[d y s t o] Überlebenskampf
Ich musste nie Sport machen, da ich mich genug im Überlebenskampf herumschlug. Genug aus tiefen Löchern kletterte. Genug gegen den einheitlichen Strom aus Gleichheit und der überwältigenden Flut an schlechten Nachrichten anschwimmen musste. Um mich davon abzulenken, in meine Tagträume abtauchte. Vor meinem Problemen davonlief. Auf dem Rande des Vulkans tanzte. Ja, vor allem tanzte ich. Der Puls des Lebens einheitlich mit meinem eigenen Herzschlag, ein alles vereinender und doch eigenwilliger taktloser Rythmus - Ich konnte nicht anders, als es zu lieben. Ich tanzte, und doch liess ich mich nicht verbiegen. Das Leben und ich improvisierten.
Und in die Schule ging ich auch nicht. Ich lernte alles in den Momenten, in denen es mir passierte und in denen, in denen ich darüber nachdachte, was passiert war. Doch eher aus ersterem, denn viel Zeit zum Nachsinnen hatte ich nicht. Ich musste die Welt sehen, Tag für Tag, District für District. Ich musste verschiedene Sprachen aus dem Rauschen der murmelnden massengefüllten Städte heraushören. Ich musste Schweiss riechen und Blut schmecken und Tränen fühlen. Und spüren, dass ich am Leben bin. Dass ich Sekunde für Sekunde überlebe. Und in den Millisekunden dazwischen, im Adrenalinrausch und sopranem Tinitus und klopfendem Herzen: drüberlebe. Das ist pure nackte Lebensliebe. Romantisieren ist so leicht.
Ich musste nicht malen oder zeichnen, ich wurde vom Leben gezeichnet. Ich musste nicht Gitarre spielen oder Skateboard fahren oder Romane Lesen, die Zeit vertrieb sich von selbst und blieb nur selten bei mir, sie war rastlos und zog mich immer immer weiter. Ich musste mir nicht die Zeit vertreiben, denn ich ar getrieben. Eine fragile Frequenz, zitternd und elekrtisiert. Es war eine digitale Uhr, aber kein Ziffernblatt und Zeiger und kein Sand, nein, denn es war weder ruckartiges Ticken noch ein verschwindender Fluss, das waren nur rasende Millisekunden, spontan sporadisch zusammengesetzt aus berechneten Balken auf einem Display. Ein tattoowierter blaulichtfarbener Bildschirm auf meinem Handgelenk, der meinen Blick immer wieder vom Himmel fernhielt, welcher schon lange nicht mehr die Lieblingsfarbe der meisten Menschen hatte. Menschen. Lieblingsfarbe. Blau. Auch Wasser war nicht mehr Blau. Das meiste Blau das ich sah, waren blaue Flecken. Ein blaulichtfarbener Bildschirm der mir rasend immer wieder zeigte, wie schnell wir wieder zu Tieren wurden.
Und wie lebst du, Marsmensch?
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