Der Schäfer
Vielleicht hat es jeder Mensch selbst in der Hand, wie sein Lebensweg aussieht.
Zumindest am Anfang, denn am Anfang steht eine Entscheidung. Wie gehe ich damit um? Schaffe ich das allein und wenn nein, hole ich mir Hilfe?
Ich denke, das sind die wichtigen Fragen. Und wenn wir sie uns nicht selbst stellen, weil wir unsere Lage nicht begreifen, ist es gut, wenn das jemand anderes für uns tut. Wenn jemand anderes uns wachrüttelt.
Ja, vielleicht hätte ich gerne jemanden gehabt, der mich gewarnt hätte. Der mich vor meinen Fehlern bewahrt hätte.
Aber es gab noch niemanden, der dazu in der Lage gewesen wäre. Und jetzt ist es zu spät.
Erstaunlich, nicht? Ein einziger Mensch kann dich entweder in den Abgrund stoßen, oder dich wieder nach oben ziehen, wenn man an der Kante hängt. Oder dir sogar wieder nach oben helfen, wenn du schon im Abgrund stehst.
Vielleicht hätte auch ich jemanden in meinem Leben gebraucht, der meine Fehler erkannt und mich von ihnen abgehalten hätte.
Wenn ich nun dieser jemand bin, für all diejenigen, die hier unten sind und eigentlich nicht mehr wegkommen? Würde ich ihnen helfen, wenn sie mir ein Zeichen geben würden? Ein Zeichen, dass sie nicht mehr hier sein wollten?
Aber ich habe mich für einen anderen Weg entschieden. Dafür bin ich nicht zuständig.
Oder? Kann auch ich meinen Weg noch ändern?
Ich lasse meinen Blick über die Menschen schweifen, die langsam und gebrochen an diesem Weg am Fluss entlanglaufen. Sie reden kein Wort miteinander. Das ist gut. Oder?
Langsam mache ich einen Schritt von ihnen weg, in die andere Richtung. Vielleicht braucht es nur jemanden, der all die Menschen hier vor mir, die es allein nicht schaffen würden, auf den richtigen Weg führt.
Und vielleicht bin ich dieser jemand, jetzt, nachdem ich erkannt habe, dass man immer wieder umdrehen kann.
Denn ich bin ihr Schäfer. Und ich leite sie.
Aber werden sie mitkommen? Oder werden sie weiter auf dem Pfad der Verdammnis laufen, weil sie es nicht anders können?
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