04 - Entfernungen, Maße, Gewichte und Preise ...

... hab ich gemieden wie die Pest. Blooooooß nicht festlegen! Denn da jeder einzelne Staat, bald jede Stadt eigene Maße und Gewichte hatte, eigene Münzen prägte, eigene Zölle erhob, wäre ich wahnsinnig geworden, hätte ich versucht, das alles korrekt anzuwenden. Und selbst wenn ich das geschafft hätte, hätte ich Dir dann wieder dauernd erklären müssen, was das denn nun in heutigem Gewicht oder Entfernung oder Kaufkraft bedeuten würde. Also habe ich es gelassen. Es ist für uns heute unvorstellbar, womit ein fahrender Händler auf seiner Reise damals so alles klarkommen musste. Es gab ja nichtmal ein einheitliches Hochdeutsch zu der Zeit, das war überhaupt grade erst durch Luthers Bibelübersetzung dabei zu entstehen.

Hier sind historische Maße und Gewichte des deutschsprachigen Raumes in einer Tabelle aus Wikipedia aufgeführt, zum größten Teil aus dem 19. Jahrhundert! Das heißt also, dass über 1600 verschiedene politische Gebiete bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ihr eigenes Süppchen kochten - und abmaßen und wogen und zählten. Was ein Durcheinander!
"Ich hätte gerne ein Büschel."
"Ach nein, doch ein Mollen. Oder ein Fardel?"
"Ahhh - ich weiß! Ich meinte: ein Schober."
Hä?

Und wie muss ich mir den Verkauf einer "Last Heringe" vorstellen? 1 Last waren 12.000 Stück Hering. Wenn da also nicht 100 Leute gleichzeitig zum Zählen angetreten sind, dann war der Fisch verschimmelt, bevor er abgezählt war.

Und so könnte ich jetzt endlos weitermachen mit Gewichten, Flächenmaßen und Co. Ich empfehle aber, einfach mal den entsprechenden Artikel bei Wikipedia aufzurufen und ein bisschen zu stöbern. Zum Teil ist das echt witzig.
wikipedia.org   "Alte_Maße_und_Gewichte_(deutschsprachiger_Raum)"

Nicht ganz unwichtig für diese Geschichte, in der immerzu gereist wurde, sind eIgEnTlIcH auch die Längenmaße ... Klar hätte ich anfangen können, mit Meilen (und wenn ja, welchen!) rumzuwurschteln. Ich kann mir aber auch ins Knie schießen. Stattdessen habe ich mich lieber mit mir selbst auf ungefähre Entfernungen geeinigt und Entfernungen dann über Zeitgefühl erzeugt. Ein Tagesritt ..., wenn die Wege matschig sind ..., die Kutschfahrt von Lütgenhusen nach Gieboldehusen dauert normalerweise drei Stunden, ... Mal ganz abgesehen davon, dass ich keine Ahnung habe, wieviel Meilen/Kilometer/... ein Pferd mit Reiter zurücklegen kann, wenn es mehrere Tage am Stück durchhalten muss, wie viele Kilometer oder irgendwelche Meilen eine Kutsche mit einem Pferd und fünf Personen oder aber mit zwei Pferden und zwei Personen für eine bestimmte Strecke brauchten könnten. Sonst hätte ich Dich nämlich beglücken müssen mit Strich, Linie, Finger, Hand(breit), Zoll, Dezimalfuß, Stange, Spanne, Doppelschritt, Klafter, Gert (ich dachte immer, das sei ein Männername ...) u.s.w. u.s.w.
Apropos Meile. Vor der Umstellung auf das metrische System gab es allein in Europa etwa 600 verschiedene Definitionen einer Meile. Seemeile, englische Meile, deutsche Meile, Landmeile, geographische Meile, ... Und diese Meile hattn eine Länge von ca. 1,5 bis 11 Kilometern. Noch Fragen?

Zwar sind die Werte innerhalb eines Systems/Landes einigermaßen gleichbleibend, die Einheiten waren örtlich und zeitlich aber teils erheblichen Veränderungen unterworfen. Zur Überwindung der örtlichen Unterschiede, vor allem bei den Längenmaßen und Gewichten, wurde, ausgehend von Frankreich (1791, 29. November 1800), das metrische System eingeführt, das auf dem dafür geschaffenen Urmeter basiert. Der Norddeutsche Bund beschloss am 17. August 1868 die Norddeutsche Maß- und Gewichtsordnung, die zum 1. Januar 1872 das metrische System einführte. Dem französischen Beispiel folgten nach und nach viele andere Staaten. Bevor wir allerdings heute die alten Maßangaben in das metrische System umrechnen können, ist stets genau zu prüfen, ob der verwendete Umrechnungsfaktor für diese entsprechende Zeit an diesem jeweiligen Ort tatsächlich Geltung hatte. 


Und dann das liebe Geld - noch so eine Stolperfalle ...

Da hab ich zumindest rausgefunden, dass sie alle gemogelt haben, wo es nur ging, und dass deshalb immer alles abgewogen und geprüft wurde. Deshalb hatte jeder Marktflecken eine sogenannte Waage (Michelstadt, Wernogerode, ...) und einen Beamten, der den ganzen Tag Münzen auf ihre Echtheit und ihren Silber- oder Goldgehalt prüfte, Stabmaße abmaß, Gewichte auslotete und so versuchte zu verhindern, dass ununterbrochen jemand übers Ohr gehauen wurde.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob DER denn wenigstens immer wusste, was er da grade in der Hand hat. Wie man an dem Sammelsurium aus dem Beutel oben sehen kann, wanderten ja nicht nur die Händler durch ganz Europa - sondern mit ihnen auch das Geld von ganz Europa.

Die wichtigste und wertvollste Münze – und darauf hatten sich erstaunlicherweise alle in Europa geeinigt – war der Goldgulden. Goldanteil und Gesamtgewicht waren zwar zum Teil regional festgelegt, und je nach Geldknappheit wurde auch mal mehr, mal weniger Silber dazugemogelt. Aber ein Goldgulden wurde als Zahlungsmittel akzeptiert, egal, wo er herkam. Im Zweifelsfalle wurde eben geprüft.

Aber Fernhandel und Geldwesen waren inzwischen so international geworden, dass sich das zu unserer beschriebenen Zeit nun allmäääääählich anzugleichen begann. Dazu gab es dann Kreutzer, Heller und Pfennige, Taler, Florin... ach, und 1000 andere.
Auch hier habe ich den bequemen Weg gewählt und einfach klar gemacht, dass ein unfreier Bauer sich nicht mal eben ein Schwein kaufen konnte. Dass ein Herzog aber natürlich mit einem gut gefüllten Beutel abreiste. Hannes hatte Geld wie Heu – alle anderen hatten eben keines. Fertig. Was weiß denn ich, was damals ein schwangeres Schwein gekostet hat – in damaligen Münzen und in heutiger Kaufkraft???

Herstellen durfte das Geld auch nicht jeder einfach. Das ist auch heute noch so. Wenn damals einer Stadt vom Kaiser das Münzrecht verliehen wurde, war das ein gewaltiger Zugewinn an Ansehen und Macht.

Insgesamt kann ich nur hoffen, dass in meiner Geschichte das Grundsätzliche klar wird, ohne dass es nötig ist, alles auf Unze und Gramm, Elle und Fuß, Heller und Pfennig genau auszudrücken.

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23.6.2020

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