Kapitel 77

Die erste Nacht in den neuen vier Wänden, die sie nun ihr Zuhause nennen konnten, war ein wenig befremdlich. Alles war so ungewohnt und neu, sodass Eri es vorzog, bei den beiden Erwachsenen im Bett zu schlafen. So hatten sie die erste Nacht, eng aneinander gekuschelt verbracht. Shota war froh, dass Eri schlussendlich verstanden hatte, dass sie an nichts schuld war, und sie ihr Bestes gab, um den beiden beizustehen. Nichts war schlimmer, als wenn das Kind sich nicht Willkommen oder ausgeschlossen und an allem Schuld fühlte. Der Dunkelhaarige kannte solche Gefühle nur zu gut und es war nichts, von dem er wollte, dass Eri es durchmachen musste. Sie hatte es verdient, glücklich zu sein und den Rest ihrer Kindheit so unbeschwert wie nur möglich zu verbringen.

Während Hizashi es sichtlich genoss, seine Idee in die Tat umgesetzt zu sehen, versuchte Aizawa sich nicht allzu sehr anmerken zu lassen, wie sehr es ihn doch grämte, dass er seine Überraschung für den Valentinstag nicht hatte umsetzen können. Somit würde er mit leeren Händen am diesem Tag vor dem Blondschopf stehen. Er konnte sich nicht einmal bereits früh morgens aus der Wohnung und dem Wohnheim schleichen, weil er Hizashi versprochen hatte, nicht einfach spurlos zu verschwinden. Vor allem nachdem er in den letzten Tagen für genug Probleme gesorgt hatte, wollte er nicht weitere Sorgen schüren.

Dennoch schlüpfte er vorzeitig aus dem Bett, während Yamada und Eri weiterschliefen. Da die beiden ein zuckersüßes Bild abgaben, konnte der Dunkelhaarige nicht wiederstehen, sein Smartphone zur Hand zu nehmen, um ein Foto zu knipsen. Danach schlich er sich auf leisen Sohlen aus dem Schlafzimmer und streckte sich erst einmal geräuschvoll, nachdem er die Tür hinter sich verschlossen hatte. Vielleicht konnte er doch noch irgendwie eine Lösung für sein Problem finden.

Sich nachdenklich umsehend, trat er an die kleine Küchennische heran. Neben dem Kühlschrank hing ein Whiteboard, das man mit den dazugehörigen Stiften beschreiben konnte, oder aber elektronisch nutzen. Recovery Girl wollte es wohl dazu benutzen, Yamadas Essenspläne anzuzeigen. Aus Spaß hatten sie gestern noch Strichmännchen drauf gemalt, als sie ihr neues Zuhause erkundet hatten. Allerdings half ihm das im Augenblick wenig weiter. Er brauchte einen Notfallplan. Doch was? Eigentlich war Valentinstag doch einfach nur Humbug, doch er wusste, dass Hizashi so etwas durchaus wichtig sein könnte.

Gerade, als er die Küchenschränke überprüfen wollte, ob sich darin etwas befand, woraus man irgendetwas zusammenbasteln könnte, dass ausdrückte, wie sehr er den Mann liebte, der noch leise schnarchte, klopfte es leise an der Tür. Argwöhnisch wanderte eine Augenbraue nach oben, während er sich auf machte, die Tür zu öffnen. Wer würde um so eine Uhrzeit wohl bereits davon ausgehen, dass jemand innerhalb dieser Wohnung bereits erwacht war?

Als er langsam die Tür öffnete, blickte er in vier breit grinsende Gesichter und eine genervte Miene, die sich, kaum war der Eingang geöffnet, hindurch zwängte. „Guten Morgen!", verkündete Mina euphorisch, aber in einem gemäßigten Ton, „Zashi schläft doch noch oder?" Neugierig sah sie an Shota vorbei, nur um sicher zu gehen, dass Shota alleine im Wohn-Essbereich war. Als der Undergroundhero nickte, folgte das pinkhaarige Mädchen Bakugo, der sich längst an der Küchenzeile zu schaffen machte.

Erst als er sich umwandte, und Ashido nachsah, bemerkte sie den Strauß roter Rosen, den sie hinter ihrem Rücken versteckt hatte. Hanta folgte ihr, mit einer Vase in den Händen. Auch Ejiro und Denki schienen nicht mit leeren Händen gekommen zu sein. Die beiden gesellten sich zu Katsuki und stellten Tüten auf die Arbeitsfläche. Ein paar der Dinge, die sie auspackten, verstauten sie im Kühlschrank, der bisher noch leer gewesen war.

Ein wenig überrumpelt und überaus verwirrt, stand Shota noch immer an der offenen Tür und sah ihnen zu, wie sie wie Heinzelmännchen werkelten. „Steh nicht so rum!", wies Bakugo den Dunkelhaarigen an. Es klang bei weitem nicht so barsch und herrisch wie sonst, was Aizawa noch stutziger werden ließ.

„Wir wollen dir helfen, deine Idee umzusetzen, auch wenn wir es ein bisschen umändern müssen!", erklärte Kirishima und lächelte, „statt einem Abendessen, gibt's ein Frühstück! Könntest du vielleicht den Kaffee vorbereiten?" Immerhin gingen die Jugendlichen davon aus, dass Kaffeekochen etwas war, das ihr Klassenlehrer ohne Probleme hinbekam. Schließlich lebte der Mann doch ausschließlich von der braunen Brühe.

Langsam nickte Shota und schloss endlich die Tür hinter sich, ehe er sich zu den drei Jugendlichen gesellte, die sich in der Küchennische aufhielten. Während Bakugo, Eijiro und Kaminari sich um das Essen kümmerte, deckten Hanta und Mina den Tisch und Aizawa kümmerte sich um den Kaffee. Auch wenn es ihm im ersten Moment irgendwie albern vorkam, dass sie ihm halfen, fiel ihm ein riesengroßer Stein vom Herzen. Immerhin konnte er so Hizashi an ihrem ersten Valentinstag überraschen. „Danke, Freunde", murmelte er verlegen. Während die Jugendlichen, die eigentlich seine Schüler waren, ihn anlächelten, färbten sich seine Wangen leicht rosa.

~*~

Der Duft von frischem Kaffee umspielte seine Nase, und entlockte ihm ein leichtes Lächeln. Als er seine Augen aufschlug und das Bett neben sich leer auffand, wusste Yamada sofort, wer für den herrlichen Geruch, der den Raum erfüllte, verantwortlich war. Scheinbar hatte Shota es nicht mehr länger im Bett ausgehalten, und war aufgestanden um Kaffee zu machen. Obwohl es ein vollkommen normales Verhalten des Dunkelhaarigen war, hatte es irgendwie eine ganz neue Bedeutung für den Blondschopf. Immerhin passierte all das in ihrer kleinen gemeinsamen Wohnung. Etwas, das er sich vor Jahren erträumt, aber nie daran geglaubt hatte, dass es irgendwann Wirklichkeit wurde. Es war, als würde er endlich einen seiner Träume ausleben können.

Zufrieden lächelnd strich er Eri über die Wange, die neben ihm noch immer friedlich schlummerte. Als seine Finger zärtlich über ihre Haut fuhren, schlug sie jedoch ihre Augen auf. Müde sah sie zu ihm auf, ehe sie leise gähnte. „Guten Morgen, little Sunshine", flüsterte er ihr zu, „gut geschlafen?" Das Mädchen nickte müde dreinblickend auf diese Frage hin. „Lust aufzustehen und herauszufinden, ob Sho mehr als nur eine Tasse Kaffee gemacht hat?", wollte er amüsiert wissen. Natürlich nahm er an, dass der Dunkelhaarige an die beiden gedacht hatte, die noch im Bett geblieben waren.

Nur langsam kamen die beiden aus dem Bett. Am liebsten wäre Hizashi weiterhin liegen geblieben, doch der Geruch von Kaffee machte ihn doch neugierig. Hatte Shota sich bereits in der neuen Küche zurecht gefunden?

Als Yamada die Tür öffnete, hatte er mit vielem gerechnet, allerdings nicht damit, den Tisch gedeckt und mit einer Vase Rosen verziert vorzufinden. Überrascht darüber, hielt er im Türrahmen inne, während Eri an ihm vorbei lief und sich gähnend die Augen rieb. Erst als das Mädchen auf den Undergroundhero zuging, um ihn einen guten Morgen zu wünschen und ihn zu umarmen, nahm auch der Blondschopf den anderen Mann war. Aizawa war bereits geduscht, hatte die Haare zu einem schlampigen Dutt hochgebunden. Auf den ersten Blick könnte der Grünäugige schwören, dass sein Freund nervös wirkte, doch dazu gab es eigentlich keinen Grund.

„Guten Morgen, Sho", machte Hizashi auf sich aufmerksam. Der Mann war mit Eri so sehr beschäftigt gewesen, dass er merklich leicht zusammenzuckte, als er Yamadas Stimme hörte. Leicht amüsiert darüber, dass ein Undergroundhero so unachtsam sein konnte, trat der Blondschopf etwas näher. „Das sieht richtig hübsch aus", kommentierte er und zeigte auf den kleinen Tisch, der für drei Personen gedeckt war. So etwas hatte er Aizawa eigentlich niemals zugetraut. Vor allem, da der Dunkelhaarige in seiner eigenen kleinen Wohnung, in der er vor dem Einzug im Wohnheim gelebt hatte, nicht einmal Teller und gerade mal einen Satz Besteck und nur ein Paar Stäbchen besessen hatte. Mehr war für ihn immer unlogisch gewesen, ebenso wie er nie den Sinn dahinter gesehen hatte, einen Tisch zu decken.

Daher war es kaum verwunderlich, dass Shotas Wangen einen rosafarbenen Ton annahmen und er verlegen der amüsierten Miene des anderen auswich. „Heute ist ein besonderer Tag", murmelte er leise vor sich, und ärgerte sich selbst ein wenig über seine zurückhaltende Art. Es war unlogisch auf ein Kommentar so zu reagieren. Vor allem war es nicht einmal seine eigene Idee gewesen, doch die kleinen Heinzelmännchen hatten ihm verboten, sie zu verraten. Im Grunde genommen war es nur eine Abwandlung seines eigenen Einfalls, und sie hatten ihm nur geholfen, es umzusetzen. Zumindest argumentierten sie es so.

„Oh, tatsächlich?", gab der Blondschopf grinsend von sich. Auch wenn es gemein war, den Mann, den er liebte, ein wenig zu ärgern, machte es ihm ein wenig Spaß, ihn aufzuziehen. Es kam selten vor, Shota so unsicher zu erleben. Normalerweise rauschte er stets schnell ab, wenn ihm etwas unangenehm war, oder ließ es sich nicht anmerken. Daher wollte Hizashi diesen Augenblick ein wenig auskosten. „Welcher Tag ist denn heute?"

Da Aizawa keine Antwort auf diese Frage gab, wandte Eri sich um. „Valentinstag!", verkündete sie breit grinsend, „Tante Nemuri hat gesagt, dass das ein schöner Tag ist, an dem man an alle denkt, die man unglaublich lieb hat. Und das man ganz viel Schokolade deswegen bekommt!" Die Vorstellung gefiel ihr tatsächlich. Süßigkeiten demjenigen zu schenken, den man mochte. Aber nicht nur das hatten die anderen Erwachsenen ihr beigebracht. Schnell wie der Wind wandte sie sich ihrem Zimmer zu und ließ die beiden Männer leicht verwirrt zurück, weil sie so plötzlich verschwunden war.

Kurz tauschten Hizashi und Shota einen Blick aus. Der Blondschopf wollte sich bereits in Bewegung setzen, weil er Geräusche aus Eris Zimmer hörte, die eindeutig danach klangen, dass sie etwas suchte. Vielleicht brauchte sie Hilfe. Doch noch ehe er ein paar Schritte machen konnte, kam das Mädchen zurück und hielt eine kleine Schachtel hoch. „Toshi und Nemuri haben mir geholfen!" Stolz hielt sie den beiden die selbst gemachte Schokolade entgegen. „Damit ihr wisst, wie lieb ich euch habe!"

Ohne auch nur einen Moment zu zögern, fand sich Eri im nächsten Augenblick in einer großen Umarmung wieder. Beide Helden hatten ihre Arme ausgestreckt, um sie zu sich zu ziehen. „Und wir lieben dich", murmelte Hizashi in ihre Haare, ehe seine Augen zu Shota wanderte, der nickte.

„Über alles", fügte der Dunkelhaarige an. Nie im Leben hätte er es für möglich gehalten, jemals jemanden so sehr zu lieben wie die beiden Menschen, die er gerade im Arm hielt. Für die beiden, und auch für seine Schüler, die zum Teil mittlerweile zu Freunden geworden waren, lohnte es sich weiter zu leben und gegen seine inneren Dämonen an zu kämpfen. Immerhin gab es so vieles auf der Welt, dass er verpassen würde. Ebenso wollte er für beiden Menschen, die er so sehr liebte, da sein. Wollte ihnen bei ihren Problemen helfen, genauso wie sie ihm halfen. Sie waren eine Familie.

Hätte vor ein paar Wochen jemanden zu Aizawa gesagt, wie seine Zukunft aussehen würde, hätte er ihm wohl oder übel trocken ins Gesicht gelacht, oder hätte ihn einfach wortlos stehen lassen. Damals wäre es unvorstellbar für ihn gewesen, dass Hizashi ihn liebte, und mehr als nur Freundschaft für ihn empfand. Zumal sich Shota nicht einmal dabei sicher gewesen war. Schließlich hatte er sich selbst nie wie ein guter Freund verhalten. Dennoch standen sie nun hier, Arm in Arm, und genossen die Gesellschaft des jeweils anderen.

„Ich liebe euch beide", kam es leise über seine Lippen, ehe er Eri und Zashi fester an sich drückte. Nichts konnte ihm das jemals wieder wegnehmen.

ENDE

~*~*~*~


Ich möchte mich bei allen bedanken, die diese FF bis hierhin gelesen haben. Ihr seid toll und es tut mir so leid, dass sie sich so lange gezogen hat. Aber ich glaube, hier ist ein guter Punkt, um sie zu beenden. Die Probleme, die Shota und Hizashi haben, sind zwar nicht aus der Welt, aber es würde nur noch langweilig werden, immer wieder davon zu schreiben (und zu lesen) wie die beiden an sich arbeiten.

Auf jeden Fall danke, dass ihr diese FF ein Jahr lang verfolgt habt. <3 (Und ich hoffe natürlich, dass auch noch weiterhin, jemand darüber stolpert. xD)

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