Steigender Druck

Er läuft gemächlich auf mich zu und ich werde durch seine langsame Gangart extrem nervös. Es vergeht eine gefühlte Ewigkeit, bis er endlich bei mir ankommt und sich vor mir aufbaut.
„Bist du soweit? Ich hoffe du bist vorbereitet, denn es geht hier um die Würde des ganzen Teams. Also streng dich auch gefälligst an! Und verlier ja nicht ein Wort über das, was wir hier machen, denn wenn doch, wird es das Letzte sein, was du sagen wirst." Ich nicke und er scheint sich damit zufrieden zu geben. Dann dreht er sich wieder um, geht vom Platz und setzt sich hinter der Abgrenzung zum Trainingsbereich auf eine Bank.
Er macht eine komische Handbewegung und wenn ich nicht wissen würde, dass dies heißen soll, dass ich weiter machen kann, würde ich es als Zuwinken deuten.
Ich seufze einmal und hebe dann wieder den Bogen an.
Jetzt lass dich nur nicht aus der Ruhe bringen! Die Leute hier denken, dass du schwach bist, aber du kannst sie eines Besseren belehren.
Ich visiere das Ziel und lasse dann den Pfeil los. Es kommt mir wie eine halbe Ewigkeit vor, bis der Pfeil in der Scheibe landet.
Erleichtert atme ich aus und die Anspannung weicht vorübergehend aus meinem Körper. Aber nur bis ich einen neuen Pfeil ziehe und erneut auf die Scheibe ziele.

Insgesamt treffe ich von den fünfzehn Pfeilen, die im Köcher steckten genau dreizehn und zwei verfehlen die Mitte nur knapp.
Ich wage einen Blick zum Captain und muss feststellen, dass ich neben ihn noch andere Beobachter habe. Die Männer, die mir die Prüfungen abnehmen sollen, schauen mich ebenfalls mit einem seltsamen Blick an. Ich zwinge mich zu einem respektvollem Kopfnicken, obwohl ich ihnen lieber die Kehle aufschneiden würde. Bei diesen Leuten habe ich irgendwie ein ganz schlechtes Gefühl und ich wusste nicht wirklich, woher es kam. Vielleicht weil mich einer der Männer als schwach bezeichnete und sich über mich lustig machte, aber vielleicht auch aus einem anderen Grund, welchen ich noch überhaupt nicht kenne.

Ich beschließe es erstmal weiter zu beobachten, da ich mir über der Richtigkeit dieses Gefühls noch nicht ganz sicher bin, aber ich es trotzdem nicht ignorieren möchte. Es gab schließlich schon so viele Situationen, in denen ich besser auf mein Bauchgefühl gehört hätte. Mein Blick wanderte dabei instinktiv zu meinem Bauch und obwohl ich Kleidung darüber trug, kam es mir vor, als könnte ich die lange Narbe trotzdem sehen.

Ich war zu naiv! Ich hätte ihm nicht trauen dürfen. Anfangs war er noch nett, aber als er seine Stellung im Team in Gefahr sah, verwandelte sich die enge Bindung, die wir hatten, in reine Wut und Hass.
Nummer 7 war in der Tat eine hinterhältige Person gewesen. Eine Zeit lang dachte ich sogar, er hätte mehr in mir gesehen, als nur ein Teil seines Teams, doch von dem einen auf den anderen Tag änderte sich alles. Er wurde eifersüchtig und dies vergiftete seine Seele. Es war, als wäre er ausgetauscht worden und sein altes Ich hätte er vergraben.
Mit der Zeit wird es immer schlimmer und er hatte sich selbst kaum noch unter Kontrolle.
Als er dann an dem einen Tag nur so von Hass gepackt wurde, ging er auf mich los. Er streifte mich zwar nur mit seinem Messer, da ich versucht hatte mich noch wegzudrehen, aber trotzdem reichte es, um mich erstmal außer Gefecht zu setzten und wenn die anderen nicht rechtzeitig da gewesen wären, hätte er vermutlich so lange auf mich eingestochen, bis all seinen Zorn verfolgen wäre.
Der Captain konnte so einen Verrat natürlich nicht dulden und da er sich in der vorherigen Zeit schon nicht all zu gut benommen hatte und auch seine Ausführung der Aufträge einige Mangel hatten, sah der Captain keinen Grund mehr ihn um Team zu lassen. Sie sind zusammen in den Keller gegangen, doch er kehrte nie wieder zurück und der Captain verlor nicht ein einziges Wort mehr über ihn.

Ich komme wieder in die Realität zurück, als ich die Stimme des Captains höre, welche lautstark nach mir verlangt. Nur schwer kann ich meine Gedanken sammeln und mich wieder konzentrieren.
Jetzt reiß dich zusammen! Wenn du das hier vergeigst, dann war es das vermutlich für dich!
Angespannt laufe ich zur Abgrenzung und werde dort dann direkt vom Captain mit einem strengen Blick empfangen.
„Na dann bringen wir es mal hinter uns." sagt einer der Männer in einem sehr unmotivierten Ton und ich verdrehe unbemerkt die Augen.
Diese Leute gehen mir langsam wirklich auf die Nerven.

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