Der Putsch von Pappel 1 - Die Konferenz
Der polierte Holzboden der Hauptkaserne tat jeden Schritt des jungen Generals Phyllostach knallend kund. Er trug eine pompöse, grüne Rüstung und einen Helm, auf dem Farne auf und ab wippten.
An seiner Seite baumelte ein zerimonielles Schwert und auf seinem Rücken glänzte Perlenkrieger. Das Gewehr war aller neuste Technologie, so verfügte es über einen Hinterlader und war in der Lage zwei Glasperlen gleichzeitig abzufeuern. Es hatte ein Vermögen gekostet, aber das war es dem General wert gewesen.
Vorallem jetzt. Jetzt würde sich jeder Karn auszahlen.
Phyllostach schlug die massiven Flügeltüren des Konferenzsaals krachend auf. Verwirrt hoben die hochrangigen Gardisten, die sich bereits dort versammelt hatten, ihre Köpfe und mehrere geflüsterte, doch vermutlich belanglose, Gespräche verstummten augenblicklich.
Die lilanen Augen des Generals bohreten sich in die Blicke der anwesenden.
"Wir haben so einiges zu besprechen, Kameraden, setzen wir uns.", wisperte er in den vollkommen stillen Raum. Es war keine Bitte, kein Vorschlag und keine Unterbreitung. Phyllostach war General und dies waren seine Untergebenen. Wenn er sprach, so war es ein Befehl, und jeder in der Kaserne wusste es.
Der General ließ sich mit klirrender Rüstung auf einem Stuhl nieder, der eher aussah, als sei er für einen König bestimmt, als für den Anführer einer Garde. Fein geschnitzte Ranken erhoben sich am Kopfende in die Höhe, Bilder berühmter Schlachten zierten die Lehne und verdrehte, gequälte Hände aus Holz schienen sich in die Armlehnen zu krallen.
Vor dem Thron erstreckte sich ein massiver, ovaler Steintisch, um den sich die Stühle der anderen hohen Gardisten von Pappel reihten.
Stühle.
Nur der General saß auf einem Thron.
Einen Moment erfüllte wieder Stille den Raum, dann, als klar wurde, dass Phyllostach selbst nicht das Wort ergreifen würde, regte sich Generalmajor Ness.
Kratzend fuhr ihr Holzstuhl über den Boden, als sie sich erhob und sich räusperte.
"Herr General Phyllostach, ist es wahr?", fragte sie mit vollkommen neutraler Stimme.
Dennoch war deutlich zu spüren, wie die Anspannung im Raum anstieg.
Langsam senkte Phyllostach den Kopf. Einige blattartige Haare raschelten unter dem Helm hervor. Der Farn wippte.
Dann hob er ihn wieder.
"Ja."
Noch bevor Generalmajor Ness sich wieder richtig setzen konnte war Brigardegeneral Kith aufgesprungen. "Das geht nicht! Bei allem nötigen Respekt, aber wie kann so etwas überhaupt in Betracht gezogen werden! Pappel ist ein Kontinent und war schon immer einer! Wir sind mächtig im Handel und reich an Kultur! Wie kann der Hohe Rat sich anmaßen..."
Brschwichtigend hob General Phyllostach die Hand und brachte den Offizier so effektiv zum Schweigen.
"Die junge Königin in Umbrae testet ihre Grenzen aus, wie vorhersehbar... Das eigentliche Problem ist auch nicht, dass Umbrae Vorschläge vorbringt Pappel zur Insel zu degradieren und seinem Herrschaftsgebiet einzuverleiben, meine Kameraden. Es ist auch nicht die Tatsache, dass einige Räte diesen Vorschlag tatsächlich in Betracht zu ziehen scheinen.
Nein.
Unser eigentliches Problem, das was unseren Kontinent tatsächlich seine Unabhängigkeit kosten könnte, ist die Tatsache, dass unser, und verzeiht hier bitte meine Ausdrucksweise, Schwachkopf von einem Rat und sein kleinkarierter Kontinentaltag zu schwach sind, um diese bodenlose Frechheit klipp und klar abzulehnen!
Kein Ultimatum wurde gestellt, keine Drohungen gesprochen und keine feurigen Reden gehalten, nein, unser guter, alter Rat Crocuiri und sein Flatterhaufen schwächlicher Witzfiguren, in deren unfähige Hände das Volk die Herrschaft gelegt hat, wollen diskutieren.
Sie wollen darüber reden.
Ja niemanden beleidigen, oder unsere Beziehungen gefährden, als würden die uns noch helfen, wenn wir bald klein Umbrae heißen und der Königin nacheiern!", fauchte der General mit vor Zorn bebenden Fingern.
Am anderen Ende des Tisches erhob sich nun Oberst Emlap. "Und was ist mit der Kolonie? Wollen die uns nur die Hauptinsel nehmen, sodass wir auf Grün-Busch fortbestehen können, oder sprechen wir hier von einer kompletten Eingliederung?"
Neben Phyllostachs Thron sprang Generalleutnant Aster auf die Beine. "Und selbst wenn es so wäre, Oberst, selbst wenn sie uns die Kolonie lassen würden, wie lange, glaubt Ihr, wird es dauern, bis sie ihre Meinung ändern, schließlich ist es nur eine verdammte Kolonie! Wir sind uns doch hoffentlich alle einig, dass wir hier keine Kompromisse eingehen!"
Der General nickte.
"Was soll das heißen, wir?", haakte Generalmajor Anem nach, "Wir sind die Garde, nicht der Kontinentaltag, wir haben hier gar nichts zu entscheiden."
"Sollten wir aber.", entgegnete Aster scharf, "Wenn es der Kontinentaltag schon nicht tut."
"Ich hoffe, Ihr schlagt nicht vor, was ich fürchte, Generalleutnant.", zischte Brigardegeneral Iris mit zusammengekniffenen Augen, "Das wäre Hochverrat."
Aster schlug ihre gepanzerte Faust scheppernd auf die Steinplatte des Tisches. "Und wenn schon. Als Garde ist es unsere Pflicht Pappel und sein Volk zu schützen, vor allem was es bedroht, und dieses mal kommt die Bedrohung nicht von außen. Dieses mal wird unser Kontinent von unserem eigenen Kontinentaltag bedroht. Wieso sollten wir diese Bedrohung nicht eliminieren. Eines steht fest, Kameraden, wir, General Phyllostach und seine Führungsebene, würden nicht vor Umbrae katzbuckeln und zulassen, dass man uns unsere Heimat unter dem Arsch wegschnappt!"
Mehrere der Offiziere schnappten hörbar nach Luft. Generalleutnant Malvek, an Phyllostachs anderer Seite, kicherte leise.
Wankend kam Iris auf die Beine. "Wie... wie könnt Ihr nur! Ihr habt dem Kontinentaltag Treue geschworen! Das ist unerhört! Hochverrat! Dafür solltet ihr an die Wand gestellt werden! General! Tut doch etwas! Ihr könnt doch nicht zulassen, dass sie so vor Euch redet!"
Vollkommen ungerührt des Gefühlsausbruchs in seiner Konferenz schüttelte Phyllostach den Kopf.
"Nein, aber nicht doch, Brigardegeneral. Lasst sie Reden. Meine Stellvertreterin spricht die Wahrheit. Außerdem kann ich mich nur erinnern Pappel die Treue geschworen zu haben, nicht aber dem Kontinentaltag oder gar Rat Crocuiri. Nein, das wüsste ich noch.", seine Worte waren leise, gegen das Geschrei der Offiziere, doch es lag eine Autorität in ihnen, so stark und unbeweglich wie ein Jahrhunderte alter Baum.
Auf der Stelle kehrte Ruhe ein.
Iris ließ sich zurück auf ihren Stuhl fallen, als hätte man die Luft aus ihr heraus gelassen. Aster setzte sich ebenfalls mit einem triumphierenden Lächeln. Im Konferenzsaal hätte man einen Zweig fallen hören, so leise war es geworden.
"Ihr... Ihr verlangt doch hoffentlich nicht, das wir uns dem anschließen.", murmelte Brigardegeneral Nroha schließlich geschlagen.
Der General auf dem Thron schüttelte den Kopf. Der Farn bog sich hin und her.
"Nein, selbstverständlich nicht. Das hier ist eine Sache der Ehre, nicht des Zwangs. Wer die unsichere Zukunft unserer Heimat in Crocuiris Händen belassen, und auf einen Platz in der neuen Regierung verzichten will, der darf gerne zurück bleiben. Ihm wird nichts geschehen."
"Wieso nicht. Das wäre Befehlsverweigerung.", fauchte Aster und funkelte Iris wütend an.
"Weil man den Eid auch anders interpretieren kann, werte Kameradin, so wie die Brigardegeneral Iris es tut.", antwortete Malvek, bevor Phyllostach überhaupt das Wort ergreifen musste.
Der junge General nickte. "Richtig. Einzig ihre künftige Position in der Regierung werden diejenigen wohl aufgeben müssen, die den Putsch verweiger. Aber..."
Er sah bedeutsam in die Runde. Seine lilanen Augen bohrten sich in den Blick jedes einzelnen Offiziers.
"Ich bin sicher, dass ein Großteil der hier versammelten hohen Gardisten die Wichtigkeit dieses Putsches versteht. Ohne ihn, unter Crocuiris Regierung, werden wir alles verlieren. Morgen Abend, zur gleichen Zeit, greifen wir an. Breitetet die euch unterstellten Einheiten vor. Wir treffen uns alle hier, auch die, die nicht teilnehmen. Morgen ist eine Kontinentaltagsversammlung, und wir wollen ja nicht dass sie gewarnt wird."
Brigardegeneral Iris sprang von ihrem Stuhl auf und machte Anstalten zur Tür zu laufen. "Nein! Das könnt Ihr nicht tun! Ich werde Rat Crocuiri vor diesem... diesem ungeheuerlichen Verrat warnen! Ein Putsch! Also wirklich."
General Phyllostach hob träge die Hand.
"Setzt Euch, Brigardegeneral, und denkt genau darüber nach, was ihr gesagt habt. Ihr gefährdet die Sicherheit und Unabhängigkeit unseres ganzen Kontinen. Das kann ich nicht zulassen."
"Nein!", fauchte Iris und riss die Flügeltüren auf, "Ich setzte mich nicht. Was Ihr tut ist Wahnsinn."
"Brigardegeneral!"
Eine ungewohnte Schärfe hatte sich in Phyllostachs Worte geschlichen.
Iris marschierte, ungeachtet des Befehls ihres Vorgesetzten weiter.
Unruhe machte sich unter den Offizieren breit.
Phyllostach seufzte und erhob sich.
Aus seinem Gesicht sprach blanke Enttäuschtung, als er Perlenkrieger von seinem Rücken nahm und zwei Glasperlen in den Hinterlader einlegte.
Klackend verkündete das Gewehr seine Bereitschaft.
General Phyllostach legte die Waffe an und schoss.
Ein Knall zerfetzte die Luft und kurz brachte der Rückstoß den General ins Wanken.
Zwischen den Flügeltüren brach Iris tot zusammen. Goldenes Blut quoll, wie Harz, aus der klaffenden Wunde in ihrem Nacken.
"Emlap, erhebt Euch!", befahl General Phyllostach und hängte das Gewehr zurück über seinen Rücken.
Zitternd stand der Oberst auf.
"Ich unterstütze Euren Plan. Wirklich! Meine Truppe im Norden der Kolonie wird morgen hier sein.", stammelte er. Ein panischer Ausdruck füllte seine orangenen Augen.
"Ich weiß.", gab Phyllostach völlig emotionslos zurück.
"Eure Truppen werden morgen Abend entscheidend sein, Brigardegeneral Emlap. Herzlichen Glückwunsch zur Beförderung."
Die Offiziere begannen nervös zu klatschen.
"Äh. Danke, vielen Dank.", murmelte der frisch gebackene Brigardegeneral und setzte sich erneut.
"Morgen fällt die Demokratie. Morgen putschen wir Pappel eine bessere Zukunft!", brüllte Aster und hob ihr Glas, "Auf Pappel! Auf General Phyllostach!"
"Auf Pappel! Auf den General!", brüllten die Offiziere zurück.
Ein Lächeln legte sich auf Phyllostachs kalte Züge.
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