2 - Alle sind gay

Endlich klingelt es zur Pause. Als ich mein Zeug langsam einpacke, bemerke ich, dass Yoongi scheinbar auf mich wartet. Ich beeile mich also und als ich vom Tisch aufstehe, nimmt er mich an die Hand.

Auf dem Gang treffen wir meinen Besten. Er setzt ein Pedogrinsen auf, als er unsere Hände bemerkt. Im Vorbeigehen umarmt er mich, und Taemin, der neben ihm läuft, zwinkert mir zu.

"Was hast du denn mit Double-Tae zu schaffen?", fragt Yoongi und nimmt meine Hand fester.

"Ähm, Taehyung ist mein bester Freund."

"Achso."

Die folgende Stunde ist super, da anscheinend alle den Lehrer lieben. Die ganze Klasse hört ihm gespannt zu, von Zeit zu Zeit folgen angeregte Gespräche mit ihm und ganz allgemein gesagt ist das die angenehmste Unterrichtsstunde, die ich im Leben je hatte.

In der nächsten Pause nimmt Yoongi wieder meine Hand und führt mich zum Speisesaal, wo wir weitere Schüler treffen. "Das ist Jin. Jin, das ist mein Jimin", stellt Yoongi mich einem Kerl vor, den man nicht anders als mit 'handsome' beschreiben kann.

"Hi, Yoongis Jimin", sagt dieser leicht verwirrt, kann aber nicht weiter nachfragen, weil nun noch Taemin dazukommt und wir uns alle was zu essen holen.

"Du siehst echt gut aus", meint Taemin, als wir an einem Vierertisch sitzen. Ich frage mich, wie das gemeint ist, weil er mich so grinsend anschaut. Flirtet er etwa mit mir?

"Danke. Ähm... bist du schwul?", frage ich drauf los, auch wenn wir uns kaum kennen.

"Ja", gibt er einfach so zu.

Jin mischt sich begeistert ein: "Yoongi und ich auch. Und du?"

Also sitzen hier nur Schwule an unserem Tisch. Gut zu wissen. Ich weiche der Frage trotzdem lieber aus. "Werdet ihr gar nicht angefeindet? Also, das ist nicht böse gemeint, aber an der Schule an der ich bisher war, wurden alle Schwulen regelrecht gehasst."

"Spinnst du? Wir grenzen doch niemanden aufgrund seiner Sexualität aus. Wir mögen uns alle, wir haben nur einen etwas rauen Umgangston, der Außenstehenden wohl etwas befremdlich erscheint. Vor allem den Lehrern, die unseren Humor nicht nachvollziehen können."

"Ignorier Jin. Der drückt sich immer so gewählt aus", meint Yoongi und zieht mich näher zu sich, während er Taemin argwöhnische Blicke zuwirft.

"Und was sollte der Spruch von Kookie heut früh? Dass die Klasse ein neues Opfer braucht, weil einer jetzt in der Klapse ist?"

"Ach das... nimm nicht alles so ernst. Ihm geht's seelisch nicht gut, aber das hat nichts mit der Klasse zu tun, das ist wegen seiner Familie. Wir mögen ihn alle und haben noch Kontakt mit ihm und er schreibt uns oft, wie es ihm geht und so", erklärt mir Jin weiterhin.

"Wir dissen uns halt alle oft, aber wir lieben uns und du gehörst jetzt zu unserer Familie, also gewöhn' dich dran", meint Namjoon aka RM aka Fapmon, der plötzlich hinter mir auftaucht, "außerdem sind wir alle so gay! Wir sind die heißeste und homoerotischste Klasse, die es gibt."

"Du vergisst, dass ich in die Parallelklasse gehe und niemand ist heißer als ich", behauptet Taemin. Ich finde, er hat gar nicht so unrecht. Yoongi finde ich aber auch nicht schlecht, und er mich ebenso, da er widerspricht: "Doch, Jimin, und der gehört mir."

"Ihr alle vergesst, dass ich worldwide handsome bin."

"Wer könnte das je vergessen?", meint RM und setzt sich auf Jins Schoß.

Offenbar sind die beiden ein Paar, denn sie fangen an rumzuknutschen - vor uns allen. Das ist ein bisschen unangenehm zuzusehen, wie die beiden sich gegenseitig halb aufessen. Yoongi guckt sehnsüchtig zu ihnen rüber und schielt zwischendurch in meine Richtung. Der will doch nicht etwa auch...? Er sagt zwar ständig, dass ich ihm gehöre, und gefallen tut er mir auch, aber mehr als Händchen halten wäre mir eindeutig zu viel. Ich esse stumm meine Mahlzeit auf und befolge wie immer seinen Ratschlag: 'Ignorier die Anderen'.

Nach dem Essen greife ich fast schon automatisch nach seiner Hand. Erstaunlich, wie schnell ich mich daran gewöhnt habe. Doch er dreht sich einfach weg und bequatscht noch was mit RM. Ungeduldig warte ich auf ihn.

Endlich wendet er sich wieder zu mir. "Ok Jimin. Normalerweise verbringe ich den Rest der Pause allein, aber da du jetzt da bist, muss ich dich wohl mitnehmen."

Hey, du wolltest mich doch freiwillig an der Backe haben? Wortlos nehme ich seine Hand und zucke die Schultern. Ein leichter Anflug eines Lächelns huscht über sein Gesicht, dann setzt er sich in Bewegung. Ich habe keine Ahnung, wo er mich hinführt. Er könnte sonstwas mit mir anstellen und mich zurücklassen und ich würde niemals wieder aus der Schule herausfinden. Wir landen irgendwo im Keller in einem winzigen Abstellraum. "Der Raum gehört eigentlich dem Hausmeister. Aber der ist nie hier, entweder arbeitet er oder er knutscht mit dem Japanischlehrer in dessen Vorbereitungszimmer, und darum darf ich hier rein. Ich sitze normalerweise dort in der Ecke und schreibe Songs oder so."

Unsicher sehen wir uns an. Ich fühle mich wie ein Störenfried, als würde ich in seinen heiligsten Rückzugsort eindringen. "Yoongi, ich..." Unsicher überlege ich, was ich sagen soll - ob ich ihm anbiete, wieder zu gehen und ihm seine Ruhe zu lassen, doch bevor ich etwas sagen kann, macht er die Tür hinter uns zu. "Du kannst hierbleiben, Jimin."

Er setzt sich in die Ecke auf den Boden und scheint auf etwas zu warten. Zögernd setze ich mich neben ihn. Yoongi zieht mich näher ran, bis sich unsere Arme und Beine berühren. Ich mag das. Ich brauche Körperkontakt und Zärtlichkeiten wie die Luft zum Atmen.

"Muss ich dich irgendwie unterhalten oder ist das okay, wenn ich Songs schreibe?", fragt er mich.

"Ist okay. Wenn ich dich nicht störe?"

"Na hoffentlich nicht." Er holt sein Schreibzeug hervor und schreibt drauf los. Ich schmiege mich einfach an ihn und genieße seine Nähe. Er ist mein Ruhepol nach diesem anstrengenden Tag. Vor meinen Mitschülern habe ich immer noch Angst, aber nicht vor ihm.

Nachdem ich auch die letzte Unterrichtsstunde überstanden habe, stehe ich mit Yoongi vor dem Haupteingang. "Ich muss da lang", meint er und zeigt in die entgegengesetzte Richtung von der meine Bushaltestelle liegt. Mein Haus ist zwar nicht so weit weg, aber bei der Kälte habe ich keinen Bock, nach Hause zu laufen, also mache ich es so, wie Jihyun es im Winter auch immer macht und nehme den Bus.

"Okay. Ich muss in die andere Richtung", entgegne ich und zeige zur Bushaltestelle.

"Okay. Dann bis morgen, Jimin." Er drückt nochmal kurz meine Hand, dann geht er.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top