", fragte er nun vorsichtig.

        "Nicht nur", antwortete ich. "John, das Restaurant, die Eisdiele, mein Dad ...", murmelte ich vor mich hin und sah dann auf meinen Teller. "Es ist nicht einfach."

         "Ich frage dich auch nicht gerade ob du mit mir einziehen möchtest. Bloß nur für eine Woche, weg von der Insel. Weg von deinen Verpflichtungen ... endlich mehr sehen."

          Tief atmete ich aus und lachte: "Wenn du es sagst, hört es sich einfach so wundervoll an. Endlich Etwas zu tun, was ich möchte."

           Wir unterhielten uns noch weiterhin und aßen unsere Pizza zu Ende. Danach zahlte Ethan Lewis das ganze Essen und wir machen uns darauf auf den Weg zum Pier. Nebeneinander schlenderte wir langsam durch die kleinen Straßen. Zum Schluss machten wir uns auf den Weg zu seinem Auto und unterhielten uns weiterhin. Ab und zu neckte er mich und berührte meine Hand, meine Schulter oder meinen Rücken. Es wäre eine Lüge, wenn ich behaupten würde, dass seine Berührungen Nichts mit mir taten.

          In seinem Auto spielte er seine Playlist ab. 80-iger Jahre Songs dröhnten nun durch die Lautsprecher. Ethan erzählte mir, dass sein Vater seinen Musikstil sehr geprägt hat. Er erzählte mir von den Konzerten, die er in New York City besuchte und über viele Festivals die er ebenfalls besuchte.

          Ethan Lewis fragte mich ob ich ihm nicht bisschen Gesellschaft leisten möchte und aus irgendeinem Grund zögerte ich keine Sekunde und folgte ihm in sein Haus. Heute noch bereute ich aus meiner Perspektive nicht mit ihm mitgegangen zu sein. Damals habe ich einfach nicht realisiert wie sehr ich eine gewisse Person mit solchen Taten verletzte. John.

          Wir setzten uns auf eine kleine Veranda Schaukel - nur wenige Zentimeter voneinander entfernt - und betrachteten den Sandstrand und den Vollmond, welches sich im Meerwasser spiegelte. "Das letzte Mal, als ich den Vollmond so beobachtete, war meine Mutter noch hier. Ich bin mit ihr auf unserer Veranda gesessen. Es war einer ihrer letzten Abende zuhause", sagte ich ohne überhaupt darüber nachzudenken was aus meinem Mund kam. Seitdem Tod meiner Mutter sprach ich mit keinem über sie.

          Im ersten Moment war Ethan überrascht, dass ich sie ansprach. Doch im nächsten fragte er: "Vermisst du sie sehr?"

          "Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr", lächelte ich ihn traurig an und sah dann wieder zum Vollmond. "Ich habe mich jedoch damit abgefunden, weißt du? Irgendwann hört die Trauer auf und die Akzeptanz fängt an." Als diese Worte meine Mund verließen, spürte ich den Schmerz in mir. Er verschwand nie, ich lernte bloß nur damit zu leben.

           "Sie wäre unglaublich stolz auf dich Katelyn", griff er vorsichtig nach meiner Hand. Ethan schien den Schmerz in meinen Augen gesehen zu haben. Und ich ließ es zu. Ich ließ ihn meine Hand halten. "Du hast dich zu so einer starken und wundervollen Frau entwickelt Katelyn. Weinen macht dich nicht schwächer", wischte er plötzlich mit der anderen Hand meine einzelnen Tränen weg. Die ich damals versuchte irgendwie zu verstecken. Wieso ich weinte, wusste ich in dem Moment auch nicht.

           "Ich weine nicht gerne", lachte ich leise und blinzelte meine Tränen weg.

            "Wer tut das schon?", schenkte mir Ethan ebenfalls ein Lächeln und rutschte näher.

            "Nein du verstehst es nicht", schüttelte ich den Kopf und atmete tief durch. "Du bist die erste Person, die mich tatsächlich weinen sieht. Ich habe meine ganzen Gefühle Jahre lang zurückgehalten und als du damals vor meiner Haustür standest und meine Mutter ansprachst, überkam mich Alles. Ich habe davor noch nie vor jemanden geweint. Jeder meinte damals ich hätte den Tod meiner Mutter gut überstanden, weil sie mich nie mit Tränen in meinen Augen sahen. Dabei wussten sie nicht, dass ich nachts in meinem Bett lag und mir die Seele aus dem Körper weinte", lachte ich traurig und schüttelte erneut meinen Kopf, dabei sah ich den Vollmond an während Ethan mich von der Seite beobachtete. "Ich baute diese Mauer in meinem Alltag auf und sie klappte eigentlich bis du kamst. Und weißt du, damals habe ich mich verflucht, dass ich vor dir geweint habe und heute bereue ich es nicht. Ich bin dir unendlich sogar dankbar, dass du die Gefühle in mir geweckt hast."

            Ich sah zu ihm. Seine eisblauen Augen trafen meine braunen. Zum zweiten Mal waren mir seine Lippen gefährlich nahe. In diesem Moment spürte ich wie sehr er mich küssen wollte und ich konnte es nicht verleugnen - ich wollte genauso seine Lippen auf meinen spüren. In dieser Sekunde war ich bereit Ethan Alles von mir zu geben. Doch Ethan wollte diesen Moment nicht ausnutzen.

            Vorsichtig strich er mir mit seinen Finger meine Strähnen hinter mein Ohr und lächelte mich an. Ethan bemerkte wie ich für eine Binnensekunde auf seine Lippen starrte. Aus diesem Grund wurde sein Lächeln viel breiter. Doch anstatt mir einen Kuss auf die Lippen zu geben, schenkte er mir einen langen, bedeuteten Kuss auf die Stirn. Danach zog er mich fest in seine Arme. Meinen Kopf legte ich auf seine Brust. Mein Ohr war über seinem Herzen. Das Herz, welches ich in dieser Sekunde wie verrückt schlagen spürte.

          Heute noch denke ich an diese Sommernacht als ich 18 Jahre alt war. Denn an diesem Abend schien es so als wäre meine Welt perfekt mit Ethan an meiner Seite. Und es war auch perfekt - der Sommer hätte nicht besser sein können. Doch heute weiß ich, dass so Vieles noch auf mich zu kam.

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