Kapitel 5 - Suche
Am nächsten Morgen wacht sie auf, beim ersten Augenaufschlag hört sie bereits, dass es wieder wunderschönen Tag geben wird. Eine Schwalbenfamilie, hat sich vor kurzem über ihrem Schlafzimmerfenster unter dem Dachgiebel ein Nest gebaut. Sie veranstalten eine Tirade, als wären es zwei Dutzend Vögel, statt Vieren.
Nach dem sie geduscht hat, überlegt sie bei einem ausführlichen Frühstück, wo sie am besten etwas über Engel herausfinden kann. Schließlich ist das kein Thema über das man täglich liest. Doch das Einzige, das ihr spontan einfallen will, ist die städtische Bibliothek. Es ist die größte Bibliothek in ihrer Heimatstadt. Da sollten sich doch Informationen über Engel finden lassen.
Sobald sie das Frühstück beendet hat, schnappt sich Yumeko ihren Rucksack und macht sich auf den Weg. Kaum ist sie aus dem kühlen Treppenhaus hinaus, da wird sie bereits von der erneut vorherrschenden Hitze erschlagen. Sie wird sich unterwegs auf jeden Fall etwas zu trinken kaufen. So etwas wie gestern will sie möglichst vermeiden.
Mit einer Flasche Eistee in der Hand, die Stadtbücherei betritt, ist sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob sie hier etwas über Engel herausfinden kann. Sie kann sich schon bildlich vorstellen, wie die Bibliothekarin reagiert, wenn Yumeko nach einem Fachbuch über Engel fragt. Was nichts an der Tatsache ändert, dass in einer Vision mit einem wahrhaftigen Engel gesprochen hat. Auch wenn sie das selber kaum glauben kann und wenn sie etwas über die Bedeutung ihrer Vision herausfinden will, muss sie nun mal etwas über die himmlischen Boten in Erfahrung bringen.
„Also, auf in den Kampf!" sagt sie sich, als die Warteschlange vor der Bibliothekarin sich auflöst.
Mit gestrafften Schultern und einem ausdruckslosen Gesicht, stellt sie sich vor die Frau mit dem strengen Knoten im Haar. Diese blickt durch eine altmodische Lesebrille von ihrem Monitor auf, als die junge Frau vor ihren Schreibtisch tritt und mit gelangweilter, schnarrender fragt:
,,Was willst du?"
Yumeko räuspert sich nervös.
„Ich suche ein Buch über Engel"
Die Frau schaut sie unbeeindruckt an, ganz so als würde jeden Tag jemand nach so etwas fragen.
„Linker Gang, Regal 65. Ganz hinten rechts." ,spricht sie monoton und wendet sich wieder ihrem Computer zu.
Aufgeregt lauft Yumeko durch genannten Gang und sucht das angegebene Regal. 62... 63... 64... 65... hier ist es! Voller Vorfreude steht sie vor dem vollgestopften Regal:Wahnsinn, so viele Bücher. Wo soll sie da nur anfangen? Sie tritt näher an das Regal heran.
"Mal sehen, was haben wir denn hier?"
Die Bibel? Die Gute Botschaft.. Kinderbibel.Das ist doch wohl ein Scherz, sie steht vor einem ganzen Regal, gefüllt mit Bibeln! Na, toll! Soll sie sich etwa, durch eine ganze Bibel kämpfen? Wo Sie doch so gar nichts mit der Kirche am Hut hat. Yumeko ist zwar getauft und demnach Christin, aber sie ist noch nie in die Kirche gegangen, geschweige denn, dass sie die Bibel gelesen wirklich gelesen hat. Resigniert seufzend greift sie zu einer in ledergebundenen Ausgabe, welche sich direkt vor ihr im Regal befindet. Sie will sich schon umdrehen und zu einem Sitzplatz in der Nähe gehen, als ihr plötzlich eine Idee in den Sinn kommt.
Warum denn die Bibel lesen? Wenn es Informationen über Engel tatsächlich nur in christlichen Schriften gibt, warum sich dann nicht direkt an die Quelle wenden? Was halt sie davon ab in eine Kirche zu gehen und den dortigen Pfarrer oder Priester auszufragen?Schließlich müsste dieser besser als jeder andere die Bibel kennen. Dann braucht die sich auch nicht durch dieser Wälzer zu arbeiten...
Entschlossen stellt sie das Buch zurück ins Regal und verlässt die Bibliothek. Zu ihrem Glück, befindet sich direkt gegenüber der Stadtbücherei eine kleine schnuckelige Kirche. Diese ist schon ziemlich alt, doch gut in Schuss. Sie wurde letztes Jahr erst saniert, das gesamte Gebäude besteht aus Sandstein und ist nicht viel großer als die restlichen Gebäude drum herum. Das Gotteshaus wurde offensichtlich in der Zeit der Gotik erbaut, unverkennbar an dem runden Rosettenfenster über dem Eingangsportal sowie den kleinen verspielten, zierlichen Türmchen Eingang. Eine breite Sandsteintreppe führt zum Eingangsportal, welches aus massivem Eichenholz besteht und ist, trotz des gotischen Stiles der Kirche, sehr schlicht und einfach gehalten.
Die Linke Hälfte des Tores steht weit offen. Bei diesen Temperaturen auch nicht verwunderlich. Es ist in der halben Stunde in der Yumeko in de Bücherei gewesen ist, merklich heißer geworden. Und obwohl das Eingangsportal sicher an die zwei Meter in der Höhe und Breite misst, kann man von außen nicht erkennen, wie es im Inneren der Kirche aussieht. Durch die extreme Helligkeit an diesem Sommertag, kann Yumeko hinter dem Eingang nur Schemen erkennen.
Irgendwie ist dieses Gotteshaus seltsam, normalerweise befällt die junge Frau immer ein beklemmendes Gefühl, wenn sie ein solches betritt. Sie fühlt sich in Anbetracht der erdrückenden Pracht von vielen Kirchen eingeschüchtert, ja geradezu winzig. Etwa so, wie sich eine Ameise fühlen muss, die gerade von einem Menschen zertreten wird, oder als würde ein gigantisches Monster einen verschlucken wollen.
Das ist auch einer der Gründe, warum sie sich nie so Recht mit dem christlichen Glauben anfreunden.
Aber als sie vor dieser kleinen hübschen Kirche steht, fühlt sie sich überhaupt nicht unwohl oder winzig. Und das obwohl das Portal so gigantisch ist. Ganz im Gegenteil, beim Anblick des Gotteshauses überkommt sie eine Zufriedenheit will sie bisher noch nicht erlebt hat.
Ihre Augen haben sich nach einem Augenblick an die schattige Dunkelheit gewöhnt und sie ist angenehm überrascht. Sie steht nicht in einem protzigen, goldbeladenen Kirchenschiff. Das wenige Gold, dass Yumeko bemerkt, befindet sich vorne am Altar. Es sind zwei recht große Kerzenständer, die zu beiden Seite des Möbels stehen.
Erfreut über diese Tatsache, sieht sie sich entspannt die bunten Bleiglasfenster an, welche die beiden Seiten der Kirche in der gesamten Länge beherrschen.
Sie zeigen Bilder de biblischen Schöpfungsgeschichte. Jeder der sieben Tage wurde ein ganzes Fenster gewidmet und nimmt eine Seite des Gebäudes ein. Auf den sieben Fenstern an der anderen Seite, sind Bildnisse von Engeln dargestellt. Vier Fenster zeigen die Erzengel Michael, Raphael, Gabriel und Uriel. Zumindest nimmt Yumeko an, dass es sich dabei um die diese handelt. Auf den weiteren zwei Fenstern, sind mehrere Engel abgebildet, die um zwei Menschen herumfliegen, augenscheinlich Adam und Eva.
Sich dem letzten Buntglasfenster zuwendend, trifft Yumeko fast der Schlag. Auf dem Fenster sind weitere vier Engel, einer hat schwarze lange Haare und schwarze Flügel. Ungläubig blinzelt Yumeko, sie könnte schwören, dass es sich hierbei um Asfahrel handelt. Die Haare mit den passenden Flügeln sind einfach unverkennbar.
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